Entscheidungsdatum
12.03.2021Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W281 2227065-16/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, im amtswegig eingeleiteten Verfahren Zahl XXXX zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch BF), ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im Jahr 2005 mit seinen Eltern in das Bundesgebiet ein. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 25.01.2018, Zahl XXXX , wurde dem Beschwerdeführer der 2009 verliehene Status des Asylberechtigten aberkannt und mit einer Rückkehrentscheidung in den Herkunftsstaat verbunden. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018, W215 2189017-1/4E, als verspätet zurückgewiesen.
Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.
2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 14.02.2018 wurde der (bereits mehrfach vorbestrafte) BF gemäß §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 1. Fall Strafgesetzbuch – StGB, §§ 15, 83 Abs. 1 StGB sowie § 50 Abs. 1 Z 3 Waffengesetz 1996 – WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten rechtskräftig verurteilt. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 02.05.2018 wurde der BF gemäß § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Wochen rechtskräftig verurteilt.
3. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes vom 07.03.2018 wurde gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 FPG dem Beschwerdeführer sein Konventionsreisepass entzogen und ihm aufgetragen, das Dokument gemäß § 93 Abs. 2 FPG unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen. Am 10.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Strafhaft der Konventionsreisepass abgenommen.
Während sich der BF in Strafhaft befand wurde vom Bundesamt bei der Vertretungsbehörde der Russischen Föderation ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF eingeleitet. Zu diesem Zweck wurde der BF am 14.11.2018 während seiner Anhaltung in Strafhaft vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Er verweigerte jedoch die Beantwortung der an ihn gestellten Fragen, sodass die Einvernahme ergebnislos abgebrochen werden musste.
4. Am 03.06.2019 kehrte der BF von einem Haftausgang nicht mehr in die Justizanstalt zurück und wurde daraufhin zur Fahndung ausgeschrieben. Nach seiner erneuten Festnahme befand sich der BF bis 06.12.2019 in Strafhaft.
5. Am 11.11.2019 richtete das Bundesamt im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ein Schreiben an die Vertretungsbehörde der Russischen Föderation zwecks Vorführung des BF zur Identitätsfeststellung.
6. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 26.11.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des BF aus der Strafhaft am 06.12.2019 in Vollzug gesetzt. Die vom BF gegen diesen Schubhaftbescheid vom 26.11.2019 erhobene Beschwerde wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2020 als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.
Begründend wurde dabei insbesondere auf das Entziehen aus der Strafhaft (im Zuge eines Freiganges) und das besondere Interesse des Staates an der Sicherstellung einer Überstellung verwiesen.
7. Der Beschwerdeführer wird seit 06.12.2019 in Schubhaft angehalten.
8. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.03.2020, 28.04.2020, 26.05.2020, 23.06.2020, 20.07.2020, 14.08.2020, 11.09.2020, 07.10.2020, 04.11.2020, 30.11.2020 und vom 23.12.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
9. Am 13.01.2021 wurde der BF über seine geplante Abschiebung am 31.01.2021 informiert. Wenige Stunden nach dieser Information stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt hielt die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrecht. Der diesbezügliche Aktenvermerk wurde dem BF nachweislich zur Kenntnis gebracht. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 20.01.2021 wurde dem BF gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt. Dieser Bescheid wurde dem BF am 20.01.2021 zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen.
10. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnissen vom 20.01.2021 und zuletzt vom 16.02.2021 fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
11. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 09.03.2021 die Akten gemäß §22a Abs. 4 BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor. In der diesbezüglichen Stellungnahme wurde mitgeteilt, dass die begleitete Abschiebung des BF auf dem Luftweg am 31.01.2021 nicht möglich war, da von den russischen Behörden die erforderlichen Visa für die begleitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht ausgestellt wurden.
