TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/12 W228 2236799-1

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Veröffentlicht am 12.03.2021
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Entscheidungsdatum

12.03.2021

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W228 2236799-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter POPPENBERGER sowie Philipp KUHLMANN als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , SV XXXX vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Schönbrunner Straße vom 21.10.2020 in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Bei der am 26.08.2020 vor dem Arbeitsmarktservice Wien Schönbrunner Straße (im Folgenden: AMS) wegen Nichtannahme bzw. Nichtzustandekommen der am 22.07.2020 als Alleinkoch beim Dienstgeber Landgasthaus XXXX zugewiesenen Beschäftigung aufgenommenen Niederschrift gab XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) im Wesentlichen zu Protokoll, dass er sich telefonisch beworben habe; er wisse jedoch nicht mehr, wann genau. Einen Bewerbungsnachweis könne er nicht vorlegen. Der Telefonvertrag gehe auf seine Mutter und die wolle er damit nicht belästigen.

Mit Bescheid des AMS vom 03.09.2020 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm §10 AlVG für den Zeitraum 30.07.2020 bis 09.09.2020 verloren hat. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer das Zustandekommen einer vom AMS zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung als Alleinkoch mit möglichem Arbeitsantritt am 30.07.2020 vereitelt habe, da er sich nicht beworben habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.09.2020 fristgerecht Beschwerde. Darin führte er aus, dass es nicht den Tatsachen entspreche, dass er sich nicht beworben habe. Er habe sich, nachdem er die Stellenzuweisung erhalten habe, sehr wohl telefonisch beworben. Im Zuge dieses Telefonats sei ihm mitgeteilt worden, dass er zurückgerufen werde. Dies sei aber nicht passiert. Seit 01.08.2020 sei er aufgrund von Schulterschmerzen krankgeschrieben und könne daher keine Beschäftigung aufnehmen. Er sei aufgrund der diagnostizierten Kalkschulter in Therapie. Er sei aufgrund seiner Schulterprobleme schon öfters in Therapie gewesen und sei die Erkrankung bereits zum Zeitpunkt der Stellenzuweisung vorgelegen. Es stelle sich daher die Frage, ob die Stelle überhaupt zumutbar gewesen sei. Abgesehen davon hätte er, da er sich seit 01.08.2020 im Krankenstand befinde, die Stelle nicht antreten können, bzw. wenn, dann nur für zwei Tage, da sein Gesundheitszustand dies nicht zugelassen hätte.

Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 21.10.2020 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zwar vorgebracht habe, sich beim potentiellen Dienstgeber telefonisch beworben zu haben; er habe jedoch keinen Beweis dafür vorlegen können. In einer Gesamtschau müsse festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer keine Bewerbung auf den verfahrensgegenständlichen Stellenvorschlag durchgeführt habe und daher eine Vereitelungshandlung gesetzt habe.

Mit Schreiben vom 04.11.2020 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Antrag auf Vorlage. Darin verwies er auf sein Beschwerdevorbringen und führte überdies aus, dass seine Erkrankung keine Schutzbehauptung darstelle, da er sich im Zeitraum 01.08.2020 bis 29.09.2020 nachweislich im Krankenstand befunden habe. Im Zeitpunkt der Zuweisung habe er noch keinen Befund über seinen gesundheitlichen Zustand gehabt. Der Beschwerdeführer weise darauf hin, dass er sich rechtzeitig beworben habe, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits gesundheitliche Einschränkungen gehabt habe, die es nicht zugelassen hätten, dass er die Beschäftigung per 30.07.2020 überhaupt aufnehmen hätte können. Er hätte somit das Dienstverhältnis aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten können. Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass er sich nicht beworben habe, sei dies daher nicht kausal für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung gewesen, da er erst jetzt nach dem Ende seiner Behandlung die Beschäftigung aufnehmen hätte können. Er habe die belangte Behörde bereits vor dem 30.07.2020 darauf hingewiesen, dass er gesundheitliche Einschränkungen habe und eine Behandlung anstehe. Dennoch sei ihm die Stelle als Koch zugewiesen worden, obwohl diese nicht zumutbar gewesen sei.

Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 11.11.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 30.11.2020 dem Beschwerdeführer (und nach Vollmachtsbekanntgabe zusätzlich dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers) das Beschwerdevorlageschreiben des AMS übermittelt. Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, die Einzelgesprächsnachweise für die Monate Juli bis August 2020 sowie diverse weitere Unterlagen/Belege für sein Vorbringen vorzulegen.

