TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/23 W117 2240396-1

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Veröffentlicht am 23.03.2021
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Entscheidungsdatum

23.03.2021

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Z2
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z9
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §35 Abs1

Spruch


W117 2240396-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Niederösterreich, vom 05.02.2021, IFA-Zahl: 110934101/210158089, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 18.03.2021 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 2, Z 3, Z 9 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 21 Abs. 7 BFA-VG idgF, § 24 Abs. 4 VwGVG idgF wird festgestellt, dass die die Fortsetzung der Schubhaft nicht zulässig ist.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF werden die Anträge auf Kostenersatz abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß § 133 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Die Verwaltungsbehörde räumte dem Beschwerdeführer im Stande der Strafhaft mit Schreiben vom 12.01.2021 Parteiengehör (unter anderem) zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft ein.

Der Beschwerdeführer gab mit Schreiben vom 21.01.2021 folgende Stellungnahme ab:

„Ich wurde am XXXX in Wien Penzing im Hanusch Krankenhaus geboren.

Meine Mutter ist Serbische Staatsbürgerin daher bekam ich den Serbischen Pass und ein unbefristetes Aufenthalts Visum, ich habe mein ganzes Leben in Wien verbracht wo ich auch nachweislich gemeldet war.

Ich habe die Volksschule und die Hauptschule in der XXXX in Penzing besucht und positiv Abgeschlossen. Danach wollte ich eine Lehre als KFZ Mechaniker machen habe jedoch leider keine Lehrstelle bekommen. In Folge dessen meldete ich mich in der HTL Ettenreichgasse in Wien Favouriten im Bereich Elektrotechnik an, und nach einer positiven Aufnahmeprüfung wurde ich angenommen.

Diese besuchte ich ein Jahr, da es aber nicht das richtige für mich war habe ich abgebrochen. Danach war ich mehrere Jahre in der Gastronomie tätig, angefangen habe ich als Commis de rang und habe mich bis zum Restaurant und Bankett Manager hoch gearbeitet bis ich mich entschloss in einen Technischen Beruf zu wechseln und eine WIFI Ausbildung zum Schweißer absolvierte, das Resultat dieser Ausbildung sind 7 Zertifikate in 3 verschiedenen Verfahren, diesen Beruf habe ich sehr gerne ausgeübt und würde ich bei einer positiven Entscheidung ihrerseits auch weiter ausüben.

Ich habe auch eine Ausbildung zum Fitness und Personaltrainer absolviert jedoch nicht als solcher gearbeitet, das war eher als Hobby gedacht.

Ich bin ledig und habe leider keine Kinder.

Meine Mutter XXXX Serbische Staatsangehörige und meine Großmutter XXXX , österreichische Staatsangehörige leben in Wien.

Dzt. bin ich in der Anstalltswäscherei in der JA Stein beschäftigt, bei einem positiven Aufenthaltsbescheid würden mich meine Mutter und meine Großmutter unterstützen, was Unterkunft und Finanzen betrifft bis ich wieder einer Beschäftigung als Schweißer nachkommen würde.

Auf Wunsch könnte meine Mutter ihnen einen Meldezettel und eine Einzahlungsbestätigung des Mietzins der letzten drei Monate vorlegen.

Ich bin zwar Serbischer Staatsangehöriger aber mein Heimatland ist seit meiner Geburt Österreich, aber um die Frage zu beantworten ich werde in Serbien nicht strafrechtlich verfolgt.

Ich strebe einen Aufenthalt im Bundesgebiet Österreich an weil: Ich hier geboren und aufgewachsen bin, weil ich hier zur Schule gegangen bin und mein ganzes Leben hier verbracht habe, weil meine Familie und Freunde hier sind, weil ich nichts anderes kenne und weil es mein zu Hause ist.

Mir ist klar dass ich Fehler gemacht habe und dass manche von ihnen kein Kavaliersdelikt sind aber ich hab mit meiner Vergangenheit endgültig abgeschlossen und habe auch nicht vor wieder dieses Leben zu führen wie ich es tat. Ich bin seit vielen Jahren frei von Drogen und Alkohol und sogar Zigarretten habe ich aufgegeben, ich habe mehrere Therapien positiv abgeschlossen und bin sehr stolz darauf das ich trotz mehrerer Rückschläge im Leben nicht wieder damit angefangen habe, das einzige was ich mir wünsche ist ein normales Leben bei meiner Familie und meinen Freunden.

Sie entscheiden über meine Zukunft und deshalb ersuche ich sie höflichst mir eine letzte Möglichkeit zu geben um zu beweisen das mehr dahintersteckt als die Summe meiner Fehler. Meine Taten sollen meine Heimat Österreich stolz machen und nicht beschämen.“

Die Verwaltungsbehörde ordnete mit Bescheid vom 05.02.2021, IFA-Zahl: 110934101/210158089 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft an (Spruchpunkt I.) und verfügte in Spruchpunkt II., dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach seiner Entlassung aus der derzeitigen Strafhaft eintreten.

Begründend führte die Verwaltungsbehörde aus:

„Zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht fest. Sie heißen XXXX (früher XXXX ), wurden am XXXX in Wien/Österreich geboren, sind serbischer Staatsbürger und somit Drittstaatangehöriger. Sie sind ledig, volljährig, arbeits- sowie haftfähig. Ihr Sozialversicherungsauszug enthält jedoch keine Daten, weswegen eine geregelte Arbeit in Österreich nicht nachweisbar ist. Sie leiden an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten oder schweren körperlichen Gebrechen. Sie sind ein in Österreich verurteilter Rechtsbrecher.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Sie sind Fremder im Sinne des § 2 Abs 4 Z 1 FPG, da Sie die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2021, Zahl 110934101/210041505, wurde Ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG wurde gegen Sie ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde Ihnen keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.

