Entscheidungsdatum
02.03.2021Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W253 2183942-4/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Jörg C. BINDER als Einzelrichter über den Antrag auf Wiederaufnahme bzw. den gestellten Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Frau XXXX , betreffend den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018, Zlen. W253 2183942-1 und W253 2183942-2, zu Recht:
A)
I. Der Antrag von XXXX auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird abgewiesen.
II. Der Antrag von XXXX auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der vom Beschwerdeführer am 14.05.2015 gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde erstmals am 10.11.2017 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid abgewiesen.
Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 als verspätet zurückgewiesen und der gleichzeitig gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde abgewiesen.
Die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung wurde zusammengefasst damit begründet, dass das Verschulden eines Vertreters dem Verschulden des vertretenen Wiedereinsetzungswerbers gleichzusetzen sei. Es habe die selbe Rechtswirkung wie ein Verschulden der Partei. Der Machtgeber müsse sich das Verschulden des Machthabers zurechnen lassen. Das Verschulden, welches den Bevollmächtigten der Partei trifft, sei so zu behandeln, als wäre es der Partei selbst unterlaufen, gleichgültig, ob der Wiedereinsetzungswerber von einem Rechtsanwalt oder sonst einer Vertrauensperson vertreten werde. Weiters sei davon auszugehen, dass immer dann, wenn ein Fremder das - auch als Vollmachtserteilung zu verstehende - Ersuchen um Vertretung im Sinn des BFA-VG 2014 an die mit der Besorgung der Rechtsberatung betraute juristische Person richtet oder der juristischen Person (zudem) schriftlich ausdrücklich Vollmacht erteilt, dem Fremden das Handeln des sodann von der juristischen Person konkret mit der Durchführung seiner Vertretung betrauten Rechtsberaters - wie bei jedem anderen Vertreter - zuzurechnen sei.
Ein Verschulden der Partei hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (zB VwGH 20.06.2002, 2002/20/0230), wobei an einen rechtskundigen Parteienvertreter ein höherer Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist (zB VwGH 22.01.2003, 2002/04/0136).
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Zustellung des in Beschwerde gezogenen Bescheids als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling durch die Bezirkshauptmannschaften XXXX und XXXX als Jugendhilfeträger, diese vertreten durch die XXXX vertreten. Die Wahrnehmung der gesetzlichen Vertretung im Rahmen der Verfahren auf internationalen Schutz erfolgte durch eine bei der XXXX beschäftigte Juristin.
Die Zurechenbarkeit des Handelns eines Vertreters an die Prozesspartei bedarf einer die Vertretung deckende Erklärung. Eine solche Vollmacht liegt im Akt vor und wurde die gesetzliche Vertretung auch nicht bestritten. Das Handeln der für die XXXX , tätigen Juristin, ist daher dem Beschwerdeführer zuzurechnen.
Den Feststellungen ist zu entnehmen, dass der beschwerdegegenständliche Bescheid dem Beschwerdeführer, durch Übernahme eines Bevollmächtigten für Rsa-Briefe erfolgt sei. Fest stehe auch, dass die innerhalb der XXXX mit der Wahrnehmung der gesetzlichen Vertretung beauftragte Juristin auf Grund des fehlenden Einlaufstempels, im Vertrauen auf die im Unternehmen gepflogenen Ausfolgung der Poststücke am Zustellungstag und der falschen Auskunft der Geschäftsführung über das Zustelldatum zum Nachteil des Beschwerdeführers, von einer Zustellung zu einem späteren Zeitpunkt als auf dem Rückschein vermerkt ausgegangen sei. Insoweit der Beschwerdeführer behauptet dieser Vorgang sei von seiner Vertretung nicht verschuldet worden und bestünde im vorliegenden Fall kein minderer Grad des Verschuldens, der mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragten Juristin, sei folgendes zu bemerken. Bei der von der Geschäftsführung mit der Wahrnehmung der gesetzlichen Vertretung des Beschwerdeführers beauftragten Mitarbeiterin, handele es sich um eine rechtskundige Person, die insbesondere Verfahren betreffend internationalen Schutz im Rahmen ihrer Tätigkeit zu betreuen habe. Es handele sich daher um eine Person die auf Grund ihrer Ausbildung und ihrer Tätigkeit die Bedeutsamkeit der Wahrung von Fristen im Umgang mit Behörden und Gerichten einschätzen könne und auch in der Lage sei, die Zustellung eines Schriftstückes als fristauslösendes Moment einzuschätzen. Aus Sicht des erkennenden Richters ist es einer mit der Wahrnehmung der gesetzlichen Vertretung beauftragten Juristin daher zumutbar, insbesondere bei fehlendem Eingangsstempel beziehungsweise fehlendem Zustellnachweis auf einem Poststück, Nachforschungen über die tatsächlich erfolgte Zustellung zu tätigen. Eine falsche Kalendierung, trotz des ansonsten im Betrieb üblichen aber im vorliegenden Fall nicht angebrachten Eingangsstempels und auf Zuruf der Geschäftsleitung, könne nicht als minderes Versehen verstanden werden. Eine auffallende, der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegen stehende Sorglosigkeit liege nämlich nach der Judikatur des VwGH unter anderem vor, wenn eine rechtskundige Person, der die Bedeutung einer Terminvormerkung bewusst sein musste, diese falsch gehandhabt hat (VwGH 25.09.1987 87/02/0087). Die zuständige Juristin hätte im Zuge der Wahrnehmung ihrer Aufgaben, spätestens zum Zeitpunkt der Verfassung der Beschwerdeschrift erkennen müssen, dass eine ordentliche Fristberechnung nicht möglich sei. Eine Kontrolle des Fristenlaufs wäre ohne größeren Aufwand möglich gewesen und wäre es überdies möglich gewesen im Zweifel vom Ausfertigungsdatum des Bescheides auszugehen, sodass eine Verfristung ausgeschlossen worden wäre. Plausible Gründe warum eine Erhebung der tatsächlich erfolgten Zustellung nicht stattgefunden hat, wurden nicht vorgebracht. Ein bloß den minderen Grad des Versehens nicht übersteigendes Verschulden zum Unterbleiben der Kontrolle der Berechnung der Beschwerdefrist, ist aus dem vorliegenden Antrag nicht zu erkennen. Vielmehr wird angeführt, dass seitens der zuständigen Juristin auf die behaupteten internen Postlaufusancen vertrauend ein angenommenes Zustelldatum im Fristenbuch ungeprüft vermerkt wurde, obwohl kein Posteingangsstempel am Kuvert wie üblich angebracht gewesen sei.
