TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/19 W186 2175102-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2021
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Entscheidungsdatum

19.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BuLVwG-EGebV §1 Abs1
BuLVwG-EGebV §1 Abs2
BuLVwG-EGebV §2 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2

Spruch


W186 2175102-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith Putzer als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2017, Zl. 353399910/171173938, und die Anhaltung in Schubhaft von 21.10.2017 bis 14.11.2017, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.10.2017 wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gleichzeitig wird die Anhaltung in Schubhaft von 21.10.2017 bis 14.11.2017 für rechtswidrig erklärt.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres), hat gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag der Verwaltungsbehörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Eingabengebühr wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Er reiste am 19.10.2005 illegal von der Slowakei kommend in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag unter Vorlage eines Reisepasses einen (ersten) Asylantrag.

Sein erster Asylantrag vom 19.10.2005 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.03.2006 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 für zulässig beschieden sowie dieser gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Russland ausgewiesen. Infolge der dagegen erhobenen Berufung wurde diese Entscheidung mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 20.04.2006, Zl. 300.097-C1/E1-XVIII/55/06, gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur Durchführung des materiellen Verfahrens an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Mit Bescheid vom 11.08.2006 wurde der Antrag vom 19.10.2005 erneut gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig beschieden und der Betroffene gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Russland ausgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 06.05.2011 gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 29.06.2011, Zl. U 1317/11-3, ebenfalls abgelehnt.

Mit Bescheid vom 17.11.2011 wurde der (zweite) Antrag auf Zuerkennung von internationalen Schutz des BF vom 18.10.2011 gemäß § 68 AVG zurückgewiesen und der Betroffene gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Mit Beschluss vom 21.12.2011 des Asylgerichtshofes wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens hinsichtlich des mit Erkenntnis vom 06.05.2011 unter der GZ D4 300097-2/2008/29E des Asylgerichtshofes rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens des Beschwerdeführers gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 04.01.2012 des Asylgerichtshofes wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 22.6.2011 gemäß § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) idgF nicht stattgegeben. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.01.2012 wurde die Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.04.2012 wurde der (dritte) Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und er gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen. Eine hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.05.2012 gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Im vierten Asylverfahren des Beschwerdeführers erfolgte zunächst mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.07.2012, Zl. 12 07.840-EAST West, die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes. Am 24.07.2012 hielt der Asylgerichtshof in einem Aktenvermerk fest, dass eine Überprüfung unter Zugrundelegung des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchgeführt wurde, die ergab, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durch das Bundesasylamt vorlägen. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 08.08.2012, Zl. D4 300097-7/2012/2E, wurde im amtswegig eingeleiteten Verfahren über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend den Beschwerdeführer durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.07.2012 ausgesprochen, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 41a AsylG 2005 rechtmäßig war.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.01.2013, Zl. 12 07840-EAST-West, wurde der (vierte) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.06.2012 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 26.03.2013, Zl. D4 300097-8/2013/7E, wurde die Beschwerde in Spruchteil I. gemäß § 68 Abs. 1 AVG idF BGBl. Nr. 471/1995 und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idF BGBl Nr. 38/2011 als unbegründet abgewiesen. Der Antrag auf Beigabe eines Rechtsberaters wurde ebenfalls abgewiesen.

Am 15.09.2016 brachte der Beschwerdeführer seinen fünften Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.03.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 15.09.2016 in Spruchpunkt I. gemäß § 68 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei. In Spruchpunkt III. wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestünde. In Spruchpunkt IV. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG), ein auf die Dauer von neun Jahren und sechs Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs 1 Ziffer 2 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.)

Eine hiergegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 09.06.2017, Zl. W111 1300097-11/4E, gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF iVm § 28 Abs. 1 iVm Abs. 2 VwGVG idgF, sowie gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005 sowie § 55 Absatz 1a FPG, § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG, jeweils idgF, als unbegründet ab.