Der Bescheid wurde Ihnen am 03.02.2021 in der Justizanstalt Stein nachweislich zugestellt und wird am 18.03.2021 mit Ihrer Haftentlassung durchsetzbar. Die Zulässigkeit Ihrer Abschiebung steht fest.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

Sie sind ein mehrfach vorbestrafter Rechtsbrecher. Sie wurden in Österreich zu Gesamtfreiheitsstrafen in der Dauer von mehr als 8 (acht) Jahren verurteilt. Die Palette Ihrer strafrechtlichen Verfehlungen reicht von Urkundenfälschung, Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz über gefährliche Drohung, Nötigung bis hin zur absichtlich schweren Körperverletzung.

Sie wechselten Ihre Identität bzw. lebten Sie unter falscher Identität illegal im Bundesgebiet mit der Absicht, dadurch eine Strafverfolgung bzw. fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu erschweren oder zu verhindern.

Sie sind/waren beschäftigungslos, haben in Österreich keinen Wohnsitz und sind zur legalen Arbeitsaufnahme nicht berechtigt.

Sie missachteten das rechtskräftig gegen Sie bestehende Aufenthaltsverbos und reisten trotz des Ihnen gewährten Nachsehens vom Strafvollzug gem. § 133a StVG widerrechtlich ins Bundesgebiet ein und lebten jahrelang unter falscher Identität.

Ihnen wurde Strafaufschub gem. § 39 SMG gewährt, danach waren Sie untergetaucht/unbekannten Aufenthaltes.

Ihre Verstöße gegen die Rechtsordnung sowie Ihr Verhalten im Bundesgebiet zeigen überdeutlich, dass Sie keinerlei Achtung vor den österreichischen Gesetzen haben. Ihr bisheriger Aufenthalt in Österreich beeinträchtigte ein Grundinteressen der Gesellschaft, nämlich Ruhe, Sicherheit des Eigentums und sozialen Frieden. Ihr Fehlverhalten ist gravierend und gefährdet massiv die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Sie sind nicht selbsterhaltungsfähig, Sie sind zur legalen Arbeitsaufnahme nicht berechtigt und es besteht in Anbetracht Ihres bisherigen Verhaltens durchaus die Gefahr, dass Sie sich durch Begehung von Eigentumsdelikten Ihren Lebensunterhalt verdienen oder dass Sie abermals in die real existierende und gesellschaftlich unerwünschte Schattenwirtschaft abwandern.

Im Ergebnis zeigt sich somit ein Charakterbild, das die Achtung der österreichischen Rechtsordnung sowie die hiesigen gesellschaftlichen Werte gänzlich vermissen ließ und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch weiterhin vermissen lässt. Das Bundesamt muss Ihnen die persönliche Vertrauenswürdigkeit absprechen. Das Risiko eines Untertauchens in Österreich ergibt sich zwingend aus Ihrem bisherigen Verhalten.

Ihren persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Gewalt-, Vermögens- und Suchtgiftkriminalität sowie das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 2002, Zl. 98/18/0260, vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/18/0365, vom 3. Mai 2005, Zl. 2005/18/0076, vom 17. Jänner 2006, Zl. 2006/18/0001, und vom 9. September 2014, Zl.

Die Anordnung der Schubhaft nach Haftentlassung ist nur für die Sicherung der Abschiebung vorgesehen. Sie befinden sich derzeit in der JA Stein in Haft. Aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens geht die Behörde begründet davon aus, dass im konkreten Fall erhöhte Fluchtgefahr besteht und die Verhängung der Schubhaft nach Haftentlassung dringend erforderlich ist.

Somit liegen die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG zur Sicherung Ihrer Abschiebung vor.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Ihre Mutter, Frau XXXX , sowie Ihre Großmutter, Frau XXXX , leben in Österreich. Im Zuge des Verfahrens haben sich jedoch keinerlei Hinweise ergeben, dass zwischen Ihnen und Ihrer Mutter bzw. Großmutter eine tiefere emotionale Bindung besteht als es zwischen einem erwachsenen Kind und seiner Mutter bzw. Großmutter normalerweise üblich. Dies korreliert auch mit den Haftbesuchen derselben. So hat Sie seit Ihrer Inhaftierung am 19.06.2018 Ihre Mutter lediglich 4x, und Ihre Großmutter lediglich 1x in der Justizanstalt besucht. Seit dem 13.12.2019 erhielten Sie keine Besuche von Familienangehörigen oder Freunden in der Justizanstalt. Sie sind in Österreich ohne Beschäftigung, ohne Wohnsitz, verfügen über keine hinreichenden Mittel zur Sicherung Ihres Lebensunterhaltes und sind nicht selbsterhaltungsfähig.

(…)

In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten,

(…)

2.       ob der Fremde entgegen eines aufrechten Einreiseverbots, eines aufrechten Aufenthaltsverbots oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3.       ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

(…)

9.       der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Zu Ziffer 2:

Am 13.09.2013 reisten Sie gem. § 133a StVG nach Serbien aus. Sie kehrten zu einem unbekannten Zeitpunkt, trotz des rechtskräftig gegen Sie bestehenden Aufenthaltsverbotes und des Ihnen gewährten vorläufigen Absehens vom Strafvollzug, unrechtmäßig ins Bundesgebiet zurück und lebten unter der falschen Identität XXXX , geb. XXXX , StA. Bulgarien mehrere Jahre in Wien.

Zu Ziffer 3:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2021, Zahl 110934101/210041505, wurde Ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG wurde gegen Sie ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde Ihnen keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.

Der Bescheid wurde Ihnen am 03.02.2021 in der Justizanstalt Stein nachweislich zugestellt und wird am 18.03.2021 mit Ihrer Haftentlassung durchsetzbar. Die Zulässigkeit Ihrer Abschiebung steht fest.

Zu Ziffer 9:

Die Behörde geht vom Vorliegen eines entsprechenden Familien- und Privatlebens aufgrund Ihres seit der Geburt bestehenden Aufenthaltes in Österreich aus. Im Zuge des Verfahrens haben sich jedoch keinerlei Hinweise ergeben, dass zwischen Ihnen und Ihrer in Österreich lebenden Mutter bzw. Großmutter eine tiefere emotionale Bindung besteht als es zwischen einem erwachsenen Kind und seiner Mutter bzw. Großmutter normalerweise üblich.

Dem Vorliegen eines vertieften Familienlebens steht auch die Tatsache entgegen, dass Sie in Österreich zu Gesamtfreiheitsstrafen in der Dauer von mehr als 8 (acht) Jahren verurteilt wurden und immer wieder in Justizanstalten inhaftiert waren, womit zwangsläufig eine außergewöhnlich starke räumliche als auch emotionale Einschränkung eines Familien-bzw. Privatlebens verbunden war und ist. Ein Faktum das – ohne das Vorliegen von besonderen Umständen, die weder behauptet noch erkennbar sind – sich bei der Beurteilung des Familien- und Privatlebens stark relativierend auf dessen Intensität auswirkt.

Obwohl Sie in Ihrer Stellungnahme davon sprechen, mehrere Jahre in der Gastronomie bzw. als Schweißer tätig gewesen zu sein, konnten keine Sozialversicherungszeiten zu Ihrer Person eruiert werden. Für die Behörde sind sohin keine ernsthaften Bemühungen erkennbar, dass Sie versucht hätten, sich in der Arbeitswelt zu integrieren und Ihren Lebensunterhalt – abseits von Unterstützungsleistungen Dritter oder strafrechtlich verpönter Handlungen – selbst zu finanzieren. Eine derartige Lebensweise birgt zwangsläufig die ernsthafte Gefahr in sich, dass Sie zu einer massiven Belastung für die Gebietskörperschaft werden.

Im Laufe des Verfahrens haben sich auch keine Anhaltspunkte für eine aktive Teilnahme am sozialen oder kulturellen Leben in Österreich ergeben, weshalb insgesamt keine nennenswerten stabilen und nachhaltigen Integrationsschritte erkennbar sind.

Sie verfügen über keine hinreichenden Mittel zur Sicherung Ihres Lebensunterhaltes, sind zur legalen Arbeitsaufnahme nicht berechtigt und haben unter Ihrer tatsächlichen Identität keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, da aus Ihrer ungesicherten Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens geschlossen werden kann, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch künftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Angesichts der vorliegenden Schwere der Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung und Ihres Fehlverhaltens, Ihrer mangelnden Rechtstreue und Ihrer Mittellosigkeit muss von einer großen Wiederholungsgefahr Ihres bisherigen strafbaren Verhaltens ausgegangen werden.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden. In Ihrem Fall besteht aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt. Sie sind nicht vertrauenswürdig.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind. Sie befinden derzeit in der JA Stein in Strafhaft. Sie sind somit haftfähig, weiters besteht in den Schubhafteinrichtungen ausreichende medizinische Versorgung.

Die Anordnung der Schubhaft ist auch in der aktuellen Situation im Zusammenhang mit dem Corona-Virus (CoV-19) als verhältnismäßig einzustufen. Entsprechend der medialen Berichterstattung sind zwar aktuell die Reisebewegungen weltweit und aus Österreich vermehrt eingeschränkt. Jedoch handelt es sich bei den derzeitigen Restriktionen um zeitlich begrenzte Maßnahmen. Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall die voraussichtliche Anhaltung in Schubhaft damit ohnehin deutlich kürzer andauert, als die Aufrechterhaltung der aktuellen Pandemie-Restriktionen gegenwärtig zu erwarten lässt und eine Abschiebung Hinblick auf die gesetzlich höchstzulässige Schubhaftdauer erfolgen wird.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.“

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid und die darauf basierende (zukünftige Anhaltung nach Ende der Strafhaft) binnen offener Frist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete seine Beschwerde wie folgt (Hervorhebungen gemäß der Beschwerde):

„(…)

Sachverhalt ( Kurzdarstellung):

Der BF ist serbischer Staatsangehöriger, wurde jedoch in Österreich geboren. Der BF besuchte in Österreich die Volks- und die Hauptschule in Wien, absolvierte eine Ausbildung als Schweißer und als Fitnesstrainer und war mehrere Jahre in der Gastronomie tätig. Das gesamte Leben des BF fand in Österreich statt, der BF wurde zur Gänze in Österreich sozialisiert. Im Zeitraum zwischen 2000 und 2010 kam es zu zahlreichen Verurteilungen – größtenteils handelte es sich dabei um Drogendelikte. Der BF bereut seine Taten sehr, er ist damals auf die schiefe Bahn geraten, hat aber hart an sich gearbeitet, eine Therapie gemacht und mit seiner Vergangenheit abgeschlossen. Zwischen 2010 und 2018 ließ sich der BF nichts mehr zu Schulden kommen.

Zuletzt wurde der BF durch das LG für Strafsachen Wien, Zahl 46 Hv 50/18k, nach §§223 (2) und 224 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 (fünf) Monaten verurteilt.

Das BFA erließ zudem am 01.02.2021 einen – ebenfalls rechtswidrigen – Bescheid, mit welchem es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilte, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erließ, die Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien feststellte, ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot gem § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG erließ und eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährte und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannte. Der genannte Bescheid ist rechtswidrig, da die Behörde in diesem – ebenso wie im gegenständlich angefochtenen Schubhaftbescheid – völlig verkennt, dass der Beschwerdeführer über ein geschütztes Privat- und Familienleben in Österreich verfügt. Gegen diesen Bescheid erhob der BF gesondert Beschwerde.

