TE Bvwg Beschluss 2021/3/11 W235 2161316-2

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Veröffentlicht am 11.03.2021
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Entscheidungsdatum

11.03.2021

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W235 2161316-2/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin im Verfahren über die durch mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.03.2021, Zl. 1118732403-210287822, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Erstes Verfahren:

1.1. Der Antragsteller, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in österreichische Bundesgebiet am 14.06.2016 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Zuge dieses Verfahrens gab der nunmehrige Antragsteller im Wesentlichen und zusammengefasst an, dass er Tadschike und sunnitischer Moslem sei. Er spreche die Sprachen Dari und Baluchi. Als er im Iran gelebt habe, sei der Bruder seines Schwagers getötet worden. Der Antragsteller sei unschuldig für diese Tat verurteilt worden und fünf Jahre im Iran im Gefängnis gewesen. Nach diesen fünf Jahren habe man ihn nach Afghanistan abgeschoben. Als er zehn bis zwölf Tage zu Hause gewesen sei, hätten „sie“ versucht, den Antragsteller bei sich zu Hause zu schlagen. Einer davon sei sein Schwager gewesen. Da der Bruder des Antragstellers geschrien habe, seien die Nachbarn gekommen und die Angreifer seien geflüchtet. Nunmehr habe der Antragsteller Angst von „denen“ getötet zu werden und habe ihm sein Vater gesagt, dass er weggehen solle. Auch seien die Taliban zum Vater des Antragstellers gekommen und hätten eine Verhandlung gewollt. Der Antragsteller glaube, dass ihnen die Familie des Schwagers Geld gegeben habe. Die Probleme mit der Familie des Schwagers seien entstanden, da sich die Schwester des Antragstellers habe scheiden lassen. Nach der Trennung der Schwester von ihrem Ehemann seien der Antragsteller und sein Bruder ebenso wie der Schwager mit seinen beiden Brüdern in den Iran gegangen. Wie der Bruder seines Schwagers ums Leben gekommen sei, wisse der Antragsteller nicht, aber man habe ihm die Schuld daran gegeben. „Sie“ würden ihn immer noch suchen. Seine Schwester habe noch einmal geheiratet und vor 20 Tagen habe man ihren Mann getötet. Mit den Behörden in Afghanistan habe der Antragsteller keine Probleme gehabt und er sei auch nie politisch tätig gewesen. Der Antragsteller stamme aus dem Dorf XXXX im Distrikt XXXX in der afghanischen Provinz Herat. In seinem Heimatdorf würden noch seine Eltern, sieben Brüder und zwei Schwestern leben. Er sei gesund und nehme keine Medikamente. In Österreich habe der Antragsteller keine Verwandten und auch keine privaten Bindungen. Er lebe von der Grundversorgung und habe Deutschkurse besucht.

1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2017, Zl. 1118732403-160830151, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Antragstellers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ferner wurde dem Antragsteller unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist. Zudem wurde die Frist für die freiwillige Ausreise innerhalb von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgesetzt (Spruchpunkt IV.)

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der behauptete Aufenthalt des Antragstellers im Iran zweifelhaft sei. Er sei persönlich unglaubwürdig. Der Antragsteller habe keine Gefährdungslage in Afghanistan für sich glaubhaft vorgebracht. Er sei arbeitsfähig, leide an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung und habe familiäre Anknüpfungspunkte in Herat. Der Antragsteller könne seinen Lebensunterhalt in Herat sowie in Kabul bestreiten und könne auf familiäre Unterstützung zählen. In Österreich habe er keine Verwandten und er habe auch keine außergewöhnliche Bindung an Österreich. Ferner gehe der Antragsteller keiner Arbeit nach und spreche wenig Deutsch. Er wohne in einer von der Grundversorgung bereitgestellten Unterkunft. Weiters traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl umfangreiche Feststellungen zur Lage in Afghanistan.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller im Wege seiner damaligen Vertretung fristgerecht am 07.06.2017 Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass er Staatsangehöriger von Afghanistan sei und sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe, weshalb er Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei. Die Sicherheitsbehörden in Afghanistan seien nicht gewillt bzw. imstande, dem Antragsteller den notwendigen Schutz zu bieten. Die Taliban würden auch weiterhin ihren traditionellen Einfluss in der Provinz Herat halten. Die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich seit 2014 weiter verschlechtert und sei Kabul laufend Schauplatz von Anschlägen, die auch die Zivilbevölkerung treffen würden. Aufgrund der sich massiv verschlechternden Sicherheits- und Versorgungslage sowie der Fähigkeit der Taliban, selbst in den am besten geschützten Gegenden Afghanistans wie Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat Angriffe durchzuführen, sei davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Fall einer Rückkehr jedenfalls eine Gefahr im Sinne des § 8 AsylG drohe.

1.5. Im Verwaltungsakt findet sich ein Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom XXXX 03.2018 betreffend einen Vorfall (Verdacht auf Körperverletzung) vom XXXX 12.2017, in welchem der Antragsteller als Beschuldigter geführt wird.