Während seines Aufenthalts in Österreich wurden der Beschwerdeführer neun Mal rechtskräftig verurteilt. Sein Strafregisterauszug weist folgende Einträge auf:

Verurteilungen auf:

01. Verurteilung

Gericht: BG SALZBURG, Geschäftszahl: 28 U 335/2006B, Urteil 1. Instanz: 12.09.2006 Rechtskräftig seit: 26.01.2007; Delikt: § 15 127 StGB Strafausmaß: Geldstrafe von 40 Tags zu je 2,00 EUR (80,00 EUR) im NEF 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe Zusatz: Junge(r) Erwachsene(r)Vollzugsdatum:19.11.2007

02. Verurteilung

Gericht: LG SALZBURG Geschäftszahl: 41 HV 65/2007AUrteil 1. Instanz: 25.09.2007 Rechtskräftig seit: 29.09.2007 Delikt: § 15/1 142/1 PAR 15/1 127 PAR 15/1 130 (1. FALL) StGB Strafausmaß: Freiheitsstrafe 18 Monate, davon Freiheitsstrafe 12 Monate, bedingt, Probezeit 3 JahreVollzugsdatum:23.11.2007

Nachtrag: zu LG SALZBURG 41 HV 65/2007A RK 29.09.2007Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 23.11.2007ausgesprochen durch: LG SALZBURG 41 HV 65/2007A vom 29.11.2007

Nachtrag: zu LG SALZBURG 41 HV 65/2007A RK 29.09.2007Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre ausgesprochen durch: LG F.STRAFS.GRAZ 8 HV 54/2008T/B vom 30.03.2009

Nachtrag: zu LG SALZBURG 41 HV 65/2007A RK 29.09.2007(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 23.11.2007ausgesprochen durch: LG SALZBURG 041 HV 65/2007a vom 28.02.2014

03. Verurteilung

Gericht: LG F.STRAFS.GRAZ Geschäftszahl: 8 HV 54/2008T Urteil 1. Instanz: 30.03.2009 Rechtskräftig seit: 03.04.2009 Delikt: § 127 PAR 15 127 StGB Datum der (letzten) Tat:26.03.2008Strafausmaß:Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Vollzugsdatum: 03.04.2009

Nachtrag: zu LG F.STRAFS.GRAZ 8 HV 54/2008T RK 03.04.2009Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre ausgesprochen durch: BG SALZBURG 27 U 367/2009F/B vom 23.10.2009

Nachtrag: zu LG F.STRAFS.GRAZ 8 HV 54/2008T RK 03.04.2009(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 03.04.2009ausgesprochen durch: LG F.STRAFS.GRAZ 008 HV 54/2008t vom 14.06.2017

04. Verurteilung

Gericht: BG SALZBURG Geschäftszahl: 27 U 367/2009FUrteil 1. Instanz: 23.10.2009 Rechtskräftig seit: 28.10.2009 Delikt: § 15 127 StGB Datum der (letzten) Tat:13.08.2009 Strafausmaß: Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 JahreVollzugsdatum:28.10.2009

Nachtrag: zu BG SALZBURG 27 U 367/2009F RK 28.10.2009Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre ausgesprochen durch: LG SALZBURG 031 HV 149/2011m vom 19.01.2012

Nachtrag: zu BG SALZBURG 27 U 367/2009F RK 28.10.2009(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 28.10.2009ausgesprochen durch: BG SALZBURG 027 U 367/2009f vom 21.05.2015

05. Verurteilung

Gericht: BG SALZBURGGeschäftszahl:27 U 479/2009AUrteil 1. Instanz:11.12.2009Rechtskräftig seit:15.12.2009Delikt: § 127 StGB Datum der (letzten) Tat:05.11.2009Strafausmaß: Freiheitsstrafe 1 Monat, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG SALZBURG 27 U 367/2009F RK 28.10.2009Vollzugsdatum:15.12.2009

Nachtrag: zu BG SALZBURG 27 U 479/2009A RK 15.12.2009Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre ausgesprochen durch: LG SALZBURG 031 HV 149/2011m vom 19.01.2012

Nachtrag: zu BG SALZBURG 27 U 479/2009A RK 15.12.2009(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 15.12.2009ausgesprochen durch: BG SALZBURG 027 U 479/2009a vom 29.06.2015

