Entscheidungsdatum
10.03.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W124 2165385-2/4E
im namen der republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Elfenbeinküste, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass es in seinem Land eine Art Bürgerkrieg gebe und da er nicht im Krieg getötet werden wolle, sei er geflohen. Des Weiteren habe er einen Streit mit dem Präsidenten gehabt und seien zwei Brüder des BF getötet worden.
1.2. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am XXXX gab der BF an, Soldat gewesen zu sein und für den Präsidenten gearbeitet zu haben. In weiterer Folge führte er – auf das Wesentliche zusammengefasst – an, dass es wegen eines Staatsstreiches zum Bürgerkrieg gekommen sei und der BF aufgrund seiner Tätigkeit als Soldat körperlich bedroht worden sei, woraufhin er in einen Regenwasserkanal geflüchtet und in Ohnmacht gefallen sei. Die Leute, die hinter ihm her gewesen seien, hätten geglaubt, der BF sei tot. Der ältere Bruder und die Schwester des BF seien von diesen Leuten getötet und sei auch das Haus seiner Familie angezündet worden.
1.3. Mit Bescheid vom XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Elfenbeinküste (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Elfenbeinküste zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
1.4. Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom XXXX (bei der belangten Behörde eingelangt am selben Tag) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften.
1.5. Am XXXX wurde gegen den BF ein Betretungsverbot der Wohnung von XXXX verhängt. In der Folge blieb das Betretungsverbot gegen diesen aufrecht. Rechtlich wurde dazu ausgeführt, dass gemäß § 38a Abs. 1 und 2 SPG u.a. gegen eine bestimmte Person ein Betretungsverbot ausgesprochen werden kann, wenn insbesondere auf Grund eines unmittelbar vorausgegangenen gefährlichen Angriffes weitere gefährliche Angriffe auf Leben, Gesundheit oder Freiheit gegen die gefährdete Person zu befürchten sind. Auf Grund des offenkundigen Aggressionspotentials des Gefährders sei das Betretungsverbot von der Sicherheitsbehörde gemäß § 38a Abs. 6 SPG zum Schutze der gefährdeten Person zu bestätigen gewesen.
1.6. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , wegen § 125 StGB und § 83 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Als mildernd wertete das Gericht das Teilgeständnis und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des BF, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen zweier Vergehen.
1.7. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , wurde der BF wegen §§ 15, 125 StGB sowie wegen § 83 Abs 2 StGB, §§ 15, 105 Abs 1 StGB, § 105 Abs 1 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Weiters wurde die Probezeit des Urteils vom XXXX auf fünf Jahre verlängert.
1.8. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , wurde der BF erneut wegen § 125 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Weiters wurde die Probezeit des Urteils vom XXXX auf fünf Jahre verlängert.
1.9. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, wobei der BF unentschuldigt nicht erschienen ist.
1.10. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX wurde der BF wegen §§ 15, 127 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat rechtskräftig verurteilt und wurde die mit Urteil vom XXXX gewährte Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
1.11. Mit Bescheid vom XXXX , wurde ausgesprochen, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet gem. § 13 Abs. 2 Z 1 und 2 AsylG 2005 ab dem XXXX verloren habe.
1.12. Mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX , wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX als unbegründet abgewiesen.
Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der BF im Zuge seiner Befragung vor dem BFA unplausible und widersprüchliche Angaben gemacht habe, sodass von der Konstruiertheit seines gesamten Fluchtvorbringens auszugehen gewesen sei.
In Widerspruch zu seiner Erstbefragung, wo er angegeben habe, dass zwei seiner Brüder getötet worden seien, habe der BF vor der belangten Behörde angegeben, sein älterer Bruder und seine ältere Schwester seien getötet worden. Hinzu komme, dass der BF unplausible Angaben gemacht habe, die nicht mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang gebracht werden hätten können; so etwa, wenn er von seiner Flucht im Regenwasserkanal erzählt habe und er dort in Ohnmacht und erst am nächsten Tag wieder zu sich gekommen sei.
Weiters entziehe es sich nach Ansicht des erkennenden Gerichtes jeder Logik, wenn der BF angebe, dass er auf Grund seiner Tätigkeit beim Militär bedroht worden sei und seine Geschwister nicht beim Militär gewesen, aber trotzdem getötet worden seien. Es entbehre jeglicher logischen Grundlage, wieso die Geschwister des BF ohne Motiv getötet worden seien.
Auch habe der BF vor der belangten Behörde seinen noch in der Ersteinvernahme erwähnten Streit mit dem Präsidenten nicht mehr erwähnt. Es sei für das BVwG schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses Fluchtvorbringen als widersprüchlich und daher unglaubwürdig eingestuft habe. Dieser Beurteilung trete auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das BVwG kein Grund bestehe, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließe sich das BVwG dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.
Rechtlich wurde ausgeführt, dass eine „begründete Furcht vor Verfolgung“ im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben sei. Dies im Hinblick darauf, dass der BF die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen habe können. Eine sonstige aktuell zu berücksichtigende Verfolgungsgefahr sei vom BF nicht dargelegt worden und würde sich auch nicht aus Umständen ergeben, die von Amts wegen zu berücksichtigen sein würden.
Es würde hinsichtlich des BF kein stichhaltiger Grund dafür anzunehmen sein, dass der BF bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat tatsächlich Gefahr liefe, die Todesstrafe oder Hinrichtung, die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des BF in der Elfenbeinküste und auch nicht eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des BF in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in der Elfenbeinküste erleiden würde. Mangels dementsprechender Angaben des BF würden keine Gründe ersichtlich sein, die auf den Vorwurf einer Straftat, welcher zur Verhängung einer Todesstrafe, der Folter oder Bestrafung des BF im Herkunftsstaat hindeuten könnte, weshalb ein „ernsthafter Schaden“ im Sinne des Art 15 der Statusrichtlinie auszuschließen sei. Ein bewaffneter Konflikt würde in der Elfenbeinküste ebenfalls nicht bestehen. Zwar sei es nicht so, dass in der Elfenbeinküste die Sicherheitslage mit jener in Österreich vergleichbar sei, jedoch würden die nach dem Länderinformationsblatt für die Elfenbeinküste möglichen Gewaltakte nicht so ein hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe dafür bestehen würden, dass der BF bei einer Rückkehr in die Elfenbeinküste alleine durch seine Anwesenheit im Gebiet der Elfenbeinküste tatsächlich in Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Der BF habe nicht glaubhaft machen können, dass er auf Grund seiner persönlichen Situation in der Elfenbeinküste und den hiermit verbundenen Umständen spezifisch von willkürlicher Gewalt in der Elfenbeinküste betroffen wäre. Daher sei auch diese Voraussetzung von subsidiären Schutz nicht erfüllt.
Der BF würde weder einer Bevölkerungsgruppe angehören, die in der Elfenbeinküste allgemein einer besonderen Gefahr ausgesetzt sei, noch würden individuelle Bedrohungen vorliegen, die dazu führen könnten, dass der BF bei seiner Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde.
