Entscheidungsdatum
09.03.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W181 2135581-2/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Harald PERL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Ralf Heinrich Höfler, Untere Viaduktgasse 6/6, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2019, Zl. 531866807-170128322, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.11.2020 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
II. In Erledigung der Beschwerde wird festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch gemäß § 52 FPG in Verbindung mit § 9 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.
Gemäß § 55 AsylG 2005 in Verbindung mit § 54 Abs. 2 AsylG 2005 wird XXXX der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
III. Die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Vorverfahren:
I.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 03.06.2014 einen (Verlängerungs-)Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Studierender“ gemäß § 21 Abs. 3 und Abs. 6 NAG.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23.09.2014, MA35-9/2888233-04, wurde der Antrag des BF abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF von 01.06.2011 bis 01.06.2012 über eine Aufenthaltsbewilligung „Schüler“ und von 02.06.2012 bis 02.06.2014 über eine Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ verfügt habe, derzeit an keiner Bildungseinrichtung gemäß § 64 Abs. 1 NAG gemeldet sei und über keinen Studienerfolg verfüge. Der BF sei als außerordentlicher Student an der Universität Wien gemeldet und habe den Vorstudienlehrgang nicht abgeschlossen; dafür sei eine Ergänzungsprüfung Deutsch vorgeschrieben. Aufgrund der legalen Beschäftigung des BF werde davon ausgegangen, dass dieser es bevorzuge, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, welche für die Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ nicht vorgesehen sei. Den vorgelegten Unterlagen des BF habe nicht entnommen werden können, dass der BF seinem Studium ernsthaft nachgehe. Beim BF liege zwar ein gewisses Ausmaß an Integration vor, da er seit 2011 über Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfügt, doch laut Aktenlage würden keine familiären Bindungen bestehen, weshalb die öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen überwiegen würden.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien, welche mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 24.03.2015, VGW-151/046/32840/2014-5, als verspätet zurückgewiesen wurde.
I.1.2. Am 17.04.2015 stellte der BF erneut einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Studierender“ gemäß § 21 Abs. 3 Z 2 NAG mit der Begründung, dass er sich seit drei Jahren in Österreich aufhalte und bereits sozial verankert sei.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17.07.2015, MA35-9/2888233-05, wurde der Antrag wegen unzulässiger Inlandsantragsstellung abgewiesen. Die nach § 11 Abs. 3 NAG gebotene Abwägung der öffentlichen Interessen an der Einhaltung der fremdendrechtlichen Bestimmungen mit den Interessen des BF am Verbleib im Bundesgebiet hätten ergeben, dass keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen und jeder Student den Antrag gemäß § 3 NAG zu stellen und die Erledigung im Heimatland abzuwarten habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien.
Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Wien vom 04.02.2016, VGW-151/059/10019/2015-4, wurde der angefochtene Bescheid wegen Zurückziehung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels durch den anwaltlich vertretenen BF in der Beschwerdeverhandlung ersatzlos behoben.
I.1.3. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 10.05.2016 wurde der BF darüber verständigt, dass eine Beweisaufnahme gemäß § 52 FPG stattgefunden habe und beabsichtigt sei, eine Rückkehrentscheidung gegen den BF zu erlassen.
I.1.4. Am 30.06.2016 erfolgte eine Stellungnahme des anwaltlich vertretenen BF an das BFA, in der im Wesentlichen dargelegt wurde, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht vorliegen würden, da der BF mittlerweile den Vorstudienlehrgang erfolgreich abgeschlossen habe und seit März 2015 als ordentlicher Studierender für das Doktoratsstudium Rechtswissenschaften inskribiert sei, weshalb die Voraussetzungen für eine Inlandsantragstellung vorliegen würden und ein Antrag, der ausreichende Erfolgsaussichten habe, bei der MA 35 gestellt werde. Der Stellungnahme wurde ein Studienblatt sowie eine Studienbestätigung des BF beigelegt.
I.1.5. Am 18.08.2016 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA. Nachgefragt, weshalb der BF nach rechtskräftiger Abweisung seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels das österreichische Bundesgebiet nicht verlassen habe, gab dieser an, dass er nicht ausgereist sei, weil es in seinem Herkunftsstaat unsicher sei. Der BF sei in Bangladesch politisch aktiv gewesen und die Lage sei schlecht. Es gebe einige politische Anzeigen gegen den BF und außerdem habe er eine Freundin, wodurch sein Leben noch mehr bedroht sei. Die Probleme hätten im Mai 2014 angefangen, als der BF für 25 Tage in Bangladesch gewesen sei.
Die Frage, ob der BF in Österreich einen Asylantrag stellen wolle, verneinte er und gab dazu an, dass er in Österreich nur studieren wolle.
Nachgefragt, weshalb er den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 17.04.2015 zurückgezogen habe, führte er an, dass sein damaliger Anwalt ihm dies geraten habe und er diesen nicht verstanden habe.
Nachgefragt, wie der BF seinen Lebensunterhalt in Österreich bestreitet, gab er an, dass er Geld von seinen Verwandten in Bangladesch erhalte und ihn auch seine in Österreich lebende Schwester unterstütze. Der BF arbeite zudem im Ausmaß von 20 Wochenstunden in einem Restaurant in der Küche. Vom Leiter der Amtshandlung wurde angemerkt, dass das arbeitsmarktbehördliche Dokument bis 17.10.2014 gültig gewesen sei.
