TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/10 W171 2240163-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.03.2021
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Entscheidungsdatum

10.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W171 2240163-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- u. Unterstützungsleistungen (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2021, Zl: XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) ist indischer Staatsangehöriger, seine Identität steht nicht fest. Er reiste am 20.12.2018 illegal ins Bundesgebiet ein.

1.2. Er stellte am 20.12.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (infolge auch BFA oder Behörde genannt) mit Bescheid vom 08.03.2019 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 20.12.2018 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

1.3. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaters vom 03.04.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein. Mit Erkenntnis des BVwG vom 02.06.2020 wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 sowie §§ 46, 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen und lediglich der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides insoweit stattgegeben, als die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 2 und 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, 91 Tage beträgt. Die Rückkehrentscheidung erwuchs mit 08.06.2020 in Rechtskraft.

1.4. Im Rahmen einer kurzfristigen Anhaltung am 06.02.2021 wurde er über das MeldG dahingehend belehrt, dass er sich an der von ihm genannten Adresse in 1160 Wien binnen 3 Tagen behördlich anzumelden habe.

Am 15.02.2021 wurde der BF von Beamten der LPD neuerlich aufgegriffen und kontrolliert. Es wurde ein rechtswidriger Aufenthalt festgestellt und der BF wurde festgenommen, da er seiner Ausreiseverpflichtung bzw. seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen und unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben sei. Er wurde in ein PAZ überstellt.

Die Formblätter zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurden vom BF ausgefüllt und ein Heimreisezertifikat beantragt.

1.5. Im Rahmen einer am 16.02.2021 durchgeführten Einvernahme führte der BF im Wesentlichen aus, er sei gesund, habe sich anmelden wollen, jedoch keinen Ausweis hiefür gehabt. Er habe zuletzt an einer Adresse in 1160 Wien übernachtet, habe für diese Wohnung jedoch keinen eigenen Schlüssel. Er sei bisher nicht bei der Botschaft gewesen um sich Dokumente ausstellen zu lassen und werde von einem Freund mit Essen unterstützt. Familienangehörige habe er in Österreich nicht und habe er die letzten 3-4 Tage an einer Adresse in 1100 Wien gewohnt. Den Schlüssel für diese Wohnung habe er im Auto eines Freundes vergessen. Es sei ihm gleichgültig, wenn er abgeschoben werde. Von sich aus werde er Österreich jedoch nicht verlassen.

1.6. Im Anschluss an seine Einvernahme wurde über den BF am 16.02.2021 mit Mandatsbescheid gem. § 76 Abs. 2 Z.2 FPG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Der Bescheid wurde dem BF persönlich übergeben. Danach habe er durch sein Vorverhalten die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Zi. 1, 3 und 9 FPG erfüllt und es sei daher von Fluchtgefahr auszugehen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit habe ergeben, dass das private Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des BF dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat. Ein gelinderes Mittel sei nach Ansicht der Behörde nicht als ausreichende Sicherung anzusehen, um von einer gesicherten Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat ausgehen zu können. Die gegenständliche Schubhaft sei daher notwendig und rechtmäßig.

1.7. Aufgrund der pandemiebedingten Situation konnte der BF bisher der indischen Botschaft zur Identitätsfeststellung und zu Ausstellung eines Heimreisezertifikates noch nicht vorgeführt werden.

1.8. Gegen den Mandatsbescheid, die Schubhaftnahme und die Anhaltung in Schubhaft erhob die Rechtsvertretung des BF mit Schriftsatz vom 05.03.2021 Beschwerde. Sie beantragte, den Bescheid zu beheben, die bisherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung nicht vorlägen. Weiters wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, in der ein Freund des BF zur Wohnmöglichkeit des BF befragt werden solle sowie die Einvernahme des BF selbst beantragt. Ergänzend wurde ausgeführt, dass im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des bisherigen Verhaltens des BF dennoch nicht von Fluchtgefahr ausgegangen werden könne. Darüber hinaus bestehe eine Wohnmöglichkeit durch einen namentlich genannten Freund. Schließlich sei die Verhängung eines gelinderen Mittels im konkreten Falle als ausreichend anzusehen und die Verweigerung dieses im Bescheid nicht hinreichend begründet worden. Der BF sei in den Einvernahmen kooperativ gewesen und werde an der Außerlandesbringung mitwirken. Schließlich sei der BF auch durch eine laufende Substitutionsbehandlung durch die Haft stärker betroffen. Beantragt wurde die Einvernahme des BF und des Unterkunftgebers im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, sowie die Einholung eines medizinischen Gutachtens.

