Entscheidungsdatum
23.03.2021Norm
AVG §53bSpruch
W176 2236679-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.10.2020, Zl. 1268116808/200823310, betreffend Dolmetschergebühren zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG) nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) am 21.10.2020 einer Vernehmung in deren Regionaldirektion Oberösterreich, Derfflingerstraße 1, 4020 Linz, als Dolmetscherin beigezogen.
2. Mit einer am 23.10.2020 gelegten Gebührennote machte die Beschwerdeführerin u.a. als „Entschädigung für Zeitversäumnis (§§ 32 Abs. 1, 33 Abs. 1) […] 3 begonnene Stunden à EUR 22,70 [=] EUR 68,10“ geltend.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid bestimmte die belangte Behörde die der Beschwerdeführerin für die Dolmetschung in der genannten Vernehmung zustehende Gebühr mit insgesamt EUR 58,--, wobei die Entschädigung für Zeitversäumnis mit dem Satz für (nur) zwei begonnene Stunden und daher mit EUR 45,40 festgesetzt wurde.
Dazu wurde begründend im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Für die einfache Fahrt mit dem PKW von der angegebenen Wohnadresse der Beschwerdeführerin zum Ort der Vernehmung betrage die Fahrzeit nach dem „wego.here.com“-Routenplaner 25 Minuten, sodass sich eine Gesamtreisezeit von 50 Minuten ergebe. Die Zeiten, die der Dolmetscher in derselben Sache für den Weg zum und vom Ort der Vernehmung (sowie für die Wartezeiten) im Rahmen der Amtshandlung benötige, seien bei der Berechnung zusammenzufassen. Erst in einem zweiten Schritt sei dann zu prüfen, wie viele Stunden Zeitversäumnis sich insgesamt ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde der Zeitversäumnis genauso wie eine volle Stunde honoriert werde. Die Entschädigung für Zeitversäumnis sei daher selbst unter Einbeziehung eines angemessenen Zeitpuffers für allfällige Zutrittskontrollen auf den für zwei begonnene Stunden gebührenden Betrag zu reduzieren gewesen.
4. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde.
Darin führte sie im Wesentlichen aus, die belangte Behörde habe hinsichtlich der betreffenden Vernehmung (wie bereits bezüglich vorangegangener Dolmetschleistungen) „nur eine Stunde Mühewaltung“ zuerkannt. Im Übrigen verwies sie auf ihre Ausführungen in den zuvor erhobenen Beschwerden. Diesen zufolge stehe ihr nach dem GebAG für jede Wegstrecke, d.h. sowohl die Anfahrt als auch die Rückfahrt, je eine (begonnene) Stunde zu. So sei der Tarif über Jahrzehnte hinweg verrechnet worden, auch von anderen Institutionen wie Gericht, Bundesverwaltungsgericht, Polizei, etc. Ihre Anfahrtszeit variiere je nach Verkehrslage zwischen 25 und 35 Minuten, teilweise auch länger. Noch dazu sei die Parkplatzsituation in der Umgebung der genannten Regionaldirektion der belangten Behörde sehr angespannt. Alleine die Suche nach einem Parkplatz nehme „einmal mehr und einmal weniger“ Zeit in Anspruch. Hinzu komme ein Fußweg vom Parkplatz zum Amt, der zwischen fünf und zehn Minuten in Anspruch nehme. Aufgrund der durchzuführenden Personendurchsuchung bzw. der nunmehr coronabedingten Umstände, mögen diese die Dolmetscher auch weniger betreffen als die Parteien, ergebe sich auch eine Wartezeit vor dem Eingang. Somit würden sämtliche Abläufe durchschnittlich 50 Minuten in Anspruch nehmen. Zu erwähnen sei zudem, dass die einvernehmenden Beamten von den Dolmetschern erwarteten, dass diese mindestens fünf Minuten vor Beginn der Einvernahme anwesend seien. Selbst auf der gerichtlichen Ladung sei vermerkt, dass der Dolmetscher 15 Minuten vor dem Beginn der Dolmetschleistung im Haus zu sein habe.
5. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der rechtlichen Beurteilung wird der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt zugrunde gelegt.
Somit steht insbesondere fest, dass die Beschwerdeführerin am 21.10.2020 mit ihrem privaten Pkw von ihrem Wohnort XXXX , zum Ort der Vernehmung in Derfflingerstraße 1, 4020 Linz, an- und sodann von diesem wieder zurück zu ihrem Wohnort reiste. Nach dem „wego.here.com“-Routenplaner beträgt die Fahrzeit für diese Strecke mit dem Auto (welche Zeiten für die Parkplatzsuche, den Fußweg vom Parkplatz zur Behörde und Wege innerhalb des Amtsgebäudes nicht inkludiert) – pro Fahrtrichtung – 25 Minuten.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsunterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
3.2. Zu Spruchpunkt A):
3.2.1. Zur Zulässigkeit:
Die Beschwerde wurde fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.
3.2.2. In der Sache:
3.2.2.1. Gemäß § 53b Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 Gebührenanspruchsgesetz, BGBl. Nr. 136/175 (GebAG), mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden.
