Entscheidungsdatum
17.03.2021Norm
AVG §57 Abs3Spruch
L527 2230049-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Fabian MASCHKE, Dominikanerbastei 17/11, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Ried vom 02.03.2020, Zahl XXXX , betreffend Einbringung von Geldstrafen nach dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz (GEG), zu Recht:
A)
I. Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids wird ersatzlos aufgehoben.
II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheids wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass in Spruchpunkt II des Bescheids die Wortfolge „verhängten Geldstrafen in Höhe von insgesamt sohin EUR 700.008,00“ durch die Wortfolge „verhängten Geldstrafen in Höhe von insgesamt EUR 700.000,00 sowie die Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,00, somit einen Betrag von insgesamt EUR 700.008,00“ ersetzt wird.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Unter Berufung auf die einstweilige Verfügung des Landesgerichts Ried im Innkreis XXXX bewilligte das Bezirksgericht Braunau am Inn mit Beschluss vom 25.09.2018, XXXX , die Exekution gemäß § 355 EO gegen den Beschwerdeführer zur Erwirkung der Unterlassung, Geräte für die Durchführung von Glücksspielen in der Form der Ausspielung zu betreiben oder einem Dritten den Betrieb von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu ermöglichen, insbesondere durch Aufstellung und/oder Zugänglichmachung solcher Geräte, insbesondere in einem näher bezeichneten Lokal, solange er oder Dritte, denen er die Durchführung in Form der Ausspielung ermöglicht, nicht über die dafür erforderliche Konzession oder behördliche Bewilligung verfügt und/oder nicht die Bestimmungen über den Spielerschutz nach den glücksspielrechtlichen Vorschriften einhält, insbesondere kein Identifikationssystem/Zutrittssystem besteht. Wegen des im Exekutionsantrag behaupteten Zuwiderhandelns gegen das soeben genannte Verbot verhängte das Bezirksgericht mit seinem Beschluss vom 25.09.2018 ferner eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 10.000,00 über den Beschwerdeführer. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Rekurs blieb erfolglos (Landesgericht Ried im Innkreis 30.10.2018, XXXX ).
2. Mit Beschluss vom 14.10.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn über den Beschwerdeführer aufgrund eines 23. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 24.09.2019.
Mit Beschluss vom 14.10.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn über den Beschwerdeführer aufgrund eines 24. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 25.09.2019.
Mit Beschluss vom 13.11.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn über den Beschwerdeführer aufgrund eines 25. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 29.10.2019.
Mit Beschluss vom 13.11.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn über den Beschwerdeführer aufgrund eines 26. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 30.10.2019.
Mit Beschluss vom 21.11.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn über den Beschwerdeführer aufgrund eines 27. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 05.11.2019.
Mit Beschluss vom 21.11.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn über den Beschwerdeführer aufgrund eines 28. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 07.11.2019.
Mit Beschluss vom 26.11.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn über den Beschwerdeführer aufgrund eines 29. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 13.11.2019.
3. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 08.01.2020 schrieb eine Kostenbeamtin für den Präsidenten des Landesgerichts Ried im Innkreis dem Beschwerdeführer die mit den unter Punkt 2. genannten Beschlüssen verhängten Geldstrafe in Höhe von EUR 700.000,00 zuzüglich EUR 8,00 Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG zur Zahlung vor.
4. Infolge der gegen den Mandatsbescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung leitete der Präsident des Landesgerichts Ried im Innkreis (in der Folge: [belangte] Behörde) ein Ermittlungsverfahren ein und erließ schließlich den angefochtenen Bescheid. Damit sprach die Behörde unter Spruchpunkt I aus, dass der Mandatsbescheid außer Kraft getreten sei. Unter Spruchpunkt II verpflichtete sie den Beschwerdeführer zur Zahlung von insgesamt EUR 700.008,00 binnen 14 Tagen bei sonstiger zwangsweiser Einbringung.