1.9. Die Behörde legte dem Gericht den Schubhaftakt am 05.03.2021 vor und erstattete eine Stellungnahme unter Beantragung der Abweisung der Beschwerde sowie des Kostenersatzes für die Aufwendungen. Dabei wurde im Wesentlichen (gekürzt) wie nachstehend ausgeführt:

„Gegen den BF besteht seit dem 08.06.2020 eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung in 2. Instanz aus seinem negativ abgeschlossenem Asylverfahren. Zudem ist gegen den BF eine Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot aufgrund Mittellosigkeit erlassen worden.

Am 06.02.2021 wurde der BF unmittelbar nach einer niederschriftlichen Einvernahme zur Erlangung eines Heimreisezertifikates aus der Anhaltung entlassen, mit dem behördlichen Auftrag, sich binnen drei Tagen an der von ihm selbst angegebenen Adresse in 1160 Wien anzumelden.

Diesem behördlichen Auftrag kam der BF bis zu seiner Festnahme am 15.02.2021 jedoch nicht nach.

Der BF konnte erst zufällig im Zuge einer Schwerpunktaktion der LPD angehalten werden.

Im Zuge eines bestehenden Festnahmeauftrages wurde der BF ins PAZ verbracht und zwecks Prüfung etwaiger Sicherungsmaßnahmen vom BFA niederschriftlich einvernommen.

Seiner Ausreiseverpflichtung war der BF bis dato nicht nachgekommen und er verblieb weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet.

Aufgrund der Missachtung der Ausreiseverpflichtung und seiner Angaben in den einzelnen Einvernahmen wurde über den BF am 16.02.2021 die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Der Schubhaftbeschwerde muss entgegengehalten werden, dass im Schubbescheid die Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Entscheidung und die Nichtanwendung des gelinderen Mittels entsprechend begründet wurden.

Der BF verfügt trotz gegenteiliger Aussagen immer noch keine Meldeadresse, es besteht somit keine behördliche Möglichkeit, den BF kurzfristig zu einem Interview in die indische Botschaft zu laden.

Seinen Lebensunterhalt wird ausschließlich durch die finanzielle Unterstützung von unterschiedlichen nicht näher genannten Freunden bestritten. Somit besteht auch langfristig die Gefahr, sich den Lebensunterhalt in Zukunft aus nicht legalen Quellen zu finanzieren.

Der BF mag zwar durch das Ausfüllen der Formulare zur Erlangung eines Heimreisezertifikates teilweise mitgewirkt zu haben, von sich aus hat der BF weder die indische Botschaft aufgesucht noch sich bemüht, Personaldokumente im Original dem BFA vorzulegen. Anzumerken ist, dass der BF über ein ungarisches Touristenvisum mit einem gültigen Reisepass (bis 09.10.2022) in den EU Raum eingereist war.

Der BF wurde niederschriftlich mehrmals einvernommen. In sämtlichen niederschriftlichen Einvernahmen wurden vom BF verschiedene Wohnadressen genannt, an denen er schlussendlich nicht behördlich gemeldet war oder angetroffen hätte werden können. Auch ein Freund, der dem BF Zutritt zur besagten Wohnung in 1160 Wien aufgrund fehlenden Wohnungsschlüssels ermöglichen sollte, teilte dem BFA telefonisch mit, dort selber nicht gemeldet und aufhältig zu sein.

Zusätzlich ergab eine ZMR Auszug, dass der BF nur bis 07.02.2020 in 1160 Wien behördlich gemeldet war, eine Obdachlosenmeldung in 1100 Wien endete mit 07.12.2020.

All diese widersprüchlichen Angaben des BF zu den unterschiedlichen Wohnadressen, führen mit dem aktuellen ZMR Auszug dazu, dass ein gelinderes Mittel zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Betracht kommt.

Die nunmehrigen Behauptungen, dass ein Wohnsitz bei einem Bekannten in XXXX [gemeint wohl: XXXX ] vorliegen würde,

werde von der Behörde als unglaubwürdig gewertet und als eine nicht beständige Wohnmöglichkeit angesehen, an der der BF tatsächlich dauerhaft wohnhaft ist und amtliche Schriftstücke zuverlässig von ihm entgegengenommen werden können.

In sämtlichen Einvernahmen hat der BF nämlich keine Angaben zu einer weiteren Wohnmöglichkeit in XXXX [ XXXX ] gemacht.

Offensichtlich soll diese Vorgangsweise dazu dienen, dass der BF aus der Schubhaft entlassen wird, um sich so einer Vorführung zur indischen Botschaft entziehen zu können. Es kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund des ungarischen Visums und der Kopie des Reisepasses die indische Botschaft den BF als indischen Staatsbürger identifizieren wird, und das BFA zeitnah zu einem Heimreisezertifikat gelangt.

