Entscheidungsdatum
08.03.2021Norm
ASVG §113 Abs1 Z1Spruch
W209 2226760-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , vertreten durch Ing. Mag. Andreas GARTNER, Rechtsanwalt in 4300 St. Valentin, Langenharter Straße 30, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 19.11.2019, GZ: VA/ED-FP-0426/2019, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) in Höhe von € 1.400,00 wegen unterlassener Anmeldung der Dienstnehmer XXXX , VSNR: XXXX , und XXXX , VSNR XXXX , zur Pflichtversicherung, nach Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2019 und am 02.03.2021 durchgeführter mündlicher Verhandlung, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 19.11.2019 schrieb die belangte Behörde (im Folgenden: ÖGK) dem Beschwerdeführer gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 1.400,00 vor, weil er es unterlassen habe, die Dienstnehmer XXXX , VSNR: XXXX , und XXXX , VSNR: XXXX , vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung zu melden. Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen einer am 11.10.2019 durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei festgestellt worden sei, dass für die oben angeführten Dienstnehmer die Anmeldung vor Arbeitsantritt nicht erstatten worden sei. Der vorgeschriebene Beitragszuschlag setze sich aus dem Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung in Höhe von € 800,00 und dem Teilbetrag für den Prüfeinsatz in Höhe von € 600,00 zusammen.
2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Betretenen nicht für ihn gearbeitet hätten. Richtig sei zwar, dass die beiden bei der Kontrolle anwesend gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe bauliche Tätigkeit durchgeführt und von den Betretenen die Kontaktdaten erhalten. Um sich ein Bild von ihnen zu machen, habe man ein Treffen vereinbart. Im Zuge der Besichtigung sei die Finanzpolizei eingetroffen. Warum die beiden in Arbeitskleidung erschienen seien, wisse man nicht. Der Beschwerdeführer habe jedenfalls klargestellt, dass die Arbeiten erst am nächsten Tag beginnen sollten.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2019 wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach es sich lediglich um eine Arbeitsbesichtigung gehandelt habe und die Tätigkeit erst am nächsten Tag begonnen hätte werden sollen, um eine reine Schutzbehauptung handle. Zum einen widerspreche dies den Wahrnehmungen der Finanzpolizei, wonach die Betretenen im Zuge der Kontrolle Maurertätigkeiten verrichtet bzw. Schutt weggeräumt hätten, die durch Fotos belegt seien. Darüber hinaus hätten die Betretenen gegenüber der Finanzpolizei bestätigt, auf der Baustelle ausgeholfen und vom Beschwerdeführer Arbeitsanweisungen erhalten zu haben. Dass die Arbeiten erst am nächsten Tag beginnen hätten sollen, habe keiner der Betretenen angegeben. Es entspreche auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass sich Personen, die nicht beabsichtigen eine Tätigkeit aufzunehmen, in vollständiger und verschmutzter Arbeitskleidung beim zukünftigen Arbeitgeber vorstellen. Bereits aus diesen Umständen und aufgrund der Tatsache, dass für beide Betretenen per 11.01.2019 bzw. 01.11.2019 Anmeldungen als geringfügig beschäftigte Dienstnehmer erstattet worden seien, sei von Dienstverhältnissen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne auszugehen gewesen. Atypische Umstände, die einer solchen Beurteilung entgegenstünden, seien nicht ersichtlich, zumal die Betretenen über keine eigene betriebliche Organisation oder nennenswerte Betriebsmittel verfügt hätten oder eigene unternehmerische Entscheidungen treffen hätten können. Soweit es sich dabei nur um ein Probearbeitsverhältnis gehandelt habe, sei festzuhalten, dass auch ein solches der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliege. Dass die Betretenen keine Angaben zu dem ihnen gebührenden Entgelt gemacht haben, stehe der Annahme von meldepflichtigen Dienstverhältnissen nicht entgegen. Im Zweifel gelte nämlich ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Die Betretenen seien im Auftrag des Beschwerdeführers tätig geworden. Dieser sei daher als Dienstgeber zu qualifizieren, dem die Meldung der Betretenen zur Pflichtversicherung oblegen wäre. Diese Meldung sei nicht rechtzeitig erstattet worden, weswegen der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG erfüllt sei. Infolge dessen sei daher ein Beitragszuschlag – und zwar je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person ein Teilbetrag von € 400,00 und für den Prüfeinsatz ein Teilbetrag von € 600,00 – in Höhe von € 1.400,00 vorzuschreiben gewesen.
4. Auf Grund des vom Beschwerdeführer rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages legte die ÖGK die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 19.12.2019 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
5. Mit E-Mail vom 11.01.2021 teilt das Arbeitsmarktservice Oberösterreich (im Folgenden: AMS) über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes mit, dass der betretene XXXX am 08.11.2019 niederschriftlich befragt worden sei und dabei eingeräumt habe, am 11.10.2019 (zwei Stunden) für den Beschwerdeführer gearbeitet zu haben, weswegen ihm gegenüber mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom 11.11.2019 der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe ausgesprochen und die unberechtigt empfangene Notstandshilfe zurückgefordert worden sei. Auch der betretene XXXX sei niederschriftlich befragt und habe dieser dabei angegeben, für den Beschwerdeführer geringfügig tätig gewesen zu sein.