Voraussetzungen dafür, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG zu erteilen wären, seien weder vorgebracht worden noch hervorgekommen.
Zur Rückkehrentscheidung wurde ausgeführt, dass der seit XXXX andauernde Aufenthalt des BF auf einer vorläufigen nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage beruht habe, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen könne.
Das Gewicht seiner privaten Interessen würde dadurch gemindert sein, dass es in einem Zeitpunkt entstanden sei, indem er sich seines unsicheren Aufenthaltes bewusst gewesen sei. Der BF habe seinen Angaben zufolge in Österreich eine Freundin, doch könne nicht festgestellt werden, dass diese Beziehung alle für eine Lebensgemeinschaft typischen Merkmale aufzeige, zumal er mit dieser nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben würde. Darüber hinaus würde er keine „familienähnlichen“ Beziehungen in Österreich verfügen. Es würde alle Sachverhaltselemente fehlen, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines rund vierjährigen Aufenthaltes entstandener Bindungen allenfalls hätte ergeben können. Gleichzeitig habe der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen sei und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht habe, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte. Den allenfalls bestehenden Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) würden öffentliche Interessen gegenüberstehen. Das geltende Migrationsrecht müsse auch vollzogen werden, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig seien – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz-auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden würden. Im Falle des BF, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen habe, komme hinzu, dass er mit den durch österreichische Strafgerichte rechtskräftig festgestellten Übertretungen gegen das StGB, nämlich durch wiederholt strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen sowie gegen Leib und Leben und gegen die Freiheit, ein Verhalten gesetzt habe, dass keine Achtung der strafrechtlich in Österreich geschützten Werte zeige.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung könne daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht komme. Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG seien erfüllt. Sie sei auch sonst nicht unzulässig. Der BF verfüge über kein Aufenthaltsrecht.
Überdies würden keine Gründe vorliegen, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig sei. Der noch junge BF sei arbeitsfähig und gesund. Er könne sich auf Grund seiner Arbeit als Arbeiter in der Elfenbeinküste auch in Zukunft bei seiner Rückkehr einen zumindest bescheidenen Lebensunterhalt verdienen. Zumindest seine Schwester und sein Sohn würden in der Elfenbeinküste leben und daher der BF auch nicht ohne familiären Rückhalt in der Elfenbeinküste leben müssen. Der BF habe keine exzeptionellen Umstände vorgebracht, die darauf schließen lassen würden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Elfenbeinküste einer Art 3 EMRK widersprechenden Situation ausgesetzt werden könnte, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden könnten. Dass der BF in Österreich allenfalls wirtschaftlich gegenüber einer Situation in der Elfenbeinküste bessergestellt sei, genüge für die Annahme, er würde in der Elfenbeinküste keine Lebensgrundlage vorfinden und seine Existenz nicht decken können, nicht.
Der BF sei somit in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK durch die Abschiebung in die Elfenbeinküste nicht verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden könnten.
1.13. Mit Mandatsbescheid des BFA vom XXXX wurde dem BF gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVM § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft innerhalb einer Frist von drei Tagen an einer namentlich genannten Adresse zu nehmen. Der Bescheid wurde dem BF XXXX persönlich ausgefolgt.
1.14. Mit Mandatsbescheid des BFA vom XXXX wurde gemäß § 77 Abs. 1 und 3 iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG das gelindere Mittel zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der BF habe sich beginnend mit XXXX jeden dritten Tag bei der namentlich genannten Polizeiinspektion jeden dritten Tag um XXXX Uhr zu melden.
1.15. Mit Mandatsbescheid des BFA vom XXXX wurde gegen den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt.
1.16. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen würden.
1. 17. Am XXXX gab der BF in der mit ihm aufgenommenen Niederschrift auf die Frage, ob dieser schon versucht habe ein Reisdokument bei seiner Botschaft zu beantragen an, dass er nicht freiwillig zurückkehren wolle. Wenn Österreich wolle, dass er das Land verlasse, dann solle sich Österreich darum kümmern. Er würde hier wie ein Krimineller behandelt und wisse nicht weshalb. Auf die Frage, weshalb er sich im Gefängnis befinden würde, wurde diesem mitgeteilt, dass er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten würde, straffällig sein würde, keinen Wohnsitz und kein Geld haben würde, um sich selbst zu erhalten. Der BF würde nicht ausreisewillig sein und unter keinen Umstand wieder in sein Heimatland zurückwollen. Der BF gab darauf an nichts gemacht zu haben, wofür er im Gefängnis gewesen sei.
1.18. In den von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des BF wurde sowohl in den Erkenntnissen vom XXXX festgestellt, dass zum jeweiligen Zeitpunkt dieser Entscheidungen die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig sei.
1.19. Am XXXX wurde der BF aus dem Anhaltezentrum XXXX entlassen.
2. Verfahrensgegenständliches Verfahren:
2.1. Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nach und stellte am XXXX den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag, sohin seinen insgesamt zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung Folgendes an:
„Ich halte meine alten Fluchtgründe auf. Mein Leben ist in Gefahr. Ich habe letztes Jahr auch wieder Drohungen erhalten. Wann genau kann ich nicht sagen, ich glaub Juni oder Juli. Ich habe mit einem Freund telefoniert, aber seine Nummer nicht mehr. Er heißt XXXX . Ich damals nicht alleine geflüchtet, sondern mit mehreren Freunden. Einige sind auch zurückgekehrt. Sie wurden auch ermordet z.B. XXXX . Ich habe alle meine Verfolgungs-, und Fluchtgründe genannt und nicht mehr hinzuzufügen.“
2.2. Am XXXX wurde der BF niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Zu den Gründen seiner neuerlichen Asylantragstellung gab er an, dass er sein Heimatland verlassen habe, weil sein Leben bedroht worden sei. Er sei vor dem Tod geflohen. Er selbst sei Soldat und seien sein großer Bruder und seine Schwester getötet worden. Er habe in der Armee gedient. Man habe zuvor zwar versucht ihn zu töten, aber sei es ihnen nicht gelungen. Aus diesem Grunde sei er geflohen. Zu seinen neuen Fluchtgründen befragt, gab dieser an mit Leuten in seinem Heimatland Kontakt gehabt zu haben. Diese hätten ihm gesagt, dass er nicht zurückkommen solle. Die Leute, die den BF bedroht hätten, würden noch immer dort sein. Die Bedrohung würde noch immer real sein.
Auf Vorhalt, weshalb der BF den Antrag auf internationalen Schutz erst jetzt stellen würde, gab dieser an, dass er vergangenes Jahr acht Monate lang in Schubhaft gewesen sei. Von der Schubhaft habe man ihn nach XXXX gebracht. Dann sei er nach XXXX verlegt und wieder nach XXXX gebracht worden. Er könne sich nicht mehr genau erinnern in welchem Zeitraum er in Schubhaft gewesen sei.