Weiters wurde am XXXX 03.2018 gegen den Antragsteller ein Betretungsverbot gemäß § 38a SPG ausgesprochen. Diesbezüglich wurde am selben Tag Anzeige wegen des Verdachts auf Sachbeschädigung gegen ihn erstattet. Mit Urteil des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom XXXX 06.2018 (rechtskräftig am XXXX 06.2018), GZ. XXXX , wurde der Antragsteller in der Folge wegen §§ 83 Abs. 1, 125 StGB (Körperverletzung, Sachbeschädigung) zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je € 4,00 verurteilt.

Am XXXX 08.2018 wurde von der Staatsanwaltschaft Wien gegen den Antragsteller Anklage wegen § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG iVm § 15 StGB (GZ. XXXX ) erhoben. Aufgrund dessen erging am 25.10.2018 ein Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, in welchem ausgesprochen wurde, dass der Antragsteller gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX 08.2018 verloren hat. Dies wurde dem Antragsteller mittels Verfahrensanordnung vom 25.10.2018 mitgeteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , GZ. XXXX , vom XXXX 04.2019, rechtskräftig am XXXX 06.2019, wurde der Antragsteller wegen § 297 Abs. 1 StGB (Verleumdung), § 87 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB iVm § 15 StGB (versuchte absichtliche schwere Körperverletzung) und § 107 Abs. 1 und 2 StGB (gefährliche Drohung) zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Jahren verurteilt. Von XXXX 02.2019 bis XXXX 02.2021 befand sich der Antragsteller in Haft.

1.6. Am 10.04.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, im Rahmen derer der Antragsteller sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholte. Ergänzend gab er an, dass einer seiner Brüder von den Feinden getötet und ein weiterer Bruder verletzt worden sei. Das habe er von seiner Mutter im Oktober 2018 erfahren. Daher lebe auch seine Familie in Angst.

Nach Durchführung dieser mündlichen Verhandlung wurde die Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2019, Zl. W131 2161316-1/29E, als unbegründet abgewiesen.

Neben umfangreichen Feststellungen zur Lage in Afghanistan traf das Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellungen zum Antragsteller (dort: Beschwerdeführer):

„Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in Herat geboren, wo er auch aufgewachsen ist und den Großteil seines Lebens verbrachte. Der Beschwerdeführer ist Angehöriger der Volksgruppe der Hazara [wohl gemeint: Tadschike] und ordnet sich selbst dem Islam sunnitischer Richtung zu. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Er ist mit der afghanischen Kultur sowie den dort vorherrschenden Gepflogenheiten und Gebräuchen vertraut. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer über eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung verfügt. In der Vergangenheit konnte der Beschwerdeführer erste Arbeitserfahrungen in der Landwirtschaft sammeln. Die (Kern-)Familie des Beschwerdeführers (Vater, Mutter und einige Geschwister) lebt nach wie vor in Herat, der Heimatprovinz des Beschwerdeführers Die Familie des Beschwerdeführers ist in der Landwirtschaft tätig. Die finanzielle Situation der Familie des Beschwerdeführers kann als durchschnittlich bezeichnet werden. Der Beschwerdeführer stand bis vor zwei Monaten in regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie in Afghanistan. Es konnte nicht festgestellt werden, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich wäre, erneut mit seiner Familie Kontakt aufzunehmen. Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig. Er ist ledig, kinderlos und hat keine Sorgepflichten. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich nicht unbescholten. Im Strafregisterauszug der Republik Österreich, geführt von der Landespolizeidirektion Wien, scheint bereits folgende Verurteilung auf: „01) BG XXXX XXXX vom XXXX 06.2018 RK XXXX 06.2018 § 83 (1) StGB, § 125 StGB Datum der letzten Tat XXXX 03.2018 Geldstrafe von 120 Tags zu je 4,00 EUR (480,00 EUR) im NEF 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe“. Gegen den Beschwerdeführer wurde zudem am XXXX 02.2019, XXXX , von der Staatsanwaltschaft XXXX Anklage wegen versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung, gefährlicher Drohung und Verleumdung erhoben. Der Beschwerdeführer befindet sich seit Februar 2019 in Untersuchungshaft. Der Beschwerdeführer ist weder Mitglied in einem Verein noch engagiert er sich ehrenamtlich. Der Beschwerdeführer hat von XXXX 03.2017 bis XXXX 06.2017 beim Verein zur Förderung interkultureller Zusammenarbeit einen Deutschkurs (Alphabetisierungskurs) im Ausmaß von sechs Wochenstunden besucht. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer im Iran tatsächlich für fünf Jahre lang inhaftiert war.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einer aktuellen, individuell gegen ihn gerichteten Verfolgung aus Gründen seiner Rasse, Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung ausgesetzt war bzw. ihm eine solche Verfolgung im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht. Es kann (auch sonst) nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, aus welchen Gründen auch immer, zu erwarten hätte. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer - wie von ihm behauptet - aufgrund der ihm unterstellten Ermordung eines Mannes von dessen Brüdern bei einer nunmehrigen Rückkehr nach Afghanistan aufgrund von Blutrache um sein Leben fürchten müsse. Eine reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr einer Tötung (einschließlich der Verhängung und/oder Vollstreckung der Todesstrafe) durch den Staat oder tödlicher Übergriffe durch Dritte wird nicht festgestellt. Eine mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr, der Folter ausgesetzt zu sein oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu sein, wird nicht festgestellt. Insbesondere wird eine solche reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung weder im Hinblick auf eine drohende Kettenabschiebung festgestellt noch im Hinblick auf eine drohende Todesstrafe noch im Hinblick auf den Gesundheitszustand in Verbindung mit einer Unzulänglichkeit der medizinischen Bedingungen im Herkunftsstaat noch im Hinblick auf die allgemeinen humanitären Bedingungen im Herkunftsstaat in Verbindung mit der persönlichen Lage des Beschwerdeführers (etwa im Sinne einer existenzgefährdenden Notlage oder des Entzugs der notdürftigsten Lebensgrundlage) noch im Hinblick auf psychische Faktoren, auf Haftbedingungen oder aus anderen Gründen festgestellt. Eine solche mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene Gefahr wird auch nicht im Hinblick auf eine etwaige ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts festgestellt.“