2. Am 21.11.2019 langte der durch den Beschwerdeführer am 17.11.2019 gestellte Antrag auf Wiederaufnahme des durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG in eventu Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Begründet wurden diese Anträge damit, dass der Beschwerdeführer eine Freundin in Linz, Frau XXXX habe, mit der er nach Möglichkeit zusammen sei und sie hätten sich 2019 in Indien getroffen um gemeinsam etwas Zeit verbringen zu können. Sie seien stets per Internet und Telefon in Kontakt und diese habe ihm am 17.11.2019 die beigelegte eidesstattliche Erklärung übermittelt. Der Beschwerdeführer könne diese vollinhaltlich verstehen. In dieser Erklärung werde der wahre Sachverhalt im erstinstanzlichen Verfahren geschildert. Frau XXXX und Frau Mag. XXXX (die Juristin, die damals den Beschwerdeführer vertreten hat) hätten Kontakt zueinander hergestellt und die Juristin habe angekündigt Anfang November eine umfassende Sachverhaltsschilderung zu den wahren Abläufen, die möglicherweise zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens führen könne, zu verfassen. Da der Beschwerdeführer nicht mehr vor Ort sei, wolle er von Frau XXXX vertreten werden. Frau Mag. XXXX habe ihnen ehrenamtlich so gut wie möglich geholfen, da auch sie über die Abschiebung sehr traurig gewesen sei und sich mitschuldig gefühlt habe. Der gesetzlichen und rechtlichen Vertretung sei damals von deren Vorgesetzten strikt untersagt worden, dem Beschwerdeführer Auskunft über den wahren Sachverhalt zu erteilen. Der Beschwerdeführer sei im Mai 2019 abgeschoben worden und befinde sich in Pakistan, da er in Kabul Angst und keine Unterkunft gehabt habe.
Der Beschwerdeführer sei als Minderjähriger von den Angaben und Handlungen seiner gesetzlichen Vertretung abhängig gewesen. Der wahre Sachverhalt sei ihm auch danach nicht mitgeteilt worden, stattdessen wurde ein Rechtsmittel mit falschem Zeugnis gegen eine korrekte Entscheidung eingebracht worden, mit welchem XXXX (die Geschäftsführerin der gemeinn. GmbH) sich vermutlich persönlich entlasten habe wollen.
Weisungen einer nicht rechtskundigen Person bei der rechtlichen Vertretung von Minderjährigen seien als Teil der „gesetzlichen Vertretung“ jedenfalls vertragswidrig, rechtswidrig hinsichtlich der Nichteinhaltung der erforderlichen Sorgfalt und Nichtgewährung essentieller Rechte Minderjähriger und daher zumindest als sittenwidrig einzustufen. Sitten- und rechtswidrige Weisungen könnten den Straftatbestand der Nötigung erfüllen. Hätte die Geschäftsführung im geschuldeten Verantwortungsbereich der gesetzlichen Vertretung des Beschwerdeführers nicht eingegriffen, wäre es zu keiner Fristversäumnis im Beschwerdeverfahren gekommen. Wäre der Vertretung des Beschwerdeführers die Freiheit gewährt worden, ein richtig begründetes Rechtsmittel zu ergreifen, hätte dieses vom Gericht beurteilt werden können.
Im Rahmen der Einreise des Beschwerdeführers könne dieser Anzeige erstatten und er würde dies auch tun. Zuvor habe er auch als Erwachsener nicht handeln können, zumal er seiner faktischen Vertretung Frau Mag. XXXX das entsprechende Vertrauen entgegen gebracht habe und den wahren Sachverhalt auf sich selbst gestellt nicht ermitteln habe können. Auf diese Idee sei er nicht einmal gekommen.
Gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 würden neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtsfertigen, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen würden; gleiches gelte nach der Judikatur für neu entstandene Beweismittel. Als „zumindest zweifelhaft“ sei der tatsächliche Ablauf einzuschätzen.
