Entscheidungsdatum
08.03.2021Norm
AsylG 2005 §12aSpruch
W142 2152581-3/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.11.2020, Zl. 1094161903-201120937, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Indien:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein indischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 07.11.2015 am Flughafen Wien Schwechat seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.
Dort gab er vor der Polizei an, er habe eigentlich in die USA reisen wollen, der Schlepper habe ihn aber betrogen und ihm den Reisepass abgenommen. Er werde in Indien aufgrund seiner religiösen Ansichten von der Polizei verfolgt
Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.11.2012 gab der BF an, der Religionsgemeinschaft der Sikh anzugehören. In Indien würden seine Eltern und ein Bruder leben. Zu seinem Fluchtgrund befragt führte er aus, dass er von der Polizei ohne Grund für einen Tag festgenommen und zusammengeschlagen worden sei. Danach seien seine Eltern und sein jüngerer Bruder ebenfalls von der Polizei zusammengeschlagen und schikaniert worden. Er werde von der Polizei noch immer gesucht. Er habe beim Liegen starke Schmerzen, da er von der Polizei brutal geschlagen worden sei. Am Rücken seien noch Narben von den Schlägen sichtbar. Er wolle hierbleiben und um Asyl ansuchen, da er in Indien von der Polizei umgebracht werde.
2. Im Zuge seiner Einvernahme am 10.11.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) gab der BF zu Protokoll, er sei am 12.11.2015 mit dem Flugzeug nach Österreich gekommen, habe aber eigentlich in die USA reisen wollen. Der Schlepper habe ihm den Reisepass abgenommen und ihn betrogen. Er wolle noch immer nach Amerika. Befragt, warum er dann in Österreich einen Asylantrag gestellt habe, führte der BF aus, keinen Reisepass gehabt zu haben und dann zur Polizei gegangen zu sein. Der Dolmetscher am Telefon habe ihm dann erklärt, dass er ohne Reisepass nicht weiterreisen könne und höchstens hier um Asyl ansuchen könne, was er dann gemacht habe. Er sei noch nicht bei der indischen Botschaft gewesen, würde aber dorthin gehen, um dann für ein Visum für die USA ansuchen und dorthin reisen zu können.
Zu seinen persönlichen Verhältnissen in Indien führte er aus, neben seinen Eltern und einem Bruder auch eine Schwester bzw. Onkeln und Tanten dort zu haben. Auf den Widerspruch aufmerksam gemacht, gab der BF an, bei der Ersteinvernahme es genauso wie heute gesagt zu haben. Sein Vater sei beim Militär gewesen, seit drei Jahren sei er in Pension. Er habe in der Landwirtschaft seiner Familie gearbeitet, die Grundstücke habe er verkauft um den Schlepper zu finanzieren. Er sei in Indien 10 Jahre in die Grundschule und 2 Jahre aufs College gegangen.
Er habe ihm April vorigen Jahres beschlossen Indien zu verlassen und sei dann etwa im Oktober abgereist. Er habe Probleme mit der Polizei gehabt. Im Sikh-Tempel in XXXX habe es immer wieder Probleme mit der Polizei gegeben. Im April 2015 sei er von der Polizei entführt worden. Er sei in der Früh mitgenommen und am Abend wieder freigelassen worden. Ein Polizei-Bus habe sie außerhalb von XXXX gebracht, dort seien sie geschlagen worden. Dies sei das einzige Mal gewesen. Befragt, warum er von der Polizei entführt worden sei, gab er an, dass sie protestiert hätten, die Regierung wolle dies nicht. Wenn ein Befehl von oben komme, dann würde die indische Polizei dies so machen. Politisch tätig oder in Haft sei er nicht gewesen.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, schilderte der BF wieder die einmalige Entführung und Schläge durch die Polizei. Er habe dies seinen Eltern erzählt, diese hätten gesagt, dass er weggehen solle. Die Probleme werde es immer geben. Sonst habe er keine Fluchtgründe. Befragt, ob seine Eltern oder die Geschwister von der Polizei auch festgenommen und geschlagen worden seien, gab der BF an, sein Bruder sei einmal geschlagen worden. Nach Vorhalt, er habe bei der Erstbefragung angegeben, dass der Vater auch geschlagen und festgenommen worden sei, führte er aus, dies nicht gesagt zu haben. Im Falle einer Rückkehr würde ihn die Polizei vielleicht wieder festnehmen oder schlagen. Auf die Frage, ob er wo anders in Indien leben könne, gab der BF an, sich dann eine Wohnung suchen bzw. mieten zu müssen.
3. Das BFA wies den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 22.12.2016, Zl: 1094161903- 51722465, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem BF gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.), erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht, erließ gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gem. § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des BF gem. § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und setzte die Frist für seine freiwillige Ausreise gem. § 55 Abs. 1–3 mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.). Dieser Bescheid erwuchs mit Ablauf des 12.01.2017 in Rechtskraft.
