Entscheidungsdatum
02.03.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W233 2238468-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Kasachstan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2020, Zl. 549429708-190788445, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.02.2021 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., und III. als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird stattgegeben und die Frist zur freiwilligen Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Kasachstan, hält sich seit April 2011 rechtmäßig in Österreich auf. Zuletzt wurde ihm der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ mit Gültigkeit bis zum 17.09.2023 erteilt.
I.2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 02.06.2020, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des Verbrechens der Terrorismusfinanzierung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.
I.3. Mit Verständigung über das Ergebnis einer Beweisaufnahme vom 02.09.2020 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer mit, dass aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung vom 02.06.2020 beabsichtigt werde, gegen ihn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu erlassen. Ihm wurde eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt und aufgetragen, einen in diesem Schreiben angeführten Fragenkatalog betreffend seinen Aufenthalt in Österreich zu beantworten.
Diesem Auftrag kam der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10.09.2020 nach.
I.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2020, Zl. 549429708-190788445, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig sei (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Ferner wurde unter Spruchpunkt V. einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
I.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 27.12.2020 im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters Beschwerde wegen Gesetzwidrigkeit und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
I.6. Am 11.01.2021 langten die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts 12.01.2021 wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids stattgegeben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
I.8. Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts fand am 03.02.2021 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben.
Im Rahmen dieser Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seiner Identität und Herkunft, zu seinem Leben in Österreich, zu seinem strafrechtlichen Fehlverhalten sowie seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat befragt. Ferner wurde das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Kasachstan vom 20.07.2018 mit letzter Kurzinformation vom 12.06.2019 in das Verfahren eingeführt und dem Beschwerdeführer eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt.
I.9. Mit Schriftsatz vom 17.02.2021 erstattete der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters eine Stellungnahme zur allgemeinen Lage in Kasachstan sowie zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Kasachstan, führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und gehört der Volksgruppe der Dunganen an. Neben seiner Erstsprache Dunganisch spricht er Russisch, Kasachisch und Deutsch. Der Beschwerdeführer ist ledig, gesund und arbeitsfähig. Ihn treffen keine Obsorgeverpflichtungen.
Er wurde in Kirgisistan geboren und verzog im Kleinkindalter mit seiner Mutter und seiner Schwester nach XXXX , Kasachstan. Bis zu seiner endgültigen Ausreise aus dem Herkunftsstaat im Jahr 2011 lebte er bei seinen Großeltern.
1.1.1. Zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich
Der Beschwerdeführer reiste im April 2011 in Österreich ein. Seither verfügt er durchgehend über einen aufrechten Hauptwohnsitz und hält sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Zuletzt wurde ihm der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ mit Gültigkeit bis zum 17.09.2023 erteilt.
Nach seiner Einreise lebte der Beschwerdeführer mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinem Stiefvater zusammen. Aktuell lebt nur noch der Stiefvater des Beschwerdeführers in Österreich. Sonstige nahe Angehörige oder Verwandte hat der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet nicht.
Während seines Aufenthalts im Bundesgebiet absolvierte der Beschwerdeführer die dritte sowie die vierte Klasse der Hauptschule und besuchte daraufhin eine Produktionsschule des BFI. In der Folge arbeitete er in verschiedenen Unternehmen. Aktuell ist er für das Unternehmen „ XXXX “, tätig und ist hierdurch in der Lage, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu finanzieren.
Der Beschwerdeführer hat sich einen großen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut. Ferner ist er aktives Mitglied in einem Boxclub.
1.1.2. Zum Fehlverhalten des Beschwerdeführers
Die Schwester des Beschwerdeführers ist zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2013 oder 2014 nach Syrien in das Gebiet der Terrororganisation „Islamischer Staat“ gereist, hat geheiratet und drei Kinder bekommen.
Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum von Oktober 2016 bis November 2018 in XXXX Geldbeträge von insgesamt € 4.100 ,-- für ein Mitglied einer terroristischen Vereinigung, von der er gewusst hat, dass sie darauf ausgerichtet ist in § 278d Abs. 1 StGB genannte Handlungen zu begehen, bereitgestellt, indem er an seine in Syrien aufhältige Schwester, die sich dem in der UN-Sanktionsliste als Terrororganisation geführten „Islamischen Staat“ angeschlossen hatte, einmal im Jahr 2016 und weitere sechsmal im Jahr 2018 Geldbeträge über Mittelsmänner transferierte.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 02.06.2020, Zl. XXXX , wurde er aufgrund der Verwirklichung dieses Sachverhalts wegen des Verbrechens der Terrorismusfinanzierung nach § 278d Abs. 1a Z 2 StGB unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr rechtskräftig verurteilt. Ferner wurde der Geldbetrag von € 4.100 ,-- für verfallen erklärt. Das sichergestellte Mobiltelefon wurde konfisziert.
Als mildernd wertete das Strafgericht das Geständnis, die Unbescholtenheit, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel sowie die Überweisung der Geldbeträge zu humanitären Zwecken zur Unterstützung von Familienmitgliedern. Erschwerend galt das Zusammentreffen strafbarer Handlungen über einen Tatzeitraum von rund zwei Jahren.
Einer Diversion stand nach den Erwägungen des Strafgerichts entgegen, dass eine ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände bereits eine schwere Schuld begründet, da ein hoher Gesinnungsunwert (Verwerflichkeit der inneren Einstellung des Angeklagten), Handlungsunwert (mit erheblicher Intensität ausgeführte Tatbegehungsweise) und Erfolgsunwert (massive Tatfolgen) gegeben waren. Ferner wurde berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer nicht einmal eine bedingte Unrechtseinsicht oder eine partielle Verantwortungsübernahme zeigte und ihm Tatwiederholung zur Last lag bzw. er eine solche ankündigte. Weiter wurde vom Strafgericht erwogen, dass der Beschwerdeführer eine unangebrachte Bagatellisierung der Tat erkennen ließ und überdies mehrfach oder kurz zurückliegend einschlägig kriminell in Erscheinung trat.
Auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 03.02.2021 zeigte der Beschwerdeführer keine Unrechtseinsicht und stritt ab, durch sein Verhalten einen Straftatbestand verwirklicht zu haben. Konkret brachte er vor, nicht die Terroristen, sondern lediglich seine Schwester finanziell unterstützt zu haben, und ignorierte sohin gänzlich den Umstand, dass sich seine Schwester dem Islamischen Staat angeschlossen hatte. Ihre Entscheidung, nach Syrien in das Gebiet des Islamischen Staates zu verziehen, bagatellisierte er auch insoweit, als er angab, seine Schwester sei ebenso wie viele andere junge Leute der Liebe wegen nach Syrien verzogen.