5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer die „aufgrund plötzlicher EDV-Probleme“ auf dem Postweg eingebrachte gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er im Wesentlichen vorbringt: Es sei kein ordentliches Verfahren durchgeführt worden. Das Recht auf Parteiengehör sei missachtet worden, da der Beschwerdeführer keine Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe nicht nur auf die Ausführungen in der Beschwerde, sondern auch auf das Vorbringen in erster Instanz Bedacht zu nehmen, weshalb das gesamte bisherige Vorbringen sowie die gestellten Anträge zum Inhalt dieser Beschwerde erhoben werden. Die Begründung des Bescheids sei in mehrfacher Hinsicht mangelhaft; eine Sachverhaltsfeststellung sei der Begründung nicht in ausreichendem Ausmaß zu entnehmen. Da das „über die Vorstellung erkennende Gericht“ nicht innerhalb von 14 Tagen nach Einbringung der Vorstellung Ermittlungstätigkeiten aufgenommen habe, sei der Mandatsbescheid ex lege außer Kraft getreten. Wegen der, wie der Beschwerdeführer unter Verweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 30.04.2014, C 390/12, behauptet, geänderten Rechtsprechung sei die Erlassung des Mandatsbescheids unzulässig gewesen. Die belangte Behörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht hätten die – vom Beschwerdeführer behauptete – Unionsrechtswidrigkeit im Grundverfahren aufzugreifen (gehabt). Die übrigen Ausführungen in der Beschwerde beziehen sich auf eine behauptete Unionsrechtswidrigkeit bzw. Verfassungswidrigkeit des Glücksspielgesetzes (GSpG), insbesondere des Glücksspielmonopols; die entsprechenden Bestimmungen des GSpG seien unanwendbar. Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, dass bei der Bemessung der Geldstrafe die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten hätte berücksichtigt werden müssen. Gegenständlich wäre mit einer Geldstrafe in Höhe von maximal EUR 100,00 das Auslangen zu finden gewesen.
6. Zur Frage der schriftlichen Anordnung des Entscheidungsorgans im Grundverfahren, dass eine Vorschreibung erfolgen könne (§ 234 Abs 1 Z 1 Geo [Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz]), führte das Bundesverwaltungsgericht die – von der belangten Behörde unterlassene – Beweisaufnahme durch. Weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde machten (fristgerecht) von der Möglichkeit zur Stellungnahme Gebrauch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der belangten Behörde mit der Beschwerde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].
1. Feststellungen:
1.1. Mit Beschluss vom 14.10.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn rechtskräftig über den Beschwerdeführer aufgrund eines 23. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 24.09.2019 (AS 1 ff).
Mit Beschluss vom 14.10.2019, XXXX , in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 18.10.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn rechtskräftig über den Beschwerdeführer aufgrund eines 24. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 25.09.2019 (AS 5 ff, 9 f).
Mit Beschluss vom 13.11.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn rechtskräftig über den Beschwerdeführer aufgrund eines 25. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 29.10.2019 (AS 11 ff).
Mit Beschluss vom 13.11.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn rechtskräftig über den Beschwerdeführer aufgrund eines 26. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 30.10.2019 (AS 15 ff).
Mit Beschluss vom 21.11.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn rechtskräftig über den Beschwerdeführer aufgrund eines 27. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 05.11.2019 (AS 19 ff).
Mit Beschluss vom 21.11.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn rechtskräftig über den Beschwerdeführer aufgrund eines 28. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 07.11.2019 (AS 23 ff).
Mit Beschluss vom 26.11.2019, XXXX , verhängte das Bezirksgericht Braunau am Inn rechtskräftig über den Beschwerdeführer aufgrund eines 29. weiteren Strafantrags der im Vollstreckungsverfahren betreibenden Partei wegen Zuwiderhandelns gegen das unter Punkt 1. beschriebene Verbot eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100.000,00 für einen behaupteten Verstoß am 13.11.2019 (AS 27 ff).
1.2. Mit schriftlicher Verfügung vom 08.01.2020 ordnete der für das Verfahren zur Zahl XXXX , sohin auch die Beschlüsse unter 1.1., infolge einer Änderung der Geschäftsverteilung, die zwischenzeitlich erfolgt war (OZ 3), nunmehr zuständige Richter des Bezirksgerichts Braunau am Inn die Einbringung der mit den Beschlüssen rechtskräftig verhängten Geldstrafen an (AS 31; OZ 3).
