TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/3 L501 2228705-1

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Veröffentlicht am 03.03.2021
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Entscheidungsdatum

03.03.2021

Norm

AlVG §17
AlVG §38
AlVG §46
AlVG §58
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch


L501 2228705-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Markus BRANDNER und Dr. Andreas GATTINGER als Beisitzer über die Beschwerde von Frau XXXX , geboren XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Linz vom 15.01.2020, zur Versicherungsnummer: XXXX , betreffend Notstandshilfe, nach ergangener Beschwerdevorentscheidung derselben Behörde vom 5.2.2020, GZ: XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 15.1.2020 sprach das Arbeitsmarktservice Linz (im Folgenden "AMS") aus, dass der beschwerdeführenden Partei (im Folgenden "bP") Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 17 Abs. 1 und gemäß § 58 iVm §§ 44 und 46 AlVG ab dem 7.1.2020 gebühre. Begründend wurde ausgeführt, dass die bP am 7.1.2020 einen Antrag auf Notstandshilfe gestellt habe.

In ihrer fristgerecht erhobenen Beschwerde vom 22.1.2020 brachte die bP zusammengefasst vor, dass sie im Zeitraum vom 13.12.2019 bis 7.1.2020 keine Notstandshilfe erhalten habe. Angebliche hätte sie in dieser Angelegenheit im Vorfeld einen persönlichen Antrag dafür vom AMS mitgenommen, dies entspreche allerdings nicht der Wahrheit. In dieser Angelegenheit habe sie vom AMS angeblich zusätzlich auch zwei Briefe per Post bekommen, diese habe sie jedoch niemals erhalten. Sie seien angeblich wieder an das AMS zurückgeschickt worden.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5.2.2020 wurde die Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die bP am 7.1.2020 beim AMS Linz die Zuerkennung der Notstandshilfe beantragt habe. Das AMS habe ihr die Leistung ab diesem Tag im gesetzlichen Ausmaß mit Bescheid vom 15.1.2020 zuerkannt und angewiesen. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass der Antrag laut Dokumentation/Aktenvermerk von der Beraterin im Zuge der persönlichen Vorsprache persönlich und EDV-mäßig ausgegeben worden sei.

Rechtlich folgerte die belangte Behörde, dass die Gründe, die die bP im Verfahren anführe, vom AMS wegen der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen nicht berücksichtigt werden könnten, weil aus der Dokumentation im Personenstamm eindeutig hervorgehe, dass die Beraterin den Antrag auf Notstandshilfe ausgegeben habe. Der Antrag der bP auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes (gemeint wohl: der Notstandshilfe) sei daher mit 7.1.2020 erfolgreich geltend gemacht worden.

Mit Schriftsatz vom 12.2.2020 stellte die bP fristgerecht einen Vorlageantrag ("Beschwerde"). Darin brachte sie ergänzend vor, dass sie laut AMS den Antrag auf Notstandshilfe erhalten habe. Sie habe jedoch leider keinen Antrag auf Notstandshilfe per Post oder persönlich erhalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Die bP machte am 7.1.2020 ihren Anspruch auf Notstandshilfe durch Stellung eines Antrags auf Notstandshilfe geltend. Das Antragsformular wurde der bP am genannten Tag ausgehändigt und wurde das Formular innerhalb der gesetzten Frist beim AMS abgegeben. Das Formular wies folgenden Vermerk auf: "Ausgegeben am (Geltendmachung) 07/01/20".

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 15.1.2020 stellte die belangte Behörde fest, dass der bP die Notstandshilfe ab dem 7.1.2020 gebührt.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt des AMS Linz. Die getroffenen Feststellungen gehen unmittelbar aus dem Akteninhalt hervor.

Die Ausgabe des Antragsformulars für die Zuerkennung von Notstandshilfe am 7.1.2020 ist unstrittig; das genannte Formular erliegt im Verwaltungsakt. Ebenso war nicht strittig, dass das Formular innerhalb der gesetzten Frist (bis zum 21.1.2020) persönlich beim AMS abgegeben wurde und die Geltendmachung damit zum 7.1.2020 erfolgt ist.

Der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde (Screenshot aus dem elektronischen Verfahrensakt) ist zu entnehmen, dass der bP bereits am 25.11.2019 ein Antrag auf Notstandshilfe mit einer Rückgabefrist bis 9.12.2019 ausgegeben worden sei. Als Antragsstatus hinsichtlich dieses Antrags wurde vermerkt "nicht zurückgebracht". Die bP selbst bestreitet in ihrer Beschwerde, dass sie einen solchen Antrag vom AMS erhalten (mitgenommen) habe, dies entspreche nicht der Wahrheit. Auch zwei Briefe des AMS habe sie niemals erhalten, diese seien angeblich an das AMS zurückgeschickt worden. Im Vorlageantrag bekräftigte die bP, dass sie vom AMS keinen Antrag auf Notstandshilfe per Post oder persönlich erhalten habe.