Näher ausgeführt wurde wie folgt:
Die gesetzliche Vertreterin, Frau Mag. XXXX , habe keine faktische Möglichkeit gehabt, den Posteingang zu kontrollieren. Die rechtlichen Vertretungshandlungen seien nicht im Namen oder Auftrag von Frau XXXX ausgeübt oder gezeichnet worden, Frau XXXX sei es intern aber nicht möglich gewesen, nach eigenem Wissen und Gewissen zu arbeiten und den Fristenlauf entsprechend zu berechnen, sondern sah sie sich mit einem plötzlichen und unabwendbaren Ereignis konfrontiert, als es bereits zu spät gewesen sei. Bis zum Einlagen des Verspätungsvorhaltes habe sie an das genannte Eingangsdatum „geglaubt“. Nach Einlagen habe XXXX die Entscheidung ebenfalls an sich gezogen. Es sei davor noch nicht zu solchen Ereignissen gekommen und die Vertretung des Beschwerdeführers habe damals nicht wissen können. Dass die neue Geschäftsführung in ihren Zustellangaben nicht ernst zu nehmen gewesen sei. Vielmehr sei diese Struktur ohne ihre Mitwirkung geschaffen und gegen ihren Willen aufrecht erhalten worden. Nach dieser Kenntnisnahme habe sie so arbeiten können, dass sowas nicht mehr passieren konnte (Anfrage nach dem tatsächlichen Zustelldatum bzw. Verwendung des Ausstellungsdatums plus einen Tag). Sie habe später den Antrag auf das Rechtsmittel gegen die Abweisung der Beschwerde des Beschwerdeführers nicht wahrheitsgemäß begründen dürfen, weil sie eine rechts- oder zumindest sittenwidrige Weisung eines Vorgesetzten befolgen habe müssen. Zumal die rechtliche Vertretung nicht als Sachbearbeiter für die Prokuristin Frau XXXX ausgeübt worden sei, sei dem Beschwerdeführer das Verhalten der Geschäftsführerin nicht zuzurechnen. Der Stempel auf den Eingaben des Beschwerdeführers sei rein deklarativ gewesen und diese wären ohne den Stempel genauso rechtmäßig eingebracht gewesen. Es sei aber unzulässig, zur Vertretung von Minderjährigen irgendwelche Personen, wie XXXX oder Zivildiener heranzuziehen. Auch Letztere seien angewiesen worden die Posteingänge zu sichten und Frau Mag. XXXX diverse Tage zu benennen. Nur unter dieser Sichtweise sei eine interne Unterordnung von Juristen unter nicht qualifizierte Personen im Rahmen einer rechtlichen Vertretung überhaupt rechtmäßig.
Das Land Oberösterreich habe die Behörden der Kinder- und Jugendhilfe auch deshalb angewiesen, mit den gesetzlichen Vertretungen direkt und persönlich zu kommunizieren, was im vorliegenden Fall nicht erfolgt sei, da Frau XXXX Zensur betrieben habe und die Sozialarbeiterin der BH XXXX die Problematik nicht erkannt habe. Natürlich bestehe kein absoluter Anwaltszwang und es wäre zur Zulässigkeit in Asylverfahren an sich keine Vertretung mit juristischen Fachkenntnissen erforderlich, eine unqualifizierte Vertretung sei im Rahmen der Privatautonomie zulässig, welche einem Minderjährigen aber ohnedies nicht zukomme. Genauso wenig ergäbe sich für das Land Oberösterreich ein Einsparpotential hinsichtlich einer adäquaten Vertretung der Minderjährigen ohne eine Verletzung von subjektiven Rechten im Verfassungsrang oder etwa auch Art. 24 GRC zu begehen.
Anlässlich der Sachverhaltsschilderung in der beiliegenden eidestattlichen Erklärung habe die Volksanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Beigelegt wurde ein diesbezügliches Schreiben der Volksanwaltschaft.
Der wahre Sachverhalt hätte im Antrag auf Wiedereinsetzung als unabwendbares Ereignis aus Sicht der Vertretung des Beschwerdeführers erkannt werden können, insofern beziehe sich das Vorbringen auch auf eine etwaige Wiederaufnahme des Verfahrens.
Weiters wurde ausgeführt, dass sich hinsichtlich des längeren Zeitraumes mehrere relevante Ergänzungen zum Beschwerdevorbringen ergeben hätten, welche der Beschwerdeführer im Rahmen einer persönlichen Anhörung vorbringen wolle um das Gericht von seiner persönlichen Glaubwürdigkeit zu überzeugen. Hervorzuheben sei seine Liebe zu Frau XXXX , welche nicht geplant gewesen und lediglich aufgrund seines längeren Aufenthaltes in Österreich entstanden sei und unvermeidbar gewesen sei.
Der beigeschlossenen und mit 15.01.2019 datierten „Erklärung an Eides statt“, verfasst von Frau Mag. XXXX , ist zusammengefasst wie folgt zu entnehmen:
Frau Mag. XXXX sei vom 12.12.2016 bis 31.03.2019 in der Einrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) namens „ XXXX “ in XXXX tätig gewesen. Ihr vertraglich vereinbarter Verantwortungsbereich habe primär die gesetzliche Vertretung von UMF umfasst. Sie weise die entsprechenden Qualifikationen dafür auf, welche in den Betreuungsvereinbarungen zwischen den Trägern und dem Land Oberösterreich für diese Tätigkeit erforderlich seien. In den Verfahren nach dem Asylgesetz und Fremdenrecht seien demnach zwingend entsprechend ausgebildete Personen heranzuziehen. Im Mai 2017 sei Frau XXXX zur Geschäftsführung berufen worden. Deren Kernausbildung in einer Kindergartenschule stelle keine adäquate Ausbildung zur rechtlichen Vertretung gemäß den geltenden Normen dar. Im Innenverhältnis sei Frau Mag. XXXX aber weisungsgebunden gewesen und habe hinsichtlich ihres Verantwortungsbereiches nicht gegen ihre persönlichen Vorstellungen handeln können. Nach dem Geschäftsführerwechsel habe Frau Mag. XXXX Kritik geübt, zumal die jeweiligen Verantwortungsbereiche willkürlich zugeteilt worden seien. Dies sei vor allem wie folgt der Fall gewesen:
? Keine eigene Kontrolle der Posteingänge hinsichtlich des Zustelldatums – Frau Mag. XXXX sei angewiesen gewesen auf Angaben von willkürlich zugeteilten Personen inklusive Zivildienern.
? Mitarbeiter aus der Betreuung wurden nicht angewiesen, Beratungen vor Einvernahmen/Anhörungen zu unterlassen, was unter Bedachtnahme der Autoritätsverhältnisse manchmal zu unglaubwürdigen Vorbringen geführt habe.
? Diverse konkrete Weisungen in Einzelfällen, welche dem Wissen und Gewissen von Frau Mag. XXXX stark widersprochen hätten.