1.3. Mit dem nach Erlassung eines Mandatsbescheids (08.01.2020, XXXX ; AS 33 ff), fristgerechter Erhebung einer Vorstellung (AS 43 ff) und Durchführung eines Ermittlungsverfahrens (AS 59 ff) erlassenen und nunmehr angefochtenen (AS 103 ff) Bescheid (AS 69 ff) verpflichtete die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Zahlung der mit den unter 1.1. genannten Beschlüssen verhängten Geldstrafen in Höhe von insgesamt EUR 700.000,00 sowie der Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,00, somit von einem Betrag von EUR 700.008,00, binnen 14 Tagen bei sonstiger zwangsweiser Einbringung (Spruchpunkt II in Verbindung mit Spruchpunkt I und der Begründung). Unter Spruchpunkt I des Bescheids hielt die Behörde fest, dass der Mandatsbescheid vom 08.01.2020 infolge der rechtzeitigen Erhebung der Vorstellung außer Kraft getreten sei.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akten (Verwaltungsverfahrensakt und verwaltungsgerichtlicher Akt). Zur Erlassung des gegenständlichen Bescheids und jenes Bescheids, der Anfechtungsgegenstand im Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts zur Zahl L527 2230048-1 ist, führte die Behörde einen gemeinsamen Verwaltungsverfahrensakt. Die jeweiligen Aktenbestandteile sind bei den Feststellungen, soweit möglich, unter Nennung der Schriftstücke, Geschäftszahlen, Aktenseiten oder Ordnungszahlen angegeben. Im Einzelnen sei noch hervorgehoben:
Die unter 1.1. genannten Beschlüsse wurden vom Bezirksgericht Braunau am Inn, Richterin Mag. XXXX , Abteilung XXXX , erlassen (vgl. z. B. AS 13). Die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der Beschlüsse wurden vom Leiter der Geschäftsabteilung für Richter Mag. XXXX , Bezirksgericht Braunau am Inn, Abteilung 2, beurkundet (vgl. z. B. AS 1). Die schriftliche Verfügung vom 08.01.2020, AS 31, wurde mit handschriftlicher Unterschrift/Paraphe gezeichnet; aus der Unterschrift/Paraphe lässt sich der Namen des Zeichnenden nicht ersehen; der Name ist auch nicht leserlich beigesetzt.
Nach dem vom Bundesverwaltungsgericht – unter Wahrung des Parteiengehörs (OZ 4) – durchgeführten (Ermittlungs-)Verfahren besteht dennoch kein Zweifel, dass die Geldstrafen rechtskräftig verhängt wurden und dass das Entscheidungsorgan im Grundverfahren die schriftliche Anordnung traf, dass eine Vorschreibung erfolgen könne:
Der vom Bundesverwaltungsgericht vom Vorsteher des Bezirksgerichts Braunau am Inn eingeholten Stellungnahme und den dieser angeschlossenen Auszügen aus der Geschäftsverteilung des Bezirksgerichts Braunau am Inn lässt sich nämlich eindeutig entnehmen, dass zwischen der Genehmigung der unter 1.1. genannten Beschlüsse einerseits und der Bestätigung der Rechtskraft sowie Vollstreckbarkeit und der schriftlichen Anordnung, dass eine Vorschreibung erfolgen könne, andererseits die Geschäftsverteilung geändert wurde (OZ 3). Aufgrund der Geschäftsverteilung war zum Zeitpunkt der Genehmigung der Beschlüsse Richterin Mag. XXXX , Abteilung XXXX , für das (Grund-)Verfahren mit der Zahl XXXX zuständig, zum Zeitpunkt der Bestätigung der Rechtskraft sowie Vollstreckbarkeit und der schriftlichen Anordnung der Vorschreibung war es Richter Mag. XXXX , Abteilung XXXX .
Dass die Geldstrafen rechtskräftig verhängt wurden, war demnach angesichts der auf den unter 1.1. genannten Beschlüssen angebrachten entsprechenden Bestätigungen festzustellen. Den Bestätigungen kommt die rechtliche Qualität einer öffentlichen Urkunde im Sinne des § 292 Abs 1 ZPO zu. Öffentliche Urkunden machen (soweit sie keine äußeren Mängel aufweisen) den vollen Beweis der bezeugten (rechtserheblichen) Tatsache. Das heißt, sie begründen die Vermutung ihrer inhaltlichen Richtigkeit, die allerdings nach § 292 Abs 2 ZPO (vgl. auch § 47 AVG) widerlegt werden kann; vgl. VwGH 11.09.2015, 2012/17/0130. Im gegebenen Fall ist nichts hervorgetreten, was an der Echtheit und Richtigkeit der Bestätigung zweifeln ließe.