Dieser Umstand ist dem BF sicherlich bekannt, daher auch sein Bestreben aus der Schubhaft so schnell wie möglich entlassen zu werden, auch durch Hungerstreik, wenn notwendig, um im Bundesgebiet wieder untertauchen zu können.

Dem BFA ist bewusst, dass bei der Verhängung von Schubhaft das Kriterium der Verhältnismäßigkeit zur Anwendung kommen soll und muss. Die Verhältnismäßigkeit ist aber hier zumindest bis zur Vorführung des BF zu einem Interview in der indischen Botschaft zwecks Identifizierung gegeben. Anschließend wäre die mögliche Anwendung eines gelinderen Mittels neuerlich zu prüfen.

Was sein Gesundheitszustand betrifft, so besteht bis dato keine Haftunfähigkeit. Auch ist im PAZ von einer medizinischen Versorgung auszugehen. Der BF hat trotz seiner behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigung keinerlei Angaben dazu getätigt, noch entsprechende Unterlagen vorgelegt. Umso mehr hat der BF durch Hungerstreik vom 17.02.2021- 22.02.2021 seine Gesundheit selbst gefährdet, um sich aus der Schubhaft frei zu pressen.

Abschließend muss festgehalten werden, dass ohne die Einleitung von Zwangsmaßnahmen die Gefahr bestand, dass der BF wiederum im Verborgenen den illegalen Aufenthalt fortsetzt, um einem Interview zwecks Identifizierung in der indischen Botschaft zu entgehen.

Der Sicherungsbedarf war somit gegeben.“

2.0. Auf gerichtlichen Auftrag hin wurde ein amtsärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand des BF und seine weitere Haftfähigkeit eingeholt. Mit Befund und Gutachten des Amtsarztes des PAZ vom 09.03.2021 wurde festgehalten, dass sich der BF aktuell in einer Substitutionsbehandlung befindet und er durch die Haftsituation nicht über das gemein hin übliche Ausmaß belastet ist. Er leide an einer Anpassungsstörung und befinde sich seit acht Tagen im Hungerstreik. Er gab an, den Hungerstreik nur abzuhalten, da er aus dem Anhaltezentrum entlassen werden wolle. Er leide an einer Anpassungsstörung, erhalte diesbezüglich Medikamente und werde laufend psychiatrisch und psychologisch betreut. Zum Untersuchungszeitpunkt befand sich der BF in einem guten psychischen und physischen Zustand und war aus medizinischer Sicht haft- und verhandlungsfähig.

2.1. Darüber hinaus wurde durch das Gericht ermittelt, dass seitens der Hausverwaltung der Wohnung des Unterkunftgebers keine Bedenken gegen eine Wohnsitznahme des BF an der angegebenen Adresse bestehen würden (AV vom 08.03.2021).

2.2. Mit Beschwerdeergänzung vom 09.03.2021 wurde unter Hinweis auf eine parlamentarische Anfragebeantwortung vom 08.09.2020 vorgebrachte, dass gegenwärtig in der heutigen Zeit nicht mit einer Abschiebung des BF innerhalb der Höchstschubhaftdauer nach Indien zu rechnen sei. Es seien zwar Flugverbindungen nach Indien vorhanden, die indische Vertretungsbehörde habe jedoch zuletzt auf drei Anfragen bezüglich eines Interviewtermins nicht reagiert. Ergänzend beantragt wurde hiezu die Einvernahme eines informierten Vertreters des BFA.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und ist indischer Staatsangehöriger. Er ist Fremder i.S.d. Diktion des FPG.

1.2. Er stellte am 20.12.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bisher hat der BF keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten und wurde eine durchsetzbare Rückkehrentscheidungen gegen ihn erlassen.

1.3. Der BF leidet an einer Suchterkrankung und befindet sich in einer Substitutionstherapie. Trotz der Erkrankung geht die durch die laufende Haft verursachte psychische Belastung nicht über das übliche Ausmaß hinaus. Die Identität ist durch die Botschaft noch nicht geklärt worden.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Seit dem 08.06.2020 besteht gegen den BF eine (durchsetzbare) Rückkehrentscheidung.

2.2. Ein Heimreisezertifikat für den BF liegt noch nicht vor. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und eine Identifikation des BF ist sehr wahrscheinlich, da eine Kopie seines Reisepasses vorliegt.

2.3. Der BF ist haftfähig.

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Der BF ist nach Eintritt der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung untergetaucht und war während des weiteren Verfahrens für die Behörde nicht greifbar. Er konnte nur durch Zufall aufgegriffen werden und wurde angewiesen, sich an seiner Unterkunft polizeilich anzumelden, was er jedoch weiterhin nicht tat.

3.2. Er ist nicht vertrauenswürdig.

3.3. Er ist nicht rückreisewillig und nicht kooperativ.

3.4. Er hatte seit 08.12.2020 in Österreich keine Meldeadresse mehr und war unsteten Aufenthalts.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. In Österreich bestehen keine familiären und sonstigen nennenswerten sozialen Beziehungen.

4.2. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig, nicht im Besitz von wesentlichen Barmitteln und weist keine besonderen Integrationsmerkmale auf.

4.3. Er verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

4.4. Der BF hatte seit 08.12.2020 keinen gesicherten Wohnsitz, könnte jedoch nunmehr bei einem namentlich genannten Freund wohnen.

Zur Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung:

5.1. Derzeit finden keine Interviews mit Schubhäftlingen in der indischen Botschaft statt, die Ausstellung von Heimreisezertifikaten ist jedoch möglich. Es bestehen momentan aufrechte Flugverbindungen nach Indien, Indien akzeptiert jedoch im Moment keine Charterrückführungen. Einzelrückführungen wären aber möglich.

5.2. In vorliegenden Fall gilt eine höchstzulässige Anhaltedauer des BF in Schubhaft von bis zu 18 Monaten.

5.3. Der BF befindet sich seit 16.02.2021, sohin seit ca. 3 Wochen in Schubhaft.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.3.):

Der Verfahrensgang sowie die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem gerichtlichen Vorakt sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes (1.1.). Die Feststellung zu 1.2. hinsichtlich des Asylverfahrens und des Bestehens einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung ergibt sich aus dem Akteninhalt und wurde dies auch in der Beschwerde nicht thematisiert bzw. bestritten. Der BF hat bisher keinen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten, ist aber dennoch illegal in Österreich verblieben.

Die Suchterkrankung wurde in der Beschwerdeschrift vorgebracht und durch das amtsärztliche Gutachten vom 09.03.2021 bestätigt. Darüber hinaus sind mit Ausnahme einer häufig diagnostizierten Anpassungsstörung, keine weiteren wesentlichen Erkrankungen oder Hafteinschränkungen des BF aktenmäßig erfasst oder ärztlicherseits festgestellt worden (1.3.) und hat der BF auch selbst angegeben, gesund zu sein (EV vom 16.02.2021). Das Gericht konnte daher davon ausgehen, dass der BF auch weiterhin haftfähig ist. Aus der Stellungnahme des BFA vom 08.03.2021 ergibt sich glaubhaft, dass der BF bisher pandemiebedingt der indischen Botschaft noch nicht vorgeführt werden konnte. Von einer Identifizierung des BF kann jedoch ausgegangen werden.

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.3.):

Die Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und wurde seitens des Beschwerdeführers nicht in Zweifel gezogen. Die behördliche Rückkehrentscheidung wurde schließlich durch Abweisung der Beschwerde seitens des BVwG mit Erkenntnis vom 02.06.2020 rechtskräftig und danach durchsetzbar (2.1.).

Die Feststellung zu 2.2. begründet sich darauf, dass nach dem Verwaltungsakt bisher noch keine Vorführung des BF vor die indische Botschaft stattgefunden hat und daher das Heimreisezertifikatsverfahren noch nicht abgeschlossen werden konnte. Dadurch, dass für den BF eine Kopie des Reisepasses vorliegt, geht die Behörde zulässigerweise davon aus, dass eine Ausstellung des Heimreisezertifikates sehr wahrscheinlich erfolgen wird.

Die Feststellung zur Haftfähigkeit (2.3.) ergibt sich aus den Angaben im Akt, insbesondere aus dem aktuellen amtsärztlichen Gutachten vom 09.03.2021 und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor. Es war daher von einer bestehenden Haftfähigkeit auszugehen.

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.4.):

Das Vorliegen einer durchsetzbaren und aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich bereits aus dem Akteninhalt und wird auf die vorstehende Erörterung verwiesen. Der BF ist demnach seit 08.12.2020 an keiner Adresse mehr gemeldet gewesen (siehe ZMR) und war daher für die Polizei nicht greifbar (untergetaucht). In weiterer Folge wurde der BF am 06.02.2021 zufällig aufgegriffen und von der Polizei angewiesen, sich an der von ihm genannten Adresse behördlich anzumelden, was dieser jedoch nicht tat. Er ergriff auch keine anderen Bemühungen, für die Behörde erreichbar zu bleiben, sondern tauchte erneut unter (3.1.). Ebenso lässt sich dem Behördenakt entnehmen, dass sich der BF nach Erlassung der verfahrensbeendenden Entscheidung des BVwG vom 02.06.2020 sodann mit 08.12.2020 abgemeldete und für die Behörde nicht mehr greifbar war. Er selbst gab in den beiden Einvernahmen widersprüchliche Angaben über seinen Verbleib zu Protokoll, weshalb die Behörde im Schubhaftverfahren zu Recht von einem unsteten Aufenthalt ausgehen durfte. Der BF hat die polizeiliche Anordnung vom 06.02.2021, dass er sich umgehend an einer Adresse anmelden müsse, problemlos missachtet und sich auch sonst nicht darum gekümmert, für die Behörde greifbar zu bleiben. Er kann daher nach Ansicht des Gerichtes für sich keine Vertrauenswürdigkeit in Anspruch nehmen. Die bisherige Verhaltensweise des BF war daher nicht in der Lage, ihn als vertrauenswürdige Person zu qualifizieren (3.2.). Die fehlende Rückreisewilligkeit lässt sich aus dem Gesamtverhalten des BF klar erkennen und auch daraus, dass der BF auch bisher der Behörde gegenüber keinerlei Schritte unternommen hatte, die auf eine gewollte Ausreise schließen lassen würden. So hat der BF der Behörde gegenüber bisher die freiwillige Ausreise abgelehnt (EV vom 16.02.2021) und sich auch insofern unkooperativ verhalten, als er keine eigenen Anstrengungen zur Ausreise unternommen hat. Darüberhinaus hielt der BF bereits zwei Hungerstreiks während laufender Schubhaft ab (der zweite Hungerstreik ist aktuell noch nicht beendet) und hat er daher nach Ansicht des Gerichts seine anfangs gezeigte beginnende Kooperativität durch das Ausfüllen der Ausreisepapiere nun in Schubhaft befindlich wieder komplett eingestellt. Der BF kann daher im Ergebnis weder als rückkehrwillig, noch als kooperativ angesehen werden (3.3.). Für den BF bestand laut ZMR seit dem 08.12.2020 keine Meldeadresse mehr. Er gab selbst in der Einvernahme vom 16.02.2021 mehrere Adressen als Unterkunft an, an denen er übernachtet haben wollte. Es war daher ausgehend von den behördlichen Feststellungen von unstetem Aufenthalt des BF auszugehen (3.4.).

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):

Aufgrund der Aktenlage (behördlicher und gerichtlicher Schubhaftakt, sowie aus dem Asylakt) ergibt sich, dass der BF über keinerlei familiäre oder anderweitige wesentliche soziale Kontakte in Österreich verfügt (4.1.). Er hat auch keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung (€ 0,-- per 05.03.2021) und war nicht legal erwerbstätig. Ein diesbezüglich konträres Vorbringen enthält die Beschwerde nicht. Er ist daher in keiner Weise selbsterhaltungsfähig (4.2.).

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurde nunmehr eine Wohnmöglichkeit bei einem Freund bescheinigt. Da die Ermittlungen des Gerichts die Zulässigkeit der Wohnsitznahme des BF an der angegebenen Adresse ergeben haben, war von der Glaubwürdigkeit des Vorbringens hinsichtlich der Wohnmöglichkeit für den BF auszugehen.

2.5. Zur Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (5.1.-5.3.):

Die Feststellung zu 5.1. basiert auf den dem Gericht vorliegenden wöchentlich aktualisierten Länderinformationsblätter des BFA zur Rückführung von illegal Aufhältigen im Zusammenhang mit CoVid-19 vom 08.03.2021, die als gerichtsnotorisch anzusehen sind. Die Informationsblätter werden wöchentlich aktualisiert und sind als gerichtsbekannt anzusehen und bilden diese einen integrierenden Bestandteil des gegenständlichen Aktes.

Gemäß § 80 Abs. 4 beträgt die höchstzulässige Schubhaftanhaltedauer für den BF im gegenständlichen Fall bis zu 18 Monat (5.2.), da die Feststellung seiner Identität zur Erlangung eines Heimreisezertifikates aktuell nicht möglich ist bzw. sich der BF dem Verfahren zur Abschiebung sich bereits einmal entzogen hat.