Die Behörde verhängte mit dem nun bekämpften Bescheid die Schubhaft über den BF und ordnete die Inschubhaftnahme nach der Entlassung aus der Strafhaft, am 18.03.2021 an.

Die belangte Behörde führte keine Einvernahme durch. Dem BF wurde lediglich die Möglichkeit eingeräumt, schriftlich Stellung zu nehmen. Eine schriftliche Stellungnahme erfüllt die Anforderungen an ein ordentliches Ermittlungsverfahren nicht. Hätte die Behörde eine Einvernahme durchgeführt, hätte sie den BF zu seinem privaten- und familiären Netzwerk in Österreich befragen müssen und feststellen müssen, dass der BF ausschließlich in Österreich über ein Solches verfügt.

Der Beschwerdeführer lebt – wie dargelegt – seit seiner Geburt im österreichischen Bundesgebiet – er spricht dementsprechend die deutsche Sprache auf Muttersprachenniveau und verfügt in Österreich über ein soziales Netzwerk. Der Beschwerdeführer könnte nach der Entlassung aus der Strafhaft bis zum Tag seiner Abschiebung unentgeltlich jederzeit bei seiner Mutter Unterkunft nehmen. Die Mutter und die Großmutter des Beschwerdeführers würden dem Beschwerdeführer bis zum Tag seiner Abschiebung auch die notwendige Verpflegung zur Verfügung stellen bzw. finanzieren und ihn in jeder Hinsicht unterstützen.

Zudem würde der Beschwerdeführer einem gelinderen Mittel jedenfalls Folge leisten. Die Behörde hat das Vorliegen gelinderer Mittel nicht geprüft und den Beschwerdeführer dazu überhaupt nicht befragt. Im Falle des Beschwerdeführers kommen insbesondere die gelinderen Mittel der periodischen Meldeverpflichtung und der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten gem § 77 Abs 3 Z 1 FPG sowie die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit in Betracht.

Die Anordnung der Schubhaft ist daher rechtswidrig. Der Beschwerdeführer erhebt gegen die Anordnung der Schubhaft mittels Bescheids das gegenständliche Rechtsmittel.

Zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Anordnung der Schubhaft 1. Verletzung von Verfahrensvorschriften/ Nichtdurchführung einer Einvernahme Das von der Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren war grob mangelhaft, da diese ihrer nach §§ 37, 39 Abs 2 AVG bestehenden und in § 18 Abs 1 AsylG konkretisierten Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung des maßgebenden Sachverhalts nicht nachgekommen ist. Gerade die Verhängung der Schubhaft als Einschränkung der persönlichen Freiheit verlangt eine Einzelfallabwägung der konkreten Situation eines Beschwerdeführers. Dazu gehört auch, dass die Behörde die aktuellen Lebensumstände eines Beschwerdeführers selbstständig ermittelt, insbesondere weil diese für die Entscheidung, ob die Behörde Schubhaft über eine Person verhängt, von immenser Bedeutung ist.

(…)

Die Behörde unterlies es jedoch in diesem Fall den BF zu seiner Situation zu befragen, hat den Beschwerdeführer überhaupt nicht einvernommen, und gab dem BF lediglich die Möglichkeit schriftlich zu der Verhängung der Schubhaft Stellung zu nehmen. Hätte die Behörde den BF einvernommen, hätte sie feststellen müssen, dass zwischen dem BF, seiner Mutter und seiner Großmutter, eine sehr tiefe emotionale Bindung besteht. Die Behörde stützt ihre Feststellungen hinsichtlich des Familienlebens des BF lediglich auf die Tatsache, dass die Mutter des BF in lediglich viermal und die Großmutter lediglich einmal während des Haftaufenthaltes besuchten und deshalb keine tiefe emotionale Bindung bestehen kann, zumal der BF sich lange in Haft befand. Hätte die Behörde eine Einvernahme durchgeführt, hätte der BF schildern können, dass häufigere Besuche aufgrund der Distanz zu der Haftanstalt und anschließend wegen der Pandemie, nicht möglich waren und der BF seine Mutter und seine Großmutter, keinen Strapazen aussetzen wollte, er aber im regelmäßigen, telefonischen Kontakt zu seiner Familie stand.

(…)

Hätte die Behörde weiter ermittelt, hätte sie zu dem Schluss kommen müssen, dass die Wohnmöglichkeit bei der Mutter faktisch vorhanden ist, sie sich um ihren Sohn kümmern würde und ihn auch während des Haftaufenthaltes – soweit es die Umstände zuließen - mehrmals besuchte.

Vielmehr trifft die Behörde im gegenständlichen Bescheid fast ausschließlich unrichtige Feststellungen. So trifft es weder zu, dass im Falle des Beschwerdeführers in Österreich „keine soziale Verankerung“ besteht und dieser „insbesondere“ keine „familiären Beziehungen“ hat noch, dass „ein gesicherter Wohnplatz“ nicht gegeben ist. Vielmehr verfügt der Beschwerdeführer – wie oben dargelegt – in Österreich über sein gesamtes familiäres und soziales Netzwerk sowie über eine Wohnmöglichkeit. Die Behörde hat jedoch überhaupt nicht dahingehend ermittelt, ob der BF über eine Wohnmöglichkeit bei seiner Familie verfügt und von ihnen auch finanzielle Unterstützung erhalten würde. Die Behörde hätte den Beschwerdeführer jedenfalls diesbezüglich befragen müssen.

Mangels eines ordentlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist der gegenständliche Bescheid jedenfalls rechtswidrig.