Beweiswürdigend wurde betreffend die Person, Volksgruppenzugehörigkeit, Religionsbekenntnis, Gesundheitszustand, Familie samt deren finanzieller Situation, den bisherigen Werdegang des Antragstellers sowie seine bislang in Österreich gesetzten Integrationsschritte auf die eigenen, insoweit unbedenklichen Angaben sowie auf die im Lauf des Verfahrens vorgelegten Unterlagen verwiesen. Die Feststellung, dass der Antragsteller nicht unbescholten sei, ergebe sich aus dem Strafregisterauszug. Dass der Antragsteller keine aktuelle asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätte, ergebe sich aufgrund der Ausführungen des Antragstellers, die Widersprüche aufweisen würden und mit der Lebenserfahrung schwer vereinbar seien. Mit näherer Begründung wurde ausgeführt, dass nicht glaubhaft sei, dass der Antragsteller im Iran fünf Jahre inhaftiert gewesen sei, da diesbezüglich keine Unterlagen bzw. Nachweise vorgelegt worden wären und das gesamte diesbezügliche Vorbringen mit der Lebenserfahrung nur schwer in Einklang zu bringen sei. Ferner sei auch nicht nachvollziehbar, wenn die Brüder den Antragsteller ausfindig gemacht hätten, dass sie ihn nicht gleich getötet hätten. Wenn der Antragsteller nunmehr in der mündlichen Verhandlung vorbringe, dass seine gesamte Familie gefährdet sei, stelle dies eine Steigerung seines Vorbringens vor dem Bundesamt dar, welche er nicht nachvollziehbar habe erklären können. Der Beschwerdeführer sei den getroffenen Länderfeststellungen nicht substanziiert entgegengetreten.

Dieses Erkenntnis erwuchs am 26.07.2019 in Rechtskraft.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Am XXXX 02.2021 wurde der Antragsteller aus der Strafhaft entlassen und befindet sich seit 04.02.2021 in Schubhaft. Aus dem Stand der Schubhaft stellte er am selben Tag den nunmehr gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).

2.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung „Folgeantrag Asyl“ vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 05.02.2021 begründete der Antragsteller seinen Folgeantrag dahingehend, dass er angeben wolle, dass er homosexuell sei. Daher sei sein Leben in Afghanistan in Gefahr. Beim ersten Asylantrag habe er sich noch nicht getraut, seine sexuelle Orientierung offenzulegen, weil er Angst gehabt habe, dass ihn andere Afghanen deshalb verurteilen würden. Der Antragsteller könne nicht nach Afghanistan zurückkehren, weil er dort gesteinigt werden würde. Sowohl die Regierung in Afghanistan als auch die Taliban seien für ihn gefährlich. Der Antragsteller wisse schon seit vielen Jahren, dass er homosexuell sei. Das sei ihm schon vor seiner Ausreise aus Afghanistan bewusst gewesen.

2.3. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG wurde dem Antragsteller auf der Grundlage von § 29 Abs. 3 Z 4 und Z 6 AsylG iVm § 68 Abs. 1 AVG und § 12a Abs. 2 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Folgeantrag zurückzuweisen, da aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses davon auszugehen sei, dass entschiedene Sache vorliege, sowie seinen faktischen Abschiebeschutz durch mündlich verkündeten Bescheid aufzuheben (vgl. AS 53). Diese Verfahrensanordnung wurde dem Antragsteller am 09.02.2021 übergeben und hat dieser die Übernahme bestätigt (vgl. AS 65).