Dass Richter Mag. XXXX , Abteilung XXXX , als das zum betreffenden Zeitpunkt für das Grundverfahren zuständige Organ bzw. der zuständige Organwalter die unter 1.2. genannte schriftliche Verfügung vom 08.01.2020 traf, legte der Vorsteher des Bezirksgerichts Braunau am Inn nach entsprechender Anfrage durch das Bundesverwaltungsgericht (OZ 2) in seiner schriftlichen Äußerung vom 25.01.2021, OZ 3, dar. Diese Ausführungen können bedenkenlos den Feststellungen zugrunde gelegt werden, gibt es doch nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass der Vorsteher des Bezirksgerichts unzutreffende Angaben gemacht haben könnte oder ein Interesse daran haben könnte, unzutreffende Angaben zu machen.
Das Bundesverwaltungsgericht verständigte sowohl den Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde vom Ergebnis der Beweisaufnahme und räumte die Möglichkeit zur Stellungnahme ein (OZ 4). Keine der Parteien machte hiervon (fristgerecht) Gebrauch.
Der Sachverhalt ist somit aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Aufhebung von Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids und (im Übrigen) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Rechtslage:
3.1.1. Gemäß § 1 Z 2 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) sind Geldstrafen und Geldbußen aller Art mit Ausnahme jener nach § 1 Z 2 3 GEG, Zwangsgelder, Zwangs- und Beugestrafen, die von ordentlichen Gerichten (ausgenommen in Disziplinarangelegenheiten der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter) verhängt worden sind oder deren Einbringung nach besonderen Vorschriften den ordentlichen Gerichten obliegt, von ordentlichen Gerichten und Justizbehörden verhängte Ordnungs- und Mutwillensstrafen sowie die Kosten des elektronisch überwachten Hausarrests (§ 156b Abs 3 StVG) von Amts wegen einzubringen.
Es handelt sich daher nicht bloß um die in einem Strafverfahren einzubringenden Geldstrafen, sondern auch um Geldstrafen, die in einem anderen gerichtlichen Verfahren (etwa als Ordnungs-, Mutwillens- oder Zwangsstrafen oder als Geldbußen nach den §§ 29 ff KartG 2005) verhängt worden sind; siehe Dokalik, Gerichtsgebühren13, § 1 GEG Anm 2.
3.1.2. Gemäß § 234 Abs 1 Z 1 Geo bedarf die Einbringung einer schriftlichen Anordnung des Entscheidungsorgans im Grundverfahren, dass eine Vorschreibung erfolgen kann; dazu bedarf es der Rechtskraft der Entscheidung im Grundverfahren, mit der die Strafe verhängt oder die Zahlung der für verfallen erklärten Geldbeträge angeordnet wurde.
3.1.3. Gemäß § 6 Abs 1 Z 1 GEG ist zuständige Behörde für die Vorschreibung der nach § 1 GEG einzubringenden Beträge aus Verfahren, die im Zeitpunkt der Vorschreibung der Beträge in erster Instanz anhängig sind oder zuletzt in erster Instanz anhängig waren (Grundverfahren), sowie für die Entscheidung über sonstige mit deren Einbringung zusammenhängende Anträge, einschließlich Rückzahlungsanträge und Einwendungen nach § 35 EO, der Präsident des Gerichtshofs erster Instanz für Beträge aus Grundverfahren bei seinem Gericht oder den ihm unterstellten Bezirksgerichten.
Gemäß § 6 Abs 2 GEG kann die nach § 6 Abs 1 GEG zuständige Behörde die Leiter der Geschäftsabteilungen oder andere geeignete Bedienstete der eigenen oder der das Grundverfahren führenden Dienststelle ermächtigen, Entscheidungen (Mandatsbescheide) auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren im Namen der Behörde zu erlassen (Kostenbeamte). Gegen einen vom Kostenbeamten erlassenen Bescheid ist nur das Rechtsmittel der Vorstellung (§ 7 Abs 1 GEG) zulässig; eine Belehrung darüber und über die Tatsache, dass der Bescheid vom Kostenbeamten im Namen der Behörde erlassen wurde, muss dem Bescheid zu entnehmen sein.