? Gegen Ende der Tätigkeit von Frau Mag. XXXX die strikte Anweisung zur Einbringung von Rechtsmitteln, auch wenn nach dem Vorbringen nicht ansatzweise Fluchtgründe vorgebracht worden seien, wurden während bei solchem UMF, die subsidiären Schutz erhalten hätten, aber auch ein Sachverhalt mit Asylrelevanz vorgebracht worden sei, ein Rechtsmittel aus Sparmaßnahmen nicht gefordert. Dies bedeute jedoch häufig eine Aberkennung des Status nach Erreichen der Volljährigkeit. Der Wahrnehmung von Frau Mag. XXXX entsprechend sei das Ziel eine optimale Auslastung der Einrichtung und keine vernünftige Vorgehensweise gewesen.
Den Fall des Beschwerdeführers betreffend führte Frau Mag. XXXX in ihrer eidesstattlichen Erklärung zusammengefasst wie folgt aus:
Der erstinstanzliche Bescheid des Beschwerdeführers sei von Frau XXXX geöffnet, das Kuvert mit dem Posteingangsstempel entsorgt und schließlich Frau Mag. XXXX unter Nennung eines falschen Zustelldatums übergeben worden. Hätte Frau XXXX Frau Mag. XXXX ehrlich mitgeteilt, dass diese das Eingangsdatum nicht kenne, hätte Frau Mag. XXXX entsprechend handeln können um eine Fristversäumnis zu verhindern. Dies sei nicht der Fall gewesen. Frau Mag. XXXX erinnere sich so genau, da ihr gleichzeitig ein zweiter Bescheid übergeben worden sei, welcher an einem späteren Tag zugestellt worden sei und Frau Mag. XXXX für die Eingänge der beiden Bescheide dasselbe Datum genannt worden sei. Frau XXXX habe sich dahingehend geäußert, dass sie gedacht habe „ein Tag auf oder ab“ sei egal und „Dann habe ich halt einen Fehler gemacht, was ist mit dir, machst du nie Fehler?“. Frau XXXX habe Frau Mag. XXXX angewiesen, ein Rechtsmittel zu verfassen, was nach der Judikatur zu keinem Erfolg habe führen können, habe aber ihre Mitschuld verschleiern können. Frau XXXX habe eine eidesstattliche Erklärung verfasst, aus der hervorgehe, dass das Sekretariat den Stempel vergessen habe. Dies vermöge Frau Mag. XXXX nicht zu beurteilen, da sie nicht dabei gewesen sei. Frau XXXX habe auf jedenfalls Frau Mag. XXXX bei der Übergabe der beiden Bescheide ein falsches Eingangsdatum ohne weitere Angaben genannt. Wenn Frau Mag. XXXX Kritik geübt habe, hätte sie stets Konsequenzen bis zur Androhung einer Kündigung oder Entlassung zu befürchten gehabt, wofür sie Angst gehabt habe. Frau Mag. XXXX habe versucht den Beschwerdeführer schadlos zu halten, zumal er sich von seiner Religion abgewandt habe, diese Abkehr erschien den Instanzen deshalb nicht glaubwürdig, da die Folgen eines eigenen Fristversäumnisses der Vertretung damit abgewendet werden hätten sollen. Dies sei richtig. Richtig sei aber auch die innere Abkehr vom Islam. Frau Mag. XXXX habe damals versucht, für alle Beteiligten eine zufriedenstellende Lösung zu erreichen ohne ihre Arbeit zu verlieren. Als Beweis für diese Abläufe habe sie Beweisstücke gesichert und sich später auch an die Volksanwaltschaft gewandt, da ihrer Wahrnehmung zu Folge in Oberösterreich immer mehr Bereiche der rechtlichen Vertretung an Personen übertragen werde, welche hierfür schlicht nicht qualifiziert seien. Es sei ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden, zumal die zuständige KJH nicht mehr mit Frau Mag. XXXX kommunizierte und Frau XXXX zwischen den Behörden und Frau Mag. XXXX eine „Message-Control“ betrieben habe, welche zu falschen Annahmen seitens der Behörde geführt habe. Nach den Vorkommnissen den Beschwerdeführer betreffend habe Frau Mag. XXXX den Zustellangaben kein Vertrauen mehr geschenkt, sondern sei anders vorgegangen. Es sei zu keinen Fristversäumnissen bei Minderjährigen mehr gekommen. Der strukturelle Umgang mit der Post von Erwachsenen habe einen eigenen Kritikpunkt gebildet, welcher zu einer Kündigungsandrohung geführt habe.
3. Mit Mail vom 13.01.2020 übermittelte Mag. XXXX ein Protokoll des Bezirksgerichtes XXXX , in welchem der Text eines Vergleiches zwischen der „ XXXX “ und dieser dokumentiert wurde. Der Inhalt des Vergleiches stimmt mit der von ihr übermittelten eidestattlichen Erklärung überein. Ihrer Ansicht nach würden derartige Strukturen die Rechte unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zumindest dann verletzten, wenn, wie gegenständlich, Entscheidungsträger in Einrichtungen nicht die zur rechtlichen Vertretung erforderlichen Qualifikation aufweise.
Aus dem Vergleich wird auszugsweise wie folgt angeführt:
„1. Die Klägerin [Frau Mag. XXXX ] hatte keine Kontrolle über Zustellvorgänge. Postsendungen die an die Erstbeklagte [„ XXXX “] adressiert waren, wurden der Klägerin teilweise geöffnet und anfangs ohne Kuvert überreicht. Ein Zustelldatum wurde mündlich genannt. Die Überprüfung des Posteinganges im hauseigenen Sekretariat war nicht Aufgabe der Klägerin. Manche Postsendungen wurden an der Pforte des Instituts … abgegeben.
