Entscheidungsdatum
22.04.2021Norm
AlVG §24Spruch
G305 2239189-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Vorsitzenden, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Robert DRAXLER und Mag. Johannes KLEMM als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice vom XXXX 2020, VSNR: XXXX , mit dem der Bezug von Arbeitslosengeld für den Zeitraum XXXX 2020 bis XXXX 2020 widerrufen und er gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von EUR 185,10 verpflichtet wurde und über den Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX 2020, GZ: XXXX , sowie über den Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX 2021, GZ: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Vorlageantrag wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bescheid vom XXXX 2020 und die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX 2021, GZ: XXXX , werden bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom XXXX 2020, VSNR: XXXX , sprach die regionale Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde oder kurz: AMS) aus, dass das von XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF) bezogene Arbeitslosengeld für den Zeitraum XXXX 2020 bis XXXX 2020 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt werde und er gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von EUR 185,10 verpflichtet sei.
In der Begründung heißt es im Wesentlichen kurz zusammengefasst, dass der BF ab dem 26.06.2020 selbständig erwerbstätig sei, weshalb er die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Zeitraum XXXX 2020 bis XXXX 2020 zu Unrecht bezogen habe. Dies sei dem AMS nicht gemeldet worden.
2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen, zum XXXX 2020 datierten, am selben Tag bei der belangten Behörde (sohin verspätet) eingebrachten Beschwerde gab der BF an, den in Beschwerde gezogenen Bescheid nicht erhalten zu haben. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde sei er nicht selbständig tätig geworden, sondern auch in der Zeit von 26.06.2020 bis 30.06.2020 Angestellter gewesen. Selbständig habe er nie gearbeitet.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom XXXX 2021, GZ: XXXX , wies die belangte Behörde die gegen den Ausgangsbescheid vom XXXX 2020 erhobene Beschwerde vom XXXX 2020 als verspätet zurück.
4. Gegen die ihm am XXXX 2021 persönlich zugestellte Beschwerdevorentscheidung brachte der BF am XXXX 2021 einen Vorlageantrag ein.
5. Am XXXX 2021 legte die belangte Behörde den Bescheid vom XXXX 2020, die dagegen erhobene Beschwerde, die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX 2021 und den Vorlageantrag dem Bundesverwaltungsgericht vor.
6. Mit hg. Verspätungsvorhalt vom XXXX 2021 wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass das gegen den Bescheid vom XXXX 2020 erhobene Rechtsmittel verspätet ist und ihm im Rahmen des Parteiengehörs die Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
7. Am XXXX 2021 langte eine persönlich abgegebene Stellungnahme des BF ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Am XXXX 2020 gab der BF der belangten Behörde bekannt, dass er mit XXXX 2020 als Taxifahrer selbständig erwerbstätig sein wird, weshalb dessen Abmeldung vom Bezug von Arbeitslosengeld vorgemerkt wurde.
1.2. Im XXXX 2020 meldete der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger der belangten Behörde, dass der BF seit XXXX 2020 pflichtversichert erwerbstätig war und zeitgleich Arbeitslosengeld bezog.
1.3. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom XXXX 2020 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum XXXX 2020 bis XXXX 2020 zu Unrecht Arbeitslosengeld bezogen habe, welches sie widerrief und den Beschwerdeführer zur Refundierung der in diesem Zeitraum empfangenen Leistung in Höhe von EUR 185,10 verpflichtete.
Im Anschluss an diesen Bescheid findet sich nachstehende - im Folgenden wörtlich wiedergegebene - Rechtsmittelbelehrung:
„[…] Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann binnen vier Wochen nach Zustellung (= Beschwerdefrist) schriftlich bei der oben angeführten regionalen Geschäftsstelle die Beschwerde eingebracht werden. Diese muss folgende Kriterien erfüllen:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides;
2. die Bezeichnung der belangten Behörde (= Geschäftsstelle des AMS, die den Bescheid erlassen hjat);
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, bzw., falls dies nicht zutrifft, eine Erklärung über den Umfang der Anfechtung;
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist (bitte geben Sie den Tag an, an dem Sie den Bescheid erhalten haben).“
Der Bescheid wurde dem BF gemäß § 26 Abs 2 ZustG durch Einwurf in eine Abgabeeinrichtung spätestens am XXXX 2020 zugestellt.
1.4. Mit dem Tag der Zustellung (mit Mittwoch, den XXXX 2020 und sohin nach Ablauf von drei Werktagen) wurde die vierwöchige Rechtsmittelfrist ausgelöst und endete diese am Mittwoch, XXXX 2020, 24:00 Uhr.
1.5. Am XXXX 2020, sohin verspätet, erhob der BF Beschwerde gegen den ihm am Mittwoch, XXXX 2020 zugestellten Bescheid der belangten Behörde.
Die handschriftlich verfasste Beschwerde wurde am XXXX 2020 direkt bei der belangten Behörde eingereicht.