06. Verurteilung

Gericht: LG SALZBURGGeschäftszahl:031 HV 149/2011mUrteil 1. Instanz:19.01.2012Rechtskräftig seit:17.04.2012Delikt:§§ 127, 130 1. Fall StGB Datum der (letzten) Tat:03.11.2011Strafausmaß:Freiheitsstrafe 10 MonateVollzugsdatum:18.10.2012

07. Verurteilung

Gericht: LG SALZBURGGeschäftszahl:064 HV 41/2013zUrteil 1. Instanz:19.03.2014Rechtskräftig seit:03.11.2014 Delikt: § 107 (1) StGB Delikt:§ 107a (1) (2) Z 1 StGB Delikt:§§ 105, 106 (1) Z 1 StGB Delikt:§ 125 StGB Delikt:§ 91 (1) 1. Fall StGB Delikt:§ 50 (1) Z 3 WaffG Datum der (letzten) Tat:16.01.2014Strafausmaß:Freiheitsstrafe 20 Monate

08. Verurteilung

Gericht: LG RIED IM INNKREISGeschäftszahl:012 HV 3/2015pUrteil 1. Instanz: 06.03.2015Rechtskräftig seit:09.02.2016 Delikt: § 15 StGB § 127 StGB Delikt: § 223 (2) StGB Datum der (letzten) Tat:08.12.2014 Strafausmaß: Freiheitsstrafe 5 Monate

Nachtrag: zu LG RIED IM INNKREIS 012 HV 3/2015p RK 09.02.2016

zu LG SALZBURG 064 HV 41/2013z RK 03.11.2014Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 09.09.2016, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfeausgesprochen durch: LG SALZBURG 048 BE 93/2016d vom 09.06.2016

Nachtrag: zu LG RIED IM INNKREIS 012 HV 3/2015p RK 09.02.2016

zu LG SALZBURG 064 HV 41/2013z RK 03.11.2014Probezeit der bedingten Entlassung verlängert auf insgesamt 5 Jahre ausgesprochen durch: LG SALZBURG 047 HV 82/2016h vom 05.12.2016

Nachtrag: zu LG RIED IM INNKREIS 012 HV 3/2015p RK 09.02.2016

zu LG SALZBURG 064 HV 41/2013z RK 03.11.2014Aufhebung der Bewährungshilfeausgesprochen durch: LG SALZBURG 048 BE 93/2016d vom 28.02.2018

09. Verurteilung

Gericht: LG SALZBURGGeschäftszahl:047 HV 82/2016hUrteil 1. Instanz: 05.12.2016Rechtskräftig seit: 12.12.2016 Delikt: § 15 StGB §§ 83 (1), 84 (2) StGB Delikt: § 229 (1) StGB Delikt: § 269 (1) 1. Fall StGB § 15 StGB Datum der (letzten) Tat:17.10.2016Strafausmaß: Freiheitsstrafe 12 MonateVollzugsdatum:19.10.2017

Der Beschwerdeführer wurde am 16.05.2017 bezüglich Erlangung eines Heimreisezertifikates in der Justizanstalt Ried von einem Beamten des Bundesamtes niederschriftlich einvernommen. Er verweigerte die Unterschrift auf die Einvernahme und verließ den Raum.

Mit Parteiengehör des Bundesamtes vom 02.10.2017 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass gegen ihn eine in zweiter Instanz seit 09.06.2017 rechtskräftige Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot bestehe. Auf Grund seines Vorverhaltens gehe die Behörde davon aus, dass er wie mehrmals zuvor Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde. Aus diesem Grund sei beabsichtigt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gem. § 76 FPG zu verhängen um seine Abschiebung in die russische Föderation zu gewährleisten. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit gegeben Fragen zu seinen persönlichen Umständen im Bundesgebiet schriftlich zu beantworten.

Am 09.10.2017 langte eine Stellungnahme von Seiten des Beschwerdeführers zur beabsichtigten Erlassung der Schubhaft ein.

Der Beschwerdeführer stellte am 10.10.2017 schriftlich einen Folgeantrag auf internationalen Schutz und wurde hierzu am selben Tag erstbefragt. Die niederschriftliche Befragung vor dem Bundesamt erfolgte am 02.11.2017.