Es langte keine Stellungnahme des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein und ist er der Aufforderung zur Vorlage der Nachweise nicht nachgekommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Laut der am 16.07.2020 abgeschlossenen Betreuungsvereinbarung wird der Beschwerdeführer vom AMS bei der Suche nach einer Stelle als Küchenchef oder in einem zumutbaren Beschäftigungsbereich nach § 9 AlVG im Voll-/Teilzeitausmaß im gewünschten Arbeitsort Österreich vom AMS unterstützt.

Der Beschwerdeführer hat die Lehre als Koch abgeschlossen und verfügt über Berufserfahrung in diesem Bereich.

Am 22.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer das verfahrensgegenständliche Stellenangebot als Koch im Landgasthof XXXX in Breitenfurt vom AMS übermittelt. Aus dem Vermittlungsvorschlag ist ersichtlich, dass es sich um eine Vollzeitbeschäftigung (4-Tage-Woche) handelt. In diesem Vermittlungsvorschlag wurde weiters ausgeführt, dass eine Bewerbung nach telefonischer Terminvereinbarung mit Herr XXXX erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer hat sich für verfahrensgegenständliche Stelle nicht beworben.

Der Beschwerdeführer wurde während seines Leistungsbezuges vom AMS über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG informiert.

Der Beschwerdeführer hat sich von 01.08.2020 bis 28.09.2020 im Krankenstand befunden.

2. Beweiswürdigung:

Die Betreuungsvereinbarung vom 16.07.2020 liegt im Akt ein.

Die Feststellungen zum Inhalt des Vermittlungsvorschlages sowie die Feststellung zur Rechtsfolgenbelehrung ergeben sich aus der unbestrittenen Dokumentation des AMS.

Der Krankenstand von 01.08.2020 bis 28.09.2020 ist unstrittig.

Zur Feststellung, wonach sich der Beschwerdeführer für verfahrensgegenständliche Stelle nicht beworben hat, ist beweiswürdigend, wie folgt, auszuführen:

Der Beschwerdeführer brachte vor, dass er sich telefonisch beworben habe. Eine telefonische Bewerbung wird vom potentiellen Dienstgeber bestritten. Der Beschwerdeführer hat jedoch – trotz Aufforderung durch das AMS, einen Einzelgesprächsnachweis zu erbringen - dies nicht getan und gab er auch in der Beschwerde an, dass er keine genauen Angaben zum Datum seines Anrufs machen könne. Er legte lediglich einen Screenshot vom 31.08.2020, 16:39 Uhr, vor. Darauf scheint die Nummer des Dienstgebers als 3x gewählt auf. Der Screenshot vom 31.08.2020 sagt jedoch nichts über die Gesprächsdauer aus und geht aus dem Screenshot auch nicht hervor, ob es sich bei den auf diesem Screenshot ersichtlichen Anrufen um Anrufe vom selben Tag (31.08.2020) handelt. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschwerdeführer daher mit Schreiben vom 30.11.2020 aufgefordert, die Einzelgesprächsnachweise für die Monate Juli bis August vorzulegen. Der Beschwerdeführer ist diesem Auftrag nicht nachgekommen. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, dass ihm die Beschaffung einer Telefonliste, aus welcher Datum und Gesprächsdauer der Anrufe ersichtlich sind, nicht möglich sei, da das Telefon auf seine Mutter angemeldet sei, er mit jener zerstritten sei und er daher die Liste nicht bekommen könne, ist auszuführen, dass Streitigkeiten mit seiner Mutter zwar eine Kontaktaufnahme für den Beschwerdeführer persönlich unerfreulich erscheinen lassen mögen, jedoch kein faktisches Hindernis für den Beschwerdeführer darstellen, seine Mutter aufzusuchen um die Einzelgesprächsnachweise zu besorgen (z.B. Vollmacht ausstellen lassen und vom Mobilfunkanbieter anfordern, falls die Nachweise nicht direkt bei der Mutter verfügbar sind).

In einer Gesamtschau war daher, zumal vom Beschwerdeführer keine entsprechenden Nachweise vorgelegt wurden, festzustellen, dass eine telefonische Bewerbung vor seinem am 01.08.2020 beginnenden Krankenstand nicht erfolgte, obwohl ihm bereits am 22.07.2020 das Stellenangebot zugewiesen wurde.