Die Frage mit wem genau er telefoniert habe, die ihm gesagt hätten, dass er nicht mehr zurückkommen solle, beantworte dieser damit, dass es sich um seine Freunde gehandelt habe, von denen er die Telefonnummer habe. Die Personen hätten im selben Dorf gelebt. Man hätte sich aus dem Dorf gekannt. Wenn er von Freunden spreche, so meine er damit Bekannte aus demselben Dorf. Auf die Frage, wie die Personen heißen würden, zeigte der BF auf zwei Namen auf dem Display seines Telefons. Er gab an nicht so gut schreiben zu können. Die Frage, ob die Bekannten des BF nach ihm gefragt worden seien bzw. wie diese Personen dazu gekommen seien dem BF zu sagen, dass er nicht zurückkommen solle, gab dieser an, dass die Personen mitbekommen würden, was dort passieren würde. Der BF sei Militärangehöriger und würden diese Bekannten auch wissen, dass seine Schwester und sein Bruder getötet worden seien, als diese es mitbekommen hätten. Die Frage, ob man mittlerweile wisse, wer konkret die Geschwister des BF getötet habe, verneinte dieser. Es hätte sich dabei um bewaffnete Personen gehandelt. Auf die nochmalige Frage, woher die Bekannten des BF wissen würden, dass genau diese Personen in seinem Heimatdorf aufhältig sein würden, gab dieser an, dass er bereits gesagt habe, dass sie im selben Dorf gelebt hätten. Seine Bekannten hätten mit eigenen Augen gesehen, wie seine Geschwister getötet worden seien. Wer konkret seine Geschwister getötet habe, wisse er nicht. Man habe ihm irgendwelche Namen gesagt. Die Leute dort würden aber reden und am Laufenden sein. Seine Bekannten hätten ihm diese Information gegeben. Die Frage, ob seine Bekannte nach ihm gefragt worden seien, beantwortete dieser damit: „Die Leute, die mich bedrohten, sagten, egal, wie lange es dauern würde bis ich zurückkehre, auch wenn es Jahre dauert, sie würden mich trotzdem töten.“ Die Frage, zu wem diese Personen so etwas gesagt hätten, beantwortete dieser damit, dass dies überall gewesen sei, wo man sich getroffen habe. Auf Nachfrage, gab dieser an, dass es im Dorf gesagt worden sei, sodass es für alle Dorfbewohner hörbar gewesen sei.
Auf Vorhalt, woher die Personen wissen sollten, dass der BF noch leben würde, als er im Vorverfahren angegeben habe, dass er bewusstlos im Strassengraben gelegen sei und seine Gegner ihn für tot gehalten hätten, führte dieser aus: „Das ist ganz einfach: Ich lebe ja noch und ich habe auch mit Freunden gesprochen. XXXX verließ ich die Elfenbeinküste und kam in die Türkei. Wir waren zu fünft. Vier von uns sind in die Elfenbeinküste zurückgekehrt und werden als vermisst betrachtet. Aber sie wurden getötet. Ich war nicht die einzige Person, die bedroht wurde, darum habe ich auch Angst, weil man hat diese Leute getötet.“ Dass die anderen vier Personen getötet worden seien, wisse er auf Grund des Kontaktes zu seinen Freunden. Mit eigenen Augen hätte diese es nicht gesehen.
Auf die Frage, weshalb der BF im Vorverfahren nie Angaben über andere Personen gemacht hätte, welche mit ihm geflohen seien und er im Vorverfahren ausgeführt habe, dass ihm ein Mann geholfen hätte, nachdem er im Kanal aufgewacht wäre und ihm einen Reisepass und ein Visum für die Türkei besorgt habe, gab der BF an, dass sein Leben noch in Gefahr gewesen sei, als er noch in der Elfenbeinküste gewesen wäre. Er habe zuvor nicht gewusst, dass das Leben der vier anderen Personen ebenfalls in Gefahr gewesen sei. Die anderen vier Personen hätten aus Rache ermordet werden sollen. Sie seien von denselben Leuten umgebracht worden, die den BF umbringen wollen würden.
Auf Vorhalt, dass der BF am XXXX eine Verfahrensanordnung des BFA gem. § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG übernommen habe, in welcher dem BF mitgeteilt worden sei, dass von Seiten des BFA die Absicht bestehe, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, gab der BF an schon erwähnt zu haben, dass er in der Elfenbeinküste gewesen sei. Die Seite des BF habe den Krieg verloren und die Rebellen hätten gewonnen. Die Rebellen hätten einen Putsch gemacht. Der neue Präsident des Landes habe den alten Präsidenten gestürzt. Nach dem Putsch sei es zu diesen Racheakten gekommen. Von da an habe der BF das Problem gehabt, dass sein Leben wirklich und ernsthaft in Gefahr gewesen sei.
2.3. In der Niederschrift vom XXXX gab der BF auf Vorhalt, dass dem BFA ein Sprachdiplom vorliegen würde, aus dem sich ergeben würde, dass der BF auch in Mali sozialisiert worden sei, gab dieser an, dass sein Vater aus Mali stammen würde. Auf Nachfrage führte der BF aus, dass er noch nie in Mali gelebt habe. Er habe aber mit seinem Vater während seines ganzen Lebens in der Elfenbeinküste zusammengelebt. Im Jahr XXXX sei sein Vater verstorben. Die Staatsbürgerschaft Elfenbeinküste sei seine einzige.
Seit seiner letzten Einvernahme habe sich hinsichtlich seiner persönlichen Umstände nichts geändert. Er würde gerne haben, dass ihm Österreich helfe und er in Österreich bleiben könne.
2.4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom XXXX hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Elfenbeinküste zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde dem BF keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Zudem wurde gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).
Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der BF sich nach wie vor auf Rückkehrhindernisse beziehen würde, welche bereits in seinem Vorverfahren zur Sprache gebracht worden seien. Bekannte seines Dorfes hätten ihn angerufen und mitgeteilt, dass die Personen, welche den BF vor seiner Ausreise aus der Elfenbeinküste umbringen hätten wollen, immer noch im Dorf nach dem BF fragen und ihn suchen würden.
In seinem ersten Verfahren habe der BF zu seinem Fluchtgrund angegeben, dass er sein Heimatland verlassen hätte, weil er seit dem Jahr XXXX bis zum Jahr XXXX Soldat beim Militär gewesen sei. Kurz nach dem Eintritt ins Militär hätte der Zivilist namens XXXX einen Staatsstreich vollbracht, weil dieser selbst Präsident hätte werden wollen. Es sei daraufhin zum Bürgerkrieg gekommen, weil beide Seiten sich zum Präsidenten erklärt hätten.