Zu den Verwandten des BF befragt, gab der BF an, dass seine Schwester mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn in Österreich lebe und der Vater und neun Geschwister des BF in Bangladesch leben. Der BF habe Kontakt zu seinen Angehörigen in Bangladesch.
Nachgefragt, gab der BF an, dass er Deutsch auf dem Niveau B2 spreche und Mitglied in einem Bangladesch-Sozial-Club sei.
Im Rahmen seiner Einvernahme legte der BF den Aufenthaltstitel seiner Schwester, den Reisepass des Ehemanns seiner Schwester, den Aufenthaltstitel seines Neffen, Bestätigungen der Meldungen der Familie seiner Schwester, eine Verlustmeldung über seinen Reisepass, Studienbestätigungen, ein ÖSD Zertifikat B2 sowie einen Mietvertrag vor.
I.1.6. Am 19.08.2016 legte der BF dem BFA weitere Unterlagen betreffend seine Schwester und deren Ehemann sowie eine Übersetzung der Geburtsurkunde des BF vor.
I.1.7. Mit Bescheid des BFA vom 31.08.2016, 531866807/160653152/BMI-BFA, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der BF seit der rechtskräftigen Abweisung seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels unrechtmäßig in Österreich aufhalte. Trotz des Wissens um diese Unrechtmäßigkeit sei der BF im Bundesgebiet verblieben und habe einen neuerlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt, welchen er nach Einbringung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht Wien zurückgezogen habe. Eine Schwester des BF würde sich legal in Österreich aufhalten, sei mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet und habe einen Sohn, welcher ebenso aufenthaltsberechtigt in Österreich sei. Bindungen zum Herkunftsstaat würden nach wie vor bestehen, da der Vater und neun Geschwister des BF dort leben würden und er auch die Landessprache spreche. Zuletzt sei der BF im Mai 2014 in seinem Herkunftsstaat gewesen.
Im Falle der Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat bestehe kein Zweifel darüber, dass er in der Lage wäre, seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, da er jung, gesund und arbeitsfähig sei und auf die Unterstützung seiner Familie vertrauen bzw. diese auch, aufgrund der in Bangladesch herrschenden Familienkultur, erwarten könne. Die familiären Bindungen zum in Österreich lebenden Teil der Familie würden auch durch etwaige Besuche und Telefonate sowie elektronische Kommunikationsmittel aufrechterhalten werden können.
Der BF verfüge über keinen engen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich. Auch sei er kein Mitglied eines österreichischen Vereines, lediglich des Bangladesch-Sozial-Clubs, dessen Anschrift er jedoch nicht nennen habe können. Die Beschäftigungsbewilligung des BF habe seine Gültigkeit am 17.10.2014 verloren, er gehe nichtsdestotrotz einer Beschäftigung in einer Restaurantküche nach, welche als illegal im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu qualifizieren sei.
Eine Rückkehrentscheidung sei zulässig, da die Abwägung der privaten gegen das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zu Ungunsten des BF ausgehe.
I.1.8. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 16.09.2016 vollumfänglich Beschwerde. In der Beschwerde wurde zusammengefasst vorgebracht, dass der Behörde entscheidungswesentliche Fehler in der Interessenabwägung unterlaufen seien, da sich der BF seit über fünf Jahren in Österreich aufhalte, bereits vollständig integriert und mit westlichen Werten verbunden sei. Er habe einen Freundeskreis aufgebaut, lerne Deutsch und habe daher ein schützenswertes Privatleben. Die Behörde habe die Dauer des Aufenthaltes, die Unbescholtenheit und die weitgehende Entwurzelung vom Herkunftsstaat nicht ausreichend gewürdigt. Besonders würden die familiären Bindungen zum in Österreich lebenden Teil der Familie nicht durch etwaige Besuche und elektronische Kommunikationsmittel aufrechterhalten werden können, da der persönliche Kontakt unersetzbar sei. Darüber hinaus werde der BF durch die Rückkehrentscheidung gezwungen, sein Studium zu beenden.
I.1.9. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.12.2016, L506 2135581-1, wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass im angefochtenen Bescheid keinerlei Länderfeststellungen zur aktuellen Situation in Bangladesch getroffen worden seien und aus dem Bescheid nicht hervorgehe, dass sich das BFA mit einschlägigem aktuellen Länderdokumentationsmaterial auseinandergesetzt und dieses in das Verfahren integriert habe. Dem BF sei auch in weiterer Folge kein Parteiengehör und keine Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme gewährt worden. Diese Vorgehensweise des BFA wiege besonders schwer, da der BF im Zuge seiner Einvernahme am 18.08.2016 auch (allgemein) erklärt habe, er sei nicht in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt, da die politische und soziale Lage dort unsicher sei.
I.1.10. Im Schreiben des BFA an das Bundesverwaltungsgericht vom 13.02.2017 wurde mitgeteilt, dass der BF am 30.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und dieses Verfahren beim BFA anhängig sei. Da dem BF somit ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG zukomme, könne in gegenständlichem Verfahren keine neue Rückkehrentscheidung erlassen werden. Bei negativer Entscheidung hinsichtlich des Asylantrags werde eine Rückkehrentscheidung im Zuge des Asylverfahrens ergehen.