Das Bundesamt verhängte mit Bescheid vom 17.10.2017, Zl. 353399910/171173938, über den Beschwerdeführer die gegenständliche Schubhaft gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Sicherung der Abschiebung, wobei die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Gerichtshaft bzw. Verwaltungsverwahrungshaft eintreten sollen.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 18.10.2017 Beschwerde. Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung der Schubhaft rechtswidrig war, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, sowie ihn von der Eingabengebühr zu befreien und den Kostenersatz der belangten Behörde auferlegen.

Das Bundesamt erstattete am 02.11.2017 eine Beschwerdevorlage, in der die Abweisung der Beschwerde sowie der Zuspruch der Kosten beantragt wurde. Unter einem wurde nachstehende Stellungnahme abgegeben:

„Bemerkungen zum Verfahren:

-        Der Beschwerdeführer reiste am 19.10.2005 illegal in das Bundesgebiet ein.

-        5 Asylanträge wurden bereits negativ entschieden.

-        Zuletzt der Antrag vom 15.09.2016. Er wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg unter der Aktenzahl 353399910/161259363 gemäß § 68 Absatz 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist.

Gleichzeitig wurde gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Ziffer 1 FPG ein auf die Dauer von 9 Jahren und 6 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen.

Angemerkt wird, dass dieses Verfahren am 21.09.2016 gem. § 24 AsylG eingestellt wurde, da der Beschwerdeführer untertauchte.

Nachdem er in die Justizanstalt Ried im Innkreis eingeliefert wurde, wurde das Verfahren wieder aufgenommen.

Eine Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht unter der Aktenzahl: W111 1300097-11/4E am 09.06.2017 Ihre Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

-        Er wurde in Österreich insgesamt 9 Mal rechtskräftig verurteilt, wegen Eigentums- und Gewaltdelikten.

-        Am 12.09.2017 erfolgte seitens der russischen Behörden die Zustimmung zur HRZ-Ausstellung.

-        Nachdem damit die faktischen Voraussetzungen zur Abschiebung gegeben waren, wurde Ihm mittels schriftlichen Parteiengehör mitgeteilt, dass auf Grund des Umstandes, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nie nachgekommen ist, beabsichtigt ist, nach Haftentlassung die Schubhaft zu verhängen.

-        Daraufhin stellte er am 10.10.2017 in der Justizanstalt seinen mittlerweile 6. Asylantrag.
Stand dieses Antrages:

Mit 31.10.2017 wurde Ihm die Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Zif AslyG – beabsichtigte Abweisung des Antrages wegen entschiedener Sache ausgefolgt. Die Unterschrift auf die Übernahmebestätigung wurde verweigert.

Mit 02.11.2017 wurde ihm der faktische Abschiebeschutz gem. § 12 a AsylG aberkannt (in Rechtsmittelfrist).

Mit Beschwerdevorlage wird gleichzeitig folgende Stellungnahme abgegeben:

Auf die Ausführungen im Bescheid wird verwiesen. Der vorliegende Sachverhalt wurde entgegen der Beschwerdebehauptung sorgfältig ermittelt.

Ergänzend dazu:

Derzeit befindet sich der Beschwerdeführer noch nicht in Schubhaft. Er verbüßt derzeit im Polizeianhaltezentrum Wien Hernalser Gürtel Ersatzarrestfreiheitsstrafen der BH Ried im Innkreis zur Zahl: Ka96-422-425-2017, Ka 96-101-2017 und Ka96-260-2017.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers besteht dringende Notwendigkeit der Schubhaftverhängung.

Wenn er anführt, zuletzt bei seinem namentlich angeführten Cousin in Salzburg gelebt zu haben und dort auch jederzeit wieder wohnen zu können, so muss dem entgegen gehalten werden, dass sich der Beschwerdeführer dort nicht angemeldet hat und illegal dort aufhältig gewesen war.

Bis auf wenige Ausnahmen weist der Beschwerdeführer außer in Justizanstalten sehr fast keine Anmeldung gem. dem Meldegesetzt auf, er führte, wenn er nicht in einer Justizanstalt in Haft war, zumeist ein Leben im Verborgenem.