Beweiswürdigend hielt das BFA zu den Fluchtgründen des BF fest, er habe widersprüchliche Angaben zu seinen Fluchtgründen gemacht und auch seine Aussagen im Verfahren zu seiner Einreise nach Österreich nicht übereinstimmen würden. Zudem habe der BF in der Erstbefragung davon gesprochen, aufgrund der Schläge der Polizei noch immer starke Schmerzen beim Liegen zu haben bzw. er von der Polizei noch immer gesucht werde, während er diese beiden Umstände in der niederschriftlichen Einvernahme mit keinem einzigen Wort mehr erwähnte. Der BF habe darüber hinaus auch keine detaillierten Angaben zu seinen Fluchtgründen machen können und stehe ihm die Möglichkeit offen, an einem anderen Ort innerhalb Indiens Aufenthalt zu nehmen. Auch aus seiner Religions- und Volksgruppenzughörigkeit habe sich keine Gefahr einer systematischen, landesweiten, staatlich geduldeten asylrelevanten Verfolgung ergeben.
4. Gegen den Bescheid vom 22.12.2016 erhob der BF am 31.01.2017 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie das Rechtsmittel der Beschwerde.
5. Nach Durchführung einer neuerlichen Einvernahme des BF vor dem BFA am 01.03.2017 – wo der BF insbesondere zu den Gründen des Wiedereinsetzungsantrages befragt wurde – wies das BFA mit Bescheid vom 20.03.2017 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 31.01.2017 gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Bescheid vom 22.12.2016 gemäß § 71 Abs. 1 AVG ab. Gemäß § 71 Abs. 6 AVG wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 31.01.2017 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
6. Gegen den Bescheid vom 20.03.2017 brachte der BF rechtzeitig eine Beschwerde ein, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.05.2017 gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Verbindung mit § 71 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.12.2016 vom Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde rechtskräftig.
7. Am 02.07.2019 stellte der BF am Flughafen Wien Schwechat seinen zweiten Asylantrag (1. Folgeantrag).
In der diesbezüglichen Erstbefragung am 03.07.2019 gab der BF an, er sei von Dezember 2017 bis 20.05.2019 in Indien aufhältig gewesen, am 01.07.2019 sei er wieder nach Österreich eingereist.
Befragt, warum er neuerlich einen Asylantrag stelle bzw. sich seit Rechtskraft des bereits entschiedenen Verfahrens in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat etwas verändert habe, gab der BF an, dass die alten Fluchtgründe aufrecht bleiben würden. Er werde politisch und religiös verfolgt. Bis zum Jahr 2020 würden sie einen unabhängigen Staat gründen wollen. Dies sei bald, weshalb sämtliche Unterstützer und Aktivisten der Partei von der Polizei verfolgt werden würden. Das seien alle und seine einzigen Fluchtgründe. Bei einer Rückkehr könnte er entweder inhaftiert oder getötet werden. Die Änderung der Situation/der Fluchtgründe sei ihm seit 2017 bekannt.
8. Am 17.07.2019 führte das BFA eine Einvernahme des BF durch.
Der BF gab an, sein Reisepass sei ihm vom Schlepper abgenommen worden. Er sei im Dezember 2017 nach Indien zurückgekehrt, genauer könne er es nicht sagen. Er sei mit dem PKW nach Rumänien und von dort mit dem Schiff nach Mumbai gereist. Von Mumbai sei er mit dem Zug nach Punjab gefahren und sei dort bis 20.05.2019 bei seinen Eltern aufhältig gewesen. An diesem Tag sei er nach Dehli gereist und am 24.05.2019 nach Russland geflogen. Die Uhrzeit wisse er nicht mehr. Dann sei er mit einem Schlepper mit dem Auto über die Ukraine und unbekannte Länder nach Österreich gefahren. Grenzkontrollen habe es nicht gegeben. Beweise für seine Reise habe er nicht. Sein Vater habe ihm die Schlepperkosten von Ersparnissen bezahlt.
Er sei nach Indien zurückgekehrt, weil seine Familie gesagt habe, dass es keine Probleme gebe und er zurückkehren soll. Nach seiner Rückkehr habe er seinen Eltern in der Landwirtschaft geholfen. Die Rückkehrhilfe habe er nicht in Anspruch genommen, weil ihm jemand gesagt habe, dass er dann in Indien inhaftiert werde. Er habe Angst bekommen und dies deshalb nicht in Anspruch genommen. Seine Mutter sei am 12.10.2018 verstorben.
Die Fragen, ob er bereits im Vorverfahren alle Fluchtgründe gesagt habe bzw. die Fluchtgründe aus dem Vorverfahren noch aufrecht seien, bejahte der BF. Befragt, ob seit seiner erneuten Einreise in Österreich neue Fluchtgründe dazugekommen seien oder es neue Vorfälle gegeben habe, verneinte der BF und gab er an, dass es die gleichen Gründe wie in seinem Vorverfahren seien. Er habe keine neuen Gründe.
