TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/24 W167 2237076-1

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Veröffentlicht am 24.03.2021
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Entscheidungsdatum

24.03.2021

Norm

AuslBG §12a
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W167 2237076-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Manuela ECKERDORFER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes DENK als Beisitzer/in über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom XXXX mit dem der Antrag auf Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG von XXXX , abgewiesen wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am XXXX beantragte der Mitbeteiligte den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte“ gemäß § 41 NAG im Rahmen der Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG (LWL Spleisser und Elektromonteur) im Unternehmen der Beschwerdeführerin.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG ab, weil die erforderlichen 55 Punkte gemäß Anlage B nicht erreicht wurden (Zuerkennung von lediglich 30 Punkten: 15 Punkte für Sprachkenntnisse und 15 Punkte für das Alter). Die belangte Behörde hielt hinsichtlich der Kategorie „Qualifikation“ fest, dass laut den vorgelegten Unterlagen der Mitbeteiligte innerhalb von 1,5 Jahren vier Klassen abgeschlossen habe, hingegen in Österreich die Dauer einer Berufsausbildung als Elektrotechniker mindestens 3,5 Jahre betragen würde. Hinsichtlich der Kategorie „Berufserfahrung“ wurde festgehalten, dass keine Arbeitszeugnisse in der auszuübenden Tätigkeit vorgelegt worden seien. In diesen Kategorien könnten daher keine Punkte vergeben werden.

3. Die Beschwerdeführerin erhob fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass sich die verkürzte Ausbildungszeit des Mitbeteiligten dadurch ergebe, dass die allgemeinen Fächer seines Matura-Abschlusses im Jahr 2016 angerechnet bzw. anerkannt worden seien. Danach sei der Mitbeteiligte nach Österreich gekommen und habe die elektrotechnische Ausbildung in Bosnien mit seinen Teilzeitbeschäftigungen in Wien kombinieren können. Was die elektrotechnische Arbeitspraxis betrifft, so sei der Mitbeteiligte 2 Monate Vollzeit beschäftigt gewesen. Von Jänner bis Juni 2020 habe er ein freiwilliges unbezahltes Praktikum absolviert, hierzu gäbe es jedoch keinen Nachweis.

In einer ergänzenden Stellungnahme brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Bewertung der Rubrik Qualifikation mit 0 Punkten zu korrigieren sei, da der Mitbeteiligte mit seiner Matura 2016 die allgemeine Universitätsreife erlangt habe und ein Studium an einer Universität begonnen – jedoch wieder abgebrochen – habe. Weiters wären Punkte in der Rubrik Sprachkenntnisse Englisch anzurechnen, da der Mitbeteiligte Englischkenntnisse auf mindestens B1 Niveau nachweisen könne.

4. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungs-gericht vor.

5. Am XXXX fand eine mündliche Verhandlung statt, an welcher ein Vertreter der Beschwerdeführerin, der Mitbeteiligte und der Rechtsvertreter des Mitbeteiligten teilnahmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am XXXX beantragte der Beschwerdeführer eine „Rot-Weiß-Rot-Karte“ gemäß § 41 NAG (Fachkraft in Mangelberufen).

Laut Arbeitgebererklärung soll der Mitbeteiligte als „LWL Spleisser und Elektromonteur“ für 40 Wochenstunden mit einer Entlohnung von brutto EUR 2.426,95 beschäftigt werden.

Der Mitbeteiligte hat in seinem Herkunftsstaat im Jahr 2016 ein Gymnasium abgeschlossen, welches ihm den Zugang zum Hochschulstudium in seinem Heimatstaat ermöglicht.

Der Mitbeteiligte verfügte über keine einschlägige Ausbildung, als er sich in seinem Herkunftsstaat ab dem XXXX in einer privaten Schule (Berufsfachschule im Fach „Elektrotechnik“ für die Berufsrichtung XXXX ) einschrieb. Eine Absolvierung der erforderlichen vier Klassen war im Fall des Beschwerdeführers als „außerordentlicher Schüler“ wegen des absolvierten Gymnasiums im Selbststudium und in 1,5 Jahren möglich. Der Mitbeteiligte nahm nicht am Präsenzunterricht teil. Die Fächer des Gymnasiums wurden dem Mitbeteiligten angerechnet, er eignete sich die theoretischen Kenntnisse für die übrigen Fächer im Selbststudium an und legte kommissionelle Prüfungen ab. Dabei handelte es sich ausschließlich um Prüfungen über die Theorie. Der Mitbeteiligte schloss diese Schule nach 1,5 Jahren am XXXX ab.

Der Mitbeteiligte kann eine technische Berufserfahrung von zwei Monaten für ein Unternehmen mit Sitz in seinem Herkunftsstaat nachweisen. Diese Berufserfahrung erwarb er nach dem Abschluss der Berufsfachschule.

Es liegen Unterlagen über eine Ergänzungsprüfung aus Deutsch gem. § 63 Abs. 10 und 11 UG 2002 aus dem Jahr 2017 vor, eine Studienbestätigung als ordentlicher Studierender für das für Wintersemester 2019 ( XXXX , welches der Mitbeteiligte mittlerweile abgebrochen hat) und ein im XXXX erworbenes Zertifikat Englisch (B1 Achiever) vor.

