TE Vwgh ErkenntnisVS 1954/4/28 0955/52

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Veröffentlicht am 28.04.1954
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VVG §11 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Rat Dr. Werner als und die Räte Dr. Höslinger, Dr. Porias, Dr. Kaniak und Dr. Hrdlitzka als Richter, im Beisein des Landesgerichtsrates Dr. Dolp und des Ministerialoberkommissärs Dr. Hezina als Schriftführer, über die Beschwerde des Dipl. Ing. FK in K, gegen die Wiener Landesregierung wegen Vorschreibung der Kosten der Vollstreckung eines baupolizeilichen Auftrages durch Ersatzvornahme (Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung im selbständigen Wirkungsbereich vom 26. Februar 1952, Zl. M.Abt.64 - BV - 26/51), nach der am 2. Februar 1954 durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Beschwerdeführers und des Vertreters der belangten Behörde, Obermagistratsrat Dr. F, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er ausspricht, dass bei nicht fristgerechter Einzahlung 4 % Verzugszinsen verrechnet werden, und einen Unkostenbeitrag in der Höhe von S