2.4. Am 26.02.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung betreffend die Schubhaftbeschwerde des Antragstellers statt. Der diesbezüglichen Niederschrift der Verhandlung (vgl. AS 95) ist für gegenständliches Verfahren wesentlich zu entnehmen, dass der Antragsteller bei seinem zweiten Antrag angegeben habe, dass er homosexuell sei. Diese Aussage habe er nur getätigt, weil er sehr verzweifelt sei. Mit dem zweiten Antrag habe er erreichen wollen, dass er noch einmal angehört werde. Er habe angegeben, dass er homosexuell sei, damit sein Verfahren wieder aufgenommen werde. Die Frage, ob er homosexuell sei, verneinte der Antragsteller dezidiert. Zum Antrag vom 04.02.2021 gab er an, dass er so verzweifelt gewesen sei, dass er etwas behauptet habe, das nicht der Wahrheit entsprochen habe. Er habe gewollt, dass er wieder angehört werde. Der Antragsteller habe den zweiten Asylantrag gestellt, weil er gehofft habe, dass sein Asylverfahren wieder aufgenommen werde. Er habe gedacht, dass er vielleicht mit dieser Lüge, die er als Asylgrund angegeben habe, angehört werde und vielleicht die Chance auf einen Aufenthaltstitel habe (vgl. zu alldem Niederschrift der mündlichen Schubhaftverhandlung vom 26.02.2021, Seiten 15, 16 und 17).

2.5. Am 02.03.2021 wurde der Antragsteller unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Dari einer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unterzogen, in welcher er zunächst angab, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Er sei weder in ärztlicher Behandlung noch nehme er Medikamente. Im bisherigen Verfahren habe er einmal gelogen. Der Antragsteller habe angegeben, dass er wegen seiner sexuellen Ausrichtung einen Antrag stelle. Er sei nicht homosexuell. Das habe er nur angegeben, weil er eine positive Entscheidung vom Bundesamt bekommen wolle. Der Antragsteller habe gestern mit seiner Familie in Afghanistan telefoniert und diese würde ihm Beweismittel zukommen lassen. Diese Beweismittel würden seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren betreffen. Es seien Drohbriefe von den Taliban und von seinen Feinden. Auch eine Bestätigung, dass die Sicherheitslage in seinem Heimatdorf sehr schlecht sei, könne er vorlegen. Alle diese Beweismittel hätten einen Bezug zum Vorverfahren.

Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben, gab der Antragsteller an, dass er „damals“ aus Angst gelogen habe, weil er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne. Beim Bundesverwaltungsgericht habe er die Wahrheit gesagt. In Afghanistan sei sein Leben in Gefahr. Auf die Frage, ob sich seine Fluchtgründe geändert hätten, gab der Antragsteller an, dass er seine Angaben aufrecht halte.

Zur Lage in Afghanistan brachte er vor, er sei in Afghanistan bedroht worden und könne nicht zurück. In Afghanistan sei sein Leben in Gefahr.

Auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und, dass ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht zustehe, gab der Antragsteller an, dass er dazu nichts zu sagen habe. Er habe alles gesagt und habe auch alles angeben können. Den Dolmetscher habe er einwandfrei verstanden und die Niederschrift sei richtig sowie vollständig protokolliert worden.