I.2. Gegenständliches Verfahren:
I.2.1. Am 30.01.2017 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
I.2.2 Im Rahmen einer am gleichen Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF an, ledig zu sein, der Volksgruppe der Bengalen sowie der Religionsgemeinschaft der Sunniten anzugehören. Er habe von 1990 bis 1995 eine Grundschule, von 1995 bis 2001 eine allgemeinbildende höhere Schule, von 2001 bis 2005 ein College und von 2005 bis 2010 eine Universität in Dhaka besucht. Er habe keine Berufsausbildung. Sein Vater und seine sieben Schwestern würden in Bangladesch leben; seine Mutter sei verstorben. Eine Schwester des BF lebe in Österreich.
Der BF habe 2010 den Entschluss zur Ausreise aus seinem Herkunftsland gefasst. Er sei am 09.08.2011 legal in Österreich eingereist. Bis 03.06.2014 habe der BF über einen Aufenthaltstitel verfügt; ein danach gestellter Verlängerungsantrag sei abgelehnt worden.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der BF im Wesentlichen an, Bangladesch verlassen zu haben, um in Österreich zu studieren. Als er noch in Bangladesch gelebt habe, sei er ein Angehöriger der Bangladesh Nationalist Party (im Folgenden: BNP) gewesen. Im Mai 2014 sei der BF circa 25 Tage in Bangladesch gewesen und es sei bei politischen Auftritten auf einem Feld in Dhaka zu Schlägereien und Demonstrationen gekommen. Sehr viele Menschen seien ums Leben gekommen oder verletzt worden. Da der BF früher Mitglied der BNP gewesen sei und die Polizei erfahren habe, dass er sich wieder in Bangladesch aufhalte, habe sie eine Anzeige gegen den BF erstellt. Als der BF davon erfahren habe, sei er nach Österreich gegangen, um sich zu schützen. Seitdem halte er sich in Österreich auf.
I.2.3. Am 06.09.2018 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Der BF gab in der Einvernahme an, gesund zu sein und legte seine e-card, eine englische Übersetzung seiner Geburtsurkunde, ein Studienblatt und eine Studienbestätigung über die Meldung zum ordentlichen Doktoratsstudium Rechtswissenschaften für das Wintersemester 2018, einen Studierendenausweis, einen Beschluss des Handelsgerichts Wien über die Eintragung der XXXX KG ins Firmenbuch, deren Kommanditist der BF ist, ein A1/2 Deutschzeugnis, ein ÖSD Zertifikat B2, eine Arbeitsbestätigung über die ehrenamtliche Mitarbeit des BF in einer Caritas Hilfseinrichtung sowie diverse Unterlagen in bengalischer Sprache und englische Übersetzungen derselben (BNP-Mitgliedsbestätigung, First Information Report, Order Sheet, Charge Sheet, Warrant of Arrest) vor.
Der BF gab in seiner Befragung im Wesentlichen an, dass sein Vater in Bangladesch leben würde; dieser sei Lehrer gewesen und sei nunmehr in Pension. Die Mutter des BF sei vor 15 Jahren gestorben. Seine große Schwester würde in Österreich leben, alle anderen Schwestern des BF würden in Bangladesch leben. Alle Geschwister des BF seien Lehrer. Die Familie des BF besitze eine verpachtete Landwirtschaft im Dorf, aber kein Haus. Der BF habe Kontakt zu seiner Familie. Der BF habe einen Bachelor- und einen Masterabschluss, aber keine Berufsausbildung absolviert. Er habe in Bangladesch drei bis vier Monate in einer Bank als Sales-Officer gearbeitet.
Befragt, ob der BF Mitglied einer Partei in Bangladesch gewesen sei, gab dieser an, dass er Mitglied der BNP gewesen sei. Seit seinem Studentenleben sei er von der Partei begeistert gewesen und nach Absolvierung seines Bachelor-Studiums sei er im Jahr 2009 Mitglied geworden. Der BF sei angestellt gewesen und habe dafür gesorgt, dass die Partei mehr Mitglieder gewinne.
Nachgefragt, wann der BF Bangladesch verlassen habe, gab er an, dass er Bangladesch am 08.08.2011 verlassen habe und am 09.08.2011 in Österreich eingereist sei. Von 05.05.2014 bis 29.05.2014 habe sich der BF zuletzt in Bangladesch aufgehalten.
Befragt, weshalb der BF erst jetzt einen Asylantrag gestellt habe, obwohl er bereits in seiner Einvernahme vor dem BFA am 18.08.2016 angegeben habe, politisch verfolgt zu werden, gab er an, dass er den Asylantrag gestellt habe, nachdem er in Bangladesch gewesen und wieder zurückgekommen sei. Als er in Bangladesch gewesen sei, sei ein falsches Verfahren gegen ihn eingeleitet worden. Weiter nachgefragt, weshalb er drei Jahre mit der Antragstellung gewartet habe, gab er an, dass er gedacht habe, dass er weiterstudieren werde, aber aufgrund des Stresses und seiner Probleme er sich nicht auf sein Studium konzentrieren habe können.