12. Dem BF wurde im Rahmen des Parteiengehörs die Stellungnahme des Bundesamtes vom 09.03.2021, sowie das Gutachten der Amtsärztin vom 09.03.2021 und Informationen zu der Ausstellung von Heimreisezertifikaten und Flügen in die Russische Föderation übermittelt und ihm Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern. Der BF gab im Verfahren keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Sache dieses Verfahrens ist die Feststellung, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
1. Feststellungen:
1.1. Zum bisherigen Verfahren
1.1.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer der 2009 verliehene Status des Asylberechtigten aberkannt und mit einer Rückkehrentscheidung in den Herkunftsstaat verbunden. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 als verspätet zurückgewiesen.
1.1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 26.11.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die vom BF gegen diesen Schubhaftbescheid vom 26.11.2019 erhobene Beschwerde wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2020 als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.
1.1.3. Am 13.01.2021 wurde der BF über seine geplante Abschiebung am 31.01.2021 informiert. Wenige Stunden nach dieser Information stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt hielt die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrecht. Der diesbezügliche Aktenvermerk wurde dem BF nachweislich zur Kenntnis gebracht. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 20.01.2021 wurde dem BF gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt. Dieser Bescheid wurde dem BF am 20.01.2021 zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen.
1.2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft
1.2.1. Der BF ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er verfügt über keine Dokumente zum Nachweis seiner Identität, insbesondere über kein Reisedokument. Der BF ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
1.2.2. Der BF wird seit 06.12.2019 in Schubhaft angehalten.
1.2.3. Der BF befindet sich in einem guten gesundheitlichen Allgemeinzustand, er ist gesund und jedenfalls haftfähig. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.
1.3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf
1.3.1. Es besteht auf Grund des Bescheides des Bundesamtes vom 25.01.2018 gegen den BF eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme, die mit einem auf 10 Jahre befristeten Einreiseverbot verbunden ist. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 als verspätet zurückgewiesen.
1.3.2. Der BF ist im Zusammenhang mit der Organisation seiner Abschiebung in keiner Form kooperativ und in besonderem Maße vertrauensunwürdig. Der BF brach am 25.04.2015 aus einer Justizanstalt aus. Am 03.06.2019 kehrte der BF von einem bewilligten Ausgang nicht mehr in die Justizanstalt zurück. Der BF achtet die österreichische Rechtsordnung insgesamt nicht. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird er mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten um einer Abschiebung zu entgehen.
1.3.3. Der BF stellte am 13.01.2021 wenige Stunden nach der Mitteilung des Abschiebetermines einen Asylfolgeantrag. Zu diesem Zeitpunkt lag eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Dem BF kommt auf Grund des Asylfolgeantrages kein faktischer Abschiebeschutz zu. Diesen Asylantrag begründete der BF bei der Erstbefragung am selben Tag mit dem Vorbringen aus dem Aberkennungsverfahren bezüglich subsidiären Schutz, diese Umstände seien ihm seit 2017 bekannt.
1.3.4. In Österreich leben die Eltern und Geschwister des BF. Er ging jedenfalls in den letzten sechs Jahren keiner legalen Beschäftigung (außerhalb der Strukturen der Justizanstalten) nach. Er konnte seit 2014 soziale Kontakte außerhalb der Justizanstalten nur in sehr reduziertem Maße pflegen, verfügt jedoch über einen gesicherten Wohnsitz im Bundesgebiet.
1.4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft
1.4.1. Der BF weist in Österreich folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:
1.4.1.1. Mit Urteil vom 19.06.2013 verurteilte ein Landesgericht den vierzehnjährigen Beschwerdeführer wegen versuchten Einbruchsdiebstahls und Sachbeschädigung zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten, bedingt ausgesetzt für eine Probezeit von drei Jahren. Von 13.11.2013 bis 23.12.2013 und von 01.02.2014 bis 17.02.2014 befand sich der Beschwerdeführer in der Justizanstalt Josefstadt.