(…)

Anordnung der Schubhaft unmittelbar im Anschluss an die Strafhaft - Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers darauf, dass die Schubhaft gemäß § 80 Abs 1 FPG so kurz wie möglich dauert Die Schubhaft ist auch aus einem weiteren Aspekt rechtswidrig. Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist das Bundesamt verpflichtet, auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hinzuwirken. Nach Möglichkeit hat das Bundesamt darauf hinzuwirken, dass eine Schubhaft überhaupt unterbleiben kann.

In Fällen, in denen ein Fremder vor der geplanten Verhängung der Schubhaft in Gerichtshaft angehalten wird, bedeutet dies, dass das Bundesamt die Schritte zur Vorbereitung der Abschiebung bereits während der Gerichtshaft zu setzen hat (vgl VwGH 15.10.2015, 2015/21/0026). Die Behörde führt zwar aus bereits eine Zusage hinsichtlich des HRZ bekommen zu haben, hat aber offenbar noch keine weiteren Schritte gesetzt um die Abschiebung alsbald durchführen zu können. Vielmehr gibt die Behörde an, dass die Durchführbarkeit der geplanten Außerlandesbringung wegen allfällig ausfallender Flugverbindungen nicht durchgehend gewährleistet ist. Hierzu ist auszuführen, dass dieser Umstand keinen Grund darstellt, der die Behörde an der Setzung weitere Schritte hindert. Trotzdem hat es die Behörde im gegenständlichen Fall unterlassen weitere Schritte zu setzen und so die Inschubhaftnahme des BF zu verhindern, obwohl sich der BF über eine lange Zeit in Haft befand und der Behörde das Entlassungsdatum bekannt ist.

Dieses Versäumnis führt ebenfalls zur Unverhältnismäßigkeit der gegenständlichen

Schubhaft.

(…)

3. Zum Nichtvorliegen von Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG, Unverhältnismäßigkeit der Haft

Gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG ist die Verhängung der Schubhaft nur bei Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig. Die Behörde argumentiert, im Falle des Beschwerdeführers wären die Kriterien des § 76 Abs 3 Ziffern 2,3 und 9 FPG erfüllt. Hinsichtlich der Zi. 3 verweist die Behörde auf den Bescheid vom 01.02.2021 mit welchem die Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilte, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erließ, die Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien feststellte, ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot gem § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG erließ und eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährte und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannte.

Hinsichtlich dieses Bescheides erhob der BF am 01.03.2021 Beschwerde, da auch dieser Bescheid rechtswidrig ist und die Behörde ihre Ermittlungspflicht auch bezüglich der Aufenthaltsbeendenen Maßnahme verletzte und das Interesse des BF – im Gegensatz zu der Annahme der Behörde - an einem Verbleib in Österreich eindeutig

überwiegt.

Auch ist das Kriterium des § 76 Abs 3 Z 9 FPG im Falle des Beschwerdeführers (wie bereits oben dargelegt) nicht erfüllt. Der BF hat sein gesamtes Leben in Österreich verbracht, hat seine Freunde und seine Familie in Österreich. Im Falle einer Entlassung könnte er bei seiner Mutter Unterkunft nehmen, die ihn auch in finanzieller Hinsicht unterstützen könnte.

Zur Nicht-Anwendung eines gelinderen Mittels Selbst bei Vorliegen einer Fluchtgefahr – welche der BF ausdrücklich in Abrede stellt – ist die Schubhaft nur bei Vorliegen von Verhältnismäßigkeit zulässig und nur, wenn gelindere Mittel nicht zur Zweckerreichung geeignet wären (§ 77 Abs 1 FPG). Es gilt der Vorrang des gelinderen Mittels (VfGH 03.10.2012, G140/11 ua - G86/12 ua). Es wäre am BFA gelegen, darzulegen, warum ein gelinderes Mittel anstatt der Schubhaft nicht in Frage kommt. Entsprechende nachvollziehbarer Ausführungen oder Begründungen sind jedoch im Bescheid nicht zu finden, dies betrifft insbesondere die gelinderen Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung gem § 77 Abs 3 Z 2 FPG sowie das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten gem § 77 Abs 3 Z 1 FPG.

Im Falle des Beschwerdeführers kommen jedenfalls gelindere Mittel in Betracht: Der BF kann, wie angeführt bei seiner Mutter wohnen und von dieser unterstützt werden.

Auch wäre im Falle des BF etwa das gelindere Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung naheliegend.

Alternativ wäre neben einer periodischen Meldeverpflichtung auch das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumlichkeiten in Betracht gekommen, zumal die Landespolizeidirektionen gem § 77 Abs 9 FPG Vorsorge betreffend derartiger Räumlichkeiten getroffen haben. So stehen für diesen Zweck entsprechende Räumlichkeiten etwa an der Adresse Zinnergasse 29a, 1110 Wien, oder an der Adresse Hauptstraße 38, 2540 Bad Vöslau, zur Verfügung. Der Vollständigkeit halber weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Befehls –und Zwangsgewalt nicht entgegen steht und Betroffenen aufgetragen werden kann, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten (§ 77 Abs 5 FPG).

Der BF ist bereit mit Behörden zu kooperieren und würde insbesondere einer periodischen Meldeverpflichtung sowie einer allfälligen angeordneten Unterkunftnahme Folge zu leisten.

Die genannten gelinderen Mittel wären zur Erfüllung des angenommenen Sicherungszweckes jedenfalls ausreichend gewesen. Durch die mangelnde Prüfung der gelinderen Mittel erweist sich die Schubhaft jedenfalls als unverhältnismäßig und der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. In vergleichbaren Fällen hat das BVwG ausgesprochen, dass die nicht ausreichende Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung eines gelinderen Mittels zur Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung führt, (….).

Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, beantragt der Beschwerdeführer ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und die Einvernahme seiner Person sowie der genannten Zeugin zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes – insbesondere zur Klärung der Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers, des Vorliegens einer Fluchtgefahr sowie zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels.