3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verkündete gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG und § 62 Abs. 1 AVG mündlich den Bescheid, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben wird.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass derzeit weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie herrsche. COVID-19 werde durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, Afghanistan, seien bisher 55.733 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 2.444 diesbezügliche Todesfälle bestätigt worden seien. Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 sei, könne derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man gehe aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei vor allem alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen seien. Es habe sich beim Antragsteller weder eine schwere körperliche oder ansteckende Krankheit noch eine schwere psychische Störung ergeben. Unter Berücksichtigung aller bekannter Tatsachen würden keine Umstände existieren, welche einer Ausweisung aus dem Bundesgebiet entgegenstünden. Im gegenständlichen Verfahren habe der Antragsteller bei der Erstbefragung vorgebracht, dass er homosexuell sei. Diese Angabe habe er jedoch in der Schubhaftverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht widerlegt. Bei der heutigen Einvernahme habe er angegeben, dass er betreffend die Fluchtgründe im zweiten Verfahren gelogen habe und seine restlichen Angaben aufrechthalten würde. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Der neue Antrag auf internationalen Schutz werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Unter Berücksichtigung aller bekannter Umstände habe nicht festgestellt werden können, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Antragstellers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden. Dieser Entscheidung wurden unter Anführung von Quellen aktuelle Länderfeststellungen zu Afghanistan unter Berücksichtigung der Situation aufgrund der COVID-19 Pandemie zugrunde gelegt. Hierzu wurde ausgeführt, dass die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung über den vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert sei.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass sich die Feststellungen zur Pandemie bzw. zum Virus SARS-CoV-2 aus dem Amtswissen sowie aus den Angaben der Johns Hopkins University ergeben würden. Zu den Gründen für die voraussichtliche Entscheidung führte das Bundesamt an, dass das Vorbringen des Antragstellers im Erstverfahren und sein heutiges Vorbringen zugrunde gelegt worden seien. Das neue Vorbringen sei vollständig unglaubwürdig gewesen und habe der Antragsteller selbst angegeben, dass er im zweiten Verfahren falsche Angaben gemacht habe. Das restliche Vorbringen habe sich auf das Vorbringen im vorangehenden Asylverfahren bezogen und habe sich bezüglich der Fluchtgründe nichts geändert. Da kein glaubwürdiger Kern des neuen Vorbringens ersichtlich sei, werde voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen. Im nunmehrigen Asylverfahren habe der Antragsteller offensichtlich die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache bezweckt. Die vorgebrachten Gründe seien nicht geeignet eine neue inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und könne kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Die Lage im Herkunftsstaat sei seit der Entscheidung über den vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben seien aufgrund der Angaben des Antragstellers getroffen worden. Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat hätten sich aufgrund der unbedenklichen Zusammenstellung der Staatendokumentation ergeben.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Bundesamt zunächst darauf, dass ein Folgeantrag vorliege und das Vorverfahren rechtskräftig geworden sei. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität drohe. Da sich die allgemeine Lage, die persönlichen Verhältnisse und der körperliche Zustand des Antragstellers seit der letzten Entscheidung nicht geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zu keiner Bedrohung der Menschenrechte des Antragstellers führen werde. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung, die in Rechtskraft erwachsen sei, sei nach wie vor nicht anzuzweifeln. Die aktuelle COVID-19 Pandemie erfordere auch nicht die Zuerkennung von subsidiärem Schutz. Das individuelle Risiko des Antragstellers an SARS-CoV-2 schwer oder gar tödlich zu erkranken sei sehr niedrig, da der Antragsteller ein junger, nicht immungeschwächter Mann sei. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass er sich mit dem Erreger SARS-CoV-2 in Afghanistan infiziere, sei das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs der Erkrankung äußerst gering. Ein „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK drohe ihm in Afghanistan aufgrund der COVID-19 Pandemie daher nicht. Aufgrund der Lage im Herkunftsstaat in Verbindung mit dem Vorbringen des Antragstellers könne somit davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben werde, drohe. Es lägen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor.

In der Rechtsmittelbelehrung dieses mündlich verkündeten und im Einvernahmeprotokoll schriftlich festgehaltenen Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass diese Beurkundung als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gelte und die Verwaltungsakten unverzüglich von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung übermittelt würden. Dies gelte als Beschwerde.

4. Am 04.03.2021 wurde der Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung W235 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan, Zugehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er stammt aus dem Dorf XXXX im Distrikt XXXX in der afghanischen Provinz Herat, wo noch seine Eltern und mehrere Geschwister leben, zu denen auch Kontakt besteht. Der Antragsteller ist ledig, kinderlos und ohne Obsorgeverpflichtungen. Er hat keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstünden, ist nicht immungeschwächt, ist erwerbsfähig und spricht die Sprachen Dari sowie Baluchi.

Der Antragsteller hat Afghanistan Anfang 2016 verlassen, ist unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am 14.06.2016 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2017 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen wurde. Mit dieser Entscheidung wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und auch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2019, Zl. W131 2161316-1/29E, rechtskräftig am 26.07.2019, abgewiesen.

Der Antragsteller wurde in Österreich zweimal strafrechtlich verurteilt. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX 06.2018 wurde er wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 120 Tagessätzen zu je € 4,00 verurteilt. Weiters wurde er mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX 04.2019 wegen versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung und gefährlicher Drohung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der Antragsteller befand sich von XXXX 02.2019 bis XXXX 02.2021 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.

1.2. Am 04.02.2021 stellte der Antragsteller den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, den er zur Gänze mit den Fluchtgründen des Erstverfahrens begründete. Betreffend sein Vorbringen in der Erstbefragung zum verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, er sei homosexuell, wird festgestellt, dass der Antragsteller diesen Teil des Vorbringens von sich aus zurückgenommen hat, indem er angab, es sei gelogen gewesen. Festgestellt wird, dass der Antragsteller keine Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan vorgebracht hat, über die nicht bereits im Erstverfahren entschieden wurde. Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

1.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan ernsthafter Schaden droht. Selbst wenn der Antragsteller aufgrund der Sicherheitslage nicht in sein Heimatdorf bzw. in seinen Heimatdistrikt zurückkehren kann, steht ihm jedenfalls eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in Herat-Stadt oder in Mazar-e Sharif zur Verfügung. Daher kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine ausweglose Lage bzw. in eine existenzbedrohende Situation geraten würde. Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Antragstellers sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Dem mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist zu entnehmen, dass die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung über den letzten Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert blieb. Der Antragsteller gehört keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 an. Die COVID-19 Pandemie stellt für den Antragsteller kein „real risk“ im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat dar.