Aufgrund des bisher vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltens und seines Persönlichkeitsbildes ist sein weiterer Aufenthalt in Österreich als schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit anzusehen.
II.1.1.3. Zur Situation des Beschwerdeführers im Fall der Rückkehr
Es steht nicht fest, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder zu einer sozialen Gruppe von staatlicher Seite oder von privaten Dritten verfolgt wird.
Ebenso wenig steht fest, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Verfolgung droht, da sich seine Schwester als Mitglied der Terrororganisation „Islamsicher Staat“ in Syrien aufgehalten hat und er sie finanziell unterstützt hat. Folglich steht nicht fest, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Kasachstan wiederholt der Strafverfolgung wegen Terrorismusfinanzierung oder wegen einem sonstigen mit diesem Sachverhalt in Zusammenhang stehenden Straftatbestand ausgesetzt sein wird. Ihm droht sohin in Kasachstan keine Inhaftierung oder Verfolgung durch die Sicherheitsbehörden des Herkunftsstaates.
Für den Beschwerdeführer besteht im Fall einer Ansiedlung in Kasachstan nicht ein so hohes Maß an willkürlicher Gewalt, dass er allein durch seine Anwesenheit tatsächlich Gefahr läuft, einer ernsthaften, individuellen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt zu sein.
Der Beschwerdeführer hat keine individuellen gefahrenerhöhenden Umstände aufgezeigt, die unter Beachtung seiner persönlichen Situation einer Rückkehr in den Herkunftsstaat auch bei einem niedrigeren Grad von willkürlicher Gewalt entgegenstünden.
Seit seiner Einreise in Österreich im April 2011 ist der Beschwerdeführer mehrmals nach Kasachstan gereist. Zuletzt hat er dort von 28.06.2019 bis 13.07.2019 seinen Urlaub bei seiner Schwester verbracht. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt hat er in Kasachstan auch die Matura nachgeholt.
Die Schwester des Beschwerdeführers ist gemeinsam mit ihren drei minderjährigen Kindern circa im Mai 2019 von den Behörden des Herkunftsstaates von Syrien nach Kasachstan zurückgebracht worden. Nachdem sie circa ein Monat von den Sicherheitsbehörden angehalten worden war, zog sie gemeinsam mit ihren Kindern in das Haus ihrer Familie in XXXX . Mitte des Jahres 2019 ist daraufhin die Mutter des Beschwerdeführers zu seiner Schwester verzogen und lebt seither mit ihr gemeinsam in XXXX . Die Mutter und die Schwester des Beschwerdeführers sind in der Lage, unbehelligt in Kasachstan zu leben. Der Beschwerdeführer pflegt zu ihnen täglichen Kontakt und unterstützt seine Schwester finanziell. Im Fall seiner Rückkehr nach Kasachstan besteht für ihn die Möglichkeit, im Haus der Familie Unterkunft zu nehmen.
Der Beschwerdeführer ist - unter Beachtung seiner Sprachkenntnisse, seiner Schulbildung und seiner Berufserfahrung – überdies in der Lage in Kasachstan seine grundlegenden existenziellen Bedürfnisse (wie der Zugang zu Arbeit, Wasser, Nahrung, Gesundheitsversorgung, die Chance, eine adäquate Unterkunft zu finden, der Zugang zu sanitären Einrichtungen und die finanziellen Mittel zur Befriedigung elementarer Bedürfnisse) befriedigen zu können.
Daran vermag auch die COVID-19 Pandemie, von welcher Kasachstan ebenso betroffen ist, nichts zu ändern, da der gesunde Beschwerdeführer als 24-jähriger junger Mann keiner Risikogruppe angehört, bei der im Falle einer Ansteckung ein schwererer Krankheitsverlauf zu befürchten ist.
II. 1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:
II.1.2.1. Auszüge aus dem Länderinformationsblatt Kasachstan vom 20.07.2018 mit letzter Kurzinformation vom 12.06.2019
Sicherheitslage
Erstmals kam es im Jahre 2011 zu mehreren kleineren islamistisch-terroristische Anschlägen in Kasachstan. Daraufhin wurde im Oktober 2011 ein neues Religionsgesetzes verabschiedet, um die Verbreitung extremistischer religiöser Strömungen einzudämmen (GIZ 6.2018a; vgl. AA 3.2018a).
2016 kam es zu den ersten größeren Anschlägen seit 2011 (USDOS 19.7.2017). Am 5.6.2016 und am Folgetag kam es in der 400.000 Einwohner-Stadt Aqtobe zu Schießereien zwischen mutmaßlichen islamistischen Extremisten und Sicherheitskräften, bei denen laut Innenministerium 19 Menschen getötet wurden. Zwei Dutzend junger Männer überfielen zwei Waffengeschäfte, dann einen Posten der Nationalgarde. Es wurde die oberste Terrorwarnstufe ausgerufen (FR 6.6.2016; vgl. ZA 30.6.2016). Unter den Toten waren 13 Attentäter, drei Zivilisten und drei Soldaten der Nationalgarde (RFE/RL 7.6.2016). Während nachfolgender Polizeirazzien wurden fünf weitere vermeintliche Attentäter getötet (RFE/RL
10.6.2016). Die Staatsführung stufte beide Ereignisse als terroristische Akte ein und beschuldigte ausländische Akteure, obwohl die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden keine Hinweise auf eine direkte Verbindung zu ausländischen terroristischen Organisationen ergaben (USDOS 19.7.2017). So brachte etwa Präsident Nasarbajew die Anschläge mit den Farbrevolutionen in Georgien, der Ukraine und Kirgisistan 2010 in Verbindung (ZA 30.6.2016).
Am 18.7.2016 stürmte ein bewaffneter, offenbar islamistischer Einzeltäter mit krimineller Vergangenheit das Bezirkshauptquartier der Polizei in Almaty und tötete fünf Menschen – darunter drei Polizisten – und verletzte drei weitere Personen zum Teil lebensgefährlich (GIZ 6.2018a; vgl. ZA 29.7.2016). Der Hauptangeklagte des Anschlages wurde später zum Tode verurteilt (AA 3.2018a).
Kasachstan verfügt über eine umfassende Anti-Terrorismus-Gesetzgebung. Es gibt vier spezielle Anti-Terror-Einheiten beim Innenministerium sowie eine weitere beim Nationalen Sicherheitskomitee. Die Regierung hat schon seit langem die Möglichkeit einer Rückkehr ausländischer Terroristen aus dem Irak und Syrien befürchtet, doch haben die Anschläge vom Juni und Juli die Aufmerksamkeit der Regierung wieder verstärkt auf einheimische gewalttätige Extremisten gelenkt. Um dieser Bedrohung besser zu begegnen, änderte die Regierung die Anti-Terror-Gesetzgebung. Was den Umgang mit ehemaligen IS-Kämpfern anlangt, wird einerseits ein Rehabilitationsprogramm umgesetzt, andererseits werden ehemalige IS-Kämpfer auch verhaftet und gerichtlich verfolgt (USDOS 19.7.2017).
Im September 2016 wurde offiziell mitgeteilt, dass durch die Gerichte Kasachstans zahlreiche Urteile im Zusammenhang mit Förderung von „Extremismus“ und Terrorismus, sowie zu militanten Tätigkeiten in Syrien, sowie wegen Rekrutierung von Terroristen verhängt worden sind. Innerhalb von fünf Jahren wurden 64 terroristische Anschläge vereitelt und 445 Terroristen verurteilt, darunter 33 Heimkehrer aus Konfliktregionen (USDOS 19.7.2017).
Wurde im April 2015 die Zahl der Kasachen in Syrien mit 350 Personen angegeben (150 Kämpfer, der Rest Familienmitglieder) (USDOS 2.6.2016), wurden 2017 keine dahingehenden offiziellen Schätzungen abgegeben (USDOS 19.7.2017). US-amerikanische Quellen schätzten im Oktober 2017 die Zahl der kasachischen Staatsbürger unter den ISKämpfern auf 500 (ZA 27.1.2018).
Die Sicherheitslage in Kasachstan kann im Vergleich zu den Nachbarländern als stabil bezeichnet werden (BMEIA 25.4.2018). 2017 gab es keine islamistischen Anschläge (GIZ
6.2018a).
[…]
Sicherheitsbehörden
Die Zentralregierung hat das Gewaltmonopol inne. Das Nationale Sicherheitskomitee (KNB), [der kasachische Inlandsgeheimdienst], ist weiterhin die Hauptinstitution, die für die nationale Sicherheit verantwortlich ist und eng mit dem Innenministerium zusammenarbeitet (BTI 2018). Die Sicherheitskräfte werden effektiv von den zivilen Behörden kontrolliert (USDOS
20.4.2018).
Das kasachische Innenministerium beaufsichtigt die Polizei, die vor allem für die nationale
Sicherheit verantwortlich ist. Das KNB spielt eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der Gesetze, bei der Grenzsicherheit, der inneren Sicherheit, bei Anti-Terror-Maßnahmen und bei der Ermittlung und dem Verbot von illegalen oder nicht registrierten Gruppen, wie z. B. extremistische, militaristische, politische, religiöse Gruppierungen und Gewerkschaften. Der KNB, wie auch der kasachische Auslandsgeheimdienst Syrbar und die Agentur für den öffentlichen Dienst und Korruptionsbekämpfung legen deren Berichte direkt dem Präsidenten vor. Von vielen Ministerien werden Blogs unterhalten, in welchen Bürger Beschwerden einreichen können. (USDOS 20.4.2018).
Am 4.7.2017 unterzeichnete Präsident Nasarbajew Gesetzesänderungen zur Reform der Strafverfolgungsbehörden. Eine dieser Gesetzesänderungen erteilt dem KNB die Befugnis, Korruption durch Beamte der Geheimdienste, des Antikorruptionsbüros und des Militärs zu untersuchen (USDOS 20.4.2018).
Korruption unter den Gesetzesvollzugsorganen ist weit verbreitet. Personen, die verhaftet, festgehalten oder beschuldigt werden, ein Verbrechen begangen zu haben, haben von Anfang an das Recht auf einen Anwalt. Die Strafprozessordnung verpflichtet die Polizei, Verhaftete über ihre Rechte aufzuklären. Weiters erlaubt das Gesetz der Polizei, einen Gefangenen bis zu 72 Stunden vor der Anklage festzuhalten. Menschenrechtsbeobachter kritisieren diese Zeitperiode als zu lange und sie sind der Meinung, dass diese Zeit genutzt wird, um Druck auszuüben und ein Geständnis zu erpressen. Durch die Staatsanwaltschaft wurde in den ersten sechs Monaten des Jahres von fünf Vorfällen willkürlicher Festnahme und Inhaftierung berichtet (USDOS 20.4.2018).
[…]
Allgemeine Menschenrechtslage
Die aktuelle Menschenrechtslage in Kasachstan ist nicht zufriedenstellend und bleibt hinter internationalen Standards und Verpflichtungen zurück (AA 3.2018).
Während von der kasachischen Regierung international hochkarätige Veranstaltungen wie die EXPO 2017, wie auch mehrere Runden der Syrien-Friedensgespräche veranstaltet wurden, verschlechterte sich ihre Menschenrechtsbilanz im Kasachstan weiter. Von den Behörden werden unabhängige Gewerkschaftsaktivitäten unterdrückt und die Behörden richten sich weiterhin mit politisch motivierten Anklagen und anderen Schikanen gegen Regierungskritiker und Journalisten. Mehrere zu Unrecht inhaftierte Aktivisten und Gewerkschaftsführer bleiben inhaftiert. Straflosigkeit für Folter und Misshandlung in der Haft bleibt bestehen (HRW 18.1.2018).
Das Europäische Parlament (EP), forderte eine Umkehr der negativen Tendenzen in Bezug auf die Freiheit der Medien, die freie Meinungsäußerung, sowie die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit und die Religionsfreiheit und zeigte sich besorgt über die Einschränkung der Freiheit der Medien, über die Einschränkung der Freiheit der Medien, der freien Meinungsäußerung, der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit und der Religionsfreiheit, mittels restriktiver Rechtsvorschriften, Druck, Zensur und der strafrechtlichen Verfolgung von Aktivisten (EP 12.12.2017).
Zu den wichtigsten Menschenrechtproblemen gehören Verletzungen der Persönlichkeitsrechte der Bürger, eine weit verbreitete Korruption und Misshandlung durch Strafverfolgungs- und Justizbeamte, willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen, harte und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Folter sowie andere Misshandlungen von Häftlingen und Gefangenen, sowie willkürliche oder unrechtmäßige Tötungen (USDOS 20.4.2018).
2014 trat der Nationale Präventionsmechanismus gegen Folter (NPM) in Kraft. Der NPM ist Teil der Ombudsstelle (Büro des Menschenrechtsbeauftragten) und somit kein von der Regierung unabhängiges Organ. Manche Beobachter meinen, dass es dem NPM an ausreichend qualifiziertem und ausgebildetem Personal mangelt (USDOS 20.4.2018).