3.1.4. Werden die nach § 1 GEG einzubringenden Beträge nicht sogleich entrichtet (§ 4 Gerichtsgebührengesetz [GGG]) oder ist die Einziehung erfolglos geblieben, so sind sie gemäß § 6a Abs 1 GEG durch Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung zu enthalten, den Betrag binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen. Gleichzeitig ist dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr in Höhe von 8 Euro vorzuschreiben. Der Zahlungsauftrag ist ein Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung.
3.1.5. Gemäß § 6b Abs 1 GEG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes vorgesehen ist, für das Verfahren zur Einbringung die Bestimmungen des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG) mit Ausnahme des § 91, und subsidiär des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) anzuwenden. Bei Uneinbringlichkeit einer Ordnungs- und Mutwillensstrafe kann keine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden.
Gemäß § 7 Abs 1 GEG kann, wer sich durch den Inhalt eines Mandatsbescheides, der von einem Kostenbeamten (§ 6 Abs 2 GEG) namens der Behörde erlassen wurde, beschwert erachtet, binnen zwei Wochen Vorstellung bei der Behörde (§ 6 Abs 1 GEG) erheben.
§ 7 Abs 2 GEG zufolge tritt mit der rechtzeitigen Erhebung der Vorstellung der Mandatsbescheid außer Kraft, soweit sich die Vorstellung nicht ausdrücklich nur gegen einen Teil des vorgeschriebenen Betrages richtet. Die Behörde kann erforderlichenfalls Ermittlungen durchführen und hat mit Bescheid auszusprechen, ob und inwieweit eine Zahlungspflicht besteht; dabei ist sie nicht an die Anträge der Partei gebunden, sondern kann auch über eine weitergehende Zahlungspflicht absprechen.
3.1.6. Gemäß § 6b Abs 4 GEG können im Verfahren zur Einbringung im Justizverwaltungsweg weder das Bestehen, noch die Rechtmäßigkeit einer im Grundverfahren dem Grunde und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht überprüft werden.
3.1.7. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum GGG knüpft die Gebührenpflicht an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten, vgl. VwGH 26.02.2015, 2013/16/0177.
Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind sowohl der Kostenbeamte als auch der Präsident des Landesgerichts als Justizverwaltungsorgan bei der Gerichtsgebührenfestsetzung an die Entscheidungen des Gerichts gebunden, vgl. VwGH 28.02.2014, 2011/16/0183; 30.09.2004, 2004/16/0124 mit weiteren Nachweisen (mwN). Daher darf auch die Gesetzmäßigkeit der durch die gerichtliche Entscheidung dem Grund und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht nicht neuerlich im Wege des Verwaltungsverfahrens zur Einbringung der Forderung aufgerollt werden, vgl. VwGH 10.08.2015, Ra 2015/03/0047 mwN.
3.2. Zum gegenständlichen Fall:
3.2.1. Eingangs weist das Bundesverwaltungsgericht die belangte Behörde darauf hin, dass der Aufbau des angefochtenen Bescheids nicht dem Gesetz entspricht; vgl. § 58 und § 60 AVG (vgl. zur Anwendbarkeit im behördlichen Verfahren § 6b Abs 1 GEG) und die dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, z. B. VwGH 04.09.2013, 2013/08/0113, VwGH 15.09.2016, Ra 2016/02/0135, VwGH 22.03.2019, Ra 2017/04/0135. Es ist auch zu bemängeln, dass die Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht vollständig ermittelte und nicht zur Gänze nachvollziehbar – im Zuge einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung – feststellte (vgl. AS 69 ff). Dies ist gerade deshalb bemerkenswert, weil sich weder die vollständige Ermittlung noch die nachvollziehbare Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts als sonderlich anspruchsvoll oder komplex erwies. Das Bundesverwaltungsgericht verweist diesbezüglich auf die Beweiswürdigung oben unter 2., aus der ersichtlich ist, welche Ermittlungsschritte die Behörde verabsäumt hatte und wie bereits die Behörde die Beweiswürdigung hätte ausgestalten müssen, damit diese die entscheidungswesentlichen Feststellungen hätte tragen können. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu betonen, dass die Behörde im angefochtenen Bescheid sichtlich auch den Regelungsgehalt des § 234 Abs 1 Z 1 Geo verkannte. § 234 Abs 1 Z 1 Geo verlangt nämlich die schriftliche Anordnung des Entscheidungsorgans im Grundverfahren; die Behörde stellte jedoch nur fest, dass mit Verfügung vom 08.01.2020 die Einhebung der Geldstrafen angeordnet worden sei (AS 70), und ließ damit im Dunkeln, ob das Entscheidungsorgan im Grundverfahren die entsprechende Verfügung schriftlich getroffen hatte. Der Beschwerdeführer macht freilich keinen der vom Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten Mängel geltend und trat insbesondere auch den Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht einmal ansatzweise entgegen (AS 103 ff).