Die Feststellung der bisherigen Dauer der Anhaltung in Schubhaft ergibt sich aus der Anhaltedatei (5.3.).
2.6. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.1.3. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht Sicherungsbedarf für gegeben an, da von Fluchtgefahr (neuerliches Untertauchen des BF) ausgegangen werden muss. Der BF ist nicht rechtmäßig im Inland aufhältig und gegen ihn besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Er hat in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, jedoch keinen dauerhaften Aufenthaltstitel erhalten. Die Behörde konnte den BF nach der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung seit 08. Dezember 2020 nicht auffinden, da dieser untergetaucht war. Im Rahmen eines Zufallsaufgriffes wurde dem BF am 06.02.2021 aufgetragen, sich polizeilich anzumelden bzw. für die Behörden greifbar zu bleiben. Diesem Auftrag ist der BF jedoch nicht nachgekommen und abermals untergetaucht. Er lebte seit 08.12.2020 ohne behördliche Meldung und war nach eigenen Angaben (er nannte unterschiedliche Adressen seines Aufenthalts) unsteten Aufenthalts. Er übernachtete bei Freunden und war für die Behörde nicht greifbar. Er hat sich selbst bisher in keiner Weise bemüht, seine Ausreise vorzubereiten. Darüber hinaus gab er in der Einvernahme vom 16.02.2021 selbst an, nicht freiwillig ausreisen zu wollen. Er füllte zwar die Papiere zur Erlangung eines Heimreisezertifikates aus, stellt allerding danach jegliche weitere Kooperation ein und trat in Hungerstreik, um seine Entlassung zu erzwingen. Seine bisherige Verhaltensweise trug auch nicht zur Vertrauenswürdigkeit seiner Person bei, da der BF entgegen der behördlichen Weisung sich nicht an einem Wohnsitz anmeldete und weiter im Verborgenen lebte. Er kann daher nach Ansicht des Gerichtes nicht als kooperativ, ausreisewillig oder auch vertrauenswürdig angesehen werden.

Es ist aus dem Beschwerdeverfahren in keiner Weise hervorgekommen, weshalb der Bf nunmehr kooperativ, ausreisewillig und nicht mehr fluchtgefährdet sein sollte.

Der BF ist nach den Ergebnissen des Verfahrens nicht selbsterhaltungsfähig und nicht wesentlich in Österreich integriert. Er verfügt nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung und hat keine Bewilligung zur legalen Arbeitsaufnahmen. Lediglich einen möglichen gesicherten Wohnsitz konnte der BF nunmehr im Beschwerdeverfahren vorweisen. Weshalb diese Möglichkeit zur angemeldeten Wohnsitznahme sich erst jetzt im Beschwerdeverfahren auftat und nicht schon nach dem 06.02.2021 ergriffen wurde, wurde nicht mitgeteilt. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dennoch nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich der BF tatsächlich an der Adresse des Freundes für eine baldige Abschiebung bereithalten und für die Behörde greifbar sein würde. Wie die Vergangenheit zeigt, zog es der BF vor, unsteten Aufenthalts zu sein und für die Behörde nicht greifbar zu bleiben. Die nunmehr glaubhaft dargelegte Möglichkeit der Unterkunftnahme ist daher aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht ausreichend, um die Beurteilung des Sicherungsbedarfes nur aus diesem Grund zu Gunsten des BF zu verändern. Der BF verfügt nicht über die notwendige soziale Verfestigung, die ihn mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einem neuerlichen Abtauchen in die Anonymität abhalten könnte. Eine derartige Verfestigung hat das Verfahren gerade nicht ergeben und wurde auch nicht glaubhaft gemacht. Darüber hinaus kamen im Zuge des Verfahrens auch keinerlei weitere nennenswerten sozialen Kontakte des BF ans Tageslicht, wiewohl der BF bereits seit Ende 2018 in Österreich aufhältig ist. Der BF befindet sich in einer Substitutionstherapie, ist sonst jedoch gesund und haftfähig.

Das Gericht geht daher in einer Gesamtsicht des Verhaltens unter den oben angeführten und festgestellten Tatbeständen des § 76 Abs. 3 jedenfalls vom Bestehen erheblichen Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Person des BF aus. Die im Bescheid erwähnten Kriterien zur Annahme des Sicherungsbedarfes haben sich im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens als weiterhin zutreffend erwiesen. Das Gericht sieht daher ebenso die Tatbestandsmerkmale der Zif. 1, 3 und 9 als erfüllt an.