Die Meinungs- und Medienfreiheit wird rechtlich und faktisch erheblich eingeschränkt. Der Großteil der Medien wird direkt oder indirekt staatlich finanziert. Dadurch kommt es, trotz verfassungsmäßig garantierter Pressefreiheit, häufig zu Selbstzensur. Die Versammlungsfreiheit wird restriktiv gehandhabt. Die Religionsfreiheit ist für traditionelle und nicht traditionelle Religionen weitgehend gewährleistet. Im Rechtsbereich kommen nach wie vor Korruption und politische Intervention vor. Im Strafverfahren werden häufig Verfahrensregeln verletzt. Seit 2003 gilt ein Moratorium für die Todesstrafe (AA 3.2018a).
[…]
Religionsfreiheit
Die Religionsfreiheit ist für traditionelle Religionen weitgehend gewährleistet. Voraussetzung für die freie Religionsausübung ist zumeist eine staatliche Registrierung und Beachtung verschiedener Auflagen. In letzter Zeit kam es wiederholt zu international und national kritisierten juristischen Verfahren gegen Vertreter unterschiedlicher Religionen bzw. gegen Gemeinschaften. Die kasachische Regierung betont ausdrücklich die Bedeutung der religiösen Vielfalt (AA 3.2018a).
Laut Schätzungen waren 2016 von den rund 18,5 Millionen Einwohnern Kasachstans 70% sunnitische Muslime, die meisten der Hanafi Schule angehörend. Andere islamische Gruppen, wie die Schiiten, umfassen zusammen weniger als ein Prozent der Bevölkerung. Die russisch-orthodoxen Christen machen circa 26% aus. Andere Gemeinschaften umfassen weniger als 3% der Bevölkerung (USDOS 29.5.2018).
Kasachstan ist laut Verfassung ein säkularer Staat, Religionsfreiheit sowie die Gleichberechtigung der Religionen sind garantiert. Politisch-religiöse Vereinigungen sind verboten (GIZ 6.2018b).
Religiöse Gruppen müssen sich per Gesetz beim Justizministerium registrieren lassen. Die Zugehörigkeit zu einer nicht registrierten religiösen Gruppe ist nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten strafbar. Religiöse Gruppen durften ihren Glauben nur an staatlich genehmigten Orten praktizieren. Zusammenkünfte religiöser Art und die Verteilung religiöser Schriften an nichtgenehmigten Orten wurden mit hohen Geldstrafen geahndet (AI
22.2.2018).
Der Islam wird von der Führung für das „State- und Nationbuilding“ verwendet. Seit der Unabhängigkeit wurden mit staatlichem Segen neue Moscheen errichtet. Islamische Feiertage werden eingehalten. Kasachstan ist Mitglied der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) und hatte dort 2011 sogar den Vorsitz inne. Daneben besteht ein Volksislam, der manches Element der vorislamischen Zeit enthält. Er wird eher kulturell, als streng den religiösen Geboten folgend, gelebt. Im Alltagsleben der Städte spielt der Islam noch kaum eine Rolle, in den traditionelleren Dörfern des Südens ist er stärker verankert, wobei es auch zu Konflikten zwischen den Bestimmungen des säkularen Staates und den religiösen Regeln kommt. Neue, sich unabhängig vom staatlich tolerierten Islam entwickelnde Bekenntnisse zum Islam, werden allerdings kritisch gesehen (GIZ 6.2018b). Der Pressedienst des Ministeriums für Religionsangelegenheiten und Zivilgesellschaft berichtet, dass die geistliche Direktion der kasachischen Muslime (DSKM) das Verbot des
Tragens eines Hidschabs oder des Kopftuches an Schulen, an denen Uniformen getragen werden, unterstützt. Das Verbot war bereits im Januar 2016 verabschiedet worden. Gleichzeitig empfiehlt die DSKM muslimischen Frauen nach Erreichen der Volljährigkeit in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen (ZA 29.6.2018).
Die christliche russisch-orthodoxe Kirche hat im Staat besondere Bedeutung, erst vor zwei Jahren wurde etwa in Astana eine prächtige (von Gazprom gesponserte) russisch-orthodoxe Kathedrale neu eröffnet. In Karaganda wurde ebenfalls vor zwei Jahren eine (vorwiegend aus österreichischen Spendenmitteln finanzierte) katholische Kathedrale neu eröffnet. Man kann davon ausgehen, dass die ethnisch russische Minderheit (ca. 4 Millionen, knapp 30% der Bevölkerung) russisch-orthodox ist. Römisch-katholische Christen zählen etwa 150.000, sie sind v.a. Nachkommen nach Kasachstan exilierter/vertriebener Osteuropäer (v.a. Polen). Es kann keinesfalls von einer Verfolgung der christlichen Bevölkerungsgruppe in Kasachstan gesprochen werden (ÖB Astana 16.2.2015).
Durch die Emigration von vor allem Russen und Ukrainern ist die Zahl der nominell wie tatsächlich russisch-orthodoxen Gläubigen stark zurückgegangen. Gleiches gilt für Protestanten und Katholiken durch die Aussiedlung von Deutschen und Polen. Das Verhältnis zwischen Islam und christlichen Kirchen ist entspannt. Sogenannte „nichttraditionelle Religionen“ – Scientology, Hare Krishna, Mormonen - hatten und haben Zulauf, was Widerspruch bei den Amtsträgern der traditionellen Glaubensrichtungen hervorruft und den Staat zum Handeln veranlasst hat. Beobachter beklagen den Versuch des Staates, auch religiöse Angelegenheiten traditioneller Glaubensrichtungen zu kontrollieren (GIZ 5.2018b).
Religiöse Gruppen sind angehalten, sich bei lokalen-, regionalen- oder nationalen Stellen des Justizministeriums zu registrieren. Dabei sind – je nach Verwaltungsorganisation – verschiedene Mitgliederzahlen für eine Registrierung erforderlich. Auf lokaler Ebene sind 50, auf regionaler Ebene 500 und auf nationaler Ebene 5000 Mitglieder erforderlich, um registriert zu werden.
Viele Gruppen konnten diese Schwellenwerte nicht erreichen und so ist die Zahl registrierter Religionsgemeinschaften im Land stark zurückgegangen. Von 48 „nicht-traditionellen religiösen Organisationen“ wurden nur 16 neu registriert. Die Union der evangelischchristlichen Baptisten mit 11.000 Mitgliedern verweigerte aus Gewissensgründen eine Registrierung. Schiiten und Ahmadis wurden für eine Registrierung abgelehnt.