Der BF sei überdies bedroht worden, weil er beim Militär gewesen sei. Eines Nachts sei der BF zunächst mit dem Messer und nachdem dies erfolglos verlaufen sei in weiterer Folge mit einem Raketenwerfer attackiert worden. Der BF habe in den Kanal neben der Straße flüchten können, doch sei bei diesem Angriff die ältere Schwester und der ältere Bruder des BF umgebracht worden. Die Familie des BF sei überdies von Anhängern des amtierenden Präsidenten bedroht worden. Ein Mann aus dem Stadtviertel habe dem BF geholfen, ihn verarztet und ihm einen Reisepass mit einem Visum besorgt.
Im ersten Verfahren seien die Angaben des BF nicht als glaubhaft erachtet worden und der Antrag auf internationalen Schutz negativ entschieden worden.
Die im gegenständlichen Verfahren gemachten Angaben, dass der BF noch immer von denselben Personen gesucht werden würde, welche ihn umbringen hätten wollen und welche auch seine beiden Geschwister vor der Ausreise aus der Elfenbeinküste umgebracht hätten, seien bereits im Vorverfahren nicht glaubhaft gewesen und auch im gegenständlichen verfahren nicht genügend substantiiert gewesen, um diese als glaubhaft zu bezeichnen bzw. einen neuen Sachverhalt zu erkennen. Die Begründung des neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz würde nicht ausreichen einen neuen gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Im Hinblick auf die vorgebrachten Fluchtgründe sei kein glaubhafter geänderter Sachverhalt dargestellt worden, weswegen auch hinsichtlich der im Erstverfahren getroffenen Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Elfenbeinküste ebenfalls keine Änderung ergeben habe und diese nach wie vor für zulässig erachtet werde. Die vom BF ins Treffen geführten Fluchtgründe würde jeder Glaubwürdigkeit entbehren und daher keinen berücksichtigungswürdigen neuen Sachverhalt darstellen. Über diese Fluchtgründe sei bereits im ersten Asylverfahren rechtskräftig negativ entschieden worden.
Zum Privat-, und Familienleben des BF wurde ausgeführt, dass die Dauer des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet kein im Sinne des Art 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen habe. Da der BF der im Vorverfahren ausgesprochenen und in Rechtskraft erwachsenen Ausweisungsentscheidung keine Folge geleistet habe, komme dem seither entstandenen Privatleben wenig Relevanz zu. Die Aufenthaltsdauer würde nicht wesentlich über die Vergleichsentscheidung hinausgehen, sodass auch im Falle des BF von keiner berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich auf Grund der Aufenthaltsdauer des BF im Bundesgebiet ausgegangen werden könne.
Weder aus dem gegenständlichen Vorbringen noch aus den im Erstverfahren zugrunde gelegten Feststellungen in seinem Heimatland unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des im Erstverfahrens verwendeten Quellenmaterials würden sich Hinweise auf eine sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens maßgeblich geänderte Lage in seinem Heimatland ergeben.
Rechtlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich beim Vorbringen des BF um Umstände handeln würde, die bereits vor Abschluss des ersten Verfahrens bestanden hätten. Eine Veränderung der Fluchtgründe bzw. seiner Rückkehrhindernisse hätte der BF nicht behauptet. Der BF habe lediglich angeführt, dass die Personen, die ihn damals vor seiner Ausreise in seinem Heimatland umbringen hätten wollen, ihn nach wie vor umbringen wollen würden. Dies würde er von Bekannten aus seinem Heimatdorf wissen, mit welchen der BF telefoniert habe. Sein neuerlich dargelegtes Vorbringen würde weiterhin keinen glaubhaften Kern aufweisen. Dem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz würde die Rechtskraft des ergangenen Bescheides vom XXXX entgegenstehen, weswegen das BFA zur Zurückweisung verpflichtet sein würde. Hinsichtlich der bestehenden Pandemie des Corona-Virus sei hervorgekommen, dass der BF weder auf Grund seines Alters noch etwaiger Vorerkrankungen zu einer Risikogruppe zählen würde.
Hinsichtlich des Privatlebens des BF wurde darauf hingewiesen, dass das private Interesse an einem Aufenthalt in Österreich dadurch gemindert sei, dass allfällige integrationsbegründende Umstände während eines Aufenthaltes erworben worden wären, der auf einem oder mehreren (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag oder Asylanträgen beruht habe. Bereits am XXXX sei im Falle des BF eine erste negative Entscheidung des Bundesamtes ergangen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte der BF nicht darauf vertrauen dürfen, ein dauerndes Aufenthaltsrecht in Österreich zu erlangen und seien daher alle in der Folge gesetzten Integrationsschritte unter diesem Aspekt in ihrem Gewicht maßgeblich reduziert gewesen. Eine fortgeschrittene familiäre, gesellschaftliche oder berufliche Integration in Österreich sei demnach nicht ersichtlich. In der Folge wurde auszugsweise eine Entscheidung des VwGH vom 27.03.2007, Zl. 2006/21/0277, im Hinblick einer Aufenthaltsdauer von 6 Jahren zitiert.
Im Verfahren hätten keine Personen festgestellt werden können, mit welchen der BF im gemeinsamen Haushalt leben oder zu denen ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bestehen würde bzw. mit welchen der BF ein im Sinne des Art 8 EMRK relevantes Familienleben führen würde. Die Anordnung zur Außerlandesbringung stelle daher insgesamt keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens dar.
Dass gegen den BF verhängte Aufenthaltsverbot von 2 Jahren wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF offensichtlich nicht bereit sein würde die österreichische Rechtsordnung (Missbrauch des Asylsystems, mehrfache Straffälligkeit) zu beachten. Das BFA können nur zum Schluss kommen, dass sei Aufenthalt in Österreich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Der BF sei schon zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit sich den in Österreich festgelegten rechtlichen und gesellschaftlichen Regeln zu unterwerfen. Die Behörde könne nur eine negative Zukunftsprognose erlassen. Umfangreiche und mehrmalige sowohl schriftliche als auch mündliche Belehrungen in der Landessprache des BF seien erteilt worden.
Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens des BF, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher im Zuge der vom BFA vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, die vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.
2.5. In der dagegen eingebrachten Beschwerde des rechtfreundlichen Rechtsvertreters wurde die Mangelhaftigkeit des Verfahrens, eine mangelhafte bzw. unrichtige Bescheidbegründung bzw. unrichtige rechtliche Beurteilung moniert.
Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass auf die Covid 19 Situation eingegangen worden sei, jedoch weitere Feststellungen zur genannten Situation nicht gemacht worden wären. Welche Folgen, vor allem auch in Hinblick auf die wirtschaftliche Situation für den BF in diesem Zusammenhang bestehe, bleibe offen. Bei den vom BFA hingewiesenen Verurteilungen durch das Bezirksgericht XXXX bzw. Landesgericht XXXX würde es sich lediglich um geringfügige Delikte handeln und seither geraume Zeit des Wohlverhaltens verstrichen.