Eine Voraussetzung für das Unterbleiben der mündlichen Verhandlung wäre, dass die Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt wird. Dies ist im angefochtenen Bescheid jedoch nicht erfolgt. Das BVwG hat also eine mündliche Verhandlung durchzuführen, sollte es der Beschwerde nicht schon aufgrund der Aktenlage stattgeben (§ 24 Abs 2 Z 1 VwGVG).

(…)

Anträge

Aus den genannten Gründen beantragt der Beschwerdeführer, das BVwG möge eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers sowie der genannten Zeugin zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen; den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte; im Rahmen einer „Habeas Corpus Prüfung“ aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen; der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gem VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, auferlegen.

Die Verwaltungsbehörde legte den Schubhaftakt vor, gab eine Stellungnahme ab und stellte die Anträge:

1.       die Beschwerde als unbegründet abweisen bzw. unzulässig zurückzuweisen,

2.       gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen

3.       den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.

(…)“

Begründend führte sie aus:

(…)

„Mit Schreiben des serbischen Innenministeriums vom 14.01.2021 wurde der Beschwerdeführer (…) identifiziert und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesichert (Das HRZ wurde mittlerweile ausgestellt und befindet sich im Besitz der belangten Behörde).

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2021 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VI.).

(…)

Mit Teil-Erkenntnis vom 11.03.2021, Zahl W161 2240133-1/2Z, wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VGs als unbegründet abgewiesen und die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass aus dem Beschwerdevorbringen keine konkreten Anhaltspunkte für eine dem Beschwerdeführer bei einer sofortigen Außerlandesbringung drohende Art. 8 EMRK-Verletzung hervorgehen, da sich der Beschwerdeführer seit vielen Jahren illegal sowie unter falscher Identität im Bundesgebiet aufgehalten habe und seinen Aufenthalt in Österreich vorwiegend dazu genutzt hätte, hier strafbare Handlungen zu setzen, diese überwiegend gegen die körperliche Integrität gerichtet waren. Seine Straftaten wären so schwer, dass mit einer Ausnahme in jedem Fall von Beginn an eine zumindest teilweise unbedingte Haftstrafe verhängt wurde. Der Beschwerdeführer weise sowohl Verurteilungen wegen Gewaltdelikten als auch wegen Suchtgifthandel auf. Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Interesse an der Aufrechterhaltung seines Familienlebens überwiege somit nicht das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung.

Das Bundesverwaltungsgericht befand, dass in casu dem Beschwerdeführer ein Parteiengehör eingeräumt und im angefochtenen Bescheid ausreichend dargelegt wurde, dass sehr wohl Umstände vorliegen, die nicht nur ein öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung begründen, sondern darüber hinaus ihren sofortigen Vollzug erfordern.

Gegen den Fremden besteht somit eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf die Dauer von 4 Jahren befristeten Einreiseverbot. Herr XXXX hält sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet

auf und ist verpflichtet, Österreich zu verlassen und den Ausgang seines Beschwerdeverfahrens im Heimatland abzuwarten.

Entgegen der Darstellung der rechtlichen Vertretung in der Beschwerde wurden seitens der Behörde sämtliche Verfahrensschritte rechtzeitig gesetzt.

So wurde seitens der Vertretungsbehörde Serbiens bereits ein Heimreisezertifikat mit einer Gültigkeit vom 17.02.2021 bis 17.05.2021 ausgestellt und von der Behörde im PAZ Hernalser Gürtel hinterlegt.

Auch wurden seitens der Behörde die Schritte zur Außerlandesbringung rechtzeitig gesetzt. Der Beschwerdeführer wird am Tag seiner Enthaftung (18.03.2021), spätestens jedoch am 25.03.2021 mittels Sammeltransportes ins Heimatland verbracht. Die beabsichtigte Anhaltung in Schubhaft wird daher von der Behörde bewusst kurz gehalten und ist verhältnismäßig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger der Republik Serbien und somit Drittstaatsangehöriger; er wurde am XXXX in Wien/Österreich geboren.

Am 19.09.2000 wurde der Beschwerdeführer erstmals durch den JGH Wien, Zahl 3 U 268/00p, nach § 27/1 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 (vier) Wochen verurteilt.

Am 05.05.2004 wurde er durch das LG für Strafsachen Wien, Zahl 142 Hv 2/04k, nach den §§ 27 Abs. 1 + 2/1 SMG und 15 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 (acht) Monaten verurteilt.

Am 15.07.2004 wurde er durch das LG für Strafsachen Wien, Zahl 441 Hv 86/04i, nach den §§ 107/1 + 2, 83/1 StGB und 50 Abs. 1/1 WaffG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 (sieben) Monaten verurteilt.

Am 13.09.2006 wurde der Beschwerdeführer durch das LG für Strafsachen Wien, Zahl 161 Hv 94/06h, nach den §§ 28 Abs. 2 + 3 (1. Fall) und Abs. 4/3 SMG sowie 50 Abs. 1/2 WaffG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Jahren verurteilt.

Mit Bescheid der zuständigen Landespolizeidirektion vom 20.01.2007 wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dieser Bescheid erwuchs am 13.02.2007 in Rechtskraft.

Am 05.03.2007 wurden der Beschwerdeführer unter Gewährung eines Strafaufschubes (§ 39 SMG) aus der Strafhaft entlassen. Gemäß gewährtem Strafaufschub wurde Ihm anschließend Abschiebungsaufschübe (§ 46 FPG) zuletzt bis 14.10.2008 gewährt.

Danach war er untergetaucht/unbekannten Aufenthaltes.