1.4. Hinsichtlich der privaten und familiären Beziehungen des Antragstellers in Österreich sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungswesentlichen Änderungen eingetreten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Antragstellers (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, religiöses Bekenntnis), zu seiner Herkunft, zu seinen in Afghanistan lebenden Familienangehörigen sowie zum aufrechten Kontakt zu diesen, zu seinem Familienstand und zu seinen Sprachkenntnissen ergeben sich aus den eigenen, übereinstimmenden Angaben des Antragstellers sowohl im Erst- als auch im gegenständlichen Verfahren. Dass der Antragsteller keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen hat, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstünden sowie, dass er nicht immungeschwächt ist, ergibt sich ebenso aus seinen eigenen Angaben vor dem Bundesamt. Im Rahmen der Einvernahme am 02.03.2021 gab er diesbezüglich an, dass er weder in ärztlicher Behandlung sei noch Medikamente nehme (vgl. AS 182). Da der Antragsteller gesund und nicht immungeschwächt ist, war auch die Feststellung zu treffen, dass er erwerbsfähig ist.

Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen zur Ausreise aus Afghanistan, zur unrechtmäßigen Einreise in das österreichische Bundesgebiet, zur ersten Antragstellung sowie zum ersten Asylverfahren aus dem unbedenklichen Akteninhalt, insbesondere aus dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2017, Zl. 1118732403-160830151, aus dem am 26.07.2019 rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2019, Zl. W131 2161316-1/29E.

Ferner gründen die Feststellungen zur zweimaligen strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug vom 02.03.2021. Hierauf sowie auf dem unbedenklichen Akteninhalt basiert auch die Feststellung, dass sich der Antragsteller von XXXX 02.2019 bis XXXX 02.2021 in Haft befunden hat.

2.2. Dass der Antragsteller den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz am 04.02.2021 stellte, gründet auf dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Begründung des gegenständlichen Antrags ergeben sich im Wesentlichen aus den eigenen Angaben des Antragstellers in seiner Einvernahme am 02.03.2021. Im Einzelnen ist diesbezüglich wie folgt auszuführen:

Zum Vorbringen des Antragstellers in der Erstbefragung am 05.02.2021, er sei homosexuell und daher sei sein Leben in Afghanistan in Gefahr, ist darauf zu verweisen, dass der Antragsteller diesen Teil seines Vorbringens von sich aus bereits in der – ca. drei Wochen später stattgefunden habenden – Schubhaftverhandlung zurückgenommen bzw. zugegeben hat, dass dieser Vorbringensteil nicht der Wahrheit entspricht. So gab er in der Schubhaftverhandlung zu, das er die Aussage, er sei homosexuell, nur getätigt habe, weil er erreichen wollen habe, dass er vom Bundesamt nochmals angehört bzw. dass sein Verfahren wieder aufgenommen werde. Die dezidierte Frage, ob er homosexuell sei, verneinte der Antragsteller ausdrücklich und zweifelsfrei (vgl. AS 125). Weiters brachte er in der Schubhaftverhandlung vom 26.02.2021 zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz vor, er habe „etwas“ behauptet, das nicht der Wahrheit entsprochen habe. Der Antragsteller habe gehofft, dass sein Asylverfahren wieder aufgenommen werde, und dass er mit dieser Lüge, die er als Asylgrund angegeben habe, angehört werde und vielleicht die Chance auf einen Aufenthaltstitel habe (vgl. AS 127). Bei diesem Vorbringen blieb der Antragsteller auch in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 02.03.2021. Er gab an, dass er im bisherigen Verfahren einmal gelogen habe. Er sei nicht homosexuell. Das habe er nur gesagt, weil er eine positive Entscheidung vom Bundesamt bekommen wolle (vgl. AS 182). Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Zweifel, dass der Antragsteller die Angabe in der Erstbefragung, er sei homosexuell, aus asyltaktischen Gründen getätigt hat, da zum einen er selbst in den beiden folgenden Befragungen (Schubhaftverhandlung und Einvernahme) von sich aus diese Lüge zugegeben bzw. von sich aus eingeräumt hat, dieses Vorbringen nur erstattet zu haben, um eine Wiederaufnahme seines Verfahrens zu erlangen bzw. eine positive Entscheidung zu bekommen. Zum anderen finden sich im gesamten ersten Asylverfahren des Antragstellers keine Hinweise auf eine (wie in der nunmehrigen Erstbefragung behauptet) ihm bereits in Afghanistan bewusst gewesene Homosexualität.