Den Ausführungen nach, dass keine Integrationsverfestigung in Österreich festgestellt werden habe können, wurde entgegengehalten, dass der BF mittlerweile eine Lebensgemeinschaft mit einer Frau haben würde und diese an der Adresse des BF mit ihrem vierjährigen Sohn leben würde. Der BF sei zu einer wichtigen Bezugsperson für das Kind der Lebensgefährtin geworden, um welches sich der BF regelmäßig kümmern würde. Der BF könne auch für den Fall des Vorliegens weiterer Voraussetzungen einer Arbeitstätigkeit nachgehen. Die private und familiäre Situation des BF hätte sich verändert, sodass für den Fall der Notwendigkeit das österreichische Bundesgebiet zu verlassen massiv in dessen Privat-, und Familienleben eingegriffen werden würde.
Von Seiten des BF seien namentlich genannte Bekannte des BF genannt worden, welche als Zeugen angeben hätten können, dass der BF im Herkunftsland verfolgt oder zu Tode gebracht werden würde, wenn dieser ins Herkunftsland zurückkehren würde. Diese könnten offenbar auch Angaben zum Tod vom Bruder bzw. Schwester des BF machen. Zudem seien auch die Bekannten, mit welchen er ursprünglich die Flucht angetreten habe, ermordet worden. Es hätte einer Beziehung eines Sachverständigen bzw. Vertrauensanwaltes bedurft, um die belangte Behörde erkennen zu lassen, dass der BF im Falle der Rückkehr in das Herkunftsland mit massiven Drohungen bzw. auch dem Tod rechnen müsse. Die Einholung eines länderkundlichen Sachverständigengutachtens würde ausdrücklich beantragt werden.
2.6.Die gegenständliche Beschwerde und die in Bezug habenden Verwaltungs- und Gerichtsakten wurden von der belangten Behörde am XXXX dem Bundesverwaltungsgericht (bei der zuständigen Gerichtsabteilung eingelangt am XXXX ) vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige BF ist ledig, Staatsangehöriger der Elfenbeinküste und gehört der Volksgruppe der Jula an. Seine Identität steht nicht fest.
Der BF reiste illegal nach Österreich. Er hält sich seit (mindestens) XXXX im österreichischen Bundesgebiet auf.
Seine Geschwister und sein Sohn leben noch in der Elfenbeinküste. Er hat keine Verwandten und auch keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Die in der Beschwerde angeführte Lebensgemeinschaft mit einer namentlich genannten Frau und deren Sohn besteht seit frühestens XXXX .
Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er arbeitete in der Elfenbeinküste als Arbeiter im Hafen und hat er aufgrund seiner Arbeitserfahrung eine Chance, auch hinkünftig am Arbeitsmarkt der Elfenbeinküste unterzukommen.
Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezog bis Ende XXXX Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.
Der BF weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
Der BF ist in Österreich vorbestraft. Aus dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , geht hervor, dass der BF wegen § 125 StGB und § 83 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Als mildernd wertete das Gericht das Teilgeständnis und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des BF, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen zweier Vergehen. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wurde der BF wegen §§ 15, 125 StGB sowie wegen § 83 Abs 2 StGB, §§ 15, 105 Abs 1 StGB, § 105 Abs 1 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Weiters wurde die Probezeit des Urteils XXXX auf fünf Jahre verlängert. Des Weiteren wurde er mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , erneut wegen § 125 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Die Probezeit des Urteils vom XXXX wurde auf fünf Jahre verlängert. Zuletzt wurde er mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX wegen §§ 15, 127 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat rechtskräftig verurteilt und wurde die mit Urteil vom XXXX gewährte Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Am XXXX wurde gegen den BF ein Betretungsverbot von der Polizeiinspektion XXXX erlassen. In der Folge wurde diese von der Landespolizeidirektion Steiermark nach § 38a Abs. 1 und 2 SPG auf Grund der Offenkundigkeit des Aggressionspotentials des BF zum Schutze einer gefährdeten Person erlassen.
Am XXXX wies sich der BF im Zug auf der Fahrt von Wien nach Bruck an der Mur gegenüber dem Zugbegleiter nicht aus, nachdem sich dieser diesem gegenüber zahlungsunwillig in Escheinung trat. Im Zuge der Überprüfung der Identität des BF gegenüber den Sicherheitsorganen machte dieser falsche Angaben. Während der Amtshandlung trat der BF den Sicherheitsbehörden gegenüber äußerst unkooperativ und aggressiv auf.
1.2. Zum Vorverfahren und zum Fluchtvorbringen des BF
Der BF stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX und in weiterer Folge mit Erkenntnis des Bundesveraltungsgerichtes vom XXXX rechtskräftig negativ entschieden wurde.
Im gegenständlichen Verfahren bringt der BF keine neuen Gründe für die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz vor. Die geltend gemachte Verfolgung war bereits Gegenstand des abgeschlossenen Verfahrens.
Die individuelle Situation für den BF hinsichtlich seines Herkunftsstaates Elfenbeinküste hat sich nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhaltes auszugehen ist, weshalb festgestellt wird, dass eine Abschiebung des BF in die Elfenbeinküste weder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet noch für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.
Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Eine entscheidungsrelevante Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der letzten Entscheidung nicht eingetreten, insbesondere nicht auf das Vorbringen bezogen. Es existieren keine Umstände, welcher eine Abschiebung entgegenstünden. Der BF verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat
Im angefochtenen Bescheid wurden die Länderinformationen betreffend der Republik Elfenbeinküste zitiert. Im Beschwerdeverfahren sind keine wesentlichen Änderungen dieser entscheidenden Sachverhaltselemente bekannt geworden. Im gegebenen Zusammenhang sind daher mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:
COVID-19
Die Côte d‘Ivoire wird hinsichtlich Covid-19 weiterhin als Risikogebiet eingestuft. Es kommt weiterhin zu Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens (AA 23.10.2020; vgl. BMEIA 23.10.2020). Allerdings wurde der internationale Flugverkehr am 1.7.2020 wieder aufgenommen (BMEIA 23.10.2020). Alle ankommenden Passagiere werden während ihres Aufenthalts Gesundheitschecks und einer systematischen Überwachung unterzogen (FD 23.10.2020).
Generell ist die Côte d‘Ivoire gemäß öffentlich verfügbaren Informationen mit Stand Oktober 2020 von Covid-19 bisher weniger stark betroffen (AA 23.10.2020). Trotzdem sind seit 22.3.2020 Land- und Seegrenzen geschlossen (BMEIA 23.10.2020) und der ausgerufene nationale Notstand gilt weiterhin, die innerhalb des Landes verhängten Reisebeschränkungen zwischen dem Großraum Abidjan und dem Rest des Landes wurden aber wieder aufgehoben (AA 23.10.2020; vgl. BMEIA 23.10.2020). Reisen aus und in den Großraum Abidjan (Bezirk Abidjan und Städte Dabou, Azaguie, Bingerville, Grand-Bassam, Bonoua, Assinie) sind seit 15.7.2020 wieder möglich (BMEIA 23.10.2020).