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass derartige Mängel bzw. Verfahrensmängel im Verfahren vor der belangten Behörde durch ein mängelfreies Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht saniert werden; vgl. mwN VwGH 26.02.2019, Ra 2019/06/0011. Somit ist es (auch) nicht erforderlich, auf die vom Beschwerdeführer behaupteten Mängel im behördlichen Verfahren und in der Begründung im angefochtenen Bescheid näher einzugehen. Hervorgehoben sei dennoch:
Rechtlich jedenfalls verfehlt ist das Vorbringen in der Beschwerde, dass der Mandatsbescheid ex lege außer Kraft getreten sei, weil das „über die Vorstellung erkennende Gericht“ nicht innerhalb von 14 Tagen nach Einbringung der Vorstellung Ermittlungstätigkeiten aufgenommen habe. Abgesehen davon, dass keine Zuständigkeit eines Gerichts besteht, über eine Vorstellung zu erkennen, und im gegenständlichen Verfahren auch kein Gericht über die Vorstellung erkannte, trat der Mandatsbescheid gemäß § 7 Abs 2 GEG mit der rechtzeitigen Erhebung der Vorstellung, die sich nicht ausdrücklich nur gegen einen Teil des vorgeschriebenen Betrags richtete (AS 43 ff), außer Kraft.
Ebenso wenig trifft zu, dass der Beschwerdeführer keine Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt hätte. Mit Schreiben vom 30.01.2020 (AS 59 ff) räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer dezidiert die Möglichkeit zur Stellungnahme ein, wovon der Beschwerdeführer allerdings nicht Gebrauch machte.
3.2.2. Die für die – mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene – Einbringung der verhängten Geldstrafen unabdingbaren Voraussetzungen, nämlich die rechtskräftige Verhängung der Geldstrafen und die Anordnung nach § 234 Abs 1 Z 1 Geo, liegen, wie unter 1.1. und 1.2. festgestellt sowie unter 2. begründet, vor. Das Bundesverwaltungsgericht hält (noch einmal) fest, dass § 234 Abs 1 Z 1 Geo durch die schriftliche Verfügung vom 08.01.2020 von Richter Mag. XXXX , Abteilung XXXX , entsprochen ist, war er doch das zum betreffenden Zeitpunkt für das Grundverfahren zuständige Organ bzw. der zuständige Organwalter.
Soweit der Beschwerdeführer entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (exemplarisch: BVwG 25.04.2019, L521 2217295-1/2E, BVwG 05.03.2019, L524 2211726-1/2E; beide Entscheidungen wurden nicht angefochten) vorbringt, die Entscheidungen des Bezirksgerichts Braunau am Inn wären im Einbringungsverfahren zu überprüfen, da sich die „Rechtsprechung massiv geändert“ habe, und des Weiteren vermeint, die Verhängung einer Geldstrafe sowie deren Einbringung wären wegen Unionsrechtswidrigkeit im Grundverfahren unzulässig, hält das Bundesverwaltungsgericht entgegen, dass dem jeden Zweifel ausschließenden § 6b Abs 4 GEG zufolge im Verfahren zur Einbringung im Justizverwaltungsweg weder das Bestehen noch die Rechtmäßigkeit einer im Grundverfahren dem Grunde und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht überprüft werden können. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs selbst dann, wenn die gerichtliche Entscheidung offenbar unrichtig sein sollte.