Seit 2013 erfolgt eine Registrierung muslimischer Gruppen nur noch, wenn sie dem staatlich unterstützten muslimischen Vorstand angehören (USCIRF 3.2018).
Im Dezember 2015 bestätigten die Gerichte hohe Geldstrafen gegen zwei Zeugen Jehovas und einen Rentner, wegen Gesprächen über ihren Glauben in der Öffentlichkeit (USCIRF
4.2018). Ein Gericht in Astana verurteilte im Mai 2017 einen Zeugen Jehovas wegen des unerlaubten Abhaltens einer „Versammlung“ zu einer Haftstrafe von fünf Jahren. Ende Juni 2017 wurde auf Beschluss eines Gerichts in Almaty das Gebietsbüro der Zeugen Jehovas aus unbekannten Gründen für drei Monate geschlossen und eine hohe Geldstrafe gegen die Religionsgemeinschaft verhängt (ZA 27.1.2018).
Nach NGO-Angaben waren 2017 insgesamt 279 Verwaltungsstrafverfahren mit religiösem Hintergrund bekannt. 259 davon endeten mit Strafen, einschließlich Geldstrafen, einer kurzfristigen Gefängnisstrafe, Abschiebungen, Gottesdienstverboten, Beschlagnahmungen und der Vernichtung religiöser Literatur (Forum 31.1.2018).
[…]
Bewegungsfreiheit
Das Gesetz garantiert die innere Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Trotz einiger Einschränkungen respektiert die Regierung diese Rechte und kooperiert mit dem Flüchtlingshochkommissariat und anderen humanitären Organisationen, um Binnenflüchtlingen, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu gewähren (USDOS
20.4.2018).
[…]
Grundversorgung und Wirtschaft
Im Februar 2014 musste der Tenge um fast 20% abgewertet werden. Die Verschiebung bei der Aufnahme der Erdölförderung in Kaschachstan zeigte Auswirkungen, vor allem aber bereitet die schwächelnde russische Wirtschaft bei der engen Verknüpfung beider Ökonomien Probleme. Bei der mangelnden Diversifizierung der Wirtschaft hat Kasachstan darüber hinaus wenige Einflussmöglichkeiten. Der global immer weiter sinkende Ölpreis macht die wirtschaftliche Situation immer schwieriger. Ende 2015 hatte der Tenge einen um mehr als 50% geringeren Wert als zu Beginn des Jahres. Die Führung des Landes reagiert mit verschiedenen Antikrisenmaßnahmen. Beobachter halten vor allem auch eine effektive Bekämpfung der weit verbreiteten Korruption für notwendig (GIZ 6.2018c).
Die Wirtschaftskrise, traf die mittleren Einkommensgruppen am stärksten und verkleinerte die Kluft zu den ärmsten Bevölkerungsschichten. Laut UNDP-Bericht über die menschliche Entwicklung 2016 liegen 36,4% der Bevölkerung unter der nationalen Armutsgrenze. 2001 waren dies noch 47%. Dennoch bestehen soziale Ausgrenzung und Marginalisierung ebenso weiter, wie auch eine grundlegende Ausgrenzung durch Armut und schlechte Bildung (BTI 2018).
Die Reallöhne sinken seit mehreren Jahren. Unzufriedenheit mit der eigenen sozialen Lage und mit von der Regierung geplanten Reformen wirkt nur die Menschen wenig aktivierend.
Anfang Februar 2014 hat die Freigabe des Tenge-Kurses und die darauffolgende Entwertung zu Protesten geführt, was ein Durchgreifen der Sicherheitskräfte provozierte. Die aktuelle Wirtschaftskrise und die damit verbundene Entwertung des Tenge verschärfen die sozioökonomische Lage großer Teile der Bevölkerung. Bislang tragen aber nur verzweifelte Hypothekenschuldner ihren Protest auf die Straße, doch kann man die Demonstrationen gegen das Projekt eines neuen Landgesetzes im Frühjahr 2016 - die bislang größten im unabhängigen Kasachstan - als Zeichen interpretieren, dass die Geduld vieler Kasachen nicht unendlich ist. Der Anteil der nach internationaler Definition Armen erscheint gering, doch erfordert das Überleben in so teuren Städten wie Almaty und Astana weit mehr als 2 US-Dollar pro Tag. Besonders von Armut betroffen sind häufig Rentner, daneben Arbeitslose und ländliche Zuwanderer.
Die Arbeitslosenquote wurde im Juli 2017 offiziell mit 4,9% angegeben, inoffizielle Zahlen nennen mehr als 10% (GIZ 6.2018b).
Bei den Wohlfahrtsleistungen wird zwischen Zulagen und Sozialleistungen unterschieden. Erstere werden von der öffentlichen Hand an alle bedürftigen Bürger ausgeschüttet, zweitere werden von der Sozialversicherung nur an Beitragszahler ausbezahlt. Die Sozialversicherung ist verpflichtend für Arbeitnehmer und Selbständige (e.gov. 2.7.2018).
Der sogenannte monatliche Berechnungsindex (MCI) dient der Berechnung von Pensionen, Beihilfen und anderen Sozialleistungen. 2018 beträgt der MCI 2.405 KZT [das sind 5,95 € mit Stand 6.7.2018]. Das Mindestgehalt beträgt 2018 28.284 KZT, die Mindestpension 33.745 sowie die Mindeststufe für die Berechnung der Basis für die Sozialbeihilfe 28.284 KZT (e.gov
6.7.2018).
Die Dauer des Mutterschaftsurlaubs beträgt 126 Kalendertage (70 Kalendertage vor der Geburt und 56 Kalendertage nach der Geburt). Gemäß Gesetz darf der Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Mutterschaftsurlaub niemanden entlassen. Ein solcher Urlaub kann grundsätzlich vom Vater oder der Mutter in Anspruch genommen werden (e.gov 22.6.2018).
Die Unterstützungszahlungen im Falle der Schwangerschaft und Geburt werden als Einmalbeträge gewährt, während das Kindergeld monatlich bis zum Alter von einem Jahr ausgezahlt wird. Die monatliche Kinderbeihilfe bis zum Erreichen des ersten Lebensjahres berechnet sich nach dem monatlichen Durchschnittseinkommen. Anlässlich der Kindsgeburt wird für das erste bis dritte Kind das achtunddreissigfache des MCI-Wertes ausbezahlt (91.3590 KZT mit Stand 12.7.2018), für das vierte und weitere dreiundsechzigmal des MCIWertes. Das zusätzliche Monatsgeld bis zum Alter von einem Jahr beträgt für das erste Kind 5,76 mal der MCI, für das zweite 6,81 mal der MCI, für das dritte 7,85 mal der MCI und für jedes weiter Kind 8,90 mal der MCI (e.gov 22.6.2018).