Nach Aufforderung, er solle noch einmal zusammengefasst sagen, warum er Indien damals verlassen habe, gab der BF an, er habe die Partei von Simran Jit Singh Mann unterstützt, sie würden die Gründung von Khalistan wollen. Sie würden deshalb immer von der RSS Partei verfolgt und schikaniert werden. Nächstes Jahr (2020) gebe es ein Referendum und darum wolle er nächstes Jahr zurückkehren und seine Stimme abgeben. Auf Nachfrage gab der BF an, mit schikanieren meine er die Schläge und die Mitnahme durch die Polizei. Dies sei zweimal im Jahr 2014 oder 2015 gewesen, er könne sich nicht mehr genau erinnern. Einmal sei er auch im Jahr 2018 mitgenommen worden. Auf erneute Nachfrage, gab der BF wiederum an, keine neuen Fluchtgründe zu haben und er alles in seinem Erstverfahren gesagt habe. Vom BFA zur Mitnahme befragt, gab der BF an, er sei geschlagen und dann wieder freigelassen worden. Eine Anzeige sei nicht registriert worden. Er unterstützte die Partei seit 2010, als er noch in er Schule gewesen sei. Er sei damals schon ein Befürworter für Khalistan gewesen. Nach Vorhalt, dass er bereits einen Asylantrag gestellt habe und dieser rechtskräftig abgewiesen worden sei und auf Nachfrage, warum er nun neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, gab der BF an, wieder dieselben Probleme zu haben und er deswegen abermals ausgereist sei. Bei einer Rückkehr habe er Angst, dass ihn die Polizei wieder schlage bzw. vielleicht auch töte.
Befragt, welche Angehörigen sich in Indien befinden würden, gab der BF seinen Vater, seine Oma und einen Bruder an. Alle würden in Punjab in einem Haushalt leben. Ansonsten habe er keine Geschwister bzw. auch nicht gehabt. Sein Vater würde auch die Partei des Simran Jit Singh Mann unterstützen. Sein Bruder sei seit längerer Zeit krank und gehe nicht außer Haus.
9. Am 22.07.2019 führte das BFA neuerlich eine Einvernahme des BF durch.
Dem BF wurde mitgeteilt, dass er zur beabsichtigten Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz Stellung nehmen könne. Er gab an, bei der letzten Einvernahme alle seine Fluchtgründe genannt zu haben. Seine Fluchtgründe aus dem Jahr 2015 seien noch immer aufrecht.
Das ihm ausgefolgte Länderinformationsblatt habe er nicht gelesen.
10. Mit Bescheid des BFA vom 10.02.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 02.07.2019 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteil (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und in Spruchpunkt VII. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Begründend führte das BFA aus, der BF habe nach rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens keinen neu entstandenen und asylrelevanten Sachverhalt vorgebracht. Er habe selbst angegeben, keine neuen Fluchtgründe zu haben und er die Gründe vom Vorverfahren weiterhin aufrecht halte. Eine Ausreise nach Indien im Jahr 2017 sei aufgrund von Widersprüchen sowie der vagen Angaben des BF nicht glaubhaft. Auch habe sich im Verfahren in Bezug auf § 8 AsylG kein Hinweis ergeben, dass sich seit Rechtskraft des Erstverfahrens ein entscheidungsrelevanter geänderter Sachverhalt ergeben habe. Dies weder im Hinblick auf seine persönliche Situation, noch auf im Hinblick auf die allgemeine Lage im Heimatland. Im Ergebnis liege ein neuer Sachverhalt, welcher im gegenständlichen Falle eine anders lautende Entscheidung der Sache rechtfertigen würde, nicht vor.
Der BF brachte kein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid ein, weshalb dieser Bescheid des BFA mit Ablauf des 27.02.2020 in Rechtskraft erwuchs.
11. Am 02.03.2020 wurde vom BFA ein Festnahmeauftrag auf Grundlage des § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG erlassen (geplante Anordnung der Abschiebung).
12. Im Zuge polizeilicher Ermittlungen wurde der BF am 24.05.2020 im Bundesgebiet aufgegriffen, festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum verbracht.
13. Am 25.05.2020 wurde der BF zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen und wurde mit Mandatsbescheid des BFA vom 25.05.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die vom BF dagegen erhobene Schubhaftbeschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.06.2020, Zl.: W180 2231373-1/5E, gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 25.05.2020 für rechtmäßig erklärt. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.09.2020, Zl.: W250 2231373-2/5E sowie vom 22.10.2020, Zl.: W281 2231373/5E wurde jeweils gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
14. Am 05.11.2020 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz (2. Folgeantrag).
Dem BF wurde vorgehalten, dass er bereits am 03.07.2019 einen Asylantrag gestellt habe, welcher bereits entschieden worden sei. Die Frage, ob er seit dieser Entscheidung Österreich verlassen habe, verneinte der BF.