1.4.1.2. Mit Urteil vom 02.04.2014 verurteilte ein Landesgericht den fünfzehnjährigen Beschwerdeführer wegen Körperverletzung, sexueller Belästigung, Raub, versuchter Nötigung, gefährlicher Drohung, qualifizierter gefährlicher Drohung, fahrlässiger schwerer Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten Freiheitsstrafe. Die Probezeit betreffend die Verurteilung vom 19.06.2013 wurde auf fünf Jahre verlängert. Von 06.03.2014 bis 22.05.2014 befand sich der Beschwerdeführer in der Justizanstalt Josefstadt, am 22.05.2014 wurde der Beschwerdeführer in die Justizanstalt Gerasdorf überstellt, wo er bis 05.12.2014 angehalten wurde. Der Beschwerdeführer wurde am 05.12.2014 bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe aus der Strafhaft entlassen.
Von 20.03.2015 war der Beschwerdeführer erneut in der Justizanstalt Josefstadt, bis er am 14.04.2015 in die Justizanstalt Gerasdorf überstellt wurde. Am 25.04.2015 brach der Beschwerdeführer aus der Justizanstalt Gerasdorf aus. Am 27.04.2015 wurde der Beschwerdeführer erneut festgenommen und befand sich bis zu seiner Überstellung in die Justizanstalt Linz am 06.05.2015 in der Justizanstalt Josefstadt.
1.4.1.3. Mit Urteil vom 26.06.2015 verurteilte ein Landesgericht den sechzehnjährigen Beschwerdeführer wegen Diebstahls, Raub, versuchter Nötigung und Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 21 Monaten Freiheitsstrafe. Die Probezeit betreffend die bedingte Entlassung am 05.12.2014 wurde auf fünf Jahre verlängert. Am 22.10.2015 wurde er wieder in die Justizanstalt Gerasdorf überstellt.
1.4.1.4. Mit Urteil vom 21.11.2016 verurteilte ein Landesgericht den – im Urteilszeitpunkt bereits volljährigen – Beschwerdeführer wegen gefährlicher Drohung und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu einer Jugendstrafe von neun Monaten. Am 21.02.2017 wurde der Beschwerdeführer in die Justizanstalt Suben überstellt, am 21.08.2017 wurde er bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe aus der Strafhaft entlassen.
1.4.1.5. Mit Urteil vom 14.02.2018 verurteilte ein Landesgericht den neunzehnjährigen Beschwerdeführer wegen schwerer Nötigung, versuchter Körperverletzung und verbotenen Waffenbesitzes als jungen Erwachsenen zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Es widerrief die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe vom 21.08.2017.
1.4.1.6. Mit Urteil vom 02.05.2018 verurteilte ein Bezirksgericht den Beschwerdeführer als jungen Erwachsenen wegen verbotenen Waffenbesitzes zu einer Freiheitsstrafe von sieben Wochen. Bei der Hauptverhandlung wurden dem Beschwerdeführer am Bezirksgericht Gegenstände auf der öffentlichen Toilette hinterlegt. Beim Vollzug der Freiheitsstrafe fielen dem Beschwerdeführer zusätzlich unerlaubter Verkehr, unerlaubter Besitz und Pflichtverletzung als Ordnungswidrigkeiten zur Last.
Ab 07.03.2019 wurde der Beschwerdeführer im Entlassungsvollzug angehalten, ab 11.03.2019 im gelockerten Entlassungsvollzug. Am 03.06.2019, 14:00 Uhr, kehrte der Beschwerdeführer von einem gewährten Ausgang nicht mehr in die Justizanstalt Krems zurück; die Fahndung wurde eingeleitet. Der Beschwerdeführer war unbekannten Aufenthalts, bis er am 28.08.2019 von der Polizei aufgegriffen und in die Justizanstalt Josefstadt eingeliefert wurde; am 03.09.2019 wurde er wieder in die Justizanstalt Krems eingeliefert. Der Beschwerdeführer verbüßte die Strafhaft bis 06.12.2019.
