TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/24 L503 2235401-1

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Veröffentlicht am 24.03.2021
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Entscheidungsdatum

24.03.2021

Norm

AlVG §12
AlVG §24 Abs2
AlVG §25 Abs1
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch


L503 2235401-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. ENZLBERGER und Mag. SIGHARTNER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des AMS Linz vom 20.07.2020 zur Versicherungsnummer XXXX , abgeändert mit Beschwerdevorentscheidung vom 03.09.2020, GZ: XXXX , zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Linz vom 20.07.2020 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 03.09.2020 wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom 20.7.2020 sprach das AMS aus, dass der Bezug der Notstandshilfe durch den Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: „BF“) gemäß § 38 in Verbindung mit § 24 Abs 2 AlVG im Zeitraum vom 5.6.2020 bis zum 30.6.2020 widerrufen beziehungsweise die Bemessung rückwirkend berichtigt und der BF gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 1.035,06 verpflichtet wird.

Begründend führte das AMS nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen aus, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der BF die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im genannten Zeitraum zu Unrecht bezogen habe, da er pflichtversichert selbständig angemeldet gewesen sei.

2. Mit Schreiben vom 28.7.2020 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 20.7.2020. Darin führte er aus, im Zeitraum vom 5.6.2020 bis zum 30.6.2020 habe er mit seiner gewerblichen Tätigkeit keine Umsätze erzielt. Bereits am 20.7.2020 habe er dem AMS auf Aufforderung eine „Nichtbetriebsmeldung“ der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 10.7.2020 gesendet und habe er am 15.7.2020 auch die SVS informiert.

Beigelegt wurde die erwähnte „Nichtbetriebsmeldung“ der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 10.7.2020, in der die Anzeige des BF gemäß § 93 GewO betreffend das Ruhen der Gewerbeberechtigung „Sicherheitsgewerbe, eingeschränkt auf Bewachungsgewerbe“ mit Standort in P. ab „30.06.2020“ bestätigt wird.

Im Akt befindet sich zudem eine „Wiederbetriebsmeldung“ der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 27.7.2020, wonach das seit 30.6.2020 ruhend gemeldete Gewerbe wiederaufgenommen wird.

3. Am 3.9.2020 richtete das AMS ein Schreiben an den BF zur Wahrung des Parteiengehörs. Darin führte das AMS aus, es sei unstrittig, dass der BF in der Zeit vom 5.6.2020 bis 29.6.2020 sein Gewerbe nicht ruhend gemeldet habe. Er sei im Zeitraum vom 5.6.2020 bis 30.6.2020 auch in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG einbezogen gewesen und gelte somit nach § 12 Abs 1 und 2a AlVG für den Zeitraum vom 5.6.2020 bis 29.6.2020 als nicht arbeitslos. Ob er in diesem Zeitraum ein Einkommen erzielt hat, sei für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit nicht von Relevanz. Der BF könne dazu bis spätestens 21.8.2020 schriftlich Stellung nehmen.

4. Mit Schreiben vom 19.8.2020 gab der BF eine Stellungnahme ab. Darin brachte er vor, er habe am 10.7.2020 sein Gewerbe rückwirkend ruhend gemeldet, wobei er nochmals die „Nichtbetriebsmeldung“ der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 10.7.2020 (Ruhendmeldung ab 30.6.2020) vorlegte. Laut Auskunft der SVS, Landesstelle Oberösterreich, sei er wegen der Ruhendmeldung seiner Gewerbeberechtigung von der Pflichtversicherung in der Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung ausgenommen worden. Sodann verwies der BF auf einen Auszug aus der Homepage der Wirtschaftskammer Oberösterreich, wonach eine Ruhendmeldung binnen drei Wochen der Wirtschaftskammer anzuzeigen sei und wonach eine rückwirkende Ruhendmeldung für die Sozialversicherung bis zu 18 Monate möglich sei.

