Entscheidungsdatum
15.03.2021Norm
B-VG Art130 Abs5Spruch
W195 2240047-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den Antrag von XXXX , geb. XXXX , auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Beschwerde im erforderlichen Umfang, jedenfalls durch Beigebung eines Rechtsanwaltes, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Antragsteller erhob zu den Aktenzeichen XXXX und XXXX jeweils Anzeige gegen unbekannte Täter. Die Staatsanwaltschaft XXXX sah in diesen Fällen von der Einleitung von Ermittlungsverfahren gemäß § 35c Staatsanwaltschaftsgesetz ab, weil den Anzeigen jeweils kein Verdacht gerichtlich strafbarer Handlungen zu entnehmen gewesen sei. Der Antragsteller erhob deshalb mit Eingabe vom 21.01.2021 eine Dienstaufsichtsbeschwerde an die Oberstaatsanwaltschaft XXXX .
Die Leiterin der Staatsanwaltschaft XXXX teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 04.02.2021, zu GZ. XXXX , mit, dass kein Anlass für dienstaufsichtsbehördliche Maßnahmen gegen die jeweiligen Sachbearbeiter bestehe, zumal den Anzeigen kein Verdacht gerichtlich strafbarer Handlungen zu entnehmen sei.
Zur Erhebung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung stellte der Antragsteller mit Eingabe vom 01.03.2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 02.03.2021, den gegenständlichen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im erforderlichen Umfang, jedenfalls durch Beigebung eines Rechtsanwaltes samt angeschlossenem Vermögensbekenntnis. Er führte darin aus, dass ihm eine faire Rechtsprechung seit 2018 verweigert werde und er verfolgt und verhetzt werde. Zudem werde von den Behörden jede Hilfestellung abgewiesen und versucht seine Rechte zu unterdrücken. Er werde als Täter dargestellt um die wahren Absichten zu vertuschen. Diese Vorfälle seien psychische Gewalt unter deren Auswirkungen er leide. Er wolle, dass der Angriff auf seine Person endet und rechtliche Schritte gesetzt werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der dargestellte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt, insbesondere aus der Eingabe des Antragstellers vom 01.03.2021.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A)
3.1. Maßgebliche Rechtslage
Gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3).
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes, soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg. cit.).
Gemäß § 6 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens seine Zuständigkeit zu prüfen und eine etwaige Unzuständigkeit wahrzunehmen (VwGH vom 29.10.2015, Ro 2015/07/0019).
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da entsprechendes nicht vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2. Zurückweisung der Beschwerde:
Gemäß § 8a Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ist einer Partei – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist gemäß § 8a Abs. 3 VwGVG schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Als unzulässig sind Anträge zurückzuweisen, wenn das Verwaltungsgericht zur Entscheidung über das Rechtsmittel offenkundig unzuständig ist (vgl. VfGH 09.06.2016, A 6/2016; VwGH 19.02.1982, 82/04/0026; VwGH 11.09.1989, 89/15/0094) oder sie durch eine Person gestellt werden, der offenkundig keine Rechtsmittellegitimation zukommt (BVwG 11.05.2017, W108 2016307-2; Raschauer/Wessely, Kommentar zum VwGVG § 8a Stand 31.03.2018, rdb.at RZ 24).
Mit dem Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014, BGBl. I Nr. 71/2014, wurde in § 35c Staatsanwaltschaftsgesetz (StAG) eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass die Staatsanwaltschaft von der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens abzusehen hat, wenn kein Anfangsverdacht im Sinne des § 1 Abs. 3 StPO besteht. Davon ist der Anzeiger zu verständigen, wobei er darauf hinzuweisen ist, dass ein Antrag auf Fortführung gemäß § 195 StPO nicht zusteht. Die Gesetzesmaterialien zum Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014 (ErläutRV 181 BlgNR 25. GP, S. 22) erläutern, durch die in § 35c StAG vorgesehene Verständigung des Anzeigers solle ermöglicht werden, dass für den Anzeiger Substitute zum Antrag auf Fortführung, wie etwa eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder ein Einschalten der Volksanwaltschaft, zur Verfügung stehen. § 37 StAG sieht dementsprechend auch eine Aufsichtsbeschwerde gegen einen Staatsanwalt wegen seiner Amtsführung bei jeder ihm vorgesetzten Stelle vor. Wird die Beschwerde nicht bei der dem Staatsanwalt unmittelbar vorgesetzten Stelle eingebracht, so ist sie in der Regel dieser zur weiteren Amtshandlung zu übermitteln (VwGH 08.09.2020, Ra 2020/03/0108).
Gemäß Art. 130 Abs. 5 B-VG sind Rechtssachen, die zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte oder des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte ausgeschlossen, sofern nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.
Die Verwaltungsgerichte, und damit auch das Bundesverwaltungsgericht, sind somit entsprechend den eindeutigen verfassungsrechtlichen Vorgaben grundsätzlich nicht zuständig, über Beschwerden, die gegen zivilrechtliche oder strafrechtliche Entscheidungen erhoben werden, zu erkennen.
Nach den dargelegten verfassungsrechtlichen Bestimmungen entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nicht in Angelegenheiten, welche den Strafgerichten bzw. dem Verfahren nach der Strafprozessordnung (StPO) vorbehalten sind. Die (Un-)Tätigkeiten der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Anzeigen und der Dienstaufsichtsbehörde des Antragstellers betreffen jedoch ein Verfahren, welches der StPO und dem StAG unterliegt. Somit ist ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung einer Beschwerde im Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren mangels verfassungsrechtlicher Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes, zurückzuweisen.
Darüber hinaus kann eine Aufsichtsbeschwerde zwar grundsätzlich jedermann, der sich durch das Vorgehen eines Organes für beschwert erachtet, erheben. Jedoch ist die angerufene Verwaltungsbehörde nicht verpflichtet, dem Einschreiter eine Erledigung über seine Aufsichtsbeschwerde zukommen zu lassen. Selbst wenn dem Einschreiter im vorhergegangenen Verfahren, das den Anlass zur Aufsichtsbeschwerde gegeben hat, Parteistellung zukäme, hat er kein Recht auf die Ausübung des Aufsichtsrechtes. Der Einschreiter kann im Verfahren über die Aufsichtsbeschwerde mangels eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses niemals Partei sein. Ihm kommt daher auch kein Recht zu, welches Parteien vorbehalten ist (VwGH 14.12.1995, 94/19/1203 mwN).
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde im Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren des Antragstellers ist daher auch mangels Parteistellung und somit mangels Rechtsmittellegitimation im Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren gemäß § 37 StAG unzulässig.
Die Beschwerde ist daher jedenfalls zurückzuweisen.
3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Da die vorliegende Beschwerde mittels Beschluss zurückzuweisen ist und aus einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, konnte trotz Parteiantrages von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) § 24 VwGVG, Anm 7, mwN).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im vorliegenden Beschluss findet sich die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufsichtsbeschwerde Beschwerdelegimitation Parteistellung Staatsanwaltschaft Unzuständigkeit BVwG Verfahrenshilfe ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2240047.1.00Im RIS seit
21.05.2021Zuletzt aktualisiert am
21.05.2021