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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. August 1995, Zl. 106.113/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. August 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG dürfe eine Bewilligung nicht erteilt werden, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 FrG vorliege. Aus dem Grunde des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde. Der Beschwerdeführer habe sich aufgrund eines bis zum 10. September 1992 gültigen Sichtvermerkes erlaubt in Österreich aufgehalten. Am 9. November 1993 habe er aus dem Ausland den vorliegenden (Erst)Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers, insbesondere in seiner Berufung, ergebe sich, daß er sich nach wie vor in Österreich aufhalte und hier einer Beschäftigung nachgehe. Die Aufnahme einer Beschäftigung durch den Ausländer dürfe jedoch nur erfolgen, wenn dieser zum Aufenthalt in Österreich nach dem AufG berechtigt sei; seit dem 10. September 1992 sei dem Beschwerdeführer keine Bewilligung erteilt worden. Die "nicht erlaubten Beschäftigungen" rechtfertigten die Annahme, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ruhe, insbesondere das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, gefährde.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 11. Oktober 1995, B 3004/95-4, die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab. Über Antrag des Beschwerdeführers trat er die Beschwerde mit Beschluß vom 21. November 1995, B 3304/95-7, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.
Dieser hat über die - ergänzte - Beschwerde erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden unter anderem nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 FrG vorliegt. Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. März 1997, Zl. 95/19/0258, mit weiteren Nachweisen) ist die Aufnahme der illegalen Beschäftigung durch den Fremden ein Verhalten, das die Annahme rechtfertigt, sein weiterer Aufenthalt würde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Ausländerbeschäftigungswesens gefährden.
Zutreffend verweist jedoch der Beschwerdeführer darauf, daß er über einen Befreiungsschein gültig vom 11. September 1992 bis zum 10. September 1997 verfügt. Ein Widerruf dieses Befreiungsscheines (§ 16 Ausländerbeschäftigungsgesetz) ist nicht aktenkundig. § 3 Abs. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz lautet:
"(2) Ein Ausländer darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt."
Wie sich aus dieser Gesetzesstelle ergibt, darf ein Ausländer eine Beschäftigung dann antreten, wenn er über einen (gültigen) Befreiungsschein verfügt. Ist dies - wie beim Beschwerdeführer - der Fall, ist die Annahme, durch das Verhalten des Fremden (Beschwerdeführers) wäre die öffentliche Ordnung auf dem Gebiete des Ausländerbeschäftigungswesens gefährdet, nicht gerechtfertigt. Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung wegen einer Verletzung des AufG durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ist aus den im hg. Erkenntnis vom 7. März 1997, Zl. 95/19/0682, genannten Gründen nicht gegeben.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995191638.X00Im RIS seit
02.05.2001