Wenn sich der Antragsteller auf die Fluchtgründe des Erstverfahrens bezieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese bereits vom rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.07.2019 mitumfasst und sohin nicht geeignet sind, einen neuen, geänderten Sachverhalt darzulegen. Auch den eigenen Angaben des Beschwerdeführers ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Nachdem er seine Lüge betreffend Homosexualität zugegeben bzw. eingeräumt hat, in der Erstbefragung nicht die Wahrheit gesagt zu haben, bezog sich der Antragsteller ausschließlich auf jene Fluchtgründe, die er bereits im Erstverfahren vorbrachte. Zu seinem weiteren Vorbringen, er habe mit seiner Familie in Afghanistan telefoniert und diese würde ihm Beweismittel zu kommen lassen, ist darauf zu verweisen, dass der Antragsteller selbst ausführt, dass diese Beweismittel seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren betreffen würden. Es handle sich um Drohbriefe der Taliban sowie von seinen Feinden und eine Bestätigung betreffend die schlechte Sicherheitslage in seinem Heimatdorf. Alle diese Beweismittel hätten einen Bezug zum Vorverfahren (vgl. AS 182). Daher ist festzuhalten, dass auch diese Beweismittel von der Rechtskraft des Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2019 umfasst sind. Ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt ist hieraus ebenso wenig zu erblicken. Der Antragsteller selbst gibt in seiner Einvernahme am 02.03.2021 auf die Frage, ob sich seine Fluchtgründe geändert hätten, an, er halte seine Angaben aufrecht. Dazu, dass sein Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sei und ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht zukomme, habe er nichts zu sagen. Er habe alles gesagt und habe auch alles angeben können (vgl. AS 183, AS 184). Daher war die Feststellung zu treffen, dass der Antragsteller keine Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan vorgebracht hat, über die nicht bereits im Erstverfahren entschieden wurde. Weiters war aufgrund der obigen Erwägungen auch die Feststellung zu treffen, dass der Folgeantrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

2.3. Die (Negativ)feststellung, dass nicht festgestellt werden kann, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan ernsthafter Schaden droht, gründet auf den Ausführungen im mündlich verkündeten Bescheid, dass die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung über den letzten Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert blieb. Zum einen ist der Antragsteller den Länderfeststellungen im mündlich verkündeten Bescheid nicht substanziiert entgegengetreten bzw. hat sich diesbezüglich lediglich dahingehend geäußert, dass er in Afghanistan bedroht worden sei und nicht zurückkönne. Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen des Bundesamtes ist diesem Vorbringen sohin nicht zu entnehmen. Zum andern ist darauf zu verweisen, dass die Länderberichte auch unter Berücksichtigung einer eventuellen Verschlechterung der Versorgungs- und Sicherheitslage in Afghanistan keine entscheidungserhebliche Veränderung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat im Vergleich zur Lage, die bereits im Rahmen des letzten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einer Beurteilung unterzogen wurde, zeigen. Wie bereits im rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2019 ausgeführt wurde, steht dem Antragsteller eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in Herat-Stadt und/oder in Mazar-e Sharif zur Verfügung. Eine reale Gefahr für die Städte Mazar-e Sharif und Herat hat sich aus den Länderberichten aktuell nicht ergeben, sodass nach wie vor von der Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative auszugehen ist.

Weiters ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seinem Bescheid auch darauf eingegangen, dass derzeit weltweit eine als COVID-19 bezeichnete Pandemie herrscht. Es wird dazu ausgeführt, dass COVID-19 durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht wird. In Afghanistan wurden bisher [Anm.: Stand: 02.03.2021] 55.733 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 2.444 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (vgl. AS 187). Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu 3 % aus, wobei vor allem alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind. Sohin gründet die Feststellung, dass der Antragsteller keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 angehört, auf dem Umstand, dass es sich bei ihm um einen jungen Mann im Alter von ca. 25 Jahren handelt, der nicht immungeschwächt ist – ein derartiges Vorbringen wurde nicht erstattet bzw. wurden medizinische Unterlagen nicht vorgelegt - und sohin nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt.

Dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in keine ausweglose Lage bzw. in keine existenzbedrohende Situation geraten würde, gründet auf den Umständen, dass es sich bei ihm um einen erwerbsfähigen jungen Mann ohne Obsorgeverpflichtungen und ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen handelt, der die Sprachen Dari und Baluchi beherrscht und darüber hinaus über Eltern und mehrere Geschwister in Afghanistan verfügt, zu denen immer noch Kontakt besteht. Der Antragsteller selbst brachte in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 02.03.2021 vor, dass er gestern – sohin am 01.03.2021 – mit seiner Familie telefoniert habe (vgl. AS 182), sodass seinen eigenen Angaben zufolge aufrechter Kontakt besteht. Wie bereits im Erkenntnis vom 18.07.2019 festgestellt, ist die (Kern)familie des Antragstellers in der Landwirtschaft tätig und kann ihre finanzielle Situation als durchschnittlich angenommen werden. Daher kann davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller jedenfalls in der Anfangszeit sowohl in finanzieller Hinsicht als auch bei der Herstellung von zusätzlichen Kontakten oder der Anbahnung von Erwerbsmöglichkeiten im Fall seiner Rückkehr Hilfestellung von seiner Familie erhalten würde. Darüber hinaus könnte er auch in der Landwirtschaft seiner Familie tätig sein.