Befragt, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle bzw. was sich seit Rechtskraft konkret gegenüber den bereits entschiedenen Verfahren in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat verändert habe, gab der BF an, er sei seit 2015 Sympathisant der Khalistan-Bewegung. Diese Bewegung werde von der Regierung und der Polizei geachtet und verfolgt. Ein Freund von ihm sei im Jahr 2019 freiwillig von Kanada zurück nach Indien gefahren. Heuer im Juli oder August sei sein Freund von der Polizei festgenommen worden und sei seitdem verschwunden. Sein Freund sei ebenfalls Sympathisant der Khalistan-Bewegung gewesen. Dies seien alle seine Gründe. Bei einer Rückkehr nach Indien befürchte er das gleiche Schicksal wie sein Freund.
Die Änderung der Situation/der Fluchtgründe sei ihm seit Oktober 2020 bekannt, da er mit seiner Familie telefoniert habe, welche ihm dies erzählt habe.
15. Mit Aktenvermerk vom 05.11.2020 hielt das BFA fest, dass zum jetzigen Zeitpunkt iSd § 76 Abs. 6 FPG Gründe zur Annahme bestünden, dass der am 05.11.2020 gestellte Antrag auf internationalen Schutz zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt worden sei. Die Anhaltung in Schubhaft bleibe derzeit aufrecht, da die Voraussetzungen hierfür vorlägen.
16. Mit Verfahrensanordnung vom 09.11.2020 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, zumal die Behörde davon ausgehe, dass entschiedene Sache iSd § 68 AVG vorliege. Gemäß § 29 Abs. 3 Z 6 AsylG 2005 wurde ihm weiters mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.
Ebenso wurden dem BF am 09.11.2020 die Länderfeststellungen zu Indien (Stand 30.03.2020, letzte Information vom 22.07.2020) übermittelt und ihm mitgeteilt, dass er dazu entweder schriftlich bis zum Einvernahme Termin oder im Einvernahme Termin mündlich dazu Stellung nehmen könne.
17. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 12.11.2020 führte der BF aus, er sei erstmals 2015 ins Bundesgebiet eingereist und sei dann im Jahr 2017 für etwa 1,5 Jahre im Heimatland gewesen. Befragt, warum er bei der Erstbefragung am 05.11.2020 angegeben habe, Österreich nicht verlassen zu habe, führte der BF aus, er sei gefragt, worden, ob er Österreich die letzten 4 Monate verlassen habe. Er sei aber seit 6 Monaten in Haft und daher habe er nein gesagt.
Zu seiner Familie befragt, gab er an, sein Vater, seine Großmutter und seine Schwester seien in Indien. Seine Mutter sei 2018 verstorben. Nach der Rückübersetzung führte der BF aus, dass er auch einen Bruder in Indien habe.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der BF wie folgt an (VP: nunmehriger BF; LA: Leiter der Amtshandlung; bereinigt um orthographische und grammatikalische Fehler):
[…]
„LA: Stimmen Ihre Angaben bzgl. Ihres Fluchtgrundes, die Sie bei Ihren ersten Asylantragstellungen angegeben haben?
VP: Ja.
LA: Bestehen Ihre Fluchtgründe aus dem Vorverfahren noch bzw. sind diese aufrecht?
VP: Ja, ich habe die gleichen Probleme.
LA: Haben Sie auch neue Fluchtgründe?
VP: Ja.
Sie haben bereits zwei Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Beide Anträge wurden ab- bzw. zurückgewiesen. Sie brachten gegen die erste Entscheidung Beschwerde ein. Diese wurde durch das BVwG als verspätet zurückgewiesen. Gegen die zweite Entscheidung brachten Sie keine Beschwerde ein.
LA: Aus welchem Grund stellen Sie nun einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz? Was sind Ihre neuen Fluchtgründe?
VP: Ich gehöre zu der Familie der Sikh und wir wollen unser eigenes Land begründen, wenn wir davon sprechen kommt die Polizei. Sie nehmen und fest und verhaften uns. Sie bedrohen uns und schlagen uns. Wir haben keine Rechte dort. Sie nehmen viele junge fest und sie brauchen das Geld von den Eltern, damit diese wieder auf freien Fuß entlassen werden können. Wenn jemand die Khalistan Bewegung unterstützt und er bleibt für den Rest des Lebens im Gefängnis. Letztes Jahr wurden 12 Junge festgenommen und dieses Jahr wurden weite 4 festgenommen. Vor 3 oder 4 Monaten ging ein Freund von mir nach Indien. Er wurde dort festgenommen und verhaftet. Mein Leben ist in Gefahr dort. Die Polizei geht zu meiner Familie wo ich bin und wann ich nach Hause kommen. Sie belästigen meine Eltern, sie bedrohen meine Eltern. Ich komme aus einer militärischer Familie. Mein Vater ist tätig beim Militär. Wenn sie mich nach Indien abschieben werde sie mich festnehmen und verhaften. Mein Vater hat auch kein Geld, dass er bezahlen könnte, dass sie mich freilassen.