Diese Regelung entspricht dem bereits vor dem 01.01.2014 geltenden Grundsatz, dass gegen einen Zahlungsauftrag, mit dem sich aus einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ergebende Beträge vorgeschrieben werden, ein Rechtsmittel nur dann erhoben werden kann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder der Zahlungsauftrag der ihm zugrunde liegenden Entscheidung des Gerichts nicht entspricht (vgl. § 7 Abs 1 letzter Satz GEG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung). Der Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung soll – wie den Materialien zu § 6b Abs 4 GEG, BGBl I 190/2013, entnommen werden kann – nun eindeutig im Gesetz normiert werden (ErlRV 2357 BlgNR XXIV. GP, S 8).
Es ist zudem ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Justizverwaltungsorgane an Gerichtsentscheidungen gebunden sind: Die das Gerichtsgebührengesetz und das gerichtliche Einbringungsgesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane sind dem folgend an die Entscheidungen der Gerichte gebunden; vgl. VwGH 29.04.2013, 2012/16/0131, zumal nach dem in Art 94 B-VG normierten Grundsatz der Gewaltentrennung die Verwaltungsbehörden nicht berechtigt sein sollen, die Richtigkeit gerichtlicher Entscheidungen zu hinterfragen, vgl. VwGH 14.09.2004, 2004/06/0074; 27.01.2011, 2010/06/0127. Eine selbständige Prüfungsbefugnis der Justizverwaltung bezüglich der Rechtmäßigkeit der Verhängung der Geldstrafe besteht demzufolge nicht; vgl. Dokalik, Gerichtsgebühren13, § 6b GEG, E 15 ff.
Die gerichtliche Entscheidung ist im Falle der Einbringung von Geldstrafen, zu welchen entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs einem weiten Verständnis folgend auch Ordnungs-, Mutwillens- und Zwangsstrafen zählen, vgl. VwGH 28.11.2006, 2006/06/0261, die jeweilige gerichtliche Entscheidung über die Verhängung der Geldstrafe. Das sind gegenständlich die vom Bezirksgericht Braunau am Inn erlassenen Beschlüsse vom 14.10.2019, XXXX sowie XXXX (berichtigt mit Beschluss vom 18.10.2019, XXXX ), vom 13.11.2019, XXXX sowie XXXX , vom 21.11.2019, XXXX sowie XXXX , und vom 26.11.2019, XXXX . In Anbetracht der erörterten Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung kommt weder der Justizverwaltungsbehörde noch dem Bundesverwaltungsgericht eine selbständige Prüfungsbefugnis hinsichtlich der Rechtmäßigkeit dieser gerichtlichen Entscheidungen zu.
Im Lichte dieser Ausführungen erweisen sich die weitwendigen Beschwerdeausführungen zur behaupteten Inländerdiskriminierung und Unionsrechtswidrigkeit des GSpG, die sich zwingend auf die Verhängung von Beugestrafen auswirken müsse, und ferner der von der im Einzelnen wiedergegebenen Judikatur des Europäischen Gerichtshofs (die entgegen den Beschwerdebehauptungen nicht jüngeren Datums ist), abgeleitete Standpunkt, die Justizverwaltungsbehörde hätte bei nochmaliger Überprüfung der Tatsachen feststellen müssen, dass die Erlassung des Mandatsbescheids wegen Unionsrechtswidrigkeit im Grundverfahren unzulässig gewesen sei, als nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Derartige Überlegungen wären allenfalls ebenso im Grundverfahren einzubringen gewesen wie die Frage der Angemessenheit der verhängten Geldstrafe in Relation zur Leistungsfähigkeit des Verpflichteten.
Die Beschwerde wirft daher keine Umstände auf, die eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids erkennen ließen.
Schließlich weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt sind und der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 16.03.2016, Ro 2015/17/0022, der nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen ist und keine Unionsrechtswidrigkeit erkannt hat. Die daran anschließende ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, vgl. etwa VwGH 19.01.2018, Ra 2017/17/0919, kann als bekannt vorausgesetzt werden, ebenso die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, vgl. die zu RIS-Justiz RS0129945 angeführten Entscheidungen, etwa das Erkenntnis vom 26.09.2017, 4 Ob 124/17i mwN, oder des Verfassungsgerichtshofs, vgl. insbesondere VfGH 30.11.2017, E 3302/2017 mwN.