1.4.2. Bei der russischen Vertretungsbehörde wurde vom Bundesamt noch während der Anhaltung des BF in Strafhaft ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet, am 27.02.2020 wurde der BF einer Delegation dieser Behörde zur Feststellung seiner Identität vorgeführt. Dabei verweigerte der BF die Beantwortung der Fragen, sodass das Interview abgebrochen werden musste. Vom Vater des BF wurde eine Bestätigung zur Identität des BF unterfertigt und an die russische Vertretungsbehörde übermittelt. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF wurde vom Bundesamt regelmäßig in Form von Einzelurgenzen urgiert, zusätzlich wurden am 14.08.2020 weitere Unterlagen zur Identifizierung des BF an das russische Innenministerium übermittelt. Am 23.12.2020 wurde dem Bundesamt mitgeteilt, dass der BF von den russischen Behörden identifiziert und die Zustimmung für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates erteilt wurde. Am 19.01.2021 wurde ein Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt.
Die für 31.01.2021 geplante Abschiebung des BF bzw eine sonstige Abschiebung auf dem Luftweg konnte nicht durchgeführt werden, da den begleitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes von den russischen Behörden keine Visa ausgestellt wurden. Aktuell kommt es zu Verzögerungen der Ausstellung von Visa für Organe des begleitenden Sicherheitsdienstes.
Mit der Abschiebung des BF innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ist zu rechnen.
1.4.3. Eine relevante Änderung der Umstände zu Gunsten des BF seit der letzten Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das Verfahren über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 25.01.2018 sowie das bisherige Schubhaftverfahren des BF betreffend (insbesondere BVwG-GZ 2189017-1, 2227065-1, 2227065-14 und 2227065-15, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
2.1. Zum bisherigen Verfahren
2.1.1. Die Feststellungen zum Bescheid vom 25.01.2018 und dem Beschluss vom 04.05.2018 ergeben sich aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu W215 2189017-1 und sind unstrittig.
2.1.2. Die Feststellungen zum Bescheid vom 26.11.2019 und dem mündlich verkündeten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2020 ergeben sich aus eben diesen Entscheidungen, die im Akt des Bundesverwaltungsgerichtes W112 2227065-1 und sind unstrittig.
2.1.3. Dass der Beschwerdeführer am 13.01.2021 über seine geplante Abschiebung am 31.01.2021 informiert wurde ergibt sich aus der entsprechenden Information, die dem Beschwerdeführer nachweislich am 13.01.2021 zugestellt wurde (OZ 6). Die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes und die nachweisliche Zustellung derselben an den Beschwerdeführer ergeben sich aus dem Mandatsbescheid vom 20.10.2021 samt Zustellbestätigung (OZ 6).
2.2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft
2.2.1. Aus dem Verwaltungsakt und insbesondere aus den Angaben des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 03.01.2020 ergibt sich, dass der BF über keine Dokumente zum Nachweis seiner Identität und damit auch über kein Reisedokument verfügt. An seiner Volljährigkeit besteht jedoch kein Zweifel und wird die Minderjährigkeit auch vom BF nicht behauptet. Im bisherigen Verfahren haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Da dem BF der Status des Asylberechtigten rechtskräftig aberkannt, ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und über den Asylantrag vom 13.01.2021 bisher nicht entschieden wurde, handelt es sich beim BF weder um einen Asylberechtigten noch um einen subsidiär Schutzberechtigten.