Die Bestimmungen betreffend die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Entschädigung für Zeitversäumnis lauten wie folgt:
„Entschädigung für Zeitversäumnis
§ 32. (1) Der Sachverständige hat für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muß, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von 22,70 €, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, von 15,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde.
(2) Der Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis besteht so weit nicht,
1.
als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat,
2.
als für die Nachtzeit (22 Uhr bis 6 Uhr),
a)
dem Sachverständigen bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels ein Anspruch auf Vergütung des Fahrpreises für einen Schlafwagen oder eine Kabine zusteht, oder
b)
er bei Benützung des eigenen Kraftfahrzeugs die Gebühr für die Nächtigung in Anspruch nimmt.“
Erhöhung der Entschädigung für Zeitversäumnis. Aufteilung
§ 33. (1) Liegt der Ort, der für die Bestimmung der Reisekosten maßgebend ist (§§ 6 und 27 Abs. 1), mehr als 30 km vom Ort der Tätigkeit des Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren entfernt, so erhöht sich die Entschädigung für Zeitversäumnis auf 28,20 €, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, auf 19,00 €.
(2) Nimmt ein Sachverständiger in zumindest annähernd zeitlichem und räumlichem Zusammenhang an einem Tag an mehreren Verhandlungen oder Ermittlungen teil, so ist bei der Bestimmung der Entschädigung für Zeitversäumnis die insgesamt versäumte Zeit auf die mehreren Fälle zu gleichen Teilen aufzuteilen.“
Zu berücksichtigen ist auch der Zeitaufwand für das Passieren der Sicherheitsschleuse im Gerichtsgebäude, das Erreichen des Verhandlungssaals und ein zur Sicherstellung pünktlichen Erscheinens jedenfalls zu berücksichtigender Zeitpolster für allfällige Verzögerungen bei der Anreise (vgl. die in Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG, unter E 60 zu § 32 GebAG zitierte Judikatur).
Die Fahrzeiten eines Routenplaners sind Richtwerte ohne Stopps, Staus und Behinderungen; auch die Zeit für die Parkplatzsuche bleibt außer Betracht. Routenplaner berechnen eine mögliche, als Richtwert anzusehende Fahrzeit. Tatsächliche Verkehrssituationen sind naturgemäß aber nicht einbeziehbar, sodass insbesondere für die Anreise zu einem Gericht unter Berücksichtigung des erwünschten pünktlichen Erscheinens ein nicht unerheblicher „Zeitpolster“ hinzuzufügen ist (vgl. die in Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG, unter E 62 und E 63 zu § 32 GebAG zitierte Judikatur).
3.2.2.2. Wie vorauszuschicken ist, rügt die Beschwerde (trotz der Bezugnahme auf „Mühewaltung“) der Sache nach, dass die der Beschwerdeführerin gebührende Entschädigung für Zeitversäumnis von der belangten Behörde zu gering bemessen worden sei.
Dies trifft nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts jedoch nicht zu:
Dabei ist zunächst festzuhalten, dass – entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht – Zeiten, die der Dolmetscher in derselben Sache für den Weg zum und vom Ort der Vernehmung (sowie für die Wartezeiten) benötigt, bei der Berechnung der Entschädigung für Zeitversäumnis zusammenzufassen sind und erst in einem zweiten Schritt sodann zu prüfen ist, wie viele Stunden sie insgesamt ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde genauso wie eine volle Stunde honoriert wird (vgl. etwa OGH 13.05.2008, 14 Os 47/08f; BVwG 25.04.2018, W108 2126288-1).
Überdies hat die belangte Behörde der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Notwendigkeit einer Berücksichtigung auch der Zeiten für die Parkplatzsuche, den Fußweg vom Parkplatz zur Behörde, das Passieren der Sicherheitsschleuse, den Weg innerhalb des Amtsgebäudes bis zum Ort der Vernehmung sowie eines hinreichenden Zeitpolsters für Verzögerungen nach Ansicht des Gerichtes ausreichend Rechnung getragen, in dem sie ausgehend von einem Zeitbedarf von 50 Minuten für die reine Fahrzeit die Entschädigung für Zeitversäumnis (anders als etwa in dem – nur den Betrag für eine begonnene Stunde zugestehenden – Dolmetschergebührenbescheid, gegen den sich die zur Zl. 2235976/1 protokollierte Beschwerde richtet) mit dem Satz für zwei begonnene Stunden bemaß.
Auch ausgehend vom Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihre Anfahrtszeit variiere im Wesentlichen je nach Verkehrslage zwischen 25 und 35 Minuten bzw. sämtliche Abläufe (wohl bezogen auf die Anreise zur Vernehmung) nähmen durchschnittlich 50 Minuten in Anspruch, ist für das Gericht nicht ersichtlich, inwiefern der Zeitbedarf für An- und Rückreise einschließlich den genannten Zeitpolster zwei Stunden übersteigen sollte.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides kann daher nicht erblickt werden.
3.2.3. Die Beschwerde war somit spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich.
3.5. Zu Spruchpunkt B):
3.5.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.5.2. Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beurteilung im vorliegenden Fall über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
Schlagworte
Dolmetscher Dolmetschgebühren Fahrzeit Gebührenanspruch Vernehmung ZeitversäumnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W176.2236679.1.00Im RIS seit
21.05.2021Zuletzt aktualisiert am
21.05.2021