Zum weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers vom 31.08.2020, wonach seine Großmutter kürzlich verstorben sei und seine Mutter aufgrund eines Nervenzusammenbruchs im Spital sei, ist beweiswürdigend auszuführen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Großmutter weder das Sterbedatum/Beisetzungsdatum angeführt noch Belege dazu vorgelegt hat. Hinsichtlich seiner Mutter hat er weder ein Beginn- noch ein Enddatum des Krankenhausaufenthalts angegeben noch Belege dafür vorgelegt. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Beschwerdeführer daher mit Schreiben vom 30.11.2020 den Auftrag erteilt, Sterbedatum und Beisetzungsdatum seiner Großmutter bekannt zu geben und die Belege dazu vorzulegen (Sterbeurkunde, Parte), sowie Beginn- und Enddatum des Spitalaufenthalts seiner Mutter bekannt zu geben und eine Spitalsaufenthaltsbestätigung vorzulegen. Der Beschwerdeführer ist auch diesen Aufträgen des Bundesverwaltungsgerichts nicht nachgekommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS Wien Schönbrunner Straße.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, dh bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. (vgl. zB VwGH 19.09.2007, 2006/08/0157, mwN und jüngst VwGH 08.09.2014, Zl. 2013/08/0005)

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 18.01.2012, Zl. 2008/08/0243 und jüngst VwGH: 08.09.2014, Zl. 2013/08/0005 sowie 15.10.2015, Zl. Ro 2014/08/0042).

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. VwGH 18.11.2009, Zl. 2009/08/0228; 26.10.2010, Zl. 2008/08/0244 sowie jüngst VwGH 15.10.2015, Zl. Ro 2014/08/0042).

Während § 9 AlVG den Begriff der Arbeitswilligkeit definiert und Kriterien für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer durch das Arbeitsmarktservice bzw. einen von diesem beauftragten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung bzw. Nach(Um)schulung oder Wiedereingliederungsmaßnahme enthält, sanktioniert § 10 AlVG durch befristeten Leistungsausschluss das Verhalten desjenigen, der die Beendigung des Zustandes der Arbeitslosigkeit schuldhaft zu vereiteln sucht. Wenn ein Arbeitsloser somit eine zumutbare Beschäftigung im Sinne des § 9 AlVG nicht annimmt bzw. die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, so führt dies gemäß § 10 AlVG zum temporären Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe.

Der Beschwerdeführer wurde seitens des AMS über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG informiert.

Zur Zumutbarkeit der Beschäftigung als Koch ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zuweisung der Stelle am 22.07.2020 die Zumutbarkeit des gegenständlichen Stellenvorschlages nicht in Frage gestellt hat. Der Beschwerdeführer hat sich erst ab 01.08.2020, sohin jedenfalls erst nach dem Vereitelungszeitpunkt, im Krankenstand befunden. Eine mögliche Unzumutbarkeit der Stelle brachte der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde vor. In der am 26.08.2020 vor dem AMS aufgenommenen Niederschrift tätigte der Beschwerdeführer noch kein in diese Richtung gehendes Vorbringen, sondern führte er dort aus, dass er hinsichtlich körperlicher Fähigkeiten und Gesundheit keine Einwendungen habe.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschäftigung als Koch zumutbar im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen war, zumal die zugewiesene Beschäftigung sämtlichen Bestimmungen gemäß § 9 Abs. 2 AlVG entsprochen hat.

Den Feststellungen folgend hat sich der Beschwerdeführer für verfahrensgegenständliche Stelle nicht beworben.

Der Beschwerdeführer hat dadurch, dass er sich nicht beworben hat, seinen Unwillen, die angebotene Beschäftigung anzutreten, deutlich zum Ausdruck gebracht und hat er sich in Bezug auf die konkret angebotene Beschäftigung nicht arbeitswillig gezeigt. Es ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer somit kein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln entfaltet hat.

Die Verhängung der Sperrfrist erfolgt schon aus dem Grund, weil der Beschwerdeführer kein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln entfaltet hat. Durch seine Nichtbewerbung hat er eine Vereitelungshandlung iSd § 10 AlVG gesetzt.