2.2.2. Dass der BF seit 06.12.2019 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres (OZ 1).
2.2.3. Aus der Aktenlage ergeben sich keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme des BF, die zu einer Haftunfähigkeit führen könnten. Am 09.03.2021 erfolgte eine amtsärztliche Haftfähigkeitsbestätigung (OZ 5). Aus der geht hervor, dass beim Beschwerdeführer eine chronisch entzündliche Erkrankung beider Lungenflügel besteht, derzeit ist der Beschwerdeführer therapie- und behandlungseinsichtig und konnte bereits die entzündungshemmende Therapie reduziert werden. Ein weiterer Kontrolltermin ist bereits geplant. Aufgrund einer Anpassungsstörung bekommt der Beschwerdeführer stimmungsaufhellende Dauermedikation, eine psychiatrische Behandlung und psychologische Betreuung in regelmäßigen Intervallen. Bei der Untersuchung am 09.03.2021 wies er einen sehr guten Gesundheitszustand auf und ist aus medizinischer Sicht haftfähig. Zuletzt wurde der BF am 09.11.2020 zu einer Untersuchung in ein Krankenhaus ausgeführt. Der BF hat im gegenständlichen Verfahren auch im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs keine Stellungnahme hinsichtlich seines Gesundheitszustandes erstattet. Dass er Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.
2.3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf
2.3.1. Die Feststellungen zu der mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.01.2018 erlassenen Rückkehrentscheidung und dem damit verbundenen Einreiseverbot ergeben sich aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen diesen Bescheid betreffend und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu W215 2189017-1.
2.3.2. Dass der BF nicht bereit ist freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Abschiebung mitzuwirken, hat er selbst angegeben; dies ergibt sich auch aus der Aktenlage. Die in besonderem Maße fehlende Vertrauenswürdigkeit des BF ergibt sich aus seiner massiven Straffälligkeit, der zweimaligen Flucht aus der Strafhaft und dem Verhalten in den bisherigen Verfahren. Seine fehlende Kooperationsbereitschaft zeigt sich insbesondere daran, dass sich der BF weigerte, die im Rahmen eines Interviews vor einer Delegation der russischen Vertretungsbehörde an ihn gerichteten Fragen zu beantworten. Dass er zwei Mal aus der Strafhaft geflohen ist, räumte der BF im Rahmen seiner Befragung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 03.01.2020 ein und gab überdies an, dass er nach einem Freigang aus Angst vor seiner Abschiebung nicht in die Justizanstalt zurückgekehrt ist.
Die grundlegende Missachtung der österreichischen Rechtsordnung durch den BF ergibt sich aus seinem Verhalten seit dem Jahr 2013. Er hat schon kurz nach Erreichen der Strafmündigkeit derart schwere Straftaten begangen, dass er sich ab dem 16. Lebensjahr fast durchgehend in Strafhaft befunden hat – darunter eine unbedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten im Jahr 2014 und von 21 Monaten im Jahr 2015; dies jeweils unter Anwendung des reduzierten Strafrahmens im Jugendstrafrecht. Angesichts dieses Vorverhaltens und der vorübergehenden Flucht aus der Strafhaft im Juni 2019 sowie der weiterhin demonstrierten Kooperationsunwilligkeit besteht keinerlei Zweifel darüber, dass sich der BF im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft dem behördlichen Zugriff umgehend (erneut) entziehen würde.
2.3.3. Aus der vom Bundesamt übermittelten Übernahmebestätigung (OZ 6) ergibt sich, dass dem BF am 13.01.2021 um 07.55 Uhr mitgeteilt wurde, dass seine Abschiebung für den 31.01.2021 organisiert wurde. Dem Protokoll über die am 13.01.2021 mit dem BF durchgeführten Erstbefragung (OZ 4 zu W1372227065-14) ist zu entnehmen, dass er am 13.01.2021 um 13.45 Uhr einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass der BF wenige Stunden nach der Bekanntgabe des konkreten Abschiebetermines einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Zu diesem Zeitpunkt lag die mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.01.2018 erlassene durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 20.01.2021 (OZ 6) wurde dem BF auf Grund des Asylfolgeantrages der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt. Das Vorbringen des BF zu seinem Asylantrag ergibt sich aus dem Protokoll der Erstbefragung.
