Entscheidungsdatum
02.03.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W112 2219166-1/44E
GEKÜRZTE AUSFERTIGUNG DES AM 28.05.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA INDIEN, vertreten durch die Österreichische Flüchtlings- und Migrantinnenhilfe, diese vertreten durch RA MAG. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2019, Zl. XXXX , und die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € XXXX binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 22.05.2019 durch seinen gewillkürten Vertreter Beschwerde gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 09.05.2019 und die Anhaltung in Schubhaft und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, aussprechen, dass die weitere Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig sei, die belangte Behörde zum Ersatz der Verfahrenskosten verfällen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, weil der Vollzug der Abschiebung nach INDIEN für den Beschwerdeführer mit unverhältnismäßigen Nachteilen und Bedrohungen iSd Art. 3 EMRK verbunden sei.
2. Das Bundesamt legte am 22.05.2019 den Verwaltungsakt vor, erstattete eine Stellungnahme und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen, feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten iHv Vorlage- und Schriftsatzaufwand verpflichten.
3. Am 28.05.2019 fand die hg. mündliche Verhandlung statt, an der der Beschwerdeführer, sein gewillkürter Vertreter und ein Dolmetscher für die Sprache PUNJABI teilnahmen.
Keine der Parteien stellte einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 28.05.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer war INDISCHER Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Er war in Österreich nicht aufenthaltsberechtigt. Er verfügte in ITALIEN von 13.07.2016 bis 30.03.2019 über eine Aufenthaltsberechtigung mit Zugang zum Arbeitsmarkt.
Der Beschwerdeführer reiste mit dem ITALIENISCHEN VISUM und seinem INDISCHEN Reisepass am 19.07.2016 von INDIEN nach ITALIEN und stellte am 03.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, um hier zu arbeiten. Er machte falsche Angaben zu seinen Reisebewegungen, seinem Pass, seinem Aufenthaltstitel und seinen Fluchtgründen und unterdrückte seine Dokumente im Asylverfahren. Er war nur 11 Tage in Grundversorgung, danach lebte er in WIEN an privaten Adressen und meldete ein Gewerbe an. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 05.07.2016 den Antrag des Beschwerdeführers ab, stellte fest, dass seine Abschiebung nach INDIEN zulässig ist und erließ eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer. Es erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht ab und räumte ihm eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ein. Auch in der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer nicht vor, dass er über ein Aufenthaltsrecht für ITALIEN verfügte. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 14.02.2018, dem Beschwerdeführer und seinem Vertreter zugestellt am 21.02.2018, die Beschwerde als unbegründet ab. Beschwerde oder Revision gegen dieses Erkenntnis erhob er nicht.
Während des Verfahrens reiste der Beschwerdeführer nach ITALIEN, um die Verlängerung seines Aufenthaltstitels abzuholen, und am 17.01.2018 über ITALIEN nach INDIEN auf Familienbesuch, wobei er keinen Problemen ausgesetzt war. Er kehrte am 21.02.2018 von INDIEN nach ITALIEN zurück und hielt sich ab spätestens 01.03.2018 wieder in Österreich auf.
Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren zur Effektuierung seiner Rückkehrentscheidung seinen Reisepass und seinen ITALIENISCHEN Aufenthaltstitel nicht in Vorlage und machte hiezu falsche Angaben. Er lebte nach der INDIEN-Reise nicht mehr an seiner Meldeadresse, sondern unangemeldet im Bundesgebiet. Er verließ seit 21.02.2018 das Gebiet der Mitgliedstaaten nicht mehr. Der Verpflichtung zur Inanspruchnahme von Rückkehrberatung kam er nicht nach. Er stellte von Österreich aus einen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels, das Verfahren führt in ITALIEN jemand anderer für ihn. Sein Aufenthaltstitel war am 30.03.2019 abgelaufen, ein verlängerter Aufenthaltstitel wurde ihm noch nicht ausgestellt.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer jemals in ITALIEN gelebt hatte.
Der Beschwerdeführer wurde am 09.05.2019 im öffentlichen Raum im Bundesgebiet betreten; das Permesso di Soggiorno wurde bei der Identitätsüberprüfung kontrolliert, erst bei der Vorführung in seine Wohnung wurde sein Reisepass sichergestellt.
Über den Beschwerdeführer wurde am 09.05.2019 die Schubhaft verhängt. Er stellte am selben Tag einen Folgeantrag auf internationalen Schutz; mit Aktenvermerk vom 10.05.2019 wurde die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG fortgesetzt.