3.2.3. Die Festsetzung einer Einhebungsgebühr im Betrag EUR 8,00 begegnet schließlich in Anbetracht des § 6a Abs 1 GEG keinen Bedenken, da der Beschwerdeführer die Geldstrafe nicht entrichtete, sodass ein Zahlungsauftrag zu erlassen war.
3.2.4. Für die Erlassung von Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids gibt es keine Rechtsgrundlage. Das Bundesverwaltungsgericht verweist auf die Ausführungen unter 3.1.5. und fügt hinzu, dass auch § 57 Abs 3 AVG zu keinem anderen Ergebnis führt. Nach § 57 Abs 3 letzter Satz AVG ist das Außerkrafttreten des Bescheids auf Verlangen der Partei schriftlich zu bestätigen. Bei dieser Bestätigung handelt es sich um eine formlose Beurkundung ohne Bescheidcharakter. Die Partei hat einen Rechtsanspruch auf Ausstellung einer derartigen Bestätigung oder - wenn sie meint, der Bescheid sei noch nicht außer Kraft getreten - auf Erlassung eines Bescheids, mit dem ihr Antrag abgewiesen wird. Vgl. mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 57 Rz 43 (Stand 1.7.2005, rdb.at). Gegenständlich ist überdies zu bedenken, dass der Beschwerdeführer eine derartige Bestätigung überhaupt nicht begehrte.
3.3. Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids fehlt es somit an einer rechtlichen Grundlage, weshalb ihn das Bundesverwaltungsgericht ersatzlos aufzuheben hatte.
Hingegen erwies es sich als rechtmäßig, den Beschwerdeführer bescheidmäßig zur Zahlung von insgesamt EUR 700.008,00 zu verpflichten. Unter Bedachtnahme auf den aufzuhebenden Spruchpunkt I sowie die Begründung des angefochtenen Bescheids besteht auch kein Zweifel, dass sich der unter Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheids dem Beschwerdeführer zur Zahlung vorgeschriebene Betrag von EUR 700.008,00 aus den vom Bezirksgericht Braunau am Inn verhängten Geldstrafen in Höhe von insgesamt EUR 700.000,00 und der Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG in Höhe von EUR 8,00 zusammensetzt; vgl. zur Auslegung des Spruchs eines Bescheids Hengstschläger/Leeb, AVG § 59 Rz 110 f (Stand 1.7.2005, rdb.at). Dies war zur Klarstellung im Spruch ersichtlich zu machen und die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen (§ 28 Abs 1 und 2 VwGVG).
3.4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Eine mündliche Verhandlung wurde zwar beantragt. Sie konnte jedoch gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen, weil im vorliegenden Fall die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC nicht ersichtlich war. Soweit das Bundesverwaltungsgericht von der Behörde unterlassene Ermittlungen nachzuholen hatte, setzte es die Parteien vom Ergebnis der Beweisaufnahme unter Einräumung der Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, schriftlich in Kenntnis (OZ 4). Die Parteien ließen die gewährte Frist ungenutzt verstreichen. Das Bundesverwaltungsgericht gibt in diesem Zusammenhang auch zu bedenken, dass der – anwaltlich vertretene – Beschwerdeführer die vom Bundesverwaltungsgericht erkannten und nunmehr sanierten Mängel in der Beschwerde nicht einmal andeutungsweise geltend gemacht hatte und auch den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten war. Vgl. ferner VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132, wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 EMRK fallen. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist; vgl. VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bzw. des Verfassungsgerichtshofs (vgl. die zahlreichen Zitate) bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Bindungswirkung gerichtliche Einbringung Einbringung Einbringungsgebühr ersatzlose Teilbehebung ex lege - Außerkrafttreten Geldstrafe Gewaltentrennung Glücksspielautomaten Mandatsbescheid Maßgabe öffentliche Urkunde Rechtskraft Vorstellung Zahlungsauftrag ZahlungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L527.2230049.1.00Im RIS seit
18.05.2021Zuletzt aktualisiert am
18.05.2021