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer zwar nunmehr eine Wohnmöglichkeit ins Treffen führen konnte, aber sonst keinerlei nennenswerte familiäre/soziale Kontakte im Inland hat, die im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung bzw. eines Belassen in Freiheit zu beeinflussen ausreichend waren. Der BF hat durch seine Ignoranz seiner Ausreiseverpflichtung gegen geltende Gesetze des Landes verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er hat in Österreich erfolglos einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurden über ihn eine aufenthaltsbeendende Entscheidung getroffen. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BF bekundet. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des BF weit weniger schwer als das öffentliche Interesse einer baldigen gesicherten Außerlandesbringung des BF. Das Gericht geht daher – wie oben angeführt – von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA ein Heimreisezertifikat für den BF zu erlangen, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Dabei sei die manifestierte Unkooperativität des BF herauszuheben, die sich durch mehrfachen Hungerstreik im Verfahren deutlich gezeigt hat.

Aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 09.03.2021 ergab sich, dass der BF aufgrund seiner Sucherkrankung und der laufenden Substitutionstherapie keine über das übliche Ausmaß hinausgehende Unbill durch die laufende Freiheitsentziehung zu erleiden hat.

Es ist daher dem BF nach heutiger Sicht zuzumuten, die Zeit bis zur Entscheidung über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bzw. bis zu seiner Rückführung in Schubhaft zuzubringen.

3.1.5. Zur Effektuierbarkeit der Abschiebung:

3.1.5.1.

Den Ausführungen in der spät im Verfahren eingebrachten Beschwerdeergänzung vom 09.03.2021 dahingehend, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit einer Abschiebung des BF innerhalb der Höchstschubhaftdauer nach Indien gerechnet werden kann, war nicht zu folgen. Zum einen ist nicht klar nachvollziehbar bzw. ausgeführt, warum das gegenständliche Vorbringen nicht bereits im Rahmen der Beschwerde erstattet werden konnte, zumal die bezughabende parlamentarische Anfragebeantwortung vom 08.09.2020 stammt und zum anderen handelt es sich bei dieser Anfragebeantwortung um eine zu Afghanistan für den Zeitraum um den ersten Lockdown (1. Quartal 2020) herum ergangenen Beantwortung. Die von der Rechtsvertretung daraus entnommenen Rückschlüsse sind keineswegs bindend, jedenfalls jedoch nicht ausreichend aktuell um auf den gegenständlichen Beschwerdefall Anwendung finden zu können.

Die dargetane Einschätzung basiert jedoch offenbar auf der Grundannahme, dass Schubhaft nur dann zulässig ist, wenn im Zeitpunkt des Haftbeginns bereits feststeht, dass sämtliche notwendigen Schritte (etwa Interview, Ausstellung eines Heimreisezertifikates, Flugbuchungsmöglichkeit, Bestehen einer Flugverbindung und tatsächliche Abschiebung) auch gesichert durchgeführt werden können. Dem kann jedoch in dieser Form nicht gefolgt werden.

Für den BF wurde rechtzeitig ein Heimreisezertifikat beantragt. Durch das Untertauchen und die aktuellen pandemiebedingten Einschränkungen war es bisher nicht möglich den BF der indischen Botschaft vorzuführen. Aus den dem Gericht vorliegenden aktuellen Informationen ergibt sich zwar, dass zum derzeitigen Zeitpunkt tatsächlich ungewiss ist, wann die nächste Möglichkeit eines Interviews für den BF bestehen wird, alle weiteren notwendigen Elemente für eine erfolgreiche Abschiebung wie etwa die prinzipielle Bereitschaft zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die Botschaft, das Bestehen einer Flugverbindung mit einhergehender Buchungsmöglichkeit und auch die Möglichkeit einer Einzelabschiebung, falls ein Charter weiterhin nicht akzeptiert werden sollte, sind jedoch bereits aktuell gegeben. Es ist daher nicht so, dass im Rahmen einer gerichtlich vorzunehmenden Prognose im vorliegenden Fall klar von einer Aussichtslosigkeit einer Abschiebung innerhalb der Höchstfrist von 18 Monaten auszugehen ist, nur weil derzeit im Rahmen der pandemisch bedingten Unsicherheiten die indische Botschaft nicht näher begründet keine Interviews durchführen will. Wie sich gerade aktuell im Rahmen der Diskussionen zu weiteren Öffnungsschritten eindrucksvoll zeigt, ist im Bezug auf CoVid-19 eine Zukunftsprognose immer nur mit einer gewissen Unsicherheit möglich. So verhält es sich auch mit der Prognose über die Möglichkeit wieder Interviewtermine bei der indischen Botschaft zu erhalten. Es zeichnet sich für das Gericht aufgrund der diesem vorliegenden Informationen und der erkennbaren allgemeinen Bestrebungen zu einer bedingten Normalität zu gelangen jedoch ab, dass eine Botschaftsvorführung innerhalb der kommenden Monate nach derzeitiger Einschätzung möglich sein wird, um die Identität des BF zu bestätigen. Hinzu kommt, dass für den BF eine Kopie des Reisepasses vorliegt. Die Identifizierung des BF und eine Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist daher sehr wahrscheinlich und ist auch zumindest eine Einzelabschiebung des BF nach Indien nach der Identifizierung des BF zeitnah möglich. Das Gericht geht daher in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit der Beendigung der Schubhaft durch Abschiebung des BF innerhalb der gesetzlichen Höchstfrist aus, zumal Aussichtslosigkeit wie offenbar von der Rechtsvertretung unterstellt, gerichtlich nicht festgestellt werden konnte.