2.3.4. Die Feststellungen zum gesicherten Wohnsitz und den familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet ergeben sich aus der Aktenlage und werden auch vom Bundesamt nicht bestritten. Die Feststellungen zur fehlenden legalen Beschäftigung und der deutlichen Reduktion sozialer Kontakte während der letzten sieben Jahre ergeben sich aus der unstrittigen, fast durchgehenden Anhaltung in Justizanstalten und Polizeianhaltezentren, die durch Abfrage zum Zentralen Melderegister (OZ 2) bestätigt werden. Gegenteiliges hat der Beschwerdeführer auch nicht im Rahmen seiner Stellungnahmemöglichkeit vorgebracht.
2.4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft
2.4.1. Die Feststellungen zu seinen Verurteilungen gründeten auf den im Verfahren zu W112 2227065-1 vorgelegten Urteilen und Strafregisterauskünften, dem Erkenntnis vom 15.09.2020, Zl. W112 2227065-1/32E, die Anhaltung in Strafhaft auf der Vollzugsinformation, dem Auszug aus dem ZMR und aus dem Strafregister. Die Feststellungen zum Vollzug der Strafhaften, auch den Ordnungswidrigkeiten, gründeten auf der Vollzugsinformation und dem Erkenntnis vom 15.09.2020, Zl. W112 2227065-1/32E. Dass der Beschwerdeführer aus der Justizanstalt Gerasdorf ausbrach und einen Ausgang nutzte, um sich der Anhaltung in der Justizanstalt Krems zu entziehen, bestätigte der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung vom 03.01.2020 zu W112 2227065-1 selbst.
2.4.2. Dass es aktuell zu Verzögerungen bei der Ausstellung von Visa für Organe des begleitenden Sicherheitsdienstes kommt, ergibt sich aus einer Information der BFA Direktion, Stand 08.03.2021, betreffend Flugverbindungen zu den Länderinformationen sowie den Informationen der Abteilung Dublin und Internationale Beziehungen/BII/1 - Rückkehrvorbereitung des Bundesamtes (OZ 8). Diese kurzeitige Nichtausstellung von Visa für Organe des begleitenden Sicherheitsdienstes liegt keine geänderte Politik zugrunde sondern gestaltet sich im Entscheidungszeitpunkt alsvorrübergehende interne Regelung. Es ist daher zu erwarten, dass eine Ausstellung von Visa für Organe des begleitenden Sicherheitsdienstes in wenigen Wochen wieder möglich sein wird.
Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit der Vertretungsbehörde der russischen Föderation sowie den Umständen, die zur Stornierung der für den 31.01.2021 geplanten Abschiebung des BF geführt haben ergeben sich aus der Aktenlage (zB OZ 3 zu W112 2227065-1 und OZ 1 zu 2227065-14) sowie aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 09.03.2021.
Aus der Aktenlage geht aber zweifelsfrei hervor, dass das Bundesamt bemüht ist, die Dauer der Schubhaft so kurz wie möglich zu halten und auf eine zeitnahe Abschiebung hinzuwirken.
Vor diesem Hintergrund kann realistisch von einer Abschiebung des BF innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ausgegangen werden.
2.4.3. Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft zu Gunsten des BF ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.
2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Rechtliche Grundlagen
3.1.1. Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 – FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:
„§ 22a. (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“
§ 22a Abs. 4 BFA-VG bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage, da der Beschwerdeführer seit 06.12.2019 in Schubhaft angehalten wird.
3.1.2. Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen (innerstaatlichen) verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art 5 Abs. lit. f EMRK und des Art 2 Abs. 1 Z 7 Bundesverfassungsgesetz vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrBVG) lauten auszugsweise:
3.1.2.1. Art 5 Abs. 1 lit. F EMRK
(1) Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
f) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.
3.1.2.2. Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG
(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.
3.1.2.3. Maßgebliche Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten auszugsweise:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.
drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.
sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.
die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.
eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.
der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.
die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.
(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.
3.2. Judikatur
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).
Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).
Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).
3.3. Zulässige Anhaltedauer
Gemäß § 80 Abs. 4 Z 1 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhaltes höchstens für die Dauer von 18 Monaten aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann, weil die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist.