2.4. Die Feststellung, dass hinsichtlich der privaten und familiären Beziehungen des Antragstellers in Österreich seit dem rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren keine entscheidungswesentlichen Änderungen eingetreten sind, gründet auf dem Umstand, dass Gegenteiliges den Angaben des Antragstellers nicht entnommen werden kann. Auch aus dem unbedenklichen Akteninhalt sind diesbezügliche entscheidungswesentliche Änderungen nicht ersichtlich, sodass die entsprechende Feststellung zu treffen war.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG ist eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

Nach Abs. 2 leg. cit. sind die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG binnen acht Wochen zu entscheiden.

3.2.2. Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 BFA-VG mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

3.2.3. Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist ein Ermittlungsverfahren (vgl. § 18 AsylG) durchzuführen, wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37 und § 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 05.02.2021 erstbefragt und am 02.03.2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausführlich einvernommen. Auch wurde ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zur den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Mit Verfahrensanordnung wurde dem Antragsteller am 09.02.2021 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufzuheben.

Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG kann das Bundesamt, wenn der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt hat und kein Fall des Abs. 1 vorliegt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn 1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht, 2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist und 3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Folgeantrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Die Z 2 des § 12a AsylG verlangt, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhalts eingetreten ist. Aus den erläuternden Bemerkungen zum mit BGBl. 122/2009 eingefügten § 12a AsylG 2005 geht hervor, dass die Z 2 des § 12a eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Folgeantrags verlangt.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (vgl. z.B. VwGH vom 07.06.2000, Zl. 99/01/0321; vom 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; vom 30.05.1995, Zl. 93/08/0207 sowie vom 30.09.1994, Zl. 94/08/0183).

„Entschiedene Sache“ im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH vom 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; vom 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235; vom 17.09.2008, Zl. 2008/23/0684; vom 11.11.2008, Zl. 2008/23/1251; vom 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344 und vom 06.11.2009, Zl. 2008/19/0783). Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf verschiedene Folgeanträge VwGH vom 26.07.2005, Zl. 2005/20/0226 mwN). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (vgl. VwGH vom 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391 mwN).

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH vom 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556 und vom 26.07.2005, Zl. 2005/20/0343 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen ist, mit der Glaubwürdigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes „beweiswürdigend“ auseinanderzusetzen (vgl. VwGH vom 15.03.2006, Zl. 2006/17/0020 und vom 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556).

Jedoch berechtigt nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine spätere Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen rechtskräftigen Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet – unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b RL 2013/32/EU – etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigende Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine bevorstehende Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (vgl. VwGH vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).

3.2.4. Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG im gegenständlichen Fall vorliegen.

3.2.4.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2017 wurde gegen den nunmehrigen Antragsteller eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG getroffen. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2019 rechtskräftig abgewiesen. Gegen den Antragsteller besteht somit eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG.

3.2.4.2. Eine weitere Voraussetzung für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Es ist sohin eine Prognose darüber zu treffen, ob der Antrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

Wie bereits oben dargestellt hat der Antragsteller keine neuen Fluchtgründe vorgebracht, insbesondere hat er selbst sowohl in der Schubhaftverhandlung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt zugegeben, dass sein in der Erstbefragung vorgebrachter „neuer“ Fluchtgrund gelogen war, sodass darauf zu verweisen ist, dass er sich zur Gänze auf seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren bezogen hat (vgl. hierzu auch die Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung). Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher– wie auch im gegenständlichen Beschluss festgestellt und im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich begründet – kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Ein auf das Asylgesetz 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrags nach dem Asylgesetz aus und sind Asylbehörden daher verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Status eines Asylberechtigten, sondern auch auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten hin zu überprüfen (vgl. VfGH vom 29.06.2011, U 1533/10 sowie VwGH vom 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344 mwN).

Auch die für den Antragsteller hinsichtlich der Frage der Zuerkennung von Asyl bzw. von subsidiärem Schutz maßgebliche Ländersituation in Afghanistan ist seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2019 im Wesentlichen gleich geblieben und wurde Gegenteiliges auch nicht substanziiert behauptet.

Der vorliegende Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

3.2.4.3. Als Voraussetzung für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes normiert § 12a Abs. 2 AsylG in seiner Ziffer 3, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Fremden keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen darf.

Im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2019 wurde ausgesprochen, dass davon auszugehen sei, dass der Antragsteller in den Städten Mazar-e Sharif und Herat nicht real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden und ihm eine Ansiedlung dort auch zumutbar wäre (vgl. Punkt II.3.2.9. des Erkenntnisses vom 18.07.2019). Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sind – im Lichte der in diesem Beschluss getroffenen Erwägungen – keine Risiken für den Antragsteller im Sinne des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substanziiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Antragstellers liegende neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden. Auch seitens des Antragstellers wurde kein entsprechend konkretes Vorbringen hierzu erstattet. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.03.2021 rechtmäßig ist.

3.2.5. Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die unter Punkt II.3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen, die bei den jeweiligen Erwägungen wiedergegeben wurde. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführ

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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