Der Verweis auf die zahlreichen in Österreich befindlichen Familienangehörigen geht insofern ins Leere zumal dabei nicht berücksichtigt wurde, dass gerade diese familiären Beziehungen des Beschwerdeführers jenes Verhalten, aus dem sich die Fluchtgefahr des Beschwerdeführers ableiten lässt aktiv unterstützt haben. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass diese sein Untertauchen aktiv in gleicher Weise unterstützen würden, wie sie es schon bisher bei seinem illegalen Aufenthalt getan haben, weshalb die Anwendung des gelinderen Mittels hier nicht in Betracht kommt.

Der Cousin hat den illegal in Österreich aufhältigen Beschwerdeführer unter Umgehung des Meldegesetzes bei sich wohnen lassen.

Auch ist das Verhalten während der Verbüßung der Ersatzarrestfreiheitsstrafe äußerst unkooperativ.

Der Beschwerdeführer verweigert die Unterschrift auf Übernahmebestätigungen.

Der Beschwerdeführer droht mit Selbstverletzungen, wenn er weiter in Haft bleibt (20.10.2017)

Der Beschwerdeführer befand sich vom 24-25.10.2017 in Hungerstreik.

Ein Heimreisezertifikat gültig bis zum 02.12.2017 liegt vor.

Die Abschiebung mit 4 Begleitbeamten – Auf Grund des derzeitigen und zu erwarteten Verhalten des Beschwerdeführers besteht hier ein erhöhter Personalbedarf, auf Gewalttätigkeiten gegen Justizwachebeamte wird in diesem Zusammenhang verwiesen – ist für den 14.11.2017 bereits terminisiert. “

Unter einem wurde auch die Zusagen zur HRZ Ausstellung für den Beschwerdeführer übermittelt.

Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 02.11.2017 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG BGBl. I Nr. 100/2005 idgF aufgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 14.11.2017, Zl. W226 1300097-12/6E, in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren fest, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig ist.

Der Beschwerdeführer wurde am 14.11.2017 nach Russland abgeschoben.

Das Bundesamt übermittelte am 16.11.2017 den Abschiebebericht über die erfolgte Abschiebung des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer befand sich von 21.10.2017 bis zum 14.11.2017 in Schubhaft, die zuerst PAZ Linz und seit 23.10.2017 im PAZ Hernalser Gürtel vollzogen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht für Österreich, oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU. Er ist gesund und haftfähig.

Der Beschwerdeführer reiste im Oktober 2005 in das Bundesgebiet ein und stellte seither insgesamt sieben Anträge auf internationalen Schutz. Sein letzter Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.06.2017, Zl. W111 1300097-11/4E, gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF iVm § 28 Abs. 1 iVm Abs. 2 VwGVG idgF, sowie gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005 sowie § 55 Absatz 1a FPG, § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG, jeweils idgF, als unbegründet abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet trotz seiner mehrmalig negativ beschiedenen Asylverfahren nicht verlassen. Er ist nicht ausreisewillig.

Der Beschwerdeführer stellte aus dem Stande der Strafhaft am 10.10.2017 einen Folgeantrag. Diesem wurde mit mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes vom 02.11.2017 der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG BGBl. I Nr. 100/2005 idgF aufgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 14.11.2017, Zl. W226 1300097-12/6E, fest, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig ist.

Der Beschwerdeführer befand sich von 18.10.2016 - 19.10.2017 in Strafhaft.

Er wurde am 21.10.2017 zunächst festgenommen und in Verwaltungsverwahrungshaft genommen, bevor am 21.10.2017 der mit 17.10.2017 über ihn verhängte Schubhaftbescheid vollzogen wurde.

Der Beschwerdeführer wurde im Bundesgebiet mehrfach straffällig.

Er verfügte über ein soziales Netz in Österreich, das ihm ein Leben im Verborgenen auch weiterhin ermöglichen würde.