Im Hinblick auf die Geltendmachung des Anspruchs auf Notstandshilfe kann es dahingestellt bleiben, ob der bP bereits zu einem früheren Zeitpunkt (konkret am 25.11.2019) ein Antragsformular ausgehändigt wurde oder ob dies nicht der Fall war: In beiden Fällen steht außer Zweifel, dass eine Geltendmachung des Anspruchs mangels Abgabe des Formulars beim AMS nicht erfolgt ist. Dem Beschwerdevorbringen zufolge kommt eine frühere Geltendmachung allein deshalb nicht in Betracht, weil die bP ihrer Ansicht nach gar kein Antragsformular erhalten habe – sodass sich auch die Frage einer (fristgerechten) Einbringung eines solchen Formulars beim AMS nicht stellt. In Anbetracht der von Seiten der bP bestrittenen Empfangnahme des Antragsformulars war der belangten Behörde schließlich auch nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgeht, dass ihr das – ihrer Dokumentation zufolge sehr wohl ausgegebene – Formular nicht zurückgegeben worden sei.

Mangels vorliegender Anhaltspunkte für eine frühere Geltendmachung war daher im Ergebnis davon auszugehen, dass die Geltendmachung des Anspruchs auf Notstandhilfe erst mit Stellung des Antrags vom 7.1.2020 erfolgt ist.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch einen Senat, anzuwendendes Verfahrensrecht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

II.3.2. Maßgebliche gesetzliche Grundlagen im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG):

II.3.2.1. § 17 AlVG lautet:

Beginn des Bezuges

§ 17. (1) Sind sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt und ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Anspruch gilt rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit

1. wenn diese ab einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag besteht und die Geltendmachung am ersten darauf folgenden Werktag erfolgt oder

2. wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gemäß § 46 Abs. 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen 10 Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das Arbeitsmarktservice nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat.

(2) Die Frist zur Geltendmachung verlängert sich um Zeiträume, während denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 16 Abs. 1 ruht, ausgenommen bei Auslandsaufenthalt gemäß lit. g. Ruht der Anspruch oder ist der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen, so gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Wiedermeldung oder neuerlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs. 5.

(3) Die Arbeitslosmeldung hat zumindest den Namen, die Sozialversicherungsnummer, die Anschrift, den erlernten Beruf, die zuletzt ausgeübte Beschäftigung und den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie die Angabe, auf welchem Weg eine rasche Kontaktaufnahme durch das Arbeitsmarktservice möglich ist (e-mail-Adresse, Faxnummer, Telefonnummer) zu enthalten. Für die Arbeitslosmeldung ist das bundeseinheitliche Meldeformular zu verwenden. Die Meldung gilt erst dann als erstattet, wenn das ausgefüllte Meldeformular bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt ist. Ist die Meldung aus Gründen, die nicht in der Verantwortung der Meldung erstattenden Person liegen, unvollständig, verspätet oder gar nicht eingelangt, so gilt die Meldung mit dem Zeitpunkt der nachweislichen Abgabe (Absendung) der Meldung als erstattet. Das Einlangen der Meldung ist zu bestätigen.

(4) Ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf einen Fehler der Behörde, der Amtshaftungsfolgen auslösen kann, wie zum Beispiel eine mangelnde oder unrichtige Auskunft, zurück zu führen, so kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten in einem Amtshaftungsverfahren zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt, ab dem die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen, ermächtigen.

II.3.2.2. § 38 AlVG lautet:

Allgemeine Bestimmungen

§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.

II.3.2.3. § 46 AlVG lautet auszugsweise:

Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld

§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.

[…]

II.3.2.4. § 58 AlVG lautet:

Verfahren in Angelegenheiten der Notstandshilfe

§ 58. Auf das Verfahren in Angelegenheiten der Notstandshilfe ist dieser Artikel mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle des Arbeitslosengeldes die Notstandshilfe tritt.

II.3.3. Zum gegenständlichen Verfahren:

Für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (Notstandshilfe) gilt das Antragsprinzip. Zum materiell-rechtlichen Leistungsanspruch muss der Formalakt der Geltendmachung iSd § 46 Abs. 1 AlVG hinzutreten (VwGH vom 9.9.2015, Ra 2015/08/0052). Das streng formalisierte Verfahren zur Antragstellung nach § 46 AlVG soll für Klarheit sorgen und erfordert daher auch ein klares Vorgehen durch das AMS (VwGH vom 28.6.2006, 2005/08/0201).

Gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 38 AlVG gebührt die Notstandshilfe, sofern sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind und der Anspruch nicht gemäß § 16 AlVG ruht, ab dem Tag der Geltendmachung.