Befragt, was die ursprünglichen Pläne des BF gewesen seien, gab er an, dass er nach Österreich gekommen sei, um zu studieren, damit er nach dem Studium hier leben könne. Der BF sei zwar an der Universität inskribiert, besuche die Universität aber nicht oft.
Nach den Gründen für seine Asylantragstellung befragt, gab der BF an, dass am 25.05.2014 von der BNP eine Demonstration organisiert worden sei. Bei dieser Demonstration sei es zu einer Schlägerei gekommen, bei der viele Personen verletzt worden seien. Es seien auch Gegenstände und Autos zerstört worden. Der BF habe sich zu dieser Zeit in Bangladesch aufgehalten, sei aber nicht am Vorfallsort gewesen. Am 29.05.2014 sei der BF nach Österreich zurückgekehrt. Danach habe der BF erfahren, dass ihm die Teilnahme an der Demonstration vorgeworfen werde und er in einer Anzeige angeführt werde. Nachgefragt, ob der BF noch weitere Fluchtgründe habe, antwortete er, dass dies das größte Problem sei.
Weiter zur Demonstration befragt, führte er an, dass er nicht an der Demonstration teilgenommen habe. Da bekannt sei, dass der BF Befürworter der BNP sei, sei von einer Polizeistation in Dhaka absichtlich dieses politisch motivierte Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden.
Nachgefragt, wie viele Punkte das Programm der BNP habe und wie diese genannt werden, gab der BF an, dass es keine Punkte gebe. Die Frage, ob der BF das Wort „Dofa“ schon einmal gehört habe, verneinte er ebenso wie die Frage, ob es einen Parteispruch gebe.
Nachgefragt, ob der BF an Demonstrationen in Bangladesch teilgenommen habe, gab er an, dass er im Jahr 2009 an einer Demonstration teilgenommen habe.
Die Frage, ob der BF in Bangladesch rechtsfreundlich vertreten gewesen sei, bejahte er und gab dazu an, dass sein Anwalt ihm gesagt habe, dass er eine lebenslange Haftstrafe bekommen könnte. Das Verfahren sei derzeit anhängig.
Nachgefragt, ob der BF in einer anderen Stadt oder anderen Provinz in Bangladesch leben könnte, gab er an, dass die Polizei herausfinden würde, wo sich der BF befinden würde.
Zur Situation des BF in Österreich gab der BF an, dass er in Österreich in keiner Familiengemeinschaft lebe und von der Caritas unterstützt werde. Er betreibe seit März 2018 gemeinsam mit einem Geschäftspartner ein Taxiunternehmen, an dem der BF zu 25 % beteiligt sei. Seit zwei bis drei Monaten arbeite der BF als freiwilliger Helfer in einem Verein, indem er Essen verpacke und es verteile.
I.2.4. Nach der Einvernahme durch das BFA langte ein Schreiben des BF beim BFA ein, in dem der BF unter Zitierung von Berichten zur gegenwärtigen Situation in Bangladesch zusammengefasst ausführte, dass die Situation für ihn sehr schlecht sei und seine Verwandten und Freunde ihm geraten hätten, unter keinen Umständen nach Bangladesch zurückzukehren. Er habe Deutsch auf dem Niveau B2 abgeschlossen und wolle sein Hochschulstudium abschließen; er habe viel Geld in sein Unternehmen investiert und habe viele österreichische Freunde.
I.2.5. In der am 19.10.2018 erfolgten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend den BF wurde im Wesentlichen angeführt, dass dem Bericht des Vertrauensanwalts zu entnehmen sei, dass die übermittelten Falldokumente als Fälschungen angesehen werden und folglich keine strafrechtliche Verfolgung drohe. Bei der Recherche des Vertrauensanwalts sei festgestellt worden, dass der BF in den originalen Falldokumenten nicht genannt werde. Bezüglich einer politischen Betätigung bei der BNP sei festzustellen, dass der BF zwar Parteimitglied, jedoch kein Mitglied des Exekutivkommittees gewesen sei.
I.2.6. Am 13.02.2019 erfolgte eine weitere niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA. Auf das Ergebnis der Anfrage an die Staatendokumentation hingewiesen, gab der BF an, dass alle Dokumente echt seien. Eine Person habe ermittelt, Unterlagen genommen und vom Bruder des BF Geld verlangt. Der Bruder des BF sei ein aufrichtiger Mensch.
Dass der BF nicht Mitglied des Exekutivkommittees, sondern lediglich einfaches Mitglied der BNP sei, bestätigte er. Ergänzend gab er an, dass er viele Schwierigkeiten und ein großes Problem habe. Im Zuge der letzten Wahl am 30.12. habe die Regierungspartei etliche Mitarbeiter der BNP ins Gefängnis gebracht und angegriffen.
I.2.7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.02.2019 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde zudem ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status des Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der BF erwiesenermaßen unwahre Angaben gemacht habe und der BF somit insgesamt nicht glaubwürdig sei.
Dass der BF im Fall einer Abschiebung in eine aussichtslose Lage geraten würde, sei nicht feststellbar. Es sei davon auszugehen, dass der BF nach wie vor über familiäre Beziehungen innerhalb von Bangladesch verfüge. Es sei dem BF auch zuzumuten, sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung in Bangladesch den Lebensunterhalt zu sichern.