Der BF zog sich während seiner Anhaltung in Schubhaft eine Selbstverletzung zu um sich freizupressen und trat ebenso auch in den Hungerstreik.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers war für den 14.11.2017 geplant. Der Flug wurde bereits gebucht und lag ein bis zu diesem Zeitpunkt gültiges Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer vor.

Der Beschwerdeführer befand sich seit 21.10.2017 in Schubhaft. Er wurde am 14.11.2017 auf dem Luftweg nach Russland abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Die Angaben zur Staatsangehörigkeit und Identität des Beschwerdeführers standen auf Grund der im Akt erliegenden Kopie des Heimreisezertifikates des Beschwerdeführers fest. Dass der Beschwerdeführer in Österreich außerhalb des Asylverfahrens über kein Aufenthaltsrecht verfügte, ergibt sich aus dem IZR, dem der Beschwerdeführer auch nicht widersprach. Dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel in einem anderen Mitgliedstaat der EU verfügte, stand auf Grund seiner Angaben fest.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers stehen auf Grund des Strafregisterauszuges fest. Dass der Beschwerdeführer gesund und haftfähig war, stand auf Grund der amtsärztlichen Unterlagen fest, sowie aus dem Umstand, dass gegenteiliges weder aus der Aktenlage erkennbar ist, sowie auch in der Beschwerde keine desbezüglichen, die Haftfähigkeit ausschließenden Behauptungen aufgestellt wurden.

Die Angaben den bisherigen Asylverfahren des Beschwerdeführers in Österreich fußen auf den beigeschafften Gerichtsakten des Asylgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes, sowie zuletzt aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.06.2017, Zl. W111 1300097-11/4E.

Dass der Beschwerdeführer trotz Vorliegens einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung das Bundesgebiet nicht verlassen hatte, ergab sich aus dem IZR.

Dass der Beschwerdeführer nicht bereit war, das Bundesgebiet zu verlassen, ergab sich aus der übermittelten Stellungnahme zum Parteiengehör des Bundesamtes über die beabsichtigte Schubhaftverhängung, wonach der Beschwerdeführer stets angibt, auf keinen Fall nach Russland zurück zu kehren.

Die Feststellungen zur Folgeantragsstellung und der erst am 02.11.2017 mit mündlich verkündeten Bescheid erfolgten Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gründeten sich auf den beigeschafften verwaltungsbehördlichen Akt und den Akt des Bundesverwaltungsgerichts zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes zur Zl. W226 1300097-12/6E.

Dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet über ein soziales Netz verfügte, das ihm ein Leben im Verborgenen auch weiterhin ermöglicht hätte, ergab sich aus den vorhabenden Familienangehörigen im Bundesgebiet, die sein bisheriges fluchtbegründendes Verhalten unterstützt und ermöglicht haben und daher auch anzunehmen ist, dass sie ihm auch weiterhin ein Untertauchen ermöglichen würden.

Der Beschwerdeführer verfügte während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet keinen durchgehenden melderechtlich erfassten Aufenthaltsort.

Die Feststellungen zur Selbstverletzung und zu seinem Hungerstreik fußen auf einem Auszug aus der Anhaltedatei.

Die Angaben zum Abschiebetermin gründeten sich auf die Beschwerdevorlage der belangten Behörde, und dem Schreiben der belangten Behörde vom 16.11.2017 und dem hierbei übermittelten Abschiebebericht.

Die Angaben zum Vollzug der Schubhaft ergaben sich aus der Anhaltedatei.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.

2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A.I.) Schubhaftbescheid vom 17.10.2017 und Anhaltung in Schubhaft von 21.10.2017 bis 14.11.2017

1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG idF BGBl. I Nr. 70/2015 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, (Z 1) oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2).

2. Über den Beschwerdeführer wurde am 17.10.2017 die Schubhaft verhängt, nachdem er am 10.10.2017 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt hatte. Dem Folgeantrag des Beschwerdeführers kam zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung gemäß § 12a AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz zu, die Rückkehrentscheidung vom 09.06.2017 war nicht durchsetzbar; der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerber.

