TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/2 W251 2239814-1

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Veröffentlicht am 02.03.2021
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Entscheidungsdatum

02.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W251 2239814-1/4Z

W251 2239817-1/4Z

W251 2239815-1/4Z

W251 2239816-1/4Z

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT über die Beschwerden von 1) XXXX , geboren am XXXX , 2) XXXX , geboren am XXXX , 3) XXXX , geboren am XXXX und 4) XXXX , geboren am XXXX , alle Staatsangehörige von Serbien und vertreten durch RA Mag. Stefan ERRATH, gegen Spruchpunkt V. der Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26.01.2021 1) Zl. 1127015909-181093494, 2) 1212517101-181097457, 3) 1159750507-181097589 sowie 4) 1159750801-181097783 betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A)       

Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuerkannt.

B)       

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die leibliche Mutter des Zweitbeschwerdeführers, der Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführer stellten in Österreich am 11.07.2016 bzw. am 18.07.2017 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Die Anträge des Zweitbeschwerdeführers, der Drittbeschwerdeführerin sowie der Viertbeschwerdeführerin wurden mit Bescheid vom 24.12.2019 abgewiesen.

Mit Bescheid vom 26.01.2021 wurde der Erstbeschwerdeführerin kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass eine Abschiebung nach Serbien zulässig ist, keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt, einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Mit Bescheiden vom 26.01.2021 wurde dem Zweitbeschwerdeführer, der Drittbeschwerdeführerin sowie dem Viertbeschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt, keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Das Bundesamt stützt seinen Bescheid betreffend die Erstbeschwerdeführerin darauf, dass dieser zwar am 29.12.2016 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ erteilt worden sei, das Verfahren jedoch wegen Vorliegens einer Aufenthaltsehe wieder aufgenommen worden sei und gemeinsam mit einem Zweckänderungsantrag vom 06.12.2017 abgewiesen worden sei. Beide Verfahren seien rechtskräftig abgeschlossen worden. Die Erstbeschwerdeführerin habe daher kein Aufenthaltsrecht mehr in Österreich und somit die sichtvermerkfreie Zeit überschritten. Die Erstbeschwerdeführerin verfüge in Österreich über keinen Aufenthaltstitel mehr. Sie arbeite ohne Beschäftigungsbewilligung seit 03.03.2017 als Arbeiterin bei einer Reinigungsfirma. Sie spreche Deutsch auf dem Niveau A1. Der Aufenthalt des Zweitbeschwerdeführers, der Drittbeschwerdeführerin sowie der Viertbeschwerdeführerin in Österreich sei illegal, diese halten sich seit 27.12.2017 in Österreich auf und haben ebenfalls die sichtvermerkfreie Zeit überschritten. Die Beschwerdeführer haben keine weiteren Verwandten in Österreich. In Serbien leben noch die Eltern bzw. Großeltern sowie eine Schwester und weitschichtige Verwandte. Die Drittbeschwerdeführerin und die Viertbeschwerdeführerin haben in Österreich zuletzt eine Schule besucht. Der Zweitbeschwerdeführer gehe in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach und besuche auch keine Schule.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Bescheide fristgerecht Beschwerde. Diese brachten im Wesentlichen vor, dass alle Beschwerdeführer in Österreich gut integriert seien. Alle verfügen über Freundschaften und Bekanntschaften in Österreich. Der Zweitbeschwerdeführer würde an einer dauerhaften geistigen und körperlichen Behinderung leiden und sei auf ständige Unterstützung und Beaufsichtigung angewiesen. Er erhalte in Österreich die dafür erforderliche medizinische, psychologische sowie therapeutische Hilfe. In Serbien leben zwar die Eltern der Erstbeschwerdeführerin in einem Haus, dieses sei jedoch für alle Beschwerdeführer zu klein. Die Beschwerdeführer benötigen daher mehr Vorbereitungszeit für eine Ausreise, weswegen beantragt werde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zudem sei das gegen die Erstbeschwerdeführerin erlassenen Einreiseverbot überschießend hoch. Dieses sei gänzlich aufzuheben bzw. auf eine angemessene Dauer zu reduzieren.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die leibliche Mutter des Zweitbeschwerdeführers, der Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführerin.

Die Erstbeschwerdeführerin hat mit einem serbischen Staatsangehörigen vier Kinder. Mit diesem war sie von 2014 bis 2015 verheiratet. Seit dem 19.04.2016 ist die Erstbeschwerdeführerin in Österreich behördlich gemeldet. Die Erstbeschwerdeführerin heiratete am 05.03.2016 in Österreich erneut. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 11.07.2016 in Österreich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels.

Der Zweitbeschwerdeführer, die Drittbeschwerdeführerin sowie die Viertbeschwerdeführerin stellten am 18.07.2017 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck der „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 46 Abs 1 Z 2 NAG.