Mit Stand Oktober 2020 muss bei der Ein- und Ausreise ein ausgedruckter negativer COVID-19 Test vorgelegt werden, welcher nicht älter als 7 Tage sein darf. Zudem muss vor Reiseantritt eine Online-Registrierung vorgenommen und hierfür eine Gebühr i.H.v. 2.000 CFA gezahlt werden (BMEIA 23.10.2020; vgl. FD 23.10.2020). Die Nichtvorlage dieses Dokuments kann dazu führen, dass dem Reisenden von der Fluggesellschaft die Beförderung verweigert wird (FD 23.10.2020).
Die landesweite Ausgangssperre wurde aufgehoben (AA 23.10.2020; vgl. BMEIA 23.10.2020; FD 23.10.2020). Auch Hotels haben unter Hygieneauflagen wieder geöffnet (AA 23.10.2020). Schulen und Universitäten sind wieder geöffnet, ebenso wie Restaurants und seit 31.7.2020 auch Bars und Kinos (BMEIA 23.10.2020). Es gelten Maßnahmen zur Begrenzung von Kontakten und Versammlungen sowie eine allgemeine Maskenpflicht im öffentlichen Raum. Weitere Einschränkungen können jederzeit angeordnet werden (AA 23.10.2020; vgl. BMEIA 23.10.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (23.10.2020): Elfenbeinküste, Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/cotedivoire-node/cotedivoiresicherheit/209460#content_2, Zugriff 23.10.2020
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (23.10.2020): Reiseinformationen - Côte d'Ivoire, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/cote-divoire/, Zugriff 23.10.2020
- FD - France Diplomatie (23.10.2020): Conseils aux voyageurs - Côte d’Ivoire, Dernière minute, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/cote-d-ivoire/#derniere, Zugriff 23.10.2020
Politische Lage
Die Côte d´Ivoire ist eine präsidiale Republik (GIZ 9.2020a; vgl. AA 24.1.2020a) mit einem Mehrparteiensystem (GIZ 9.2020a). Dem Staatspräsidenten fallen große exekutive Machtkompetenzen zu (AA 24.1.2020a). Der Präsident wird für fünf Jahre gewählt und ernennt den Regierungschef (den Premierminister) (GIZ 9.2020a).
Grundsätzlich richtet sich der Staatsaufbau nach dem französischen Muster. Die Verfassung sieht eine formale Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative, die Neuerungen enthalten die Einführung einer zweiten Kammer (Senat), einer Kammer der Könige und traditionellen Chefs und des Amts des Vizepräsidenten (AA 24.1.2020a).
Der jetzige Amtsinhaber, Präsident Alassane Ouattara, wurde im November 2010 gewählt, konnte sein Amt aber erst nach dem Eingreifen der internationalen Gemeinschaft im April 2011 antreten. Sein Amtsvorgänger Laurent Gbagbo, der sich der Amtsübergabe mit Gewalt widersetzt hatte, befand sich von 2011 bis 2019 in Gewahrsam des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag (ICC). Bei den Präsidentschaftswahlen vom 15.10.2015 wurde Präsident Ouattara in freien Wahlen im Amt bestätigt (AA 24.1.2020a).
Die einflussreichsten Parteien sind die Demokratische Partei (PDCI), die Volksfront (FPI), die Arbeiterpartei (PIT) und die Republikaner (RDR), aber es existieren aktuell über 130 Parteien und auch Zusammenschlüsse einzelner Parteien. Alassane Ouattara ist seit Dezember 2010 Präsident der Côte d´Ivoire, das Amt des Premierministers bekleidet seit November 2012 Daniel Kablan Duncan (GIZ 9.2020a).
Zur Präsidentschaftsfrage für die Wahlen 2020 kündigte Staatschef Ouattara an, nicht mehr anzutreten (GIZ 9.2020a), schloss aber seine Kandidatur nicht mehr aus, nach dem plötzlichen Tod des Präsidentschaftskandidaten der Regierungspartei Rallye der Republikaner (RHDP), Amadou Gon Coulibaly, am 8.7.2020 (GIZ 9.2020a; vgl. NAI 10.2020; ORF 13.8.2020; DW 14.7.2020). Überraschend wurden Laurent Gbagbo und Charles Blé Goudé Anfang des Jahres 2019 freigesprochen (GIZ 9.2020a).
Am 31.10.2020 fanden Präsidentschaftswahlen in der Côte d’Ivoire statt (DW 16.10.2020). Mit 94,27 Prozent der Stimmen hat Amtsinhaber Alassane Ouattara zum dritten Mal in Folge gewonnen. Damit setzte er sich klar gegen die als stärkste Konkurrenten gehandelten Henri Konan Bédié und Pascal Affi N’Guessan durch, die nur jeweils 1,66 Prozent und 0,99 Prozent der Stimmen erhalten haben (ZO 3.11.2020).
Bei der Präsidentenwahl ist es zu Einschüchterungen und Gewalt zwischen der Bevölkerung und der Polizei gekommen (ZO 3.11.2020 vgl. BBC 3.11.2020).. Am Tag der Abstimmung wurden der Polizei zufolge drei Menschen getötet, laut der Opposition zwölf. Im Vorfeld der Abstimmung wurden Human Rights Watch zufolge mehr als 20 Menschen durch politische Gewalt oder Gewalt zwischen Bevölkerungsgruppen getötet (ZO 3.11.2020). 23 Prozent der Wahllokale hätten aufgrund von Drohungen oder Angriffen überhaupt nicht geöffnet, und in 5 Prozent der Wahllokale wurde über Drohungen oder Einschüchterungen von Wahlbeamten berichtet. Am 31.10.2020 wurden zudem mehrere Wahllokale in Hochburgen der Opposition geplündert und Wahlmaterial verbrannt (BBC 3.11.2020).
Nach Ankündigung der dritten Kandidatur Ouattaras, kam es bereits im August 2020 zu Protesten und Gewaltaten (ORF 13.8.2020; vgl. RFI 23.8.2020), die Polizei ging auch mit Tränengas gegen die Protestierenden vor (ORF 13.8.2020). Durch eine Verfassungsänderung im Jahr 2016 zählen seine ersten beiden Amtsperioden nicht (DW 16.10.2020). Zu den Protesten hatten die Opposition und zivilgesellschaftliche Organisationen aufgerufen (ORF 13.8.2020). Der ehemalige Präsident Henri Konan Bédié und der ehemalige Premierminister Pascal Affi N'Guessan riefen am 15.10.2020 offiziell dazu auf den Wahlputsch zu stoppen (LM 16.10.2020; vgl. LF 19.10.2020).