2. Diverse Antragstellungen wie Verlängerung der Minderjährigkeit, insb. Ansprüche gem. Art. 7 UMF-RL des Landes OÖ durften der Erstbeklagten nicht im eigenen Ermessen geltend gemacht werden.
3. Entscheidungen zur Einbringung von Rechtsmitteln erfolgten teilweise nicht anhand eines direkten Dialogs zwischen Klägerin und KJH …, sondern per Weisung durch die Geschäftsführung.
4. Persönliche Unterlagen der Vertretenen wurden zum Teil durchgehend in der Einrichtung aufbewahrt.
5. Die Klägerin hatte keine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Mitarbeitern im Kernbereich ihrer Tätigkeit.
6. Änderungsvorschläge der Klägerin hinsichtlich interner Strukturen in der Erstbeklagten wurden teilweise nicht umgesetzt.
7. …
8…“.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stellte am 14.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 10.11.2017 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich ab und es wurde ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlasen und es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde bzw. stellte – nach erfolgtem Verspätungsvorhalt - einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 als verspätet zurückgewiesen und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.
Mit Schreiben vom 17.11.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 21.11.2019, stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG und in eventu – erneut - einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG. Es finden sich in der anzuwendenden Gesetzesbestimmung keine Gründe für eine Wiederaufnahme des durch Beschluss des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens gemäß §32 Abs. 2 VwGVG.
Den Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG betreffend wurde – gleichlautend - wie im bereits erstmalig erfolgten Antrag ein Verschulden der den Beschwerdeführer vertretenden gemeinn. GmbH an der Verspätung der Beschwerde vorgebracht.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend:
Dass sich keine Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens finden ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen iVm dem Vorbringen des Beschwerdeführers.
2.3. Die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG betreffend:
Dass sich keine Änderung der Sach- bzw. Rechtslage die – nunmehr - eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach sich ziehen könnte findet, ergibt sich aus der Tatsache, dass bereits im ersten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zusammengefasst vorgebracht wurde, dass die verspätete Einbringung der Beschwerde darauf beruht habe, dass die dem Beschwerdeführer zugeteilte Rechtsvertretung (die gemeinn. GmbH) das nunmehr – erneut – vorgebrachte Verhalten gesetzt hat, welches zu der maßgeblichen Verspätung der Beschwerde geführt hat. Es wurden keine neuen Tatsachen vorgebracht, daran ändert auch eine eidestattliche Erklärung der bei der – damaligen – Rechtsvertreterin angestellten Mitarbeiterin (Juristin) oder ein gerichtlich erfolgter Vergleich nichts.
3. Rechtliche Beurteilung:
XXXX
3.1.1 Die maßgebliche Bestimmung des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 119/2020, lautet wie folgt:
„Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn
1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse“.
3.1.2. Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens begründete der Beschwerdeführer damit, dass er als Minderjähriger von den Angaben und Handlungen seiner gesetzlichen Vertretung abhängig gewesen sei. Der „wahre Sachverhalt sei ihm auch danach nicht mitgeteilt worden. Stattdessen sei ein Rechtsmittel mit „falschem Zeugnis“ gegen eine korrekte Entscheidung eingebracht worden, mit welchem sich die Mitverantwortliche, die Leiterin der gemeinn. GmbH, entlasten habe wollen. Weisungen einer nicht rechtskundigen Person bei der rechtlichen Vertretung von Minderjährigen seien als Teil der „gesetzlichen Vertretung“ jedenfalls vertragswidrig, rechtswidrig hinsichtlich der Nichteinhaltung der erforderlichen Sorgfalt und Nichtgewährung essentieller Rechte Minderjähriger und daher als zumindest sittenwidrig einzustufen. Sitten- und rechtwidrige Weisungen könnten den Straftatbestand der Nötigung erfüllen. Hätte die Geschäftsführung in den geschuldeten Verantwortungsbereich der gesetzlichen Vertretung des Beschwerdeführers nicht eingegriffen, wäre es zu keinem Fristversäumnis in dessen Beschwerdeverfahren gekommen. Ein richtig begründetes Rechtsmittel hätte vom Gericht beurteilt werden können.
3.1.3. Gemäß § 32 Abs. 5 VwGVG sind die in § 32 VwGVG ausgeführten Bestimmungen auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sinngemäß anzuwenden. Im vorliegenden Fall wurde der Wiederaufnahmeantrag den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 betreffend gestellt.
3.1.4. Einem Antrag auf Wiederaufnahme ist aufgrund der in § 32 Abs. 1 VwGVG angeführten Gründe stattzugeben.
3.1.5. Zu prüfen ist nunmehr, ob im vorliegenden Fall ein Wiederaufnahmegrund vorliegt:
3.1.5.1. Gemäß Z 1 leg cit wäre dies der Fall, wenn das Erkenntnis – der Beschluss – durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist. Ansatzpunkte für eine solche Gegebenheit finden sich im ganzen Verfahren und auch im gestellten Antrag auf Wiederaufnahme nicht. Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass „ein Rechtsmittel mit falschem Zeugnis gegen eine korrekte Entscheidung eingebracht“ wurde womit sich Frau XXXX vermutlich „persönlich entlasten“ haben wolle, ist auszuführen, dass in Z 1 leg cit von einer „Erschleichung“ des Erkenntnisses gesprochen wird. Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, wie der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes erschlichen werden habe sollen. Im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes wurde der zum damaligen Zeitpunkt vorgebrachte Sachverhalt beurteilt und es wurde über den zu diesem Zeitpunkt gestellten Wiedereinsetzungsantrag bereits abgesprochen.