Im gegenständlichen Fall besteht nicht der geringste Zweifel, dass die Feststellung der Identität (tatsächlich auch „insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokuments“) bis vor wenigen Wochen – hier relevant: zum Zeitpunkt des Überschreitens der regulären Anhaltedauer von (maximal) sechs Monaten nicht möglich war. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass im angeführten Kontext die Identifizierung durch die Behörden des Herkunftsstaates relevant ist.
Zweifel am Bestehen der zulässigen maximalen Anhaltedauer wurden auch im gegenständlichen Verfahren nicht geäußert. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher in der gegenständlichen Entscheidung von einem unzweifelhaften Bestehen der Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 1 FPG (bei Überschreiten des sechsten Monats der Anhaltung) und von einer zulässigen maximalen Anhaltedauer von 18 Monaten aus.
3.4. Fortsetzungsausspruch
Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich ist.
Da eine durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt und für den Beschwerdeführer bereits ein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde und damit zu rechnen ist, dass ein weiteres Heimreisezertifikat ausgestellt wird, ist mit einer Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der zulässigen Schubhafthöchstdauer zu rechnen.
3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:
Dabei ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der Beschwerdeführer behindert seine Rückkehr dadurch, dass er keine Schritte zur Beschaffung identitätsbezeugender Dokumente unternommen hat und vielmehr die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch unkooperatives Verhalten in dem diesbezüglichen Verfahren maßgeblich verzögert hat. Es ist daher der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt.
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).
Da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und er seine Rückkehr behindert, ist insgesamt auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.
Gemäß § 76 Abs. 3 Z 4 und 5 FPG ist bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt auch zu berücksichtigen, ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt und ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde. Der Beschwerdeführer stellte am 13.01.2021 einen Asylfolgeantrag. Zu diesem Zeitpunkt lag eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme – die mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.01.2018 erlassene Rückkehrentscheidung – vor und wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten. Faktischer Abschiebeschutz kommt dem Beschwerdeführer nicht zu. Es sind daher auch die Tatbestände des § 76 Abs. 3 Z 4 und Z 5 leg.cit. erfüllt.
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.
Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Insbesondere konnten die familiären Beziehungen den Beschwerdeführer bisher nicht von der wiederholten Begehung von Straftaten abhalten. Insbesondere ist der Beschwerdeführer aus der gerichtlichen Strafhaft geflohen, um sich seiner Abschiebung zu entziehen. Es liegt daher insgesamt kein soziales Netz vor, das den Beschwerdeführer davon abhalten könnte, unterzutauchen. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.
Zudem brach der Beschwerdeführer am 25.04.2015 aus der Justizanstalt Gerasdorf aus. Am 03.06.2019 kehrte der Beschwerdeführer von einem gewährten Ausgang nicht mehr in die Justizanstalt zurück und war bis 28.08.2019 unbekannten Aufenthalts.
Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 4, 5 und 9 FPG vor und ist aus diesen Erwägungen auch Sicherungsbedarf gegeben.
3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Der Beschwerdeführer hat zwar familiäre jedoch keine nennenswerten sozialen Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit ging der Beschwerdeführer in Österreich nicht nach.
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 19.06.2013 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 127, 129 Z 1, § 15 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 02.04.2014 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 StGB, § 218 Abs. 1 Z 1 StGB, § 142 Abs. 1 StGB, §§ 15, 105 Abs. 1 StGB, § 107 Abs. 1 und 2 StGB, § 107 Abs. 1 StGB, § 88 Abs. 4 1. Fall StGB sowie §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 26.06.2015 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 127 StGB, § 142 Abs. 1 StGB, §§ 15, 105 Abs. 1 StGB sowie § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einundzwanzig Monaten rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 21.11.2016 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 107 Abs. 1 StGB und § 269 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 14.02.2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 1. Fall StGB, §§ 15, 83 Abs. 1 StGB sowie § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten rechtskräftig verurteilt.
Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 02.05.2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Wochen rechtskräftig verurteilt.
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich seit dem Jahr 2013 sohin sechsmal – vorrangig wegen Gewalt- und Vermögensdelikten – zu weitestgehend unbedingten Freiheitsstrafen von knapp 70 Monaten, umgerechnet fast 6 Jahren verurteilt. Er wurde in dieser Zeit – bis zum Vollzug der Schubhaft – auch praktisch durchgehend in Justizanstalten angehalten. Am 25.04.2015 brach der Beschwerdeführer aus der Justizanstalt Gerasdorf aus. Am 03.06.2019 kehrte der Beschwerdeführer von einem gewährten Ausgang nicht mehr in die Justizanstalt und war bis 28.08.2019 unbekannten Aufenthalts. Durch die wiederholte Begehung von Straftaten, von denen der Beschwerdeführer trotz gerichtlicher Verurteilungen und vollzogener Haftstrafen nicht abgehalten werden konnte, ergibt sich daher aus dem Verhalten des Beschwerdeführers insgesamt, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maß gefährdet und ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers besteht.
Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung – zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.
3.1.7. Der Beschwerdeführer hat an dem bereits vor Anordnung der Schubhaft eingeleiteten Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mitgewirkt, seine Identifizierung durch die russischen Behörden wurde dem Bundesamt am 23.12.2020 bekannt gegeben.
Ein Heimreisezertifikat wurde bereits ab 21.01.2021 ausgestellt. Für die weitere geplante Abschiebung des Beschwerdeführers ist jedenfalls mit einer weiteren Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu rechnen. Da das Bundesamt bereits für den 31.01.2021 die Abschiebung des Beschwerdeführers organisiert hatte, diese jedoch letztlich nicht durchführen konnte und aus diesem Grund bis dato keine Abschiebung erfolgen konnte, da den begleitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes von den russischen Behörden keine Visa ausgestellt wurden, scheint die Aufrechterhaltung der seit 06.12.2019 bestehenden Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft unter Berücksichtigung der höchstzulässigen Anhaltedauer von 18 Monaten weiterhin noch verhältnismäßig.
Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken. Das Bundesamt hat das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer intensiv betrieben. Neben regelmäßigen Einzelurgenzen wurden auch ergänzende Unterlagen an die russischen Behörden übermittelt und konnte schließlich am 19.01.2021 ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer erlangt werden. Dass die geplante Abschiebung am 31.01.2021 und bis dato nicht durchgeführt werden konnte ist dem Bundesamt nicht zuzurechnen, zumal die Abschiebung ausschließlich deshalb scheiterte, da den begleitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes von den russischen Behörden keine Visa ausgestellt wurden. Derzeit ist allgemein die Ausstellung von Visa für begleitende Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes verzögert, diese Verzögerung ist nicht auf Versäumnisse des Bundesamtes zurückzuführen. Es ist davon auszugehen, dass eine Ausstellung von Visa bereits in wenigen Wochen wieder möglich sein wird. Da der Beschwerdeführer als Staatsangehöriger der Russischen Föderation identifiziert wurde und auch ein Heimreisezertifikat für ihn ausgestellt wurde ist weiterhin davon auszugehen, dass seine Abschiebung innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer in wenigen Wochen möglich sein wird. Es ist aktuell im Entscheidungszeitpunkt davon auszugehen, dass die Abschiebung zum nächstmöglichen Zeitpunkt, innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer, in wenigen Wochen erfolgen kann.
Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung auch weiterhin noch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.
3.1.8. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Da eine durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt, der Beschwerdeführer zur Verhinderung der Abschiebung unkooperatives Verhalten zeigt und sich insbesondere zur Verhinderung seiner Abschiebung der gerichtlichen Strafhaft entzogen hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in Freiheit für die Behörde jederzeit greifbar sein wird.
Die Anordnung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.
3.1.9. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als