LA: Wie heißt der Freund?
VP: XXXX .
LA: Wann war der letzte Kontakt zu Ihrem Freund?
VP: Ich hatte keinen Kontakt zu meinem Freund, aber mein Vater hat mir mitgeteilt, dass er festgenommen wurde-Nachgefragt- Er wurde ca. vor 3 oder 4 Monaten festgenommen.
LA: Von wo und warum ist der Freund freiwillig zurückgekehrt?
VP: Aus Kanada, er hatte ein Studentenvisum gehabt.
LA: Wann war der letzte Kontakt zu Ihrem Freund?
VP: Im März 2020
LA: Wie fand der Kontakt statt und worum drehte sich das Gespräch?
VP: Über Telefon. Ich habe ihn gefragt was er so macht und wann er nach Indien gehen will-
Nachgefragt- Ja dort war der Freund noch in Kanada.
LA: Warum haben Sie in der Erstbefragung angegeben, dass der Freund 2019 von Kanada zurückgekehrt ist?
VP: Er ist 2019 nach Indien zurückgekehrt, aber er wurde erst vor 3 bis 4 Monaten verhaftet.
LA: Sie haben soeben auch meine Nachfrage angegeben, dass der Anruf stattgefunden hat, als er noch in Kanada war.
VP: Bei diesem Telefonat war er schon Indien. Ich sage ihnen die Wahrheit. Ich lüge nicht.
LA: Sie haben eben gesagt, dass Sie Ihren Freund gefragt haben wann er nach Indien zurückkehrt und jetzt sagen Sie er war in Indien als Sie mit Ihm telefoniert haben. Das passt doch nicht zusammen. Was sagen Sie dazu?
VP: Ich habe mit Ihm telefoniert, dass er wieder nach Indien zurückgekehrt ist und wenn er wieder ein Visum bekommt möchte er wieder nach Kanada fliegen.
LA: Wann war der Anruf der Eltern, wo Ihnen der Vorfall von Ihrem Freund mitgeteilt wurde?
VP: Ca. vor einem Monat-Nachgefragt- Ich habe mit meinem Vater telefoniert.
LA: Warum haben Sie nicht sofort danach eine weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt und warten darauf bis 05.11.2020?
VP: Ich wusste es nicht, man hat mir gesagt, dass man nur zweimal einen Asylantrag in einem Land stellen kann, sonst hätte ich das früher gemacht.
LA: Von wem haben Sie diese Information erhalten und wie sind sie draufgegangen, dass es nicht stimmt, dass man nur zwei Mal einen Antrag stellen kann?
VP: Zuerst haben mir meine Freunde das so gesagt. Ein Freund von mir hat mir dann gesagt, ich soll die Polizei fragen und der hat mir gesagt, dass das BFA entscheidet und diese einen Bericht bekommen, ob ich noch einen neuen Antrag stellen kann oder nicht.
LA: Am 03.08.2020 haben Sie bei einer Niederschrift vor der RD Wien angegeben, dass Sie freiwillig nach Indien ausreisen möchten. Warum haben Sie bisher keine weiteren Schritte unternommen?
VP: Ich habe mitgewirkt, sie haben mich zur Botschaft gebracht und dort habe ich die Zettel unterschrieben. Ich kann aber nicht zurückkehren. Ich habe Probleme dort. Ich habe nicht gelogen. Mein Problem besteht aus dem Jahr 2015 und es gibt dieses Problem noch immer.
Anm.: Dem AW wird erklärt, dass es sich um eine EV handelte nachdem er einen Wunschzettel abgegeben hat und dort angegeben hat, dass er freiwillig nach Indien möchte. Der AW gibt dazu an, dass der Referent ihm gesagt hat, wenn er als Garanatie 5000 € vorlegen kann, dann werden er freigelassen und wenn er abgeschoben wird, dann bekommt er die 5000 € zurück. Dem AW wird mitgeteilt, dass sich sowas in der Niederschrift nicht findet und auch nicht angenommen wird, dass sowas stattgefunden hat. Der AW gibt an, dass er frei möchte und der Referent hat gelächelt und gesagt, dass er frei kommen kann, wenn er 5000 € am Tisch legt. Dem AW wird erklärt, dass diese Situation nicht geklärt werden kann, aber fest steht, dass er angegeben hat, dass er freiwillig nach Indien möchte. Es hab damals auch einen alten Dolmetscher gab, der kann das auch bestätigen. Der AW gibt an, dass er nie straffällig war und ein 5 jähriges Einreiseverbot bekommen hat. Dem AW wird erklärt, dass er dies bekommen hat, weil er ohne bzw. mit einem gefälschten Führerschein betreten wurde. Der AW gibt an, dass dies sein Freund war und nicht er und auch deswege nicht verurteilt wurde.