Laut Opposition hätten nur zehn Prozent der Stimmberechtigten an der Abstimmung teilgenommen. Die größten Oppositionsparteien in der Elfenbeinküste wollen ihre eigene Übergangsregierung bilden (ZO 3.11.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.1.2020a): Côte d'Ivoire: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/cotedivoire-node/politisches-portraet/209484, Zugriff 27.10.2.2020
- BBC News (3.11.2020): Ivory Coast election: Alassane Ouattara wins amid boycott, https://www.bbc.co.uk/news/world-africa-54778200, Zugriff 5.11.2020
- DW - Deutsche Welle (14.7.2020): Presidential race in Ivory Coast takes a dangerous turn, https://www.dw.com/en/presidential-race-in-ivory-coast-takes-a-dangerous-turn/a-54173518, Zugriff 27.10.2020
- DW - Deutsche Welle (16.10.2020): Cote d'Ivoire: Nation Heads Into Crisis As Opposition Calls for Election Boycott, https://www.dw.com/en/ivory-coast-heads-into-crisis-as-opposition-calls-for-election-boycott/a-55298666, Zugriff 27.10.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2020a), Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 27.10.2020
- LF (19.10.2020): Présidentielle en Côte d'Ivoire: un «mort» et des «blessés graves» lors des manifestions près d'Abidjan, https://www.lefigaro.fr/flash-actu/presidentielle-en-cote-d-ivoire-un-mort-et-des-blesses-graves-lors-des-manifestions-pres-d-abidjan-20201019, Zugriff 27.10.2020
- LM - Le Monde (16.10.2020): Côte d’Ivoire: l’opposition se retire du processus électoral et met la pression sur Alassane Ouattara, https://www.lemonde.fr/afrique/article/2020/10/15/cote-d-ivoire-l-opposition-se-retire-du-processus-electoral-et-met-la-pression-sur-alassane-ouattara_6056191_3212.html, Zugriff 27.10.2020
- NAI - The Nordic Africa Institute (10.2020), published by ReliefWeb, Ouattara's third-term bid raises old fears - Risk of violence in Côte d'Ivoire's upcoming presidential elections, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/NAI%20Policy%20Notes%202020%205_Ivory%20Coast%20Elections_Final%20version.pdf, Zugriff 20.10.2020
- ORF (13.8.2020): Tote bei Ausschreitungen in Elfenbeinküste, https://orf.at/stories/3177394/, Zugriff 27.10.2020
- RFI - Radio France Internaltionale (23.8.2020): Côte d'Ivoire elections, Deadly violence in Cote d'Ivoire as Ouattara gears up to claim third mandate, https://www.rfi.fr/en/africa/20200823-deadly-violence-in-cote-d-ivoire-as-ouattara-gears-up-to-claim-third-mandate-protests-elections-gbagbo-soro, Zugriff 27.10.2020
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/local_link/322479/461956_de.html, Zugriff 21.2.2017
- ZO - Zeit Online (3.11.2020): Umstrittene Wiederwahl: Alassane Ouattara erneut zum Präsidenten der Elfenbeinküste gewählt, https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-11/umstrittene-wiederwahl-elfenbeinkueste-praesidentschaftswahl-alassane-ouattara-grosse-mehrheit-westafrika, Zugriff 4.11.2020
Sicherheitslage
Vor, während und nach den Wahlen kann es zu einer Verschlechterung der innenpolitischen Lage kommen. Bei Demonstrationen können gewaltsame Auseinandersetzungen nicht ausgeschlossen werden (AA 23.10.2020; vgl. BMEIA 23.10.2020). Am 31.10.2020 fanden in Côte d‘Ivoire Präsidentschaftswahlen statt (AA 23.10.2020). Bereits im Vorfeld der Wahlen machten sich politische Spannungen bemerkbar (EDA 23.10.2020). In Abidjan und anderen Städten kommt es zu Demonstrationen, Ausschreitungen und Straßenblockaden. Es kam vermehrt zu Protesten und teilweise auch Ausschreitungen mit Todesopfern (BMEIA 23.10.2020; EDA 23.10.2020; FD 23.10.2020). Am Tag der Abstimmung wurden der Polizei zufolge drei Menschen getötet, laut der Opposition zwölf (ZO 3.11.2020). Weitere Ereignisse dieser Art sind möglich (EDA 23.10.2020; vgl. FD 23.10.2020).
Seit der großen Krise von 2010/2011 hat sich die Sicherheitslage allerdings deutlich verbessert. Es bestehen jedoch weiterhin soziale und wirtschaftliche Probleme und es werden immer noch regelmäßig gewaltsame Vorfälle aus verschiedenen Landesteilen gemeldet (EDA 23.10.2020).
Angesichts der Entwicklungen im Sahel und insbesondere der Sicherheitslage in Burkina Faso und in Mali wurden Sicherheitskräfte in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Ein Überfall auf einen Sicherheitsposten der ivorischen Armee in Kafolo an der Grenze zu Burkina Faso hat im Juni 2020 mehrere Todesopfer und Verletzte gefordert (AA 23.10.2020; vgl. BMEIA 23.10.2020; EDA 23.10.2020; FD 23.10.2020). Es besteht das Risiko, dass sie auch über die Grenze hinweg in der Côte d'Ivoire bewaffnete Überfälle und Entführungen ausüben. Im Juni 2020 wurde auch ein Sicherheitsposten in Gbeya im Grenzgebiet zu Mali überfallen (EDA 23.10.2020). Aufgrund der Ereignisse in Mali und Burkina Faso ist von einer erhöhten Gefahr von Terroranschlägen und Entführungen auszugehen (BMEIA 23.10.2020; vgl. EDA 23.10.2020).
Im Distrikt Zanzan bestehen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen (Ackerbauern und nomadisierende Viehzüchter) latente Spannungen, die sich sporadisch in lokale, gewaltsame Konflikte entladen können. Im Westen und im Grenzgebiet zu Liberia sind Straßenräuber aktiv (EDA 23.10.2020; vgl. FD 23.10.2020). Im Jänner 2020 wurden bei einem Überfall auf einen Sicherheitsposten in Tabou zwei Soldaten getötet (EDA 23.10.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (23.10.2020): Elfenbeinküste, Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/cotedivoire-node/cotedivoiresicherheit/209460#content_2, Zugriff 23.10.2020
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (23.10.2020): Reiseinformationen - Côte d'Ivoire, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/cote-divoire/, Zugriff 23.10.2020
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (23.10.2020): Reisehinweise Côte d'Ivoire, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/cote_d_ivoire/reisehinweise-cote-d-ivoire.html, Zugriff 23.10.2020
- FD - France Diplomatie (23.10.2020): Conseils aux voyageurs - Côte d’Ivoire, Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/cote-d-ivoire/#securite, Zugriff 23.10.2020
- ZO - Zeit Online (3.11.2020): Umstrittene Wiederwahl: Alassane Ouattara erneut zum Präsidenten der Elfenbeinküste gewählt, https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-11/umstrittene-wiederwahl-elfenbeinkueste-praesidentschaftswahl-alassane-ouattara-grosse-mehrheit-westafrika, Zugriff 4.11.2020
Rechtsschutz / Justizwesen
Die Verfassung und Gesetze gewähren eine unabhängige Justiz, doch in der Praxis werden diese nicht durchgesetzt. Obwohl die Justiz in gewöhnlichen Kriminalfällen unabhängig ist, folgt sie der Exekutive in Fällen der nationalen Sicherheit oder bei politisch sensiblen Fällen. Richter sind korrupt (USDOS 11.3.2020).