Am 06.04.2010 wurden der Beschwerdeführer durch das LG für Strafsachen Wien, Zahl 41 Hv 160/09m, nach den §§ 27 Abs. 1/1 (8. Fall) und Abs. 3, 28/1 (2. Satz), 28/1 (1. Satz) SMG, 105/1, 15, 83/1, 87/1 + 2 (1. Fall), 224 A StGB und 50 Abs. 1/2 WaffG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 (fünf) Jahren verurteilt.

Am 13.09.2013 reiste er gem. § 133a StVG nach Serbien aus.

Er kehrte aber zu einem unbekannten Zeitpunkt, trotz des rechtskräftig gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes und des Ihnen gewährten vorläufigen Absehens vom Strafvollzug, unrechtmäßig ins Bundesgebiet zurück.

Von 09.12.2015 bis zu seiner neuerlichen Inhaftierung – siehe sogleich – war der Beschwerdeführer unter der falschen Identität XXXX , geb. XXXX , StA. Bulgarien, an der Adresse 1140 Wien, XXXX , gemeldet.

Am 19.06.2018 wurde er im Bundesgebiet festgenommen und in der Folge in die Justizanstalt Graz Karlau eingeliefert.

Am 23.11.2018 wurden der Beschwerdeführer durch das LG für Strafsachen Wien, Zahl 46 Hv 50/18k, nach den §§ 223 (2) und 224 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 (fünf) Monaten verurteilt.

Mit Schreiben vom 12.01.2021, von ihm persönlich am 13.01.2021 übernommen, wurde ihm mitgeteilt, dass seitens des BFA die Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot und falls erforderlich, nach Haftentlassung die Verhängung der Schubhaft beabsichtigt ist.

Mit Schreiben des serbischen Innenministeriums vom 14.01.2021 wurden der Beschwerdeführer unter seiner richtigen Nationale identifiziert und es wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesichert.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2021, Zahl 110934101/210041505, wurde Ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG wurde gegen Sie ein auf die Dauer von 4 (vier) Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde Ihnen keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.

Der Bescheid wurde Ihm am 03.02.2021 in der Justizanstalt Stein nachweislich zugestellt und wurde am 18.03.2021 mit Ihrer Haftentlassung durchsetzbar.

Mit Teil-Erkenntnis vom 11.03.2021, Zahl W161 2240133-1/2Z, wurde die dagegen erhobene Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VGs als unbegründet abgewiesen und die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

Gegen den Fremden besteht somit eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf die Dauer von 4 Jahren befristeten Einreiseverbot. Der Beschwerdeführer hält sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet.

Seitens der Vertretungsbehörde Serbiens wurde bereits ein Heimreisezertifikat mit einer Gültigkeit vom 17.02.2021 bis 17.05.2021 ausgestellt und von der Behörde im PAZ Hernalser Gürtel hinterlegt.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers war für den 18.03.2021 (Tag der Haftentlassung aus der JA Stein) organisiert. Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Krems vom 16.03.2021 wurde gegen den Beschwerdeführer die Absonderung, beginnend mit 16.03.2021 bis einschließlich 26.03.2021 aufgrund einer möglichen Ansteckung mit der Lungenkrankheit COVID-19 angeordnet. Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Krems vom 17.03.2021 wurde die angeordnete Absonderung zur Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel mit 18.03.2021, 09:00 Uhr, aufgehoben. Die restliche Absonderungszeit bis zum 26.03.2021 wird vom Magistrat der Stadt Wien bescheidmäßig festgelegt werden. Die Abschiebung mittels Sammeltransport wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Am 22.03.2021 hätte eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden sollen – aufgrund der Absonderung des Beschwerdeführers (im PAZ Hernalser Gürtel) mittels Videokonferenz.

Die Durchführung einer Verhandlung war unabdingbar, da der Beschwerdeführer im Gegensatz zu seiner Stellungnahme vom 21.01.2021 im Beschwerdeschriftsatz nicht unsubstantiiert auf „ein geschütztes Privatleben in Österreich“ hingewiesen und „dass zwischen dem BF, seiner Mutter und Großmutter eine sehr tiefe Beziehung besteht“, (…), „dass die Wohnmöglichkeit bei der Mutter faktisch vorhanden ist, sie sich um ihren Sohn kümmern würde (…) und von ihnen auch finanzielle Unterstützung erhalten würde“.

Die Verhandlung wurde in der Folge abberaumt, da laut Auskunft des PAZ Hernalser Gürtel eine Verhandlung per Videokonferenz nur über „Skype for Business“ möglich ist, das Bundesverwaltungsgericht aber laut Auskunft der hausinternen EDV-Abteilung, nur über „Zoom“ verfügt; aufgrund der Inkompatibilität beider Systeme war daher die Durchführung der Verhandlung nicht möglich.

Nicht festgestellt werden kann daher aufgrund der nicht durchführbaren Verhandlung (in Bezug auf die Frage der Fortsetzung der Anhaltung)

?        die tatsächliche Intensität des in der Beschwerde behaupteten Familienlebens;

?        die tatsächliche Möglichkeit der alternativen Unterbringung bei der Mutter inklusive Versorgung durch die Familie;

?        die aktuelle Fluchtgefahr insbesondere im Hinblick auf die mögliche Einflussnahme durch die Mutter/Familie des Beschwerdeführers (aufgrund des allfälligen Intensiven Familienlebens).

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus der Aktenlage – insbesondere unstrittig sind die vorliegenden strafgerichtlichen Verurteilungen und das Bestehen eines bereits durchsetzbaren Einreiseverbotes; hierbei ist wiederum auf das oben zitierte Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.03.2021, Zahl W161 2240133-1/2Z, mit welchem die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VGs als unbegründet abgewiesen und die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde.