Die verspätete Beschwerde verband er weder mit dem Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch mit dem Rechtsbehelf der Wiederaufnahme des Verfahrens.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der dargestellte Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus dem unzweifelhaften und unbestritten gebliebenen Inhalt der von der belangten Behörde zur Vorlage gebrachten Akten und aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Konstatierung, dass die gegen den Bescheid vom XXXX 2020 erhobene Beschwerde verspätet ist, gründet einerseits auf den jeweiligen Übermittlungsdaten, andererseits auf der Tatsache, dass der dem BF zugestellte Bescheid – ebenso wie die in der Folge ausgestellten Mahnungen – zu keinem Zeitpunkt an die belangte Behörde wegen Unzustellbarkeit retourniert wurde. Das vom BF vorgebrachte Argument, diesen niemals erhalten zu haben wodurch es nie zu einer fristauslösenden Zustellung haben kommen können geht sohin ins Leere.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zuständigkeit:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Anlassbezogen hat der Senat zu entscheiden.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG (er legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest) hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Dabei ist auf die Bestimmung des § 9 VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Abs. 1 Z 3 und Z 4 leg. cit., zu verweisen. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und das Begehren.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
2.2. Zu Spruchpunkt A):
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gem. Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art 130 Abs. 2 Z 1 B-VG vier Wochen.
Sie beginnt in den Fällen des Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.
Gemäß § 32 Abs. 1 leg. cit. wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Fist richten soll.
Gemäß § 32 Abs. 2 leg. cit. enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
Gemäß § 33 Abs. 3 leg cit. werden die Tage des Postlaufes in die Frist nicht eingerechnet.
Der Beginn von Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren (nach „Kalenderzeiträumen“) bemessen sind, hat weder im AVG noch im FristenÜb eine ausdrückliche Regelung erfahren. In Analogie geht aus dem AVG hervor, dass auch solche Fristen an dem Tag beginnen, auf den das fristauslösende Ereignis (z.B. die Zustellung des Bescheides (vgl. § 63 Abs. 5 AVG) oder das Einlangen des Antrages fällt (vgl. VwGH vom 17.01.1990, Zl. 89/03/0003 und vom 22.05.1990, Zl. 90/11/0089; Hellbling 217; Hengstschläger Rz 250; Mannlicher/Quell AVG § 32 Anm. 3; Thienel/Schulev-Steindl 141; Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger Rz 234; ferner etwa auch VwGH vom 10.09.1998, Zl. 98/20/0347; Art 3 Abs. 1 FristenÜb: „dies a quo“). Dies wird von § 32 Abs. 1 AVG nämlich offenkundig vorausgesetzt und daher darin angeordnet, dass dieser Tag bei einer nach Tagen bestimmten Frist nicht mitzuzählen ist.
Dementsprechend hat der VwGH ausgesprochen, dass sich aus dem Zusammenhalt von § 32 Abs. 2 AVG und Art 3 Abs. 1 FristenÜb ergibt, „dass nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen an dem Tag, und zwar um 24:00 Uhr dieses Tages, zu laufen beginnen, an dem das den Fristenlauf bestimmende Ereignis stattgefunden hat“ (VwGH vom 17.01.1990, Zl. 89/03/0003; vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG I (2. Ausgabe 2014) § 32 AVG, Rz 12).
2.3. Für den gegenständlichen Anlassfall bedeutet dies:
Der Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 2020, VSNR: XXXX , wurde an den BF noch am selben Tag ausgefertigt und ihm postalisch zugestellt; die Zustellung gilt nach den geltenden Bestimmungen des ZustG spätestens am dritten Werktag nach der Ausfertigung des Bescheides, sohin am XXXX 2020, als bewirkt. Somit gilt dieser Tag als fristenauslösendes Ereignis der vierwöchigen Rechtsmittelfrist, die sohin am Mittwoch, XXXX 2020, 24:00 Uhr, endete. Spätestens an diesem Tag hätte ein gegen den obangeführten Bescheid einzubringendes Rechtsmittel bei der belangten Behörde einlangen müssen.
Die vom BF am XXXX 2020 direkt bei der belangten Behörde eingebrachte (zum selben Tag datierte) Beschwerde erweist sich somit als verspätet. Sein in der Beschwerde enthaltener Hinweis, dass er den Bescheid nicht erhalten hätte, vermag ihn nicht zu exkulpieren, da es keinerlei Nachweise dahingehend gibt, dass der verfahrensgegenständliche Bescheid wegen Unzustellbarkeit retourniert worden wäre. Auch die weiteren, in diesem Verfahren an den BF übermittelten Schriftstücke (zwei Mahnungen, Beschwerdevorentscheidung und die Information bezüglich der Vorlage vor dem Bundesverwaltungsgericht) konnten dem BF zugestellt werden und sind aus dem Verwaltungsakt keine Hinweise ersichtlich, dass eine Zustellung nicht möglich gewesen wäre. Er hat in der Beschwerde keinen Grund genannt, der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würde. Die Beschwerde wurde auch nicht mit einem Rechtsbehelf verbunden. Zudem findet sich auch in seiner Stellungnahme hinsichtlich des Verspätungsvorbehalts kein Hinweis mehr darauf, dass er den Bescheid nicht erhalten habe, sondern lediglich Ausführungen dazu, dass er zu keinem Zeitpunkt selbständig gearbeitet hätte.
Dem Bundesverwaltungsgericht ist es infolge Verspätung des Rechtsmittels daher verwehrt, sich mit dem Beschwerdevorbringen inhaltlich auseinanderzusetzen.
Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
2.4. Die Beschwerde war somit als verspätet zurückzuweisen.
3. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Da im gegenständlichen Fall bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösende Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Rechtsmittelfrist rechtswirksame Zustellung Verspätung Vorlageantrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:G305.2239189.1.00Im RIS seit
20.05.2021Zuletzt aktualisiert am
20.05.2021