Im Falle des Nichtvorliegens einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung ist der Sachverhalt nicht an den Kautelen der RückführungsRL, sondern an denen der AufnahmeRL zu messen (VwGH 05.10.2017, Ro 2017/21/0009).

Ihm wurde erst mit mündlich verkündeten Bescheid vom 02.11.2017 der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG BGBl. I Nr. 100/2005 idgF aufgehoben.

Anders als § 76 Abs. 2 Z 2 (iVm Abs. 3) FPG, der Art. 8 Abs. 3 lit. f AufnahmeRL umsetzt, lässt sich der Tatbestand des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG, der als Haftgrund im Ergebnis nur auf das Vorliegen von Fluchtgefahr abstellt, auf keinen der in Art. 8 Abs. 3 der AufnahmeRL abschließend normierten "Ausnahmefälle" zurückführen. Insbesondere findet er auch in Art. 8 Abs. 3 lit. e der Aufnahme-RL keine inhaltliche Deckung. Art. 8 Abs. 3 Aufnahme-RL ist daher im österreichischen Recht nicht umgesetzt (VwGH 05.10.2017, Ro 2017/21/0009, Rz 29). Das Fehlen einer Art. 8 Abs. 3 AufnahmeRL entsprechenden Umsetzung im innerstaatlichen Recht bewirkt, dass Schubhaft nicht auf die in Art. 8 Abs. 3 Aufnahme-RL genannten Gründe gestützt werden darf (vgl. Urteil EuGH 15.3.2017, C-528/15, Al Chodor).

Auf Grund der Folgeasylantragstellung vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides lag auch kein Fall des § 76 Abs. 6 FPG vor.

Auf Grund des Erkenntnisses VwGH 05.10.2017, Ro 2017/21/0009, konnte Schubhaft mangels Umsetzung der Art. 8 Abs. 3 lit. a, b, c und e AufnahmeRL in § 76 Abs. 2 Z 1 FPG gegen Asylwerber außerhalb von „Dublin-Konstellationen“ nur verhängt werden, wenn der Fall ausnahmsweise bzw. schon der RückführungsRL unterlag (Rz 29). Lag keine durchsetzbare Entscheidung vor, konnte der Sachverhalt nicht an den Kautelen der RückführungsRL gemessen werden, sondern war an der AufnahmeRL zu messen (Rz 15 f.).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach aus, dass die RückführungRL in Bezug auf einen Asylwerber, der sich in einem erstinstanzlichen Verfahren befand, nicht zum Tragen kam, jedenfalls soweit es sich nicht um einen Folgeantrag handelte (Rz 14). Betreffend Folgeanträge sah Art. 9 Abs. 2 VerfahrensRL nämlich vor, dass die Mitgliedstaaten Ausnahmen von der Berechtigung des Asylwerbers zum Aufenthalt im Gebiet des Mitgliedstaates gemäß Art. 9 Abs. 1 VerfahrensRL machen dürfen. War ein Asylwerber iSd Art. 9 Abs. 1 VerfahrensRL zum Aufenthalt im Mitgliedstaat für die Dauer des Asylverfahrens berechtigt, war er nicht „illegal aufhältig“ iSd RückführungsRL (EuGH 30.05.2013, Rs C-534/11, Fall Arslan, Rz 48) und die RückführungsRL fand solange keine Anwendung auf ihn (Rz 60).

Als Aufenthaltsberechtigung iSd Art. 9 Abs. 1 VerfahrensRL sah der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit des Aufenthalts im Bundegebiet infolge faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12 Abs. 1 zweiter Satz AsylG 2005 an (Rz 12). Dem Beschwerdeführer kam mangels Anwendbarkeit des § 12a Abs. 1 und 3 AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz im Folgeantragsverfahren zu und dieser wurde ihm (noch) nicht gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt. Da der Beschwerdeführer sohin der AufnahmeRL unterfiel, die gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht umgesetzt war, fehlte es an einer Rechtsgrundlage für die Verhängung der Schubhaft auf Grund von § 76 Abs. 2 Z 1 FPG.

War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH 08.09.2009, 2009/21/0162; 26.01.2012, 2008/21/0626; 11.06.2013, 2012/21/0114).

3. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.10.2017 war daher stattzugeben, und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Gleichzeitig war die Anhaltung in Schubhaft von 21.10.2017 bis 14.11.2017 für rechtswidrig zu erklären.

Zu A. II. und III.) Kostenentscheidung

In der Frage des Kostenanspruches – beide Verfahrensparteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen - sind gemäß § 56 (3) leg. cit. die §§22 (1a) leg. cit. und § 35 VwGVG die maßgeblichen Normen - diese lauten:

§22 (1a):
„Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.“

§ 35 VwGVG:

„(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 b B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Da die beschwerdeführende Partei vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu.

Hinsichtlich der konkreten Höhe des "Ersatzes ihrer Aufwendungen" sind § 35 Abs. 4 und 5 iVm § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) maßgeblich.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

§ 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) lautet:

„1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.“

In diesem Sinne war dem Beschwerdeführer als obsiegende Partei Kostenersatz im "gemäß § 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung" beantragten Umfang, also in der Höhe von € 737,60 zuzusprechen, nicht jedoch jener nach "§ 1 Z 2 VwG-Aufwandersatzverordnung", da keine Verhandlung durchgeführt wurde.

In logischer Konsequenz zu Spruchpunkt II. war das Kostenbegehren der Verwaltungsbehörde als unterlegener Partei im Sinne des § 35 Abs. 2 VwGVG zu verwerfen gewesen.

Zu A. IV.) Antrag auf Befreiung von der Eingabengebühr

Der Beschwerdeführer stellt den Antrag, ihn von der Eingabengebühr zu befreien.

Einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Gebühren (vgl. VwGH 31.08.2017, Ro 2017/21/0004) stellte er nicht; ein solcher könnte auch nicht mehr gestellt werden (vgl. VfGH 28.02.2012, B 825/11).

Eine sachliche Gebührenbefreiung iSd § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV für Verfahren nach dem BFA-VG besteht nicht. Ebensowenig besteht - abgesehen von der Möglichkeit der Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umgang der Gebühren - eine Kompetenz des Bundesverwaltungsgerichts zur Befreiung von der Eingabengebühr iHv € 30,- nach § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV.

Die Gebühr für Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht beträgt gemäß § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV € 30,-. Sie entsteht gem. § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe und wird mit diesem Zeitpunkt fällig. Ihre Bezahlung ist allerdings kein Zulässigkeitserfordernis im Beschwerdeverfahren. Dieser Gebührensatz kann nicht als prohibitiv hoch angesehen werden (vgl. Fister, Gebühren und Ersatz der Aufwendungen, in Holoubek/Lang [Hrsg.]; ders., Kosten und Gebühren im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, ÖJZ 2013, 1049 f.).

Der Antrag auf Befreiung von der Eingabengebühr ist daher zurückzuweisen (vgl. im Übrigen auch VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0049).

Zur Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Maßnahmenbeschwerden kommt gemäß § 22 VwGVG keine aufschiebende Wirkung zu. Dass der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid aufschiebende Wirkung zukommen müsse, hat dementsprechend bislang weder der Verfassungsgerichtshof (VfSlg. 17.340/2004) noch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR 15 26.07.2011, Fall M ua., Appl. 41.416/08 = newsletter 4/2011, 235) gefordert; dies ist auch in Art. 15 Abs. 2 lit. b RL 2008/115/EG (anders etwa als in Art. 13 leg.cit.) nicht vorgesehen.

Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung

Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Da im gegenständlichen Fall der maßgebliche und der hg. Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Nichtumsetzung der AufenthaltsRL und somit fehlende Möglichkeit der Verhängung der Schubhaft gegen Asylwerber, denen der faktische Abschiebeschutz zukommt, zum Zeitpunkt der zur Schubhaftverhängung geltenden Rechtslage ergibt sich aus dem Erkenntnis VwGH 05.10.2017, Ro 2017/21/0009.

Schlagworte

Abschiebung Asylwerber Aufenthaltsberechtigung Eingabengebühr faktischer Abschiebeschutz Folgeantrag Kostenersatz Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung Schubhaft Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W186.2175102.1.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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