LA: Von wann bis wann waren Sie in Indien?
VP: Von Dezember 2017 bis Juni 2019.
LA: Wo haben Sie sich in Indien aufgehalten?
VP: Zu Hause im Punjab.
LA: Ist es in dieser Zeit zu irgendwelchen Vorfällen gekommen?
VP: Ja.
LA: Was ist vorgefallen?
VP: Es kam die Polizei und sie haben mich geschlagen und nahmen mich fest. Danach hat meine Familie die Polizei bestochen und nachher wurde ich freigelassen.
LA: Wann ist der Vorfall passiert?
VP: Im Jahr 2018 und danach bin ich geflüchtet im Jahr 2019.
LA: Wie lange waren Sie im Gefängnis?
VP: Ich war nicht im Gefängnis, sondern in einer Polizeistation für 2 Tage und dann wurde ich freigelassen.
LA: Wann ungefähr war diese Verhaftung?
VP: Das genaue Datum weiß ich nicht, aber es war im November-Nachgefragt- Im Mai hatte ich mein Haus verlassen und im Juni bin ich ausgereist.
LA: Wie sind Sie ausgereist?
VP: Aus Indien mit dem Flugzeug nach Russland und dann nach hier nach Österreich.
LA: Sind Sie legal von Indien nach Russland ausgereist?
VP: Ja ich bin legal nach Russland ausgereist.
LA: Haben Sie eine Funktion in der Khalistan Bewegung und wenn ja welche haben Sie?
VP: Ich unterstütze diese Bewegung und hatte teilgenommen an Kundgebungen. Manche Leute sagten mir warum wir für den Punjab als Land gründen wollen. Indien gehört zusammen. Ich sagte, dass wir dann aber nicht die gleichen Rechte wie die anderen haben. Die Regierung ist gegen die Sikh und Singh und sie bezeichnen die als Terroristen.
LA: Haben Sie in der EU bzw. in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet) bzw. sonstige Verwandte oder Angehörige?
VP: Nein, ich habe Freunde hier.
LA: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Lebensgemeinschaft oder familienähnlichen
Lebensgemeinschaft?
VP: Nein.
LA: Gingen oder gehen Sie in Österreich einer Erwerbstätigkeit nach?
VP: Nein.
LA: Wovon bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?
VP: Ich bekomme das Geld von zu Hause von meinem Eltern und manchmal borge ich mir Geld von den Landsleuten und manchmal arbeite ich und bekomme dann ein wenig Geld.
LA: Sind Sie in Österreich Mitglied in Vereinen oder Organisationen?
VP: Nein.
LA: Sie wurden am 05.11.2020 bei der LPD Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug einer Erstbefragung unterzogen. Entsprechen diese Angaben der Wahrheit?
VP: Ja.
LA: Sie haben am 09.11.2020 eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z 4 und 6 AsylG übernommen, in der Ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf internationalen Schutz gem. § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Sie haben nunmehr Gelegenheit zur geplanten Vorgangsweise des Bundesamtes Stellung zu nehmen. Was spricht gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahme, über die bereits rechtkräftig abgesprochen worden ist?
VP: Ich möchte hier belieben und sie können über mich ein Gutachten machen und bei der indischen Polizei nachfragen. Die Polizei wird aber sagen, dass ich zurückkehren kann, aber es ist nicht so. Wenn jemand zurückkehrt dann nehmen sie ihn in Haft.
LA: Die Länderfeststellungen zu Indien wurden Ihnen am 09.11.2020 ausgefolgt. Sie hatten die Möglichkeit eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, eine solche liegt bis dato nicht vor. Möchten Sie dazu jetzt eine mündliche Stellungnahme abgeben? Zu den Länderfeststellungen gibt es eine neue Fassung, möchten Sie diese durch den Dolmetscherübersetzt bekommen und dann eine mündliche Stellungnahme abgeben?
VP: Nein das brauche ich nicht.
LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig
erscheint?
VP: Ich habe eine Bitte mein Lebensmittelpunkt ist hier in Österreich, wenn sie mich abschieben werde ich mein ganzes Leben in Haft verbringen.“
[…]
18. Mit dem oben im Spruch angeführten, mündlich verkündeten Bescheid des BFA wurde der faktische Abschiebeschutz des betreffenden Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Dieser Bescheid wurde in der Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA am 12.11.2020 beurkundet.
19. Die vom BFA zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes übermittelten Verwaltungsakten langten am 19.11.2020 in der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Indien und stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 07.11.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Das BFA wies den ersten Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 22.12.2016, Zl: 1094161903-51722465, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem BF gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.), erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht, erließ gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gem. § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des BF gem. § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und setzte die Frist für seine freiwillige Ausreise gem. § 55 Abs. 1–3 mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.). Dieser Bescheid erwuchs mit Ablauf des 12.01.2017 in Rechtskraft.