Die in Bezug auf die Frage der Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides und der darauf basierenden Anhaltung vonseiten der Rechtsvertretung ins Treffen geführten Rügen vermögen nicht zu überzeugen:

Zunächst stößt die Vorgangsweise der Verwaltungsbehörde, dem Beschwerdeführer (auch) zur geplanten Inschubhaftnahme einmal ein schriftliches Parteiengehör einzuräumen auf keine Bedenken seitens des Bundesverwaltungsgerichtes:

Der Beschwerdeführer hätte schon damals Gelegenheit gehabt, seine Einbettung in die in Österreich lebende Familie entsprechend dem Beschwerdeschriftsatz darzustellen und damit insbesondere die Stabilisierung durch das familiäre Umfeld aufzuzeigen Dies hatte er jedoch unterlassen – er beschränkte sich letztlich lediglich darauf, dass „seine Mutter einen Meldezettel und eine Einzahlungsbestätigung über die letzten drei Monate des Mietzinses vorlegen könnte“ und ihn nach Erteilung eines Aufenthaltstitels finanziell unterstützen würde.

Der Verwaltungsbehörde ist daher kein Vorwurf zu machen, dass sie von einer zusätzlichen Einvernahme Abstand nahm und insbesondere aus den wenigen Besuchen der Mutter und der Großmutter in der Haftanstalt den Schluss eines nicht sehr ausgeprägten Familienlebens zog. Erstmals in der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, „dass häufigere Besuche aufgrund der Distanz zu der Haftanstalt und anschließend wegen der Pandemie, nicht möglich waren und der BF seine Mutter und seine Großmutter, keinen Strapazen aussetzen wollte, er aber im regelmäßigen, telefonischen Kontakt zu seiner Familie stand.“

Da der Beschwerdeführer nicht zumindest von häufigen telefonischen Kontakten zu den Familienangehörigen (während seiner Strafhaft) sprach, bestand für die Verwaltungsbehörde auch kein Anlass, etwas zu ermitteln – nämlich ein intensives für die Frage der Unterbringungsmöglichkeit und letztlich für die Frage der Gefahr des Untertauchens relevantes Familienleben – was nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet wurde.

In diesem Sinne stellt sich die von der Verwaltungsbehörde insbesondere aus den Parametern der

?        vergangenen massiven Straffälligkeit;

?        der entgegen eines bestehenden Einreiseverbotes erfolgten Wiedereinreise;

?        des lange währenden Aufenthaltes unter falscher Identität

gezogene Schlussfolgerung höchster Vertrauensunwürdigkeit, aus der wiederum auf die Gefahr des Untertauchens geschlossen werden kann, als schlüssig und nachvollziehbar dar.

Auch im Zusammenhang mit dem Aufenthalt unter einer falschen Identität drängt sich fürwahr nicht das Vorliegen eines bestehenden intensiven Familienlebens, wie in der Beschwerde behauptet, auf.

Gerade in Bezug auf den letzteren Umstand wäre vor dem Hintergrund der erst in der Beschwerde behaupteten familiären Verhältnisse eine umfassende Befragung der Familienangehörigen (und danach des Beschwerdeführers) zwingend notwendig gewesen.

Auch der Vorwurf der Dauer der Anhaltung geht schon auf der Tatsachenebene ins Leere – hatte die Verwaltungsbehörde nicht nur ein HRZ ausgestellt erhalten, sondern auch die Rückführung für den 18.03.2021 vorgesehen – der Beschwerdeführer wäre, hätte der Abschiebung nicht die angeführten Covid-19-Absonderungsbescheide einen Strich durch die Rechnung gemacht, am besagten 18.03.2021 im Rahmen eines Sammeltransportes nach Serbien rückgeführt worden; hierzu hätte er sich nur äußerst kurz im Gewahrsam der Behörde aufgehalten.

Zum Scheitern der Verhandlung ist anzumerken, dass die EDV-Abteilung des Bundesverwaltungsgerichtes ausdrücklich auf Nachfrage des zuständigen Einzelrichters vom 22.03.2021 die Inkompatibilität der im PAZ Hernalser Gürtel und im Bundesverwaltungsgericht bestehenden Video-Konferenz-Systeme anführte – hier ZOOM, dort SKYPE for business.

Da durch das Unterbleiben der Verhandlung nicht nur kein rechtsstaatliches Verfahren durchgeführt werden konnte, sondern die schon angeführten Fragen offen blieben und sich die entsprechenden Vorbringensteile als nicht so unplausibel darstellten, dass eben eine Verhandlung unterbleiben konnte, schlägt letztlich die Darstellung eines möglichen intensiven Familienlebens auch auf das Bestehen von Fluchtgefahr durch.

Diese kann aktuell (ohne Verhandlung) nicht mehr ohne weiteres in dem Ausmaß angenommen werden, wie sie zutreffend von der Verwaltungsbehörde zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung und nachfolgenden Inhaftierung (am 18.03.2021) angenommen wurde.

Da es hierbei aktuell aufgrund der behaupteten (andersgelagerten) familiären Verhältnisse eines persönlichen Eindrucks der Beteiligten bedarf, konnte im gegenständlichen Beschwerdeverfahren – abweichend vom erstinstanzlichen Verfahren – nicht mit einem schriftlichen Parteiengehör das Auslangen gefunden werden.

Rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Vorab ist anzumerken, dass eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung in die serbische Sprache entfallen konnten, da der Beschwerdeführer in Österreich aufgewachsen ist und auch seine eigenen Eingaben in einwandfreiem Deutsch verfasst sind.

Zu Spruchpunkt A) I. (Schubhaftbescheid, bisherige Anhaltung):

Gesetzliche Grundlagen:

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Die Bestimmungen des §22a BFA-VG idgF, konkret jene der Z 1 (Festnahme) und Z 3 (Inschubhaftnahme), bilden im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Materielle Rechtsgrundlagen:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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