Im konkreten Fall erfolgte die Geltendmachung des Anspruchs auf Notstandshilfe gemäß § 46 Abs. 1 AlVG am 7.1.2020, sodass der bP die Notstandshilfe gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 38 leg. cit. ab diesem Tag gebührt.

Das Vorbringen, der bP sei – anders als vom AMS dargestellt – nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Antragsformular ausgehändigt worden, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder verspäteter Antragstellungen dar. Diese abschließende Normierung lässt es – selbst im Falle des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen – nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung zu sanieren (VwGH vom 14.1.2013, 2012/08/0284; vom 9.9.2015, Ra 2015/08/0052). Der Arbeitslose ist sogar in jenen Fällen, in denen er auf Grund einer von einem Organ des AMS schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, der durch Anwendung des § 46 AlVG nicht abgewendet werden kann, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche zu verweisen (VwGH 9.7.2015, Ra 2015/08/0037, mwN). Die formalisierte Antragstellung im Sinne des § 46 AlVG schließt also selbst eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Handlungen aus (VwGH vom 3.5.2007, 2006/08/0330; vom 10.4.2013, 2011/08/0017).

Dadurch, dass die bP beim AMS nur das Antragsformular mit dem Vermerk Geltendmachung 7.1.2020 (rechtzeitig) eingebracht hat, ist der belangten Behörde kein Vorwurf zu machen, wenn sie – ohne Erwähnung eines früher ausgehändigten Antragsformulars im angefochtenen Bescheid – auf Basis der eindeutigen Gesetzeslage ausschließlich das eingebrachte Formular zur Beurteilung des relevanten Zeitpunktes für die Zuerkennung der Notstandshilfe heranzieht. Auf die Frage, ob der bP davor ein Antragsformular ausgefolgt wurde, kommt es bei dieser Sachlage nicht an (vgl. VwGH vom 18.11.2009, 2007/08/0226; vgl. auch VwGH vom 22.12.2009, 2007/08/0245).

Selbst wenn man aber im Verhalten der belangten Behörde einen Fehler im Sinne von § 17 Abs. 4 AlVG erblicken würde, so wäre der Bescheid dennoch nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet; siehe dazu etwa wörtlich im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9.7.2015, Ra 2015/08/0037, mit weiteren Judikaturhinweisen:

"§ 17 Abs. 4 AlVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2010, zuvor § 17 Abs. 3 AlVG) ermöglicht es der zuständigen Landesgeschäftsstelle unter den dort näher genannten Voraussetzungen zwar, die regionale Geschäftsstelle zwecks Abwendung eines Amtshaftungsanspruches amtswegig zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt zu ermächtigen, auf die Ausübung dieser Ermächtigungsbefugnis besteht jedoch kein Rechtsanspruch (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 2013, Zl. 2012/08/0284, mwN). Schon die Textierung der genannten Bestimmung lässt erkennen, dass sie eine Ermächtigungsnorm im Verhältnis der Landesgeschäftsstelle zur regionalen Geschäftsstelle darstellt und sich nicht unmittelbar an die arbeitslose Person richtet. Insofern ist § 17 Abs. 3 AlVG an systematisch falscher Stelle eingefügt worden, da mit § 17 Abs. 3 (nunmehr Abs. 4) AlVG kein Anspruch der arbeitslosen Person gegenüber dem Arbeitsmarktservice geschaffen werden sollte. Eine Rechtsschutzlücke entsteht dadurch nicht, da es der arbeitslosen Person – wie schon vor der Einfügung des § 17 Abs. 3 AlVG – weiterhin möglich ist, durch das Arbeitsmarktservice schuldhaft verursachte Schäden im Amtshaftungsweg geltend zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 2012, Zl. 2009/08/0290, mwN)."

Eine Konstellation, die eine rückwirkende Zuerkennung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemäß § 17 AlVG zulassen würde, liegt gegenständlich nicht vor.

Die belangte Behörde hat somit zu Recht ausgesprochen, dass der bP die Notstandshilfe (erst) ab dem 7.1.2020 gebührt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil zu den gegenständlich anzuwendenden Bestimmungen - wie im Erkenntnis angeführt - zahlreiche Judikate des Verwaltungsgerichtshofes vorliegen, die Rechtsfragen in der bisherigen Rechtsprechung einheitlich beantwortet wurden und in der vorliegenden Entscheidung von der höchstrichterlichen Spruchpraxis auch nicht abgewichen wurde.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Eine mündliche Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall unterbleiben, weil sich Fragen der Beweiswürdigung nicht stellen, der maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage geklärt und als nicht ergänzungsbedürftig erachtet werden konnte. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung weder noch zu klärende Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen noch Rechtsfragen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätten. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Schlagworte

Antragsprinzip Antragstellung Antragszeitpunkt Geltendmachung Notstandshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L501.2228705.1.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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