Gegen den Bescheid des BFA vom 22.12.2016 erhob der BF am 31.01.2017 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie das Rechtsmittel der Beschwerde. Das BFA wies mit Bescheid vom 20.03.2017 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 31.01.2017 gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Bescheid vom 22.12.2016 gemäß § 71 Abs. 1 AVG ab. Gemäß § 71 Abs. 6 AVG wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 31.01.2017 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Gegen den Bescheid vom 20.03.2017 brachte der BF rechtzeitig eine Beschwerde ein, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.05.2017 gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Verbindung mit § 71 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.12.2016 vom Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde rechtskräftig.
Am 02.07.2019 stellte der BF seinen zweiten Asylantrag (1. Folgeantrag). Mit Bescheid des BFA vom 10.02.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 02.07.2019 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteil (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und in Spruchpunkt VII. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Der BF brachte kein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid ein, weshalb dieser Bescheid des BFA rechtskräftig wurde.
Am 05.11.2020 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz (2. Folgeantrag). Im nunmehr angestrengten dritten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz hat sich der BF in seiner Erstbefragung durch Orange des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde ausschließlich auf Gründe bzw. einen Sachverhalt bezogen, die bzw. den er bereits in seinem abgeschlossenen Vorverfahren ins Treffen geführt hat, und dazu ergänzt, ein Freund von ihm – ebenfalls ein Angehöriger der Khalistan-Bewegung – sei freiwillig von Kanada nach Indien zurückgereist, sei dort im Juli oder August 2020 festgenommen worden und seitdem verschwunden, weshalb der BF dasselbe Schicksal wie sein Freund befürchte. Das ergänzende Vorbringen des BF weist keinen glaubhaften Kern auf. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Indien ist zwischenzeitlich ebenfalls nicht eingetreten.
In Bezug auf den BF besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben.
Wie bereits in den rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren festgehalten, bestehen beim BF auch gegenständlich keine Hinweise auf etwaige (schwerwiegende) physische bzw. psychische Erkrankungen, die einer Rückkehr nach Indien grundsätzlich entgegenstehen würden.
Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Abschiebung des BF nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Auch hinsichtlich der weltweiten Ausbreitung von COVID-19 ergibt sich hierzu keine andere Beurteilung.
Es existieren auch sonst keinerlei Umstände, welche einer Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.
Der BF verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung, sodass der am 05.11.2020 gestellte Folgeantrag im Asylverfahren voraussichtlich zurückzuweisen sein wird.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des BF, dem Gang der Asylverfahren, des gegenständlichen Verfahrens sowie zur Situation in Indien wurden auf Grundlage des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA getroffen.
Die Feststellungen zum Fluchtvorbringen des BF im gegenständlichen Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz beruhen auf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 05.11.2020 sowie der verwaltungsbehördlichen Einvernahmen am 12.11.2020. Der BF hat am 05.11.2020 ausdrücklich angegeben, dass er Sympathisant der Khalistan-Bewegung sei und diese von der Regierung und der Polizei verachtet bzw. verfolgt werde. Auch in der Einvernahme am 12.11.2020 führte der BF explizit aus, die gleichen Probleme zu haben, welchen er bereits in den Vorverfahren angegeben habe. Dem ergänzenden Vorbringen, wonach ein Freund des BF - ebenfalls ein Angehöriger der Khalistan-Bewegung –freiwillig von Kanada nach Indien zurückgereist sei und dort im Juli oder August 2020 festgenommen worden und seitdem verschwunden sei, ist kein glaubhafter Kern zu entnehmen, zumal sich der BF dazu in einen Widerspruch verstrickte. So gab der BF in der Erstbefragung am 05.11.2020 an, der Freund sei im Jahr 2019 nach Indien zurückgekehrt, während er in der Einvernahme vor dem BFA am 12.11.2020 auf Nachfrage schilderte, dass der Freund im März 2020 (bei ihrem letzten telefonischen Kontakt) noch in Kanada gewesen sei, bevor er auf nochmalige Nachfrage bzw. Vorhalt der belangten Behörde dann plötzlich doch angab, dass sein Freund bereits in Indien gewesen sei. Im Übrigen wurde die weitere Behauptung des BF im gegenständlichen Verfahren, wonach er von 2017 bis 2019 in Indien aufhältig gewesen sei und es auch dort zu einem Vorfall (Mitnahme und Schläge durch die indische Polizei) gekommen sei, schon in dem rechtskräftig gewordenen Bescheid des BFA vom 10.02.2020 als nicht glaubwürdig gewertet und kann diese Ansicht der Behörde nunmehr nochmalig bestätigt werden, zumal sich der BF auch dazu in einen Widerspruch verstrickte. So schilderte der BF in seinem zweiten Asylverfahren, er sei von Dezember 2017 bis Mai 2019 in Indien gewesen, während er im gegenständlichen Verfahren ausführte, von Dezember 2017 bis Juni 2019 dort gewesen zu sein.