3.1.5.2. Auch kamen keine neuen Tatsachen oder Beweismittel gemäß Z2 leg cit hervor, die an der im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes getroffenen Einschätzung des Sachverhaltes etwas ändern würden. Die Verhältnisse die Rechtsberatung betreffend waren bereits zum damaligen Entscheidungszeitpunkt bekannt und auch ein gerichtlich erfolgter Vergleich, der die bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung angenommenen Tatsachen untermauert, ändert nichts an der Beurteilung des Sachverhaltes.
Tauglich ist ein „Beweismittel“ als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) generell nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und vorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das VwG entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildenden Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. VwGH vom 19.04.2007, 2004/09/0159, 18.01.2017, Ra 2016/18/0197). Voraussetzung einer Wiederaufnahme ist mithin, dass die Tatsachen oder Beweismittel entweder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen, eine im Hauptinhalt des Spruchs anders lautende Entscheidung herbeizuführen (relativer Charakter des Wiederaufnahmegrundes). Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist. Ob das Verfahren tatsächlich einen anderen Ausgang nimmt, ist im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären (VwGH 19. 4. 2007, 2004/09/0159). Als „Beweismittel“ wurden vom Beschwerdeführer eine „Erklärung an Eides statt“ der Rechtsvertretung sowie ein gerichtlich erfolgter Vergleich vorgelegt. Aus diesen beiden Schriftstücken ergibt sich inhaltlich keine Neuerung des damals vorgebrachten Sachverhaltes. Auch ergeben sich daraus keine neuen Tatsachen, die nicht schon zum damaligen Zeitpunkt bekannt waren bzw. vom Beschwerdeführer vorgebracht werden hätten können. Somit sind diese nicht tauglich, eine Wiederaufnahme zu begründen.
3.1.5.3. Der Beschluss war nicht von einer Vorfrage gemäß § 38 AVG abhängig und somit scheidet dieser Wiederaufnahmegrund ebenfalls aus.
3.1.5.4. Es wurde auch gemäß Z 4 leg cit nachträglich kein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt - bei einem Vergleich, wie dieser erfolgte handelt es sich nicht um eine gerichtliche Entscheidung -, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
3.1.5. Zusammengefasst ist somit auszuführen, dass kein Wiederaufnahmegrund gemäß § 32 VwGVG im Verfahren zutage getreten ist und somit der Antrag auf Wiederaufnahme spruchgemäß abzuweisen war.
3.2. XXXX
3.2.1. Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 119/2020, lauten wie folgt:
„2. Abschnitt
Vorverfahren
Anzuwendendes Recht
§ 11. Soweit in diesem und im vorangehenden Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht“.
„3. Abschnitt
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte“.
„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,
beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt“.
3.2.2. § 68 des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018, lautet – auszugsweise - wie folgt:
„2. Abschnitt: Sonstige Abänderung von Bescheiden
Abänderung und Behebung von Amts wegen
§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.
[…]“.
3.2.3. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist § 68 AVG nicht unmittelbar anwendbar, da § 17 VwGVG den IV. Teil des AVG von der sinngemäßen Anwendung durch das VwG ausnimmt. Überdies eröffnet das VwGVG keine vergleichbare Möglichkeit zur Durchbrechung der Rechtskraft der Erkenntnisse (vgl. VwGH vom 24.05.2016, Ra 2016/03/0050). Allerdings vertritt der VwGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass der sich aus § 68 Abs. 1 AVG ergebende tragende Grundsatz eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens, wonach über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen (grundsätzlich) nicht mehr in merito entschieden werden darf (ne bis idem), auch im Verfahren vor den VwG maßgeblich ist (vgl. VwGH vom 24.05.2016, Ra 2016/03/0050, 13.09.2016, Ro 2015/03/0045; 28.04.2017, Ra 2017/03/0027). § 17 VwGVG nimmt nämlich im Übrigen nur jene Bereiche des AVG von der Anwendbarkeit aus, für die das VwGVG selbst eine Regelung enthält. Das trifft aber auf § 68 AVG nicht zu (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 (Stand 1.3.2018, rdb.at)).
3.2.4. Auch die Entscheidung eines VwG wird mit ihrer Erlassung rechtskräftig (vgl. idS VwGH vom 26.11.2015, Ro 2015/07/0018), wobei alle Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einen Rechtsanspruch auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft haben (VwGH vom 19.01.2016, Ra 2015/01/0070). Im Zusammenhang mit diesem Grundsatz ist die einschlägige Rechtsprechung zu § 68 AVG in sinngemäßer Weise heranziehbar. Daraus ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen (vgl. dazu VwGH vom 24.04.2015, 2011/17/0244) (VwGH vom 25.05.2016, Ra 2016/03/0050).
3.2.5. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 erwuchs in Rechtskraft, da eine Beschwerde gegen diesen nicht fristgerecht eingebracht wurde. Es handelt sich somit um einen Beschluss, gegen den kein Rechtsmittel mehr zulässig ist.
3.2.6. Die Anordnung des § 68 Abs. 1 AVG zielt in erster Linie darauf ab, die wiederholte Aufrollung einer bereits „entschiedenen Sache“ ohne nachträgliche Änderung (dh bei Identität) der Sach- und Rechtslage auf Antrag der Partei oder durch die Behörde selbst (von Amts wegen) zu verhindern (VwGH vom 02.08.1996, 94/02/0364).
3.2.7. Die Zurückweisung eines Abringens gem § 68 Abs. 1 AVG darf nur unter zwei Voraussetzungen erfolgen: Einerseits muss sich der Antrag auf eine entschiedene Sache beziehen, die nur dann vorliegt, wenn sich gegenüber dem Bescheid dessen Abänderung oder Aufhebung begehrt wird weder am erheblichen Sachverhalt noch an der maßgeblichen Rechtslage etwas geändert hat und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH vom 09.07.1992, 92/06/0062).