Es hätten sich keine Anhaltspunkte, welche die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ rechtfertigen würden, ergeben.
Die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens würden daher insgesamt gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei.
I.2.8. Mit Schriftsatz vom 14.03.2019 wurde der Bescheid des BFA seitens des – rechtsanwaltlich vertretenen – BF zur Gänze angefochten.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF konkrete Angaben zu seiner Herkunft, Abstammung und zu seinen Problemen im Herkunftsland gemacht habe. Er habe Unterlagen zur Vorlage gebracht, darunter auch Bescheinigungen über seine Integration bzw. Sprachkenntnisse. Der BF habe konkrete Angaben zu seinen Familienangehörigen in Bangladesch und Österreich gemacht und dargelegt, dass gegen seine Person ein Haftbefehl existiere. Die von der belangten Behörde herangezogenen Länderberichte seien sehr kurz gehalten und teilweise veraltet bzw. nicht konkret auf die Situation in Bangladesch abstellend.
Der BF habe schlüssige und nachvollziehbare Angaben gemacht, welche einer entsprechenden Überprüfung zugänglich gewesen wären. Hinsichtlich der Identität des BF werde angemerkt, dass der BF diverse Dokumente im Hinblick auf seine Identität zur Vorlage gebracht habe, welche von der Behörde hätten berücksichtigt werden müssen. Wenn die belangte Behörde ausführe, dass nicht glaubhaft sei, dass der BF drei Jahre lang mit seinem Asylantrag gewartet habe, werde dem entgegengehalten, dass der BF dargelegt habe, dass er davon ausgegangen sei, dass er in Österreich bleiben könne. Für den BF sei eine Fälschung der vorgelegten Anzeige nicht nachvollziehbar. Aus dem Bescheid ergebe sich auch nicht, dass dem BF eine Stellungnahme zur Überprüfung des Vertrauensanwalts in Bangladesch abgeben habe können. Es werde die Einholung eines länderkundlichen Sachverständigengutachtens bzw. die nochmalige Beiziehung eines Vertrauensanwalts beantragt.
Der BF habe auch konkret dargelegt, dass er ein Privat- und Familienleben in Österreich aufweise. Seine Schwester und sein Schwager würden im österreichischen Bundesgebiet leben und zur Schwester bestehe ein inniger Kontakt. Zudem weise der BF eine Vielzahl von Bekannten und Freunden auf.
I.2.9. Am 26.03.2019 legte das BFA die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.2.10. Mit Schreiben vom 05.08.2019 übermittelte der BF dem Bundesverwaltungsgericht eine Bescheidausfertigung des Arbeitsmarktservice (AMS) vom 13.06.2019 betreffend die Abweisung des Antrags auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung als Nachweis der Bemühungen des BF, einer Beschäftigung nachzugehen.
I.2.11. Am 05.11.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der der BF sowie dessen Rechtsvertretung teilnahmen.
Einleitend befragte der Richter den BF über seine Familienmitglieder; der BF bestätigte in dem Zusammenhang, dass in Bangladesch sein Vater sowie acht Geschwister wohnen; seine Mutter sei 2002 verstorben; sein Vater sei vormals Lehrer gewesen und auch der Großteil seiner Geschwister seien ausgebildete Lehrer, ein größerer Bruder sei Geschäftsmann, die jüngste Schwester sei Ärztin. Auf ergänzende Frage des Richters bestätigte der BF, dass seine Familie in Bangladesch eine kleine Landwirtschaft besitzt, die verpachtet ist. In Österreich wohne neben dem BF seine ältere Schwester, deren Ehemann und ihr Sohn, die einen entsprechenden Aufenthaltstitel besitzen.
Auf diesbezügliche Befragung bestätigte der BF, dass er von 1990 bis 1995 eine Grundschule besucht hat, von 1995 bis 2001 eine (vergleichbare) AHS, von 2001 bis 2005 ein College, sowie von 2005 bis 2010 sich an der Universität in Dhaka International University befunden habe; er habe dort seinen Bachelor und Master-Abschluss - Bangla/Englisch - gemacht. Kurze Zeit, ca. 3-4 Monate, habe er auch in einer Bank gearbeitet, sein Studium sei dafür Voraussetzung gewesen.
Auf die Frage nach seinem derzeitigen Einkommen führte der BF aus, dass er von der Caritas rund 365 € erhalte, gelegentlich helfe ihm auch seine in Wien lebende Schwester aus; seine Verwandten in Bangladesch würden ihn nicht unterstützen können, deren Einkommen werde für die eigenen Familien benötigt.
Des Weiteren bestätigte der BF die Fragen, dass er seit 2009 Mitglied der BNP war und am 09.08.2011, legal, in Ö eingereist ist.