Mit E-Mail vom 02.08.2019 wurde dem Bundesamt von der MA-35 mitgeteilt, dass betreffend den Antrag der Erstbeschwerdeführerin das Verfahren am 12.07.2019 negativ rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Es wurde dem Bundesamt jedoch kein diesbezüglicher Bescheid vorgelegt, das Bundesamt hat in die Akten der MA-35 keine Einsicht genommen. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Erstbeschwerdeführerin derzeit über einen Aufenthaltstitel in Österreich verfügt oder ob das Verfahren der Erstbeschwerdeführerin betreffend den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels tatsächlich rechtskräftig abgeschlossen ist.

Mit Bescheiden der MA-35 vom 24.12.2019, wurden die Anträge des Zweitbeschwerdeführers, der Drittbeschwerdeführerin sowie der Viertbeschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 26.01.2021 wurde der Erstbeschwerdeführerin kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass eine Abschiebung nach Serbien zulässig ist, keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt, einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 26.01.2021 wurde dem Zweitbeschwerdeführer, der Drittbeschwerdeführerin sowie dem Viertbeschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt, keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Gerichtsakt sowie aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und aus der Korrespondenz mit dem Bundesamt.

Der Bescheid über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung betreffend die Erstbeschwerdeführerin durch die MA35 erliegt nicht im Akt des Bundesamtes. Das Bundesamt hat vor Erlassung der Rückkehrentscheidungen diesen Bescheid weder angefordert noch Einsicht in diesen genommen. Es kann daher der Inhalt dieses Bescheides und das tatsächliche Bestehen eines abweislichen Bescheides betreffend den Aufenthaltsantrag der Erstbeschwerdeführerin vom Bundesamt nicht überprüft worden sein. Es ist daher das Bestehen einer abweislichen Entscheidung betreffend einen Aufenthaltstitel der Erstbeschwerdeführerin derzeit auch noch der Kontrolle durch das Bundesverwaltungsgericht entzogen. Eine Mitteilung per E-Mail der MA-35 kann jedoch die Vorlage eines Bescheides und die diesbezügliche Kontrolle durch Behörden und Gerichte nicht ersetzen. Es konnte daher nicht festgestellt werden ob der Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung von der MA 35 tatsächlich abgewiesen wurde und dies in Rechtskraft erwachsen ist.

Dem Bundesamt wurde vom Bundesverwaltungsgericht mehrfach aufgetragen den betreffenden Bescheid der MA-35 vorzulegen. Der Bescheid wurde jedoch nicht vorgelegt. Das Bundesamt konnte zudem nicht angeben, wann eine Vorlage des Bescheides der MA35 betreffend die Abweisung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfolgen kann.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A):

3.1.1. § 18 BFA-VG lautet auszugsweise:

„Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1.         die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist
2.         der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3.         Fluchtgefahr besteht.

(…)

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

3.1.2. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat darüber gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014), ohne dass damit der Ausgang des Hauptverfahren vorweg genommen wird.

3.1.3. Das Bundesamt stützt seinen Bescheid betreffend die Erstbeschwerdeführerin darauf, dass dieser zwar am 29.12.2016 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ erteilt worden sei, das Verfahren jedoch wegen Vorliegens einer Aufenthaltsehe wieder aufgenommen worden sei und gemeinsam mit einem Zweckänderungsantrag vom 06.12.2017 abgewiesen worden sei. Beide Verfahren seien rechtskräftig abgeschlossen worden. Die Erstbeschwerdeführerin habe daher kein Aufenthaltsrecht mehr in Österreich und somit die sichtvermerkfreie Zeit überschritten.

Die diesbezüglichen Unterlagen, nämlich insbesondere die Bescheide der MA 35 betreffend die Erstbeschwerdeführerin konnte das Bundesamt – trotz mehrfacher Urgenz durch das Bundesverwaltungsgericht – jedoch nicht vorlegen. Ein weiteres Zuwarten auf eine Vorlage durch das Bundesamt war aufgrund der Frist des § 18 Abs 5 BFA-VG nicht möglich. Das Bundesamt hat tatsächlich vor Erlassung der gegenständlichen Rückkehrentscheidungen keine Einsicht in die gegenständlichen Bescheide der MA35 genommen und diese auch nicht zum eigenen Akt genommen.

Das Bestehen einer Aufenthaltsberechtigung bei der Erstbeschwerdeführerin würde jedoch auf die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung durchschlagen und wäre auch bei einer Rückkehrentscheidung des Zweitbeschwerdeführers, der Drittbeschwerdeführerin sowie der Viertbeschwerdeführerin aufgrund des zu prüfenden Familienlebens relevant.

Es war daher den Beschwerden die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG zuzuerkennen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen vor dem Hintergrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des VwGH keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W251.2239814.1.00

Im RIS seit

19.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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