Der Beschwerdeführer wurde am 11.05.2019 polizeilich erstbefragt, am 16.05.2019 niederschriftlich einvernommen und mit mündlich verkündetem Bescheid vom selben Tag wurde seinem Folgeantrag der faktische Abschiebeschutz aberkannt. Mit Beschluss vom 24.05.2019 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig war. Das Asylverfahren war am Bundesamt anhängig.
Die gegen den Beschwerdeführer durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.02.2018 erlassene Rückkehrentscheidung war durchführbar.
Der Beschwerdeführer befand sich seit 09.05.2019 in Schubhaft, die im Polizeianhaltezentrum XXXX vollzogen wurde. Er war gesund und haftfähig.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergaben sich aus der hg. mündlichen Verhandlungen am 28.05.2019, den beigeschafften Verwaltungs- und Gerichtsakten des Schubhaftverfahrens und der Asylverfahren, Auskünften aus dem ZMR, IZR, SIS, Strafregister, Anhaltedatei und den beigeschafften medizinischen Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A.I.) Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.05.2019 und die Anhaltung in Schubhaft von 09.05.2019 bis 28.05.2019
Der Beschwerdeführer war Fremder iSd § 76 Abs. 1 FPG. Auf Grund des Erkenntnisses vom 14.02.2018 lag gegen ihn eine rechtskräftige und durchführbare Rückkehrentscheidung vor. Er wurde zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 1, Abs. 2 Z 2 FPG in Schubhaft angehalten.
Es lag Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG vor: Der Beschwerdeführer unterdrückte seinen Reisepass, machte falsche Angaben in der Einvernahme vom 30.03.2018 und hielt sich unangemeldet im Bundesgebiet auf.
Es lag Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG vor: Der Beschwerdeführer verfügte über ein soziales Netz in Österreich, das ihm bisher seinen Aufenthalt im Verborgenen ermöglichte.
Die Anhaltung in Schubhaft war auch verhältnismäßig: Es lag im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG eine durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Auf Grund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers konnte zur Sicherung der Abschiebung bei Vorliegen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung mit der Verhängung des gelinderen Mittels nicht das Auslangen gefunden werden. Mit der raschen Durchführung der Abschiebung war mit hinreichender Sicherheit zu rechnen, daher auch die Dauer verhältnismäßig. Der Beschwerdeführer war haftfähig.
Daher war die Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 09.05.2019 als unbegründet abzuweisen.
Das Bundesamt setzte nach der Folgeasylantragstellung die Schubhaft mit Aktenvermerk vom 10.05.2019 fort, weil es zutreffend davon ausging, dass der Beschwerdeführer den Antrag zur Verhinderung der Abschiebung nach INDIEN gestellt hatte.
Daher war auch die Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft abzuweisen.
Zu A.III.) Fortsetzungsausspruch
Auch die weitere Anhaltung war verhältnismäßig, es lag weiterhin Fluchtgefahr vor, zusätzlich auch nach den Tatbeständen des § 76 Abs. 3 Z 4 und 5 FPG, weil gegen den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Stellung eines Folgeantrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand und er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand und der faktische Abschiebeschutz beim Folgeantrag aufgehoben wurde.
Ain Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, konnte daher bereits aus diesem Grund unterbleiben.
Zu A.III. und A.IV.) Anträge auf Kostenersatz
Dem Beschwerdeführer gebührte als unterlegener Partei kein Kostenersatz, das Bundesamt war auf Grund der Beschwerdeabweisung obsiegende Partei und hatte Anspruch auf Kostenersatz.
Das Bundesamt beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge dem Beschwerdeführer den Ersatz der Aufwendungen des Bundesamtes gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung im Umfang von Vorlage- und Schriftsatzaufwand auferlegen.
Der Beschwerdeführer hatte daher dem Bundesamt daher Kosten iHv € XXXX zu ersetzen.
Der Abspruch über den Barauslagenersatz wurde einer separaten Entscheidung vorbehalten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhing, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Weder wich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlte es an einer Rechtsprechung; weiters war die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch lagen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor: Die Rechtslage zu § 76 Abs. 3 FPG war auf Grund des Erkenntnisses VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021, die Rechtslage zu § 35 VwGVG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG auf Grund des Erkenntnisses VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144, geklärt.
Begründung der gekürzten Ausfertigung
Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.
Diese gekürzte Ausfertigung des nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 28.05.2019 verkündeten Erkenntnisses ergeht gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, da ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch die hiezu Berechtigten innerhalb der zweiwöchigen Frist nicht gestellt wurde.
Schlagworte
falsche Angaben Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gekürzte Ausfertigung Kostenersatz Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf VerhältnismäßigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W112.2219166.1.00Im RIS seit
21.05.2021Zuletzt aktualisiert am
21.05.2021