Der Mitbeteiligte hat seit dem XXXX unselbständige Beschäftigungen bei verschiedenen Dienstgebern in Österreich ausgeübt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt und den Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die Beschwerdeführerin passte die Entlohnung in der Verhandlung dem aktuellen Kollektivvertrag entsprechend an. Der Mitbeteiligte machte umfangreiche Angaben zum Abschluss an der Berufsfachschule und zu seinen technischen Berufserfahrungen, wobei die Bestätigung über die Tätigkeit lediglich zwei Monate ( XXXX ) ausweist. Soweit der Mitbeteilige auf praktische Erfahrungen XXXX verwies, können dazu schon deshalb keine Feststellungen dazu getroffen werden, weil er diese nicht belegen konnte; dass es sich dabei um eine einschlägige Ausbildung gehandelt habe ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der zulässigen und rechtzeitigen Beschwerde

3.1. Maßgebliche Bestimmungen

§ 12a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG):

Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie

1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,

2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,

3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und

sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.

In der Fachkräfteverordnung 2020 ist Elektromonteur als Mangelberuf genannt (§ 1 Absatz 1 Ziffer 11).

3.2. Maßgebliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs

Gemäß § 12a Z 1 AuslBG ist es – unabhängig vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – erforderlich, dass der Antragsteller eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung im beantragten Mangelberuf nachweisen kann. (vgl. VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068; 13.12.2016, Ra 2016/09/0104)

Die Erläuterungen (1077 Blg. NR 24. GP, RV, S 12) zum Erfordernis einer „einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung“ des § 12a Z. 1 AuslBG führen dazu aus: „Es können somit nur Fachkräfte zugelassen werden, die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem solchen Mangelberuf nachweisen, die einem Lehrabschluss vergleichbar ist. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht. Dementsprechend hoch ist die Qualifikation auch im Kriterienkatalog der Anlage B bewertet.“ Die belangte Behörde ist daher mit ihrem in der Gegenschrift geäußerten Einwand im Recht, dass der Gesetzgeber als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vorsieht. (VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068)

3.3. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Entsprechend den vorgelegten Unterlagen hat der Mitbeteiligte in seinem Heimatstaat die Ausbildung zum XXXX in nur 1,5 Jahren absolviert.

In Österreich ist der Beruf des/r Elektrotechniker/in als Modellehrberuf konzipiert. Die Ausbildung umfasst verpflichtend die zweijährige Ausbildung im Grundmodul Elektrotechnik und eine eineinhalbjährige Ausbildung in einem der Hauptmodule Elektro- und Gebäudetechnik, Energietechnik, Anlagen- und Betriebstechnik oder Automatisierungs- und Prozessleittechnik. Zusätzlich kann in einem weiteren halben Ausbildungsjahr ein zweites Hauptmodul oder ein Spezialmodul gewählt werden, wodurch sich eine Ausbildungsdauer von 3,5 bzw. 4 Jahren ergibt. Die Lehre kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, z.B. der Matura um ein Jahr verkürzt werden. Somit sind mindestens 2,5 Jahre Ausbildungsdauer vorgesehen. (vergleiche dazu https://www.ams.at/bis/bis/index.php)

In Österreich kann auch eine Ausbildung in Bereich Elektrotechnik u.a. auch an höheren technischen Lehranstalten erfolgen (Berufsbildende höhere Schule, Dauer 5 Jahre, Vollzeit). (vergleiche https://www.ausbildungskompass.at/ausbildungen/104538-hoehere-lehranstalt-elektrotechnik/).

Der Mitbeteiligte erwarb an einer Berufsfachschule im Herkunftsstaat einen Abschluss als XXXX Dies im Selbststudium, mit kommissionellen theoretischen Prüfungen und innerhalb von 1,5 Jahren. Dies entspricht daher weder der Dauer noch dem Inhalt nach annähernd einer einschlägigen österreichischen Lehrausbildung bzw. dem Abschluss einer einschlägigen Berufsbildenden höheren Schule.

Diese verkürzte theoretische Ausbildung des Mitbeteiligten stellt daher keine abgeschlossene Berufsausbildung iSd § 12a Z 1 AuslBG dar. Eine andere Einschätzung würde auch dem Zweck der §§ 12 ff AuslBG zuwiderlaufen, nur qualifizierte Arbeitskräfte neu aus dem Ausland anzuwerben, die bei einer längerfristigen Beobachtung der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsentwicklung sowie unter Berücksichtigung der schulischen und betrieblichen Ausbildungsmaßnahmen nicht aus dem vorhandenen Arbeitskräftepotenzial rekrutiert werden können (vgl. Erl. RV 1177 BlgNR 24. GP).

Dementsprechend ist die Ausbildung und der Abschluss des Mitbeteiligten nicht als einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung iSd § 12a Z 1 AuslBG im Mangelberuf „Elektroinstallateur(e)innen, -monteur(e)innen“ zu werten.

Da eine Zulassung zu einer Beschäftigung in einem Mangelberuf bei Nichtvorliegen einer einschlägigen Berufsausbildung von vornherein auszuschließen ist, war auf das Vorliegen der übrigen Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr einzugehen und die Beschwerde mangels Erfüllung der Voraussetzung des § 12a Z 1 AuslBG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Berufsausbildung Fachkräfteverordnung Qualifikation Rot-Weiß-Rot-Karte Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W167.2237076.1.00

Im RIS seit

20.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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