5. Mit Bescheid vom 3.9.2020 gab das AMS der Beschwerde des BF im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung teilweise statt, widerrief die Notstandshilfe (nur mehr) im Zeitraum vom 5.6.2020 bis zum 29.6.2020 und forderte den durch den Widerruf entstandenen Übergenuss in Höhe von € 995,25 vom BF zurück.

Begründend führte das AMS aus, der BF habe vom AMS zuletzt vom 7.4.2020 bis 30.6.2020 (und danach wieder vom 16.7.2020 bis 26.7.2020) Notstandshilfe in der täglichen Höhe von € 39,81 erhalten. Mit Überlagerungsmeldung des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger habe das AMS am 13.7.2020 erfahren, dass der BF ab dem 5.6.2020 selbständig erwerbstätig sei und ab diesem Zeitpunkt der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG unterliege.

Aus der vom BF übermittelten Unterlage der WKO vom 10.7.2020 gehe hervor, dass er sein am 5.6.2020 angemeldetes Gewerbe ab dem 30.6.2020 ruhend gemeldet habe. Mit 27.7.2020 sei eine Wiederaufnahme dieses Gewerbes erfolgt. In die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG sei der BF für die Zeit vom 5.6.2020 bis 30.6.2020 und dann wieder ab dem 27.7.2020 einbezogen gewesen.

Als entscheidungswesentlichen Sachverhalt stellte das AMS fest, der BF habe sein Gewerbe für die Zeit vom 30.6.2020 bis 26.7.2020 ruhend gemeldet; dies ergebe sich aus der Nichtbetriebsmeldung der WKO vom 10.7.2020 und der Wiederbetriebsmeldung der WKO vom 27.7.2020. In die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG sei der BF laut den Daten beim Dachverband der Sozialversicherungsträger in der Zeit vom 5.6.2020 bis 30.6.2020 und dann wieder ab dem 27.7.2020 einbezogen gewesen.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das AMS – nach Hinweis auf § 12 Abs 1 AlVG, wonach Arbeitslosigkeit nur dann bestehe, wenn die betreffende Person keiner Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliege und nach Wiedergabe von § 12 Abs 2a AlVG idF des 6. COVID-19-Gesetzes - aus, dass der BF von der Anmeldung seines Gewerbes (5.6.2020) bis zur Ruhendmeldung (30.6.2020) nicht als arbeitslos gelte. Gemäß § 24 Abs 2 AlVG sei das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) zu widerrufen, wenn sich die Zuerkennung nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt. Das AMS widerrufe daher die Notstandshilfe mangels Vorliegen von Arbeitslosigkeit für die Zeit vom 5.6.2020 bis 29.6.2020.

De BF habe den Tag der Anmeldung seines Gewerbes und somit die Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit dem AMS nicht rechtzeitig gemeldet, sondern habe erst im Juli 2020 aufgrund eines Schreibens des AMS seine Gewerbeanmeldung mit 5.6.2020 bekannt gegeben und nachgewiesen. Dadurch habe er die Meldepflicht nach § 50 AlVG verletzt und einen Rückforderungstatbestand des § 25 Abs 1 AlVG verwirklicht. Die Notstandshilfe für die Zeit vom 5.6.2020 bis 29.6.2020 in der Höhe von insgesamt € 995,25 (täglich € 39,81 x 25 Tage) sei vom BF rückzufordern.

6. Mit Schreiben vom 16.9.2020 stellte der BF fristgerecht einen Vorlageantrag, in dem er auf die Begründung seiner Beschwerde verwies und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte.

7. Am 24.9.2020 legte das AMS den Akt dem BVwG vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF meldete am 5.6.2020 das Gewerbe „Sicherheitsgewerbe, eingeschränkt auf Bewachungsgewerbe“ an und wurde folglich beginnend mit diesem Tag in die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG einbezogen.

1.2. Am 10.7.2020 meldete der BF sein Gewerbe rückwirkend per 30.6.2020 ruhend. Folglich endete, soweit hier relevant, mit 30.6.2020 die Pflichtversicherung nach dem GSVG.