Der BF bestätigte, dass er für die Zeit von 01.06.2011 bis 01.06.2012 einen Aufenthaltstitel als „Schüler“ sowie vom 02.06.2012 bis 02.06.2014 einen Aufenthaltstitel als „Studierender“ hatte; sein Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels sei mit der Begründung, dass er bei keiner Bildungseinrichtung gemeldet war, keinen Studienerfolg aufgewiesen hatte und den Vorstudienlehrgang nicht abgeschlossen hat, abgewiesen worden. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde sei wegen Verspätung zurückgewiesen worden; auch sein neuerlicher Antrag auf einen Aufenthaltstitel Studierender im April 2015 sei wegen Inlandsantragsstellung rechtskräftig abgewiesen worden. Der BF führte auf diesbezügliche Befragung aus, dass er Rechtswissenschaften studiert habe bzw. studieren wollte, allerdings Prüfungen nicht bestanden habe; aus diesem Grund seien auch die Verlängerungsanträge abgewiesen worden.
Der Richter sprach den BF darauf an, dass dem Akteninhalt zu entnehmen ist, dass er – gemäß seinen eigenen Angaben – seit März 2015 wieder als ordentlicher Studierender der Rechtswissenschaft eingeschrieben ist; befragt nach seinem diesbezüglichen Studienerfolg führte der BF aus, dass er Prüfungen abgelegt, diese aber neuerlich nicht bestanden habe.
Im Zusammenhang mit seinem Studium führte der BF aus, dass er trotz mangelndem Studienerfolg weiterhin studieren möchte.
Der Richter wies den BF darauf hin, dass er in einer Stellungnahme von 30.06.2016 (im Rahmen des Rückkehrentscheidungsverfahrens des BFA) explizit zum Ausdruck gebracht habe, dass er in Ö studieren wolle und keinen Asylantrag stellt; der BF bestätigte und führte dazu aus, dass er geglaubt hatte, sein Studium abschließen zu können und dann eine gute Anstellung zu erhalten und in Ö bleiben zu können; da sich sein Studium verzögert habe, habe das nicht realisiert werden können.
Befragt zu seinen persönlichen Verhältnissen gibt der BF folgendes an:
Er sei ledig, er werde von der Caritas finanziell unterstützt, Grundversorgung beziehe er nicht. Vor dem Ausbruch der Pandemie sei er als freiwilliger Helfer bei einem Verein der Caritas tätig; im Zusammenhang mit dem Ableben seiner Mutter (seinen Erfahrungen) habe er auch ein wenig Geld dem Roten Kreuz gespendet.
Der BF teile sich eine Wohnung mit zwei Kollegen (Indern), welche sich auch die Miete (zwischen 150€ und 100€) teilen würden; dem Gericht wurde in dem Zusammenhang die Verlängerung eines Mietvertrages gezeigt.
Der BF sei seit März 2018 an einem Taxiunternehmen beteiligt; dieses Unternehmen betreibe er gemeinsam mit seinem Onkel, einem aus Bangladesch stammenden Österreicher, der für die Gründung dieses Unternehmens Schulden aufgenommen habe; auf ausdrückliche Befragung führte der BF aus, dass er sich an dieser Unternehmung beteiligt habe, um ein wenig Geld dazuzuverdienen und arbeiten zu können; allerdings habe er aus dem Unternehmen bisher noch kein Geld bekommen; er merkte in dem Zusammenhang an, dass vor allem während der Pandemiezeit das Unternehmen nicht gut gehe; auf Befragung führte er aus, dass er selbst nicht Taxi fahre; in dem Zusammenhang legt der BF einen Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung vom 02.11.2020 sowie einen Beschluss des Handelsgericht Wien (Firmenbuch) vom 06.04.2018, vor.
Befragt nach seinem durchschnittlichen Tagesablauf (vor der Pandemie) führte der BF aus, dass er freiwillige Tätigkeiten bei der Caritas durchgeführt hatte, gelernt hatte und am Abend Freunde besucht habe; bei den Freunden handle es sich vor allem um seinen Onkel sowie andere Kollegen.
Der Richter wies darauf hin, dass dem Akt zu entnehmen sei, dass der BF den Deutschkurs B2 absolviert habe; der Richter merkte in dem Zusammenhang an, dass das gesamte bisherige Gespräch mit dem BF auf Deutsch geführt wurde und gelegentlich, bei schwierigeren Satzkonstruktionen die Hilfe des Dolmetschers in Anspruch genommen wurde; persönlich merkte der Richter an, dass man sich mit dem BF in einem einfachen Deutsch gut unterhalten kann.
Der Richter führte zu den Fluchtgründen des BF aus, dass dem Akt zu entnehmen sei, dass der BF seit 2009 Mitglied der BNP sei; er habe sich im Mai 2014 (bis zum 29.05.2014) rund 25 Tage in Bangladesch aufgehalten; während dieser Zeit sei es zu politischen Auftritten der BNP, zu Demonstrationen und auch Schlägereien mit Verletzten, Sachbeschädigungen und auch Toten gekommen; die Polizei bzw. Behörden hätten von seiner Anwesenheit in Bangladesch gehört und – obwohl er nicht bei diesen Demonstrationen gewesen sei – ihn (wie der BF ausführt) hineingezogen, angezeigt und ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet.
Der Richter merkte in dem Zusammenhang an, dass der BF im Rahmen des Administrativverfahrens eine Mitgliedbestätigung der BNP, einen First Information Report, Order Sheet, Charge Sheet sowie einen Warrant of Arrest, vorgelegt hat, welche vom BFA auf Grundlage der Staatendokumentation als Fälschungen anzusehen seien und der BF in den Originaldokumenten nicht genannt werde; bestätigt werde, dass der BF Parteimitglied der BNP ohne Funktion gewesen sei.
