Entscheidungsdatum
15.03.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W122 2149640-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 12.01.2017, Zl. P6/3080/2017-PA, zu Recht:
A)
Das Besoldungsdienstalter wird um 831 Tage verbessert.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit dem gegenständlichen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung durch Anrechnung von Vordienstzeiten abgewiesen. Begründend angeführt wurde im Wesentlichen, dass der Gesetzgeber in § 175 Abs. 79 Z. 3 und Abs. 79a und 79b klargestellt hätte, dass die alte Rechtslage nicht mehr anzuwenden sei.
Mit der gegenständlichen Beschwerde vom 07.02.2017 brachte der Beschwerdeführer verfassungsrechtliche und unionsrechtliche Bedenken vor.
Mit Erledigung vom 10.03.2017 legte die belangte Behörde den Bescheid, die Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist dem Planstellenbereich der Landespolizeidirektion Niederösterreich zur Dienstleistung zugewiesen. Der Beschwerdeführer stand am 28.02.2015 in einem Dienstverhältnis zum Bund und wurde nach § 169c Abs. 1 Gehaltsgesetz übergeleitet.
Der Beschwerdeführer hat aufgrund seiner Tätigkeit als Polizeipraktikant vor dem 18. Geburtstag eine Zeit von 2 Jahren und 6 Monaten an zusätzlich anrechenbaren Zeiten aufzuweisen. Nach einem Vergleich von Vorrückungsstichtag und Vergleichsstichtag sind dem Beschwerdeführer 831 Tage zusätzlich anzurechnen.
2. Beweiswürdigung:
Die oben genannten Feststellungen sind aus dem behördlichen Verwaltungsakt, dem Antrag des Beschwerdeführers und dessen Beschwerde unstrittig zu entnehmen. Insbesondere das vom Beschwerdeführer bestätigte Berechnungsblatt der belangten Behörde wies die oben genannte Anzahl von Tagen, mit dem das Besoldungsdienstalter zu korrigieren wäre aus.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (GehG 1956, BDG 1979) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der "civil rights" im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).
Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).
Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung, abgesehen werden.
Zu A)
In Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG ist die 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I 58/2019, ergangen.
§ 169f Abs. 1 GehG 1956 ordnet an, dass bei Beamten, die sich am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I 58/2019, im Dienststand befinden (Z 1) und die nach § 169c Abs. 1 übergeleitet wurden (Z 2) und deren erstmalige Festsetzung des Vorrückungsstichtags für das laufende Dienstverhältnis unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten erfolgt ist (Z 3) und bei denen nach der erstmaligen Festsetzung nach Z 3 nicht die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. I 82/2010 vorangestellt und durch Außerachtlassung der mit diesem Bundesgesetz bewirkten Verlängerung des für die erste Vorrückung erforderlichen Zeitraums zur Gänze für die Einstufung wirksam geworden sind (Z 4), die besoldungsrechtliche Stellung von Amts wegen bescheidmäßig neu festzusetzen ist.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. erfolgt bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I 58/2019, anhängigen Verfahren, welche die Frage der Anrechnung zusätzlicher Vordienstzeiten, der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags, insbesondere nach § 113 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I 82/2010, der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters oder der Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für eine Beamtin oder einen Beamten nach Abs. 1 Z 3 als Hauptfrage zum Gegenstand haben, eine Neufestsetzung im Rahmen dieser Verfahren.
Gemäß Abs. 5 leg. cit. erfolgt die Neufestsetzung in bereits anhängigen Verfahren nach Abs. 3 bei Beamten, die nicht nach § 169c Abs. 1 (allenfalls in Verbindung mit § 169d Abs. 3, 4 oder 6) übergeleitet wurden, abweichend von Abs. 4 durch Feststellung 1. der Einstufung zum Tag der Antragseinbringung oder, wenn die Beamtin oder der Beamte vor diesem Tag aus dem Dienststand oder dem Dienstverhältnis ausgeschieden ist, zum Ablauf des letzten Tages des Dienststands oder Dienstverhältnisses und 2. des Vorrückungstermins, mit dem die Einstufung nach Z 1 erreicht wurde. Die Einstufung und der Vorrückungstermin nach Z 1 und 2 sind zunächst auf Grundlage des letzten Vorrückungsstichtags, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde, zu bemessen. Anschließend sind sie um die Anzahl an ganzen Monaten, die zwischen dem Vergleichsstichtag und dem Vorrückungsstichtag liegen, zu verbessern, wenn der Vergleichsstichtag vor dem Vorrückungsstichtag liegt, andernfalls um diese zu vermindern.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass zunächst gemäß § 169f Abs. 5 GehG 1956 die Einstufung des Beschwerdeführers zum Ablauf des letzten Tages seines Dienstverhältnisses und den Vorrückungstermin, mit dem diese Einstufung erreicht wurde, festzustellen war. Diese sind dabei zunächst auf Grundlage des letzten Vorrückungsstichtags, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde, zu bemessen.
In einem weiteren Schritt war der Vergleichsstichtag gemäß § 169g GehG 1956 zu ermitteln.
Zuletzt war die im ersten Schritt festgestellte Einstufung und der festgestellte Vorrückungstermin um die Zeit, die zwischen dem Vergleichsstichtag und dem Vorrückungsstichtag liegt, zu verbessern. Diese Berechnung wurde in oben zitiertem Berechnungsblatt, welches dem Beschwerdeführer vorgehalten wurde durchgeführt. Die Zeit, die der Beschwerdeführer als Polizeipraktikant beim Bund vor seinem 18. Geburtstag absolvierte, war besoldungswirksam anzurechnen. Die entsprechende Nachzahlung wird durch die belangte Behörde zu effektuieren sein.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Insbesondere fehlt es an einer Rechtsprechung zu der mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I 58/2019, erfolgten gesetzlichen Neugestaltung in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG.
Schlagworte
Anrechnung Besoldungsdienstalter öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Praktikum Revision zulässig VorrückungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W122.2149640.1.00Im RIS seit
21.05.2021Zuletzt aktualisiert am
21.05.2021