Das Arbeitslosengeld richtet sich nach dem vormaligen Einkommen der letzten 24 Monate multipliziert mit einer Einkommensersatzrate. Die Bezugszeit hängt von der Länge der Beschäftigungszeit ab. Der Ersatzratenfaktor beträgt 0,3. Teilnehmer aus dem obligatorischen kasachischen Sozialversicherungssystem erhalten im Falle des Verlustes des Arbeitsplatzes je nach Beitragseinzahlungen abgestuft, zwischen einem Monat und sechs Monaten Arbeitslosengeld (e.gov 2.7.2018).
[…]
Rückkehr
Die Lage der Zuwanderer ist prekär, sowohl der kasachischen, die auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen vom Land in die Städte kommen und dort auf Wohnungsprobleme stoßen und nur wenig Geld mit wenig qualifizierten Tätigkeiten verdienen, als auch der Arbeitsmigranten aus den benachbarten zentralasiatischen Republiken, deren Status und soziale Lage noch problematischer sind (GIZ 6.2018b).
Zu Beginn wurde in Kasachstan, als Teil eines postsowjetischen Nation-Building-Prozesses, der staatliche Ansatz einer „Rückholung“ ethnischer Kasachen ins Land verfolgt. Die Umsetzung verschiedener Rückführungsprogramme erwies sich jedoch schwieriger als erwartet, da sich die Rückkehrer nicht „natürlich" in die kasachische Gesellschaft integriert haben. Die sogenannten „Oralmans“ [Rückkehrer] stellen damit bis heute eine problematische soziale Gruppe dar (CAP 4.2017) obwohl ihnen Mittel zwecks Landerwerbs, Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche, Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für Kinder in Vorschuleinrichtungen und Schulen, und anderen sozialen Einrichtungen, weiterführende Ausbildungslehrgänge, Aufschub bei der Absolvierung des Wehrdienstes, Pensions- und Unterstützungszahlungen, medizinische Leistungen, zoll- und steuerfreier Transfer von Gütern, inklusive Viehbeständen, bei der Übersiedlung nach Kasachstan sowie Quotenplätze in Einrichtungen der mittleren und höheren Berufsbildung gewährt werden (e.gov 15.2.2018).
[...]
II.1.2.2. Zur aktuellen Situation aufgrund der Covid-19-Pandemie
COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet.
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.
Mit Stichtag vom 01.03.2021 werden von der World Health Organization (WHO) in Kasachstan 260.384 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 3.311 diesbezüglicher Todesfall bestätigt wurden. Ebenso zeigt eine von der „Johns Hopkins University“ veröffentlichte Statistik, dass mit Stichtag vom 01.03.2021 in Kasachstan 262.275 bestätigte COVID-19 Erkrankungen gezählt werden bzw. 3.165 Todesfälle in diesem Zusammenhang zu beklagen sind.
II. 2. Beweiswürdigung:
II. 2.1. Zur Person des Beschwerdeführers sowie zu seinem Leben in Österreich:
2.1.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers (Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und Religionszugehörigkeit), zu seinem Familienstand, zu seinem Leben im Herkunftsstaat sowie zu seinen Sprachkenntnissen, ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus dem bezüglich dieser Feststellungen widerspruchsfreien und daher glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren, insbesondere jedoch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 03.02.2021.
2.1.2. Ferner gründen die Feststellungen zu seinem rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich sowie zu dem ihm zuletzt erteilten Aufenthaltstitel auf den Angaben des Beschwerdeführers in Verbindung mit einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister.
Zum Zeitpunkt seiner Einreise in Österreich gab der Beschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht an, dass er im Jahr 2011 oder 2012 eingereist sei und sich an den exakten Zeitpunkt nicht mehr erinnern könne. Aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister geht jedoch hervor, dass er seit 11.04.2011 durchgehend über einen aufrechten Hauptwohnsitz in Österreich verfügt, weshalb davon ausgegangen wird, dass er im April 2011 eingereist ist.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründen auf seinem Vorbringen, insbesondere auf seine Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 03.02.2021, wonach er gesund sei und keine Medikamente nehme. Aufgrund seines Alters, seines Gesundheitszustandes sowie seiner Angaben zu seiner Erwerbstätigkeit konnte überdies festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig ist.
Weiters stützen sich die Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich, konkret zu seinen Angehörigen, zu seinem Familienstand, seiner Schulbildung, seiner Erwerbstätigkeit, seinem Freundes- und Bekanntenkreis sowie seiner Mitgliedschaft in einem Boxclub auf die Angaben des Beschwerdeführers sowie auf die von ihm im Laufe des Verfahrens vorgelegten Unterlagen.
II.2.2. Zum Fehlverhalten des Beschwerdeführers während seines Aufenthalts in Österreich
Die Feststellung, wonach die Schwester des Beschwerdeführers nach Syrien in das Gebiet der Terrororganisation „Islamsicher Staat“ gereist ist, geheiratet und drei Kinder bekommen hat, ergibt sich nachvollziehbar aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren sowie aus der Niederschrift seiner Beschuldigtenvernehmung vor der Landespolizeidirektion XXXX am 25.09.2019 (vgl. AS 75ff.). Zum Zeitpunkt der Ausreise seiner Schwester brachte der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde vor, sie sei ungefähr vor sieben Jahren, sohin im Jahr 2013, nach Syrien verzogen. Im Rahmen der oben erwähnten Beschuldigtenvernehmung gab er an, dass ihn seine Schwester circa zwei Jahre nach ihrer Ausreise erstmals um Geld gebeten habe. Da der Beschwerdeführer nach dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 02.06.2020, Zl. XXXX , erstmalig im Oktober 2016 einen Geldbetrag an sie transferierte, wäre sohin anzunehmen, dass sie im Jahr 2014 ausgereist ist. Mangels konkreter Angaben kann das genaue Ausreisedatum nicht festgestellt werden, jedoch ist davon auszugehen, dass die Schwester des Beschwerdeführers im Jahr 2013 oder 2014 nach Syrien verzogen ist.
Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ergeben sich zweifelsfrei aus dem im Akt aufliegenden Urteil des Landesgerichts XXXX vom 02.06.2020, Zl. XXXX .
Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung erhaltenen Eindrucks kommt das erkennende Gericht zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer nach wie vor keine Unrechtseinsicht zeigt und nicht nur die von ihm verwirklichten strafbaren Handlungen, sondern auch den Entschluss seiner Schwester, sich der Terrororganisation „Islamischer Staat“ anzuschließen, bagatellisiert, dies aus nachstehenden Gründen:
Auf die Frage, wie es ihm heute mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX gehe, antwortete der Beschwerdeführer, er sei einer Straftat beschuldigt worden, welche er nicht begangen habe. Auf Nachfrage, was er damit meine, dass er die Straftat nicht begangen habe, führte er an, er sei beschuldigt worden, dass er den Terroristen Geld geschickt habe, er habe allerdings nur seiner Schwester Geld geschickt.
Bereits aufgrund der Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichts XXXX vom 02.06.2020 zielt diese Argumentation ins Leere (vgl. dazu VwGH 21.10.2011, 2010/03/0165). Weiter ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschuldigtenvernehmung am 25.06.2019 anführte, seine Schwester habe ihn und seine Mutter von der Türkei aus informiert, dass sie nach Syrien in das Gebiet des „Islamischen Staat“ reisen und dort heiraten werde. Zudem führte er an, auch in weiterer Folge – wenn auch unregelmäßig – mit ihr in Kontakt gestanden zu sein (vgl. AS 78). Diesen Sachverhalt bestritt er im Übrigen auch in der Verhandlung am 03.02.2021 nicht. Aus seinen Angaben in Verbindung mit seiner rechtskräftigen Verurteilung durch das Landesgericht XXXX mit Urteil vom 02.06.2020 geht sohin zweifelsfrei hervor, dass der Beschwerdeführer Kenntnis von der Mitgliedschaft seiner Schwester bei der Terrororganisation „Islamsicher Staat“ hatte.
Vor diesem Hintergrund geht das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er nicht Terroristen, sondern lediglich seine Schwester und deren Kinder unterstützt habe um sie vor dem Hungertod zu bewahren, ins Leere. Denn – wie in der rechtlichen Beurteilung noch aufzuzeigen sein wird – fordert die Bestimmung des § 278d Abs. 1a keinen Verwendungsvorsatz daraufhin, dass die Vermögenswerte zur Ausführung einer in Abs. 1 erfassten Katalogtat verwendet werden, sondern sind auch die Bereitstellung von Vermögenswerten an individuelle Terroristen oder Mitglieder einer terroristischen Vereinigung zum Lebensunterhalt tatbestandsbildlich. Auch sein weiteres Vorbringen, wonach er den „Islamischen Staat“ klar ablehne und für ihn persönlich Anhänger desselben keine Moslems, sondern Terroristen seien, vermag nicht zu überzeugen, zumal er seine Schwester nicht als (ehemalige) Terroristin bezeichnete, obwohl sie nach Syrien gereist war und sich der Terrororganisation „Islamsicher Staat“ angeschlossen hatte. Hinzu kommt, dass er das Verhalten seiner Schwester auch insoweit bagatellisierte, als er vorbrachte, seine Schwester sei – ebenso wie viele andere junge Leute – der Liebe wegen nach Syrien gegangen.
Aus einer Gesamtschau ergibt sich sohin, dass der Beschwerdeführer auch über ein halbes Jahr nach seiner rechtskräftigen Verurteilung keinerlei Unrechtsbewusstsein zeigt und im Übrigen auch die Mitgliedschaft seiner Schwester bei der Terrororganisation „Islamsicher Staat“ (IS) weder kritisch hinterfragt noch als problematisch erachtet.
Aufgrund des strafrechtlichen Fehlverhaltens sowie des fehlenden Unrechtsbewusstseins des Beschwerdeführers war daher zu prognostizieren, dass sein weiterer Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt (vgl. dazu auch die näheren Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung unter Punkt II.3.1.).
II.2.3. Zur Situation des Beschwerdeführers im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat
II.2.3.1. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, ihm drohe im Fall der Rückkehr nach Kasachstan eine Inhaftierung sowie ein Strafverfahren, da er seine Schwester während ihres Aufenthalts in Syrien finanziell unterstützt habe, wird im Übrigen nicht als glaubhaft erachtet, dies aus nachstehenden Gründen:
Zunächst ist festzuhalten, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach ihn die Polizei in Kasachstan suchen würde, Ungereimtheiten und Widersprüche aufweist. Befragt, warum er glaube, dass er gesucht und im Fall der Rückkehr verhaftet werde, führte er an, einen konkreten Vorfall habe es nicht gegeben. Weiter durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter befragt, erklärte er zunächst, seine Schwester werde oft nach ihm gefragt. In weiterer Folge führte er jedoch ohne näheren Zusammenhang zu seinen vorigen Antworten aus, er werde oft von unbekannten Nummern angeschrieben, dies zuletzt von einer Frau. Auf Vorhalt, dass er einerseits behauptet habe, von einer unbekannten Nummer angeschrieben worden zu sein, andererseits jedoch anführen habe können, dass es sich um eine Frau gehandelt habe, antwortete der Beschwerdeführer pauschal, er habe eine Audio-Nachricht bekommen. Diese Erklärung kann jedoch nur als Schutzbehauptung gewertet werden, gab er doch explizit an, er werde häufig von ihm unbekannten Nummern „angeschrieben“ und sei er auch vor kurzem wieder „angeschrieben“ worden. Aufgrund welcher konkreter Anhaltspunkte er davon ausgeht, dass die Nachrichten von den kasachischen Sicherheitsbehörden stammen, legte er im Übrigen nicht näher dar. Seine diesbezüglichen Angaben werden sohin nicht als glaubhaft erachtet.
Weiter ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschuldigtenvernehmung vor der Landespolizeidirektion XXXX am 25.06.2019 anführte, seit seine Schwester vom Herkunftsstaat aus Syrien zurückgeholt worden sei, lebe sie in ihrem Haus in XXXX . Dort werde sie von der Polizei überwacht und immer wieder zu Befragungen vorgeladen. Vor circa eineinhalb Monaten sei seine Schwester mit ihrer Familie nach Kasachstan gekommen, sei in Polizeigewahrsam genommen und befragt sowie psychologisch betreut worden. Vor etwa zwei Wochen habe sie dann mit ihren Kindern in das Haus ziehen dürfen (vgl. AS 78).
In der mündlichen Beschwerdeverhandlung führte der BF an, die kasachische Polizei überwache seine Schwester und habe festgestellt, dass sie keinen Bezug zu Terroristen habe. Weiter merkte er an, sie lebe im Herkunftsstaat „wie ein normaler Mensch“. Folglich war festzustellen, dass seine Schwester seit ihrer Entlassung aus der Polizeigewahrsame unbehelligt mit ihren Kindern im Haus der Familie in XXXX leben kann.