1.3. Der BF hatte die Anmeldung seines Gewerbes mit 5.6.2020 dem AMS seinerzeit nicht gemeldet. Vielmehr gab er dies erst im Juli 2020 auf Nachfragen des AMS bekannt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des AMS.

2.2. Die zum Gewerbe des BF getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der vom BF selbst vorgelegten „Nichtbetriebsmeldung“ der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 10.7.2020, in der die Anzeige des BF gemäß § 93 GewO betreffend das Ruhen der Gewerbeberechtigung „Sicherheitsgewerbe, eingeschränkt auf Bewachungsgewerbe“ mit Standort in P. ab „30.06.2020“ bestätigt wird; daraus geht auch hervor, dass die Gewerbeberechtigung des BF seit 5.6.2020 aufrecht gewesen war.

Insofern ist der Sachverhalt völlig unstrittig. Wenn der BF im Übrigen argumentiert, laut Homepage der Wirtschaftskammer sei eine Ruhendmeldung binnen drei Wochen zu tätigen bzw. sogar bis zu 18 Monate rückwirkend zulässig, so ändert dies nichts daran, dass er sein Gewerbe konkret mit 30.6.2020 ruhend gemeldet hatte. Vor diesem Hintergrund wurde der BF zutreffend vom 5.6.2020 bis zum 30.6.2020 in die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG einbezogen und ist eine solche, wie eine ergänzende Abfrage durch das BVwG ergab, für diesen Zeitraum auch beim Dachverband gespeichert.

2.3. Den weiters getroffenen Feststellungen des AMS, wonach der BF die Anmeldung seines Gewerbes dem AMS seinerzeit nicht bekannt gegeben habe – so habe das AMS (erst) mit Überlagerungsmeldung des Dachverbands vom 13.7.2020 davon Kenntnis erlangt und habe der BF dies dann erst später im Juli 2020 auf Anfrage des AMS eingeräumt – ist der BF nicht entgegengetreten, sodass der Sachverhalt auch diesbezüglich unstrittig ist. Darüber hinaus befindet sich auch der Antrag des BF auf Notstandshilfe vom 7.4.2020 im Akt, in dem der BF auf die Frage nach einer Gewerbeberechtigung „Ruhe[nd] seit 31.03.20“ angegeben hatte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Das Vorschlagsrecht für die Bestellung der erforderlichen Anzahl fachkundiger Laienrichter und Ersatzrichter steht gemäß § 56 Abs 4 AlVG für den Kreis der Arbeitgeber der Wirtschaftskammer Österreich und für den Kreis der Arbeitnehmer der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte zu; die vorgeschlagenen Personen müssen über besondere fachliche Kenntnisse betreffend den Arbeitsmarkt und die Arbeitslosenversicherung verfügen.

Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Das AMS hat gegenständlich Beschwerdevorentscheidungen gemäß § 14 VwGVG erlassen und der BF hat fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG gestellt; gemäß § 15 Abs 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird. Anders als in § 64a AVG tritt mit der Vorlage der Beschwerde die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft; Beschwerdegegenstand im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht soll die Beschwerdevorentscheidung sein (EB zur RV 2009 dB XXIV.GP, S. 5).

3.3. Einschlägige Bestimmungen im AlVG:

§ 12 AlVG lautet auszugsweise:

§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer

1. eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,

2. nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt [...] und

3. keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.

[…]

(2a) Für in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätige, die ihre Erwerbstätigkeit eingestellt haben, schadet die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung in den Monaten März bis Dezember 2020 nicht.

[…]

§ 24 Abs 2 AlVG lautet auszugsweise:

(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. […]

§ 25 Abs 1 AlVG lautet auszugsweise:

§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. […]

§ 38 AlVG lautet:

Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.