Die materielle Rechtskraft (die Unabänderlichkeit/Unwiderrufbarkeit sowie die Unwiederholbarkeit) des Bescheides steht einer weiteren Entscheidung in derselben Sache entgegen. Durch eine Änderung der entscheidungsrelevanten Fakten verliert die Sache ihre ursprüngliche Identität, es liegt eine andere Sache vor, über die abgesprochen werden kann bzw. muss (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz 561; Kolonovits/Muzak/Stöger10 Rz 482 f).
Identität der Sache ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt nicht geändert hat. Es ist zu beurteilen, ob in den entscheidungsrelevanten Fakten eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder iVm anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwGH vom 28.01.2003, 2002/18/0295).
3.2.8. Festzuhalten ist auch, dass sich die Rechtslage zweifelsfrei nicht geändert hat und somit eine Neubeurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes aufgrund einer geänderten Rechtslage nicht zu erfolgen hat.
3.2.9. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall bedeutet das:
3.2.9.1. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 wurde ein – damals zum ersten Mal – gestellter Antrag vom 12.03.2018, einlangend beim Bundesverwaltungsgericht am 15.03.2018, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen. Der Antrag wurde damit begründet, dass die XXXX (GmbH), als gesetzlicher Vertreter des Beschwerdeführers zum Zustellungszeitpunkt des Bescheides, neben anderen Unternehmen in einem größeren Gebäudekomplex eingemietet sei. Mit der Annahme der Post sämtlicher dort untergebrachter Unternehmen sei ein eigenes ständig besetztes Sekretariat beauftragt. Dieses Sekretariat würde einlaufende Postsendungen mit einem Eingangsstempel versehen. Einlangende Poststücke müssten einem internen Grundsatz zu folge, immer am Tag des durch Eingangsstempel vermerkten Posteinlaufs direkt an die Geschäftsführung der GmbH übergeben werden. Die an die Geschäftsführung übergebenen Poststücke würden nach Einlauf an die Adressaten, also an die Bewohner oder die zuständigen Mitarbeiter weitergeleitet werden. Mit der Wahrnehmung der gesetzlichen Vertretung sei intern in der GmbH eine Juristin beauftragt gewesen. Die dieser im Rahmen ihrer Tätigkeit zugehenden Poststücke seien von ihr bei Erhalt mit dem Zustelldatum versehen worden und dieses Datum sei in einen von ihr geführten Kalender eingetragen worden. Dieses Procedere sei auch im vorliegenden Fall zur Anwendung gekommen. Interne Recherchen hätten ergeben, dass im beschwerdegegenständlichen Fall, abweichend vom üblichen Ablauf, kein Eingangsstempel am Kuvert angebracht worden sei und die interne Aufteilung erst einen Tag nach der Zustellung erfolgt sei. Im Vertrauen auf die geübte Praxis sei die zuständige Juristin daher von einer Zustellung am Tag der Ausfolgung des Bescheides ausgegangen. Das Versäumnis der Juristin könne höchstens in der unterlassenen Nachfrage nach dem fehlenden Eingangsstempel gesehen werden. Das interne Fristkontrollsystem sei so gestaltet, dass Fristen und deren konkrete Erfassung im Fristenbuch durch die Geschäftsleitung selbst kontrolliert werde. Es herrsche daher ein Vier-Augenprinzip, welches Fehler weitestgehend auszuschließen vermag. Im gegenständlichen Fall sei daher nur von einem minderen Grad des Verschuldens auszugehen. Letztlich habe es sich im vorliegenden Fall um eine Verkettung von besonderen seltenen Umständen gehandelt, welche sich auch außerhalb der Einflusssphäre der GmbH befinden würde.
Dazu festgestellt wurde durch das Bundesverwaltungsgericht, dass die von der GmbH mit der Wahrnehmung der gesetzlichen Vertretung beauftragte Juristin aufgrund des fehlenden Einlaufstempels sowie der im Unternehmen gepflogenen und fälschlicherweise von ihr angenommen Ausfolgung der Poststücke am Zustellungstag und der falschen Auskunft der Geschäftsführung über das Zustelldatum von einer Zustellung zu einem späteren Zeitpunkt als am Rückschein vermerkt ausgegangen sei.
3.2.9.2. Der nunmehr gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde wie folgt begründet:
Der – damaligen – gesetzlichen und rechtlichen Vertretung sei von ihrer Vorgesetzten strikt untersagt worden dem Beschwerdeführer den wahren Sachverhalt zu nennen. Es wäre zu keinem Fristversäumnis im Beschwerdeverfahren gekommen, wenn die Geschäftsführung nicht in den Verantwortungsbereich der gesetzlichen Vertretung eingegriffen hätte. Die gesetzliche Vertreterin habe keine faktische Möglichkeit gehabt den Posteingang zu kontrollieren. Der gesetzlichen Vertretung sei es nicht möglich gewesen, nach eigenem Wissen oder Gewissen zu arbeiten und den Fristenlauf entsprechend zu berechnen, sondern sie sah sich mit einem plötzlichen und unabwendbaren Ereignis konfrontiert, als es bereits zu spät gewesen sei. Sie habe bis zum Einlangen des Verspätungsvorhaltes an das Eingangsdatum geglaubt. Zuvor sei es noch zu keinen derartigen Vorkommnissen gekommen und die Vertretung habe damals nicht wissen können, dass die neue Geschäftsführung „in ihren Zustellangaben nicht ernst zu nehmen“ sei. Diese Struktur sei ohne ihre Mitwirkung geschaffen worden. Nach dieser Kenntnisnahme habe sie so arbeiten können, dass das nicht mehr passieren werde. Die Vertretung habe später den Antrag auf Rechtsmittel gegen die Abweisung der Beschwerde nicht wahrheitsgemäß begründen dürfen, da sie eine rechts- oder zumindest sittenwidrige Weisung eines Vorgesetzten befolgen habe müssen. Zumal die rechtliche Vertretung nicht als Sachbearbeiterin für die Prokuristin ausgeübt worden sei, sei dem Beschwerdeführer das Verhalten der Geschäftsführerin nicht zuzurechnen. Der Stempel der Einrichtung auf den Eingaben des Beschwerdeführers sei rein deklarativ und wäre ohne diesen genauso rechtmäßig eingebracht worden. Es sei aber unzulässig, zur rechtlichen Vertretung von Minderjährigen irgendwelche Personen sowie auch Zivildiener heranzuziehen. Auch diese seien angewiesen gewesen Posteingänge zu sichten und der Geschäftsführung diverse Tage zu benennen. Nur unter dieser Sichtweise sei eine interne Unterordnung von Juristen unter nicht qualifizierte Personen im Rahmen einer rechtlichen Vertretung überhaupt rechtmäßig. Das Land OÖ habe die Behörden der Kinder- und Jugendhilfe deshalb auch angewiesen mit den Vertretungen direkt und persönlich zu kommunizieren, was nicht erfolgt sei, da von der Geschäftsführung Zensur betrieben worden sei und die Probleme nicht erkannt worden seien. Natürlich bestehe hier kein absoluter Anwaltszwang und es wäre zur Zulässigkeit in Asylverfahren an sich keine Vertretung mit juristischen Fachkenntnissen erforderlich. Eine unqualifizierte Vertretung sei durch die Privatautonomie zulässig, welche einem Minderjährigen aber ohnedies nicht zukomme. Dieser Sachverhalt hätte im Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung als unabwendbares Ereignis aus Sicht der Vertretung erkannt werden können.