Aus dem Zwischenbericht der Landespolizeidirektion XXXX vom 04.07.2019, Zl. XXXX (vgl. AS 3ff.), geht überdies hervor, dass die Schwester des Beschwerdeführers während ihres Aufenthalts in Syrien nicht nur vom Beschwerdeführer selbst, sondern auch von seiner Mutter finanziell unterstützt wurde. Aus den Angaben des Beschwerdeführers ergibt sich weiter, dass seine Mutter Mitte des Jahres 2019 in den Herkunftsstaat zu seiner Schwester verzogen ist. Konkrete Ereignisse, welche den Rückschluss zulassen würden, dass seine Mutter seither in Kasachstan einer Strafverfolgung durch die dortigen Sicherheitsbehörden ausgesetzt gewesen sei, schilderte der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht. Da sohin auch seine Mutter unbehelligt im Herkunftsstaat leben kann, obwohl sie seine Schwester während des Aufenthalts in Syrien finanziell unterstützt hat, ist nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat seitens der kasachischen Behörden Strafverfolgung droht.
Ferner brachte der Beschwerdeführer selbst vor, im Sommer 2019 nach Kasachstan gereist zu sein und seine Schwester besucht zu haben. Als Nachweis legte er seinen Reisepass vor, aus welchen hervorgeht, dass er am 28.06.2019 aus Österreich ausgereist und am 13.07.2019 wieder eingereist ist. Auch vor diesem Hintergrund ist nicht anzunehmen, dass die kasachischen Sicherheitsbehörden ein Interesse an der Strafverfolgung des Beschwerdeführers haben, zumal sie ihn – insbesondere vor dem Hintergrund seiner Angaben, wonach seine Schwester seit ihrer Rückkehr unter ständiger Beobachtung der Sicherheitsbehörden stehe - bereits damals festnehmen hätten können.
Anhaltspunkte, dass die kasachischen Behörden Kenntnis von der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich erlangt hätten und ihm aus diesem Grund eine (neuerliche) Strafverfolgung im Herkunftsstaat droht, sind nicht hervorgekommen und wurde ein solcher Sachverhalt vom Beschwerdeführer auch nicht konkret dargetan.
Aufgrund der dargelegten Erwägungen ist sohin nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr Gefahr läuft, von den kasachischen Sicherheitsbehörden verfolgt zu werden und unmenschlicher Behandlung und/oder unmenschlicher Strafe ausgesetzt zu sein.
Der Beschwerdeführer hat im Übrigen im gegenständlichen Verfahren nicht einmal ansatzweise dargetan, dass ihm aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder einer sozialen Gruppe von staatlicher Seite oder von privaten Dritten Verfolgung in Kasachstan droht.
II.2.3.2. Festzustellen war weiters, dass es dem Beschwerdeführer gegenständlich möglich und zumutbar ist, im Herkunftsstaat Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Häre zu führen, wie es auch andere Landlaute führen können.
Wie bereits ausgeführt, leben die Mutter und die Schwester des Beschwerdeführers im Haus der Familie in XXXX . Der Beschwerdeführer pflegt regelmäßig Kontakt zu ihnen. Es ist sohin nicht ersichtlich, aus welchem Grund er im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat dort nicht Unterkunft nehmen könnte.
Der Beschwerdeführer hat vom Kleinkindalter bis zu seinem 14. Lebensjahr in Kasachstan gelebt. Aus den Angaben des Beschwerdeführers sowie der Einsicht in seinen Reisepass geht überdies hervor, dass er während seines Aufenthalts mehrmals nach Kasachstan gereist ist und dort zuletzt von 28.06.2019 bis 13.07.2019 seinen Urlaub bei seiner Schwester verbracht hat. Ferner wurde sein Vorbringen, wonach er die Matura in Kasachstan nachgeholt hat, der gegenständlichen Entscheidung als Sachverhalt zugrunde gelegt.
Aufgrund seiner individuellen Umstände, insbesondere seiner Sprachkenntnisse, seiner Schulbildung, seiner Berufserfahrung sowie seiner familiären Anknüpfungspunkte, ist sohin nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Wiederansiedlung im Herkunftsstaat in eine existenzbedrohende Situation gerät. Auch die Berichte zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat lassen einen derartigen Rückschluss nicht zu.
Folglich war festzustellen, dass der Beschwerdeführer keine individuellen gefahrenerhöhenden Umstände aufgezeigt hat, die unter Beachtung seiner persönlichen Situation einer Rückkehr in den Herkunftsstaat auch bei einem niedrigeren Grad von willkürlicher Gewalt entgegenstünden.
II.2.4. Zu den Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat
Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Der Beschwerdeführer ist diesen Berichten in seiner Stellungnahme vom 17.02.2021 im Übrigen nicht entgegengetreten.
II.2.5. Zu den Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus:
Die unter Punkt II.1.2.2. getroffenen unstrittigen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen (s. jeweils mit einer Vielzahl weiterer Hinweise u.a.):
https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html
https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/
https://coronavirus.jhu.edu/map.html
https://covid19.who.int/
(Zugriff jeweils am 01.03.2021)
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
II.3.1. Zur Rückkehrentscheidung:
II.3.1.1. Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs. 5 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Kasachstans und somit Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er verfügte im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt –EU“ mit Gültigkeit bis zum 17.09.2023 und war vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts auf Dauer rechtmäßig in Österreich niedergelassen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Beschwerdeführer sohin zutreffend am Maßstab des § 52 Abs. 5 FPG geprüft.
II.3.1.2. Der Behörde ist ferner nicht entgegenzutreten, wenn sie zu dem Ergebnis kommt, dass die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen und die Annahme rechtfertigen, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, dies aus nachstehenden Gründen:
Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 leg. cit. für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 02.06.2020, Zl. XXXX , rechtskräftig wegen des Verbrechens der Terrorismusfinanzierung nach § 278d Abs. 1a Z 2 StGB unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Folglich sind die Tatbestände des § 53 Abs. 3 Z 1 und Z 6 FPG erfüllt und ist sohin das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert (vgl. dazu auch VwGH 29.09.2020, Ra 2020/21/0216).
In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme (hier: "schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit") gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0116; mwN).
Im gegenständlichen Fall verwirklichte der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 278d Abs. 1a Z 2 StGB, indem er seiner zum damaligen Zeitpunkt in Syrien aufhältigen Schwester, wel