Sobald der BF der indischen Botschaft vorgeführt werden kann und seine Staatsangehörigkeit bestätigt wurde, kann, nach Ausstellung des Heimreisezertifikats, der BF mit dem nächstmöglichen Charter bzw. einer Einzelabschiebung, nach Indien abgeschoben werden. Beachtenswerte gesundheitliche Einschränkungen des BF in Hinblick auf eine bestehende Unverhältnismäßigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft hat das Verfahren wie bereits erörtert aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens nicht ergeben. Die laufende Schubhaft ist daher auch aus diesem Gesichtspunkt weiter verhältnismäßig, zumal diese erst etwa drei Wochen andauert.

3.1.5.2. Das Gericht schließt, wie oben bereits ausgeführt nicht aus, dass es aufgrund der derzeitigen Pandemie (CoViD-19) in den kommenden Wochen weiterhin zu Verzögerungen im Abschiebeverfahren des BF kommen könnte. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht jedoch aus aktueller Sicht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand – kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt - mit wenigen Monaten einzustufen. Eine baldige Abschiebung scheint aus derzeitiger Sicht jedenfalls realistisch.

3.1.6. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt „Sicherungsbedarf“ erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland verbleiben kann, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde. Auch hat die Vergangenheit bereits gezeigt, dass der BF nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es besteht daher für das Gericht kein Grund davon auszugehen, dass ein gelinderes Mittel derzeit eine ausreichende Sicherung der Abschiebung des BF bedeuten würde. Er konnte im gerichtlichen Verfahren zwar einen möglichen Wohnsitz vorweisen. Dies reicht jedoch nicht hin annehmen zu können, dass er nicht wieder untertauchen, oder aber seine Worte in die Tat umsetzen und nach Italien weiterreisen würde. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.1.7. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als „ultima ratio“ und wird die Schubhaft auch bis zur erfolgreichen Abschiebung vorerst weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der „ultima ratio“ im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.8. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßig verhängten Schubhaft.

3.1.9. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens im Wesentlichen als hinreichend geklärt angesehen werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten (Behördenakt und gerichtlicher Vorakt) abschließend ermittelt und beurteilt werden. Lediglich geringfügige Recherchen wurden durch das Gericht ergänzend durchgeführt. Gründe für die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung lagen daher nicht vor. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist. Eine Einvernahme des BF zur Abklärung einer behaupteten Kooperationsbereitschaft bedurfte es schon aufgrund der bisherigen Verhaltensweise des BF nicht, da auch in diesem Verfahren keine Gründe behauptet worden, oder hervorgekommen sind, weshalb der BF seine bisherige Vorgehensweise des Untertauchens gerade jetzt ändern und für die Behörde nun greifbar bleiben sollte. Überdies befindet sich der BF aktuell in einem Hungerstreik und hat dies nach Ansicht durchaus Signalwirkung in der Weise, dass der BF noch immer nicht gewillt ist, sich an die ihm vorgegebenen Regeln zu halten. Eine Vernehmung des Unterkunftgebers als Zeuge konnte unterbleiben, da sich die Wohnmöglichkeit in dessen Wohnung ohnehin bereits aus den Recherchen des Gerichts ergab. Die nachträglich beantragte Zeugeneinvernahme eines informierten Vertreters des BFA zur Ermittlung der aktuellen Situation der Rückkehrmöglichkeit konnte unterbleiben, da das Gericht ohnehin über umfangreiche und detaillierte Informationsunterlagen zur abschieberelevanten Situation verfügt und im Verfahren nicht hervorgekommen oder fundiert behauptet wurde, dass es sich im Abschiebeverfahren des BF um ein spezielles, außer der Norm befindliches Abschiebeverfahren handeln würde.

Zu Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt III. Kostenbegehren:

Die Behörde begehrte den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da diese vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt B. – Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Identität Kostenersatz Meldepflicht Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Suchterkrankung Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W171.2240163.1.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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