Zur Kausalität ist auszuführen, dass hierbei nicht Voraussetzung ist, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre (vgl. VwGH 20.9.2006, Zl. 2005/08/0106). Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 15.10.2014, Zl. Ro 2014/08/0042), was im gegenständlichen Fall als gegeben anzusehen ist. Es ist auch bedingter Vorsatz im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung gegeben, zumal es dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein muss, dass seine Nichtbewerbung zu einem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses führt; jedenfalls hat der Beschwerdeführer durch sein Verhalten das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zumindest in Kauf genommen.

Bei dieser Sachlage konnte die belangte Behörde als Ergebnis ihrer nachvollziehbaren Begründung zu Recht die Erfüllung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 AlVG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht bejahen.

Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG liegen nicht vor. Ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potentiellen Schaden, der durch seine Nichteinstellung entstanden ist, ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden oder auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann (vgl. dazu VwGH 26.11.2008, Zl. 2006/08/0242). Darüber hinaus berücksichtigungswürdig sind Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss von Bezug der Leistungen den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft als dies sonst ganz allgemein der Fall ist. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an.

Außer Betracht zu bleiben haben die für die Prüfung der Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung maßgeblichen Umstände. In der weiteren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurden - jeweils fallbezogen - u.a. die bloße Behauptung des Fehlens sonstiger Mittel (Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0042), der Bestand einer Einstellungszusage (Erkenntnisse vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0147, und vom 16. November 1993, Zl. 93/08/0233; vgl. auch das Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/08/0035), das Bemühen um eine Beendigung der Arbeitslosigkeit (Erkenntnisse vom 8. Juni 1993, Zl. 93/08/0111, vom 4. Juli 1995, Zl. 95/08/0159, und vom 22. Dezember 1998, Zl. 98/08/0163), die finanzielle Belastung durch eine monatliche Leasingrate und sonstige Schulden in näher genannter Höhe (Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, Zl. 94/08/0292), Sorgepflichten für jeweils ein Kind und/oder einen Ehegatten (Erkenntnisse vom 16. Mai 1995, Zl. 94/08/0150, vom 27. Februar 1996, Zl. 95/08/0080, vom 20. Oktober 1998, Zl. 97/08/0585, vom 26. Jänner 2000, Zl. 95/08/0030, und vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/08/0242) und zuletzt in einem Fall auch für fünf Kinder (Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/08/0137), die Gefährdung des eigenen Unterhalts (Erkenntnisse vom 20. Oktober 1998, Zl. 97/08/0585, und vom 22. Dezember 1998, Zl. 98/08/0163) sowie - im Zusammenhang mit § 122 Abs. 2 Z 2 ASVG - eine Zuckerkrankheit des Arbeitslosen (Erkenntnis vom 16. Mai 1995, Zl. 94/08/0150) nicht als ausreichend erkannt, um die Nichtgewährung der Nachsicht als rechtswidrig erscheinen zu lassen. In Bezug auf Betreuungspflichten wurde ausgeführt, sie müssten zu einer gegenüber anderen Arbeitslosen unverhältnismäßigeren finanziellen Belastung führen (so das Erkenntnis vom 5. September 1995, Zlen. 94/08/0252, 95/08/0001; vgl. hiezu den Hinweis auf die als Regelfall anzusehenden Sorgepflichten im Erkenntnis vom 16. Mai 1995, Zl. 94/08/0150).

Der Beschwerdeführer brachte vor, dass er in Privatkonkurs sei und im Falle einer Sperre der Notstandshilfe seine Wohnung verlieren würde und nichts zu essen hätte.

Die Gefährdung des eigenen Unterhaltes stellt nach der Judikatur jedoch keine Gründe dar, derentwegen der vorübergehende Ausschluss vom Bezug der Notstandshilfe den Beschwerdeführer härter träfe, als dies im allgemeinen der Fall ist (vgl. VwGH 98/08/0163).

Zu den weiteren vorgebrachten Nachsichtgründen (Tod der Großmutter, Spitalsaufenthalt der Mutter) hat der Beschwerdeführer, wie beweiswürdigend ausgeführt, keine Nachweise vorgelegt.

Es liegen daher keine Nachsichtgründe im Sinn des § 10 Abs. 3 AIVG vor.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum AlVG. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Schlagworte

Anspruchsverlust Bewerbung Gesundheitszustand Kausalität Notstandshilfe Sperrfrist Vereitelung zumutbare Beschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W228.2236799.1.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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