In der beigelegten „Erklärung an Eides statt“ durch die Juristin, die bei der gesetzlichen Vertretung des Beschwerdeführers arbeitete und für diesen zuständig gewesen ist, wird den Fall des Beschwerdeführers betreffend wie folgt ausgeführt:
Der erstinstanzliche Bescheid den Beschwerdeführer betreffend sei von der Geschäftsführung geöffnet, das Kuvert mit dem Posteingangsstempel entsorgt und schließlich unter Nennung eines falschen Zustelldatums übergeben worden. Hätte die Geschäftsführerin der Vertreterin ehrlich gesagt, dass sie das Zustelldatum nicht kenne, hätte diese entsprechend handeln können um ein daraus resultierendes Fristversäumnis zu verhindern. Dies sei nicht der Fall gewesen. Es sei ihr gleichzeitig ein zweiter Bescheid übergeben worden, der an einem späteren Tag zugstellt worden sein soll und es sei ihr für beide Eingänge dasselbe Datum genannt worden. Es sei sich dahingehend geäußert worden, dass die Geschäftsführerin gemeint habe, dass sie gedacht habe, dass „ein Tag auf oder ab egal wäre“. Die Geschäftsführerin habe die Vertreterin angewiesen, ein Rechtsmittel zu verfassen, dass nach verfestigter Judikatur zu keinem Erfolg führen habe können, die Geschäftsführerin habe eine Eidesstattliche Erklärung verfasst, dass das Sekretariat auf den Stempel vergessen habe. Dies könne die Vertreterin nicht beurteilen, da sie nicht dabei gewesen sei. Es sei der Vertreterin auf jeden Fall ein falsches Eingangsdatum genannt worden. Die Vertreterin habe versucht den Beschwerdeführer schadlos zu halten, zumal er sich von seiner Religion abgewendet habe. Diese Abkehr sei den Instanzen nicht glaubwürdig erschienen, da die Folgen des eigenen Fristversäumnisses damit abgewendet werden hätten sollen. Sie habe damals versucht eine zufriedenstellende Lösung zu finden ohne ihre Arbeit zu verlieren. Nach den Vorkommnissen sei die Vertreterin anders vorgegangen.
3.2.9.3. Zusammengefasst ist auszuführen, dass das Vorbringen im nunmehrigen Wiedereinsetzungsantrag sich im Kern mit dem Vorbringen im erstgestellten Antrag, über den bereits mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 entschieden worden ist, deckt. Es ist – wie durchaus möglich aufgrund innerer Unstimmigkeiten die Arbeitsweise betreffend – zu einer Versäumung der Rechtsmittelfrist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid gekommen. Diese Versäumung erfolgte, da der Juristin, die den Beschwerdeführer im Rahmen ihrer Tätigkeit für die gemeinn. GmbH vertreten hat, von der Geschäftsführerin ein falsches Zustelldatum genannt wurde. Dies wurde auch bereits im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 beurteilt bzw. gewürdigt. Es wurden im Rahmen der nunmehrigen Antragstellung keine neuen Tatsachen – der vorgebrachte Sachverhalt war bereits bei der Erlassung des Beschlusses durch das Bundesverwaltungsgericht bekannt - vorgebracht, die eine anderslautende Entscheidung über den Antrag über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand herbeiführen könnten.
3.2.9.4. Einen gerichtlich geschlossenen Vergleich betreffend ist auszuführen, dass sich aus diesem auch keine neuen Tatsachen ergeben, die eine anderslautende Entscheidung herbeiführen könnten.
3.2.9.5. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund entschiedener Sache (ne bis in idem) zurückzuweisen.
3.3. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall kann das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Beschwerde aus der Aktenlage in Verbindung mit den Ausführungen zum Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. in eventu auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geklärt ist. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als unrichtig. Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 05.09.2002, Appl. Nr. 42057/98, Speil/Österreich). Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).
3.4. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
entschiedene Sache Erschleichen Fristversäumung Prozesshindernis der entschiedenen Sache Rechtsmittelfrist Tauglichkeit Wiederaufnahme Wiederaufnahmeantrag Wiederaufnahmegrund Wiedereinsetzung Wiedereinsetzungsantrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W253.2183942.4.00Im RIS seit
18.05.2021Zuletzt aktualisiert am
18.05.2021