3.4. Im konkreten Fall bedeutet dies:

3.4.1. Entscheidungswesentlich ist nun, dass der BF im hier (gemäß Beschwerdevorentscheidung) verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 5.6.2020 bis 29.6.2020 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG unterlag: Gemäß § 12 Abs 1 Z 1 und Z 2 AlVG ist nämlich (nur) arbeitslos, wer eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit beendet hat und nicht (mehr) der Pensionsversicherung unterliegt. Wenn der BF im Übrigen in seiner Beschwerde anmerkt, er habe im hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 5.6.2020 bis 29.6.2020 keine Umsätze erzielt, so spielt dies keine Rolle, zumal seine Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG aufgrund seiner Kammermitgliedschaft eingetreten ist und das Gewerbe im hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 5.6.2020 bis 29.6.2020 auch nicht ruhend gemeldet war.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass dem BF in dieser Hinsicht auch nicht § 12 Abs 2a AlVG idF des 6. COVID-19-Gesetzes BGBl. I Nr. 28/2020 zugutekommt, wonach für in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätige, die ihre Erwerbstätigkeit eingestellt haben, die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung in den Monaten März bis Dezember 2020 nicht schadet. § 12 Abs 2a AlVG stellt seinem Wortlaut nach nämlich auf die „Einstellung“ der Erwerbstätigkeit ab, sodass (zumindest) das Erfordernis einer Ruhendmeldung des Gewerbes besteht, um in den Genuss dieser Bestimmung gelangen zu können (vgl. dazu ausdrücklich auch die Gesetzesmaterialien, IA Nr. 489/A XXVII. GP, Seite 4). Eine Ruhendmeldung durch den BF ist aber – wie aufgezeigt – für den Zeitraum vom 5.6.2020 bis 29.6.2020 gerade nicht erfolgt.

Zutreffend hat das AMS jedoch in der Beschwerdevorentscheidung erkannt, dass ein Widerruf (wie auch eine Rückforderung) der am 30.6.2020 bezogenen Notstandshilfe nicht zulässig sind: Der BF hatte sein Gewerbe bereits am 30.6.2020 ruhend gemeldet. Dass die Pflichtversicherung nach dem GSVG an jenem Tag noch aufrecht war (diese endet am Monatsletzten), schadet in Anbetracht des oben Gesagten nicht mehr. Vor diesem Hintergrund wurde der Ausgangsbescheid mit der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung richtigerweise im Hinblick auf den 30.6.2020 zugunsten des BF abgeändert.

Der BF war im Zeitraum vom 5.6.2020 bis 29.6.2020 folglich nicht arbeitslos im Sinne von § 12 AlVG. Die Zuerkennung der Notstandshilfe war somit nicht begründet und wurde sie vom AMS zu Recht im Sinne von § 24 Abs 2 AlVG widerrufen.

3.4.2. Was die Rückforderung der im Zeitraum vom 5.6.2020 bis 29.6.2020 bezogenen Notstandshilfe anbelangt, so ist auszuführen, dass der BF seine Gewerbeanmeldung vom 5.6.2020 dem AMS seinerzeit nicht bekannt gegeben hatte und sich somit einer Meldepflichtverletzung im Sinne von § 50 Abs 1 AlVG schuldig gemacht hat. Nach § 25 Abs 1 AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen unter anderem dann zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat. Der Tatbestand „Verschweigung maßgebender Tatsachen“ ist gegenständlich somit unzweifelhaft erfüllt, weshalb das AMS die im Zeitraum vom 5.6.2020 bis 29.6.2020 bezogene Notstandshilfe zutreffend vom BF zurückgefordert hat.

3.5. Somit ist die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 20.7.2020 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 3.9.2020 spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die getroffene Schlussfolgerung, dass Arbeitslosigkeit bei gleichzeitiger Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG nicht vorliegen kann, beruht auf einer bereits ihrem Wortlaut nach klaren Regelung (§ 12 Abs 1 Z 2 AlVG), die keine Fragen offenlässt. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten ist. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest.

Schlagworte

Gewerbeberechtigung Meldepflicht Notstandshilfe Rückforderung selbstständig Erwerbstätiger Widerruf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L503.2235401.1.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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