Das Justizsystem ist stark von Frankreich beeinflusst. Es existieren zwei parallele Justizsysteme – die französische Gerichtsbarkeit und das ivorische Gewohnheitsrecht. Der obere Gerichtshof (Cour Suprême) kontrolliert die Rechtsprechung. Interessant als verfassungsmäßig vorgesehenes Organ ist der Médiateur de la République (Vermittler der Republik), der als eine Art Ombudsmann unparteiisch urteilt (GIZ 9.2020a).
Eine ernsthafte Aussöhnungspolitik wurde nicht betrieben, doch die Côte d´Ivoire steht auch vor der riesigen Herausforderung, langjährig gewachsene Konfliktfelder zu entspannen, die Bevölkerung zu versöhnen und einen funktionierenden Staat aufzubauen. Die Situation hat sich aktuell beruhigt, doch die Probleme bestehen weiter (GIZ 9.2020a).
Zivile Anklagen gegen Pro-Ouattara-Anhänger für Verbrechen, die während der Krise nach den Wahlen 2010/11 begangen wurden, fehlen weiterhin. Im Jänner 2019 prangerten zwei Richtergewerkschaften "Drohungen, Einschüchterungen und Einmischungen" durch die Exekutive und Legislative des Landes an und forderten die Regierung auf, das in der Verfassung verankerte Prinzip der Gewaltenteilung durchzusetzen (USDOS 11.3.2020).
Die Côte d'Ivoire erholt sich weiterhin vom bewaffneten Konflikt, der 2011 endete. Die Besorgnis über Straffreiheit, Siegergerechtigkeit/-justiz und Versöhnung hat auch nach dem Ende des Konflikts 2010/11 angehalten. Bisher wurde nur eine Handvoll Personen für Verbrechen, die in diesem Zeitraum begangen wurden, vor Gericht gestellt, und die meisten Anklagen konzentrierten sich auf Personen, die mit Gbagbo in Verbindung stehen. In einem Schritt zur Förderung der Versöhnung im Jahr 2018, begnadigte Ouattara 800 Personen, die während des Konflikts 2010/11 der Begehung von Gewalttaten angeklagt oder verurteilt worden waren, darunter die ehemalige First Lady Simone Gbagbo (FH 4.3.2020). Am 15.1.2019 sprach der Internationale Strafgerichtshof (ICC) Gbagbo und Charles Blé Goudé, nach einem fast dreijährigen Prozess von Verbrechen gegen die Menschlichkeit frei und ordnete ihre Freilassung an, nachdem die Richter festgestellt hatten, dass die Anklagebehörde nicht genügend Beweise vorgelegt hatte, um ihren Fall zweifelsfrei zu beweisen (AI 8.4.2020; vgl. HWR 14.1.2020; USDOS 11.3.2020).
Der Ankläger des International Criminal Court in The Hague (ICC) legte am 16.9.2019 Berufung gegen die Freisprüche ein und forderte die Richter auf, einen Fehlprozess zu erklären (AI 8.4.2020; vgl. HWR 14.1.2020; USDOS 11.3.2020). Am 6.11.2019 bestätigten die Richter die Anklage gegen Blé Goudé wegen angeblicher Verbrechen während der Krise nach den Wahlen 2010/11, darunter Mord, Vergewaltigung und Folter (HRW 14.1.2020).
Im Dezember 2019 wurde Blé Goudé in Abwesenheit von einem Gericht in Abidjan zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Andere Ermittlungen und Gerichtsverfahren auf nationaler Ebene verzögerten sich aufgrund der Präsidialverordnung von 2018, die eine Amnestie für Verbrechen gewährt, die während der Wahlkrise 2010-2011 begangen wurden. (AI 8.4.2020; vgl. HRW 14.1.2020).
Der Internationalen Strafgerichtshof (ICC) setzte seine Ermittlungen in Bezug auf Verbrechen fort, die von pro-Ouattara-Kräften während der Krise nach den Wahlen begangen wurden, hat aber noch keine Haftbefehle erlassen. Präsident Alassane Ouattara hat erklärt, dass keine weiteren Verdächtigen nach Den Haag überstellt werden (HRW 14.1.2020).
Im Jahr nach Präsident Ouattaras Amnestie vom August 2018 für Verbrechen, die während der Gewalttätigkeiten nach den Wahlen 2010/11 begangen wurden, gab es kaum Fortschritte bei den Ermittlungen der Sonderermittlungs- und Untersuchungszelle. Die 2011 eingerichtete Zelle hatte in den vergangenen Jahren mehr als zwei Dutzend hochrangige Militäroffiziere und politische Führer wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen angeklagt (HRW 14.1.2020).
Weder die Sonderzelle der Côte d'Ivoire noch der ICC haben Verbrechen untersucht, die während der Gewalt im Zusammenhang mit den Wahlen im Jahr 2000 oder während des bewaffneten Konflikts 2002-2003 begangen wurden. Ein Reparationsprogramm der Regierung gewährte den Opfern der Konflikte von 2002-2011 weiterhin finanzielle Zahlungen, medizinische Behandlung und andere Formen der Unterstützung (HRW 14.1.2020).
Quellen:
- AI - Amnesty International (8.4.2020): Human Rights in Africa: Review of 2019 - Cote d'Ivoire - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2028270.html, Zugriff 12.10.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030854.html, Zugriff 13.10.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2020a), Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 12.10.2020
- HRW - Human Rights Watch: World Report 2020 (14.1.2020): Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html, Zugriff 12.10.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026389.html, Zugriff 12.10.2020
Sicherheitsbehörden
Im August 2019 wurden die Funktionen, die zuvor vom Innen- und Sicherheitsministerium verwaltet wurden neu verteilt. Es wurde ein neues Ministerium für Sicherheit und Katastrophenschutz, sowie eines neuen Ministeriums für territoriale Verwaltung und Dezentralisierung eingeführt. Für die innerstaatliche Strafverfolgung sind die Nationalpolizei (unter dem neuen Ministerium für Sicherheit und Katastrophenschutz) und die Nationalgendarmerie (unter dem Verteidigungsministerium) zuständig. Das Koordinationszentrum für operative Entscheidungen, eine gemischte Einheit aus Polizei, Gendarmerie und Angehörigen der Streitkräfte (FACI), unterstützte die Polizei bei der Gewährleistung der Sicherheit in einigen Großstädten. Die FACI (dem Verteidigungsministerium unterstellt) ist für die Landesverteidigung zuständig. Die dem Ministerium für Sicherheit und Katastrophenschutz unterstellte Direktion für territoriale Überwachung / Directorate of Territorial Surveillance (DST) ist für die Abwehr externer Bedrohungen zuständig (USDOS 11.3.2020).
Obwohl einige Straßensperren legitimen Sicherheitszwecken dienten, bleiben kriminelle Geschäfte und (Schutzgeld-) Erpressung weit verbreitet. Mit