Auch hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens brachte der BF in den verwaltungsbehördlichen Einvernahmen keine Änderungen vor.
Anhaltspunkte für das Vorliegen einer akut lebensbedrohlichen Erkrankung des BF sind weder im Vorverfahren noch im gegenständlichen Verfahren hervorgekommen. Vielmehr verneinte der BF in der letzten Einvernahme am 12.11.2020 explizit derzeit in ärztlicher Behandlung zu stehen oder Medikamente einzunehmen.
Die allgemeine Lage in Indien hat sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens nicht entscheidungswesentlich geändert. Gegenteiliges wurde vom BF auch nicht aufgezeigt. Es liegen insbesondere sowohl im Hinblick auf das Alter des BF als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach er bei einer allfälligen COVID-19-Infektion einer Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg. cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A):
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sind im Fall der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Dies gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Bei der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der Überprüfung des faktischen Abschiebeschutzes handelt es sich um eine Entscheidung über eine fingierte Beschwerde gegen den Bescheid über die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes (vgl. VfGH 10.10.2018, G 186/2018 u.a.). Obwohl es sich daher um eine meritorische Erledigung (Abweisung oder Stattgabe) einer Beschwerde handeln soll, ist diese – abweichend von §§ 28, 31 VwGVG – aufgrund des ausdrücklichen Wortlautes des § 22 Abs. 10 AsylG 2005 mit „Beschluss“ zu treffen.
Der mit „Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen“ betitelte § 12a AsylG 2005 lautet auszugsweise:
„(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
[…]“
Die Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 („wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist“) bedeutet, dass „eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags“ zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für „klar missbräuchliche Anträge“ beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern (vgl. VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451; 26.03.2020, Ra 2019/14/0079, mwN).
Im vorliegenden Fall wurde ein Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt, nachdem die beiden zuvor gestellten Asylanträge des BF bereits rechtskräftig erledigt worden waren und mit dem Bescheid des BFA vom 10.02.2020 eine Rückkehrentscheidung getroffen wurde. Es liegt daher ein Fall vor, in dem das BFA den faktischen Abschiebeschutz nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aberkennen „kann“.
„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN). Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.03.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029, mwN).
Eine Prognoseentscheidung ergibt, dass der dritte Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2020 voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist:
So bezog sich der BF im nunmehrigen Verfahren auf die gleichen Fluchtgründe wie in den vorhergegangen Verfahren. Sein ergänzendes Vorbringen betreffend die Festnahme bzw. das Verschwinden eines Freundes in Indien weist außerdem keinen glaubhaften Kern auf (siehe die dahingehenden Ausführungen unter Pkt. II.2.). Das Vorbringen des BF ist in einer Gesamtschau lediglich als eine Fortführung der bereits in den vorigen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe zu werten, denen damals vom BFA kein Glauben geschenkt wurde. Ein neuer, entscheidungswesentlicher Sachverhalt kann daraus nicht entnommen werden.
Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344, jeweils mwN). Auch diesbezüglich wurden keine entscheidungswesentlichen Sachverhaltsänderungen vorgebracht.
Bereits in den Vorverfahren hat das BFA ausgesprochen, dass der BF bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson als ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.
Im nunmehrigen Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz sind vor dem BFA keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, die für eine maßgebliche Änderung des für diesen Abspruch relevanten Sachverhaltes und/bzw. im Sinne der vorzitierten Bestimmungen gegen eine Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat sprechen würden. Auch hinsichtlich der weltweiten Ausbreitung von COVID-19 liegen sowohl im Hinblick auf das Alter des BF als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach er bei einer allfälligen COVID-19-Infektion einer Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde. Um von der realen Gefahr („real risk“) einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist (vgl. in Bezug auf die Verbreitung von COVID-19 VwGH 23.06.2020, Ra 2020/20/0188, mwN). Exzeptionelle und konkret auf den BF Bezug nehmende Umstände, welche die Annahme einer realen Gefahr einer drohenden Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bei einer Rückkehr in seinen Heimatstaat rechtfertigen würden, wurden nicht aufgezeigt.
Das Bundesverwaltungsgericht teilt wie oben dargestellt auch die Ansicht der belangten Behörde, dass beim BF kein schützenswertes Familien- oder Privatleben in Österreich erkennbar ist.
Zudem ist festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das BFA durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Dem BF wurde Parteiengehör eingeräumt, er wurde 12.11.2020 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen und es wurde ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Dem BF wurde weiters mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.
Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.
Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des BFA vom 12.11.2020 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zu B):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig FolgeantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W142.2152581.3.00Im RIS seit
18.05.2021Zuletzt aktualisiert am
18.05.2021