Dazu befragt führte der BF aus, dass das BFA zwar Ermittlungen geführt habe, sein älterer Bruder allerdings um Geld gebeten worden sei, dieser aber nicht bezahlen habe wollen und daraus die negative Stellungnahme resultiert sei; der Richter merkte in dem Zusammenhang an, dass dieses Vorbringen bereits im Rahmen der Beschwerde dargelegt wurde.
Ergänzend führte der BF aus, dass er im Heimatland einer Gefahr ausgesetzt sei.
Vom Rechtsvertreter nachgefragt, wie der BF darauf gekommen sei, dass es einen Haftbefehl gegen ihn gegeben habe, gab der BF an, dass man, nachdem er hierhergekommen sei, die Anzeige gegen ihn erstattet habe. Sein älterer Bruder habe ihn informiert.
Der Richter wies darauf hin, dass der BF in seiner Erstbefragung angegeben habe, dass er bereits in Bangladesch von der Anzeige erfahren habe; der BF bestätigte dies, führte aber weiter aus, dass er gemeint habe, dass sein Name erst nachträglich hinzugefügt worden sei.
Auf die Frage, ob der BF darüber in Kenntnis sei, wie der derzeitige Verfahrensstand ist, erklärte er, dass das Verfahren weiter anhängig sei und die Angeklagten als flüchtig gelten.
Anmerkungen zu den Länderfeststellungen wurden vom Rechtsvertreter des BF verneint.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.
Der BF besuchte in seinem Heimatdorf in Bangladesch von 1990 bis 1995 eine Grundschule, von 1995 bis 2001 eine (vergleichbare) AHS, von 2001 bis 2005 ein College und von 2005 bis 2010 die Dhaka International University, wo er einen Bachelor- und einen Masterabschluss absolvierte. Anschließend arbeitete der BF mehrere Monate als Sales-Officer in einer Bank.
In Bangladesch leben der Vater und acht Geschwister des BF. Der Vater des BF ist pensionierter Lehrer, der Bruder des BF ist Geschäftsmann und die Schwestern des BF sind ausgebildete Lehrerinnen und eine Schwester des BF ist Ärztin. Die Mutter des BF ist im Jahr 2002 verstorben. Die Familie des BF besitzt in Bangladesch eine kleine Landwirtschaft, die verpachtet ist. Der BF hat regelmäßigen Kontakt zu seinen Verwandten in Bangladesch.
Der BF reiste im August 2011 erstmals ins Bundesgebiet ein und verfügte von Juni 2011 bis Juni 2012 über eine Aufenthaltsbewilligung „Schüler“ und von Juni 2012 bis Juni 2014 über eine Aufenthaltsbewilligung „Studierender“. Ein Antrag des BF auf Verlängerung des Aufenthaltstitels wurde mangels Erfüllung der Voraussetzungen abgewiesen. Ein weiterer Antrag des BF auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ wurde aufgrund unzulässiger Inlandsantragstellung ebenfalls abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom BF in der Folge zurückgezogen. Der BF legte bis zum Entscheidungszeitpunkt – trotz Zulassung zum Doktoratsstudium Rechtswissenschaften - keine positiven Prüfungen an der Universität Wien ab.
Der BF hielt sich zuletzt im Mai 2014 für 25 Tage in Bangladesch auf.
Am 30.01.2017 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Der BF bezieht seit April 2018 Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und wird von seiner in Österreich lebenden Schwester finanziell unterstützt. Er lebt seit Jänner 2019 in einer privaten Unterkunft.
Der BF besuchte im September 2013 einen Deutsch Intensivkurs A1/2 und schloss die Prüfung erfolgreich ab. Im April 2015 hat der BF die Prüfung ÖSD Zertifikat B2 bestanden.
Seit Beginn seines Aufenthalts übte der BF mehrere Beschäftigungen, darunter eine Teilzeitbeschäftigung in der Küche eines Restaurants, aus. Seit März 2018 ist der BF an dem Taxiunternehmen seines Onkels beteiligt, erzielt daraus aber (noch) kein Einkommen.
Der BF arbeitete von Juni 2018 bis zum Beginn der Corona-Pandemie mehrmals wöchentlich ehrenamtlich als Helfer in einem Lebensmittellager einer Hilfseinrichtung der Caritas.
Eine Schwester des BF lebt gemeinsam mit ihrem Ehemann, der die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt, und einem gemeinsamen Sohn in Österreich und verfügt über einen Aufenthaltstitel. Zudem lebt ein Onkel des BF in Österreich.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in seinem Herkunftsland einer konkret gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt gewesen ist oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine solche droht.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
Politische Lage
Bangladesch – offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Ga?apraj?tantr? B??l?de?) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 11.2019a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 13.3.2020) leben etwa 163 Millionen Einwohner (CIA 13.3.2020; vgl. GIZ 3.2020, AA 6.3.2020a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer, der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 6.3.2020a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 8.2019; vgl. GIZ 11.2019a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 8.2019) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 11.2019a). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 11.2019a; vgl. USDOS 11.3.2020). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 8.2019).
Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien, die „Awami League“ (AL) und „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP) bestimmt (ÖB 8.2019). Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 22.7.2019; vgl. DGVN 2016). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 2020).
Seit 2009 ist Sheikh Hasina Wazed von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 11.2019a; vgl. ÖB 8.2019). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die „junge Generation“ übergeben wolle (DW 14.2.2019).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die „Große Allianz“ um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019, DW 14.2.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).
Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als „Farce“ und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl „völlig frei und unabhängig“ (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl „viel freier und fairer“ ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Die Wahlen vom 30. Dezember 2018 waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Frühzeitig wurde die Wahl durch die Wahlkommission als frei und fair bezeichnet. Unregelmäßigkeiten wurden nicht untersucht. Stattdessen wurden Journalisten wegen ihrer Berichterstattung verhaftet (HRW 14.1.2020). Es wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).
Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden, innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei das Wahlergebnis angefochten hatte und nun nicht mehr im Parlament vertreten ist (GIZ 11.2019a).
Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 8.2019). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein (ACCORD 12.2016). Die Ankündigung von PM Sheik Hasina, ein Tribunal einzusetzen, um erstmals die Verantwortlichen für die Kriegsverbrechen im Unabhängigkeitskrieg 1971, aber auch für die Ermordung ihres Vaters und Staatsgründers Sheikh Rajibur Rahman 1975 sowie versuchte Mordanschläge auf ihr eigenes Leben 2004 zur Rechenschaft zu ziehen, stoßen in gewissen (pro-pakistanischen Kreisen) in Bangladesch auf heftigen Widerstand (ÖB 8.2019).
Die Kommunalwahlen 2019 fanden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 statt (bdnews24 20.6.2019; vgl. bdnews24 3.2.2019). Nachdem die BNP und einige andere Parteien die Wahlen boykottierten, wurde eine niedrige Wahlbeteiligung beobachtet (bdnews24 20.6.2019; vgl. DS 10.3.2019). Die Kandidaten der AL waren in 317 von 470 Upazillas [Landkreisen] siegreich, in 149 Upazillas gewannen unabhängige Kandidaten, die vorwiegend abtrünnige der Regierungsparteien sind. In 115 Upazillas gab es keine Gegenkandidaten (bdnews 20.6.2019). Für die Nachwahlen in insgesamt 8 Upazillas am 14.10.2019 kündigte die BNP jedoch eine Teilnahme an (PA 8.9.2019).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 92 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), über 4.500 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (ÖB 8.2019). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 8.2019).
Quellen:
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Sicherheitslage
Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League (AL) und die Bangladesch National Party (BNP), ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018). Die regierende Awami-Liga (AL) hat ihre politische Macht durch die nachhaltige Einschüchterung der Opposition, wie auch jener mit ihr verbündet geltenden Kräfte, sowie der kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft ausgebaut (FH 2020). Beide Parteien sind – gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).
Von nicht-staatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene „Studentenorganisationen“. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 21.06.2020).
Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 18.3.2020; vgl. AA 22.3.2020), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKFCO 29.3.2020a).
Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). 2017 kam es zu fünf Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 18.3.2020; vgl. SATP 2.4.2020). 2019 gab es mehrere Angriffe gegen Polizei und Sicherheitskräfte in Dhaka und in der Stadt Khulna. Am 29.2.2020 erfolgte ein Anschlag auf die Polizei in Chittagong, bei welchem auch improvisierten Sprengkörper (IEDs) eingesetzt worden sind. Einige Operationen gegen mutmaßliche Militante haben ebenfalls zu Todesfallen geführt (UKFCO 29.3.2020b). Extremistische Gruppen fuhren Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 11.3.2020; AA 21.6.2020). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. Sicherheitsbehörden reagieren manchmal nicht zeitnah auf religiös motivierte Vorfalle (AA 21.6.2020).
In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (AA 22.3.2020; vgl. UKFCO 29.3.2020a, AI 30.1.2020). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox’s Bazar der Gebietsverwaltung Chittagong hat es zuletzt unter anderem in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Protestkundgebungen sowie Gewalttätigkeiten und Unruhen sowohl in der örtlichen Bevölkerung als auch unter den Bewohnern der Lager, nachdem ein lokaler politischer Führer ermordet worden ist (HRW 18.9.2019; vgl. AA 5.11.2019, TDS 24.8.2019).
Im März 2019 wurden bei den Kommunalwahlen im Gebiet Baghicahhari im Norden des Distrikts Rangamati mehrere Wahl- und Sicherheitsbeamte getötet (UKFCO 29.3.2020a).
An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKFCO 29.3.2020a).
Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 907 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt. Im Jahr 2017 wurden 812 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2018 kamen 940 Menschen durch Terrorakte ums Leben. 2019 belief sich die Opferzahl terrorismus- relevanter Gewalt landesweit auf insgesamt 621 Tote. Bis zum 5.3.2020 wurden 81 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 17.3.2020).
Das South Asia Terrorism Portal (SATP) verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2017 insgesamt 263 Vorfalle terrorismusrelevanter Gewalt im Land. Im Jahr 2018 waren es 135 solcher Vorfälle und 2019 wurden 104 Vorfalle registriert. Bis zum 15.8.2020 wurden im Jahr 2020 58 Vorfalle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 17.8.2020).
Quellen:
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