6. Mit Schreiben vom 18.01.2021 teilte die Bezirkshauptmannschaft Amstetten über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes mit, dass in dem bei ihr anhängigen Strafverfahren betreffend die beschwerdegegenständliche Betretung am 28.12.2020 ein Straferkenntnis ergangen sei, das dem Schreiben in Kopie angeschlossen war. In weiterer Folge wurde am 28.01.2021 die seitens des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis vom 28.12.2020 erhobene Beschwerde nachgereicht.
7. Am 02.03.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers und ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Der Beschwerdeführer ließ sich aus familiären Gründen entschuldigen. Im Rahmen der Verhandlung wurden die betretenen XXXX und XXXX als Zeugen einvernommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Im Zuge einer am 11.10.2019 von Organen der Finanzpolizei durchgeführten Kontrolle wurden XXXX , VSNR: XXXX , und XXXX , VSNR: XXXX bei Maurerarbeiten bzw. beim Schuttwegräumen im Auftrag des Beschwerdeführers in dessen Gewerbebetrieb (Autohaus) angetroffen, ohne vorher zur Pflichtversicherung gemeldet worden zu sein.
Am 14.10.2019 meldete der Beschwerdeführer den betretenen XXXX per 11.10.2019 rückwirkend zur Pflichtversicherung.
Am 31.10.2019 meldete der Beschwerdeführer den betretenen XXXX mit Wirkung ab 01.11.2019 zur Pflichtversicherung.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Betretung stimmen mit den dienstlichen Wahrnehmungen der Organe der Finanzpolizei überein, die ihm Strafantrag der Finanzpolizei vom 21.10.2019 dokumentiert sind.
Dem Beschwerdevorbringen, dass sich der Beschwerdeführer nur ein Bild von den Betretenen habe machen wollen und die letztere lediglich die Baustelle besichtigt hätten, war nicht zu folgen. So räumten die Betretenen gegenüber der Finanzpolizei ein, für den Beschwerdeführer gearbeitet zu haben. Zum anderen ergibt sich auch aus den bei der Kontrolle angefertigten Fotos, dass die Arbeiten auf der Baustelle bereits im Gange waren. Beide Betretenen trugen neben verschmutzter Arbeitskleidung auch Arbeitshandschuhe, was mit dem Beschwerdevorbringen, sie hätten sich nur zum Zweck einer Arbeitsbesichtigung bzw. -besprechung auf der Baustelle aufgehalten, nicht in Einklang zu bringen ist.
Auch gegenüber dem AMS gaben die Betretenen niederschriftlich zur Betretung am 11.10.2019 befragt an, am Tag der Kontrolle für den Beschwerdeführer gearbeitet zu haben (siehe Niederschriften vom 07.11.2019 und 08.11.2019), worauf gegenüber XXXX mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom 11.11.2019 der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe ausgesprochen und die unberechtigt empfangene Notstandshilfe zurückgefordert wurde. Ein Strafverfahren gegen XXXX , der zum Zeitpunkt der Kontrolle ebenfalls arbeitslos gemeldet war, aber zu diesem Zeitpunkt Krankengeld bezog, endete mit einer Diversion, wie dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht mitteilte.
Schließlich räumten die Betretenen auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht letztlich ein, bereits vor der Kontrolle mit den (vorbereitenden) Arbeiten für den Beschwerdeführer begonnen zu haben. Ob es sich dabei lediglich um eine Probearbeit gehandelt hat, wie von einem der Betretenen behauptet, kann dahin gestellt bleiben, wie der rechtlichen Würdigung weiter unten zu entnehmen ist.
Zu berücksichtigen ist schließlich auch, dass der betretene XXXX vom Beschwerdeführer rückwirkend mit 11.10.2919 zur Pflichtversicherung gemeldet wurde, was ebenfalls als Indiz für eine Beschäftigung zu werten ist.
Die erst nach Abschluss der Kontrolle erfolgte Anmeldung des XXXX sowie die bis dato nicht erfolgte Anmeldung des XXXX ist in den Verwaltungsakten dokumentiert.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
§ 414 Abs. 2 ASVG sieht in den in § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG aufgezählten Angelegenheiten die Entscheidung durch einen Senat unter Laienrichterbeteiligung vor, wenn dies von einer Partei beantragt wird; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Im vorliegenden Fall stellt die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage dar und liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründet. Mangels Antrages liegt jedoch Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.
Nach § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG sind geringfügig beschäftigte Dienstnehmer von der Vollversicherung nach § 4 ASVG ausgenommen. Gemäß § 7 Z 3 lit. a ASVG unterliegen sie der Teilversicherung in der Unfallversicherung.
Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält (§ 49 ASVG).
Für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a ASVG).
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Nach § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.
Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn
1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder
2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder
3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.
Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 400 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf € 600.
Gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 300 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist zunächst als Vorfrage zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und der Beschwerdeführer als Dienstgeber verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, so kann die Behörde bzw. das Gericht von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn ausgehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. VwGH 23.10.2017, Ra 2015/08/0135; 19.12.2012, 2012/08/0165).
Die Betretenen wurden im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei bei Maurerarbeiten bzw. beim Schuttwegräumen auf der Baustelle des Beschwerdeführers angetroffen. Dabei handelt es sich zweifellos um eine Tätigkeit unter solchen Umständen, die im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung die Annahme eines entgeltlichen Dienstverhältnisses rechtfertigen, sofern nicht atypische Umstände gegen eine solche Deutung sprechen.
Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, es habe sich lediglich um eine Arbeitsbesichtigung gehandelt und die Arbeiten hätten erst am nächsten Tag begonnen werden sollen, steht dem das Ergebnis des Beweisverfahrens entgegen, dem zufolge die Arbeiten zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits im Gang waren.
Sofern es sich dabei tatsächlich lediglich um eine „Probearbeit“ gehandelt haben soll, wie einer der Betretenen in der mündlichen Verhandlung ausführte, ist darauf hinzuweisen, dass auch Tätigkeiten im Rahmen eines Probearbeitsverhältnisses zumindest ein (ebenso meldepflichtiges) befristetes Dienstverhältnis begründen, sofern die Tätigkeiten nicht bloß als Teil eines Vorstellungsgesprächs zu werten ist (vgl. u.a. VwGH 14.02.2013, 2012/08/0023). Letzteres kann aber fallgegenständlich aufgrund des Umstandes, dass die Tätigkeiten in Abwesenheit des Beschwerdeführers verrichtet wurde (der den übereinstimmenden Angaben der Betretenen zufolge erst einige Minuten nach Kontrollbeginn erschien) und somit keine Hinweise darauf ersichtlich sind, dass die Tätigkeiten auf besondere Weise beobachtet oder beurteilt worden wären, ausgeschlossen werden.
Damit hatten die Betretenen auch ohne ausdrücklich vereinbartes Entgelt Anspruch auf den kollektivvertraglichen bzw. angemessenen Lohn (vgl. § 1152 ABGB; zur Vermutung der Entgeltlichkeit auch bei Einschulungszeiten s. auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes ArbSlg. 8457) und ist somit vom Vorliegen von Dienstverhältnissen im üblichen Sinne auszugehen.
Bei der Beurteilung der Meldepflicht iSd § 33 ASVG kommt es – sofern die Tätigkeit einmal begonnen worden ist – nicht mehr auf das vereinbarte oder in der Folge tatsächlich erbrachte Ausmaß der Beschäftigung an, zumal sich die Meldepflicht gemäß § 33 Abs. 2 ASVG auch auf die gemäß § 7 Z 3 lit. a ASVG pflichtversicherten geringfügig Beschäftigten iSd § 5 Abs. 2 ASVG bezieht (vgl. VwGH 23.05.2012, 2010/08/0179).
Insofern war daher auch der Umstand nicht maßgeblich, dass von den Betretenen lediglich das Vorliegen einer geringfügigen Beschäftigung behauptet wurde.
Der Beschwerdeführer hat es somit als Dienstgeber unterlassen, die betretenen Dienstnehmer vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden, und wurde dabei von Prüforganen der Abgabenbehörde des Bundes betreten. Damit wurde der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG verwirklicht, weswegen die Vorschreibung des Beitragszuschlages dem Grunde nach zu Recht erfolgte.
Soweit in der Beschwerde gegen das Straferkenntnis der BH Amstetten vorgebracht wurde, dass die Arbeiten ohne Kenntnis des Beschwerdeführers begonnen haben könnten, ist darauf hinzuweisen, dass es sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei einem Beitragszuschlag um keine Bestrafung handelt, sondern bloß um eine – wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwands in der Verwaltung – sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit um ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung. Für die Vorschreibung ist daher nicht das subjektive Verschulden des Dienstgebers maßgeblich, sondern nur der Umstand, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2016/08/0032, mwN).
Gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 300 herabgesetzt werden.
Unbedeutende Folgen liegen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht vor, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist, sodass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt (VwGH 11.07.2012, 2010/08/0137).
Es kann daher der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Folgen des Meldeverstoßes nicht als unbedeutend erkannt hat, da im gegenständlichen Fall die Meldung eines der Betretenen erst Tage nach der Kontrolle bzw. die Meldung des anderen Betretenen bislang überhaupt noch erstattet wurde.
Die Beschwerde hat auch keine die rechtzeitige Meldung hindernden Umstände aufgezeigt, die den Fall als besonders berücksichtigungswürdig iSd § 113 Abs. 3 letzter Satz ASVG erscheinen lassen könnten. Dementsprechend erfolgte die Vorschreibung des Beitragszuschlages auch der Höhe nach zu Recht, weswegen die Beschwerde dagegen gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beitragszuschlag Dienstverhältnis Meldeverstoß SozialversicherungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W209.2226760.1.00Im RIS seit
18.05.2021Zuletzt aktualisiert am
18.05.2021