TE Bvwg Beschluss 2021/3/9 W119 2168406-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W119 2168406-2/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA: Kirgisistan, vertreten durch Baasanjav Bayanjav (MAS), Österreich-Eurasien Gesellschaft „Kulturbrücke“, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17. 2. 2021, Zl IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 1135587806/210050652, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 BVG nicht zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 13. 1. 2021 ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich der am selben Tag erfolgten Erstbefragung nach dem AsylG gab die Beschwerdeführerin an, dass ihr bisher angegebener Fluchtgrund, wonach sie Schande über ihren Verlobten und seine Familie gebracht habe, aufrecht bleibe.

Am 2. 2. 2021 wurde die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) einvernommen und gab an, dass jener Mann, den sie heiraten hätte sollen, ihre Mutter kontaktiert habe. Ihr Großvater habe sie nämlich diesem Mann versprochen. Im Dezember 2016 hätte die Hochzeit stattfinden sollen, ihre Mutter habe sie jedoch nach Österreich geschickt. Nunmehr solle ihre Mutter 50 000,- Euro Schadenzahlung an seine Familie leisten. Ihre Mutter würde niemals diese Summe aufbringen könne, weshalb sie nicht nach Kirgistan zurückkehren könne. Zudem beherrsche sie wegen ihres vierjährigen Aufenthaltes in Österreich die deutsche Sprache im ausreichenden Ausmaß.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17. 2. 2021, Zl IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 1135587806/210050652, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) jeweils gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach Kirgisistan zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Es wurde gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII).

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom 1. 3. 2021 wurde erneut auf das Verfolgungsrisiko der Beschwerdeführerin hingewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß
§ 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht

sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen gilt. § 38 VwGG gilt.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich hiebei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es – im Sinne einer Grobprüfung – von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der Beschwerdeführerin als „vertretbare Behauptungen“ zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 17 Abs. 1 BFA-VG nicht getroffen werden. Die Beschwerdeführerin brachte anlässlich ihrer nunmehr zweiten Asylantragstellung vor, dass ihre Mutter wegen ihrer Weigerung, den für sie bestimmten Mann zu ehelichen, eine Schadenszahlung leisten müsse. Überdies halte sie sich bereits mehr als vier Jahre in Österreich auf.

Unter Zugrundelegung obiger Ausführungen macht die Beschwerdeführerin ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen (Art. 3 und 8 EMRK) geltend.

Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens muss – entgegen der Ansicht des Bundesamtes - prima facie davon ausgegangen werden, dass für die Beschwerdeführerin das Risiko der Verletzung von Art 3 und 8 EMRK besteht und es sich somit um "vertretbare Behauptungen" handelt.

Daher war der Beschwerde gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W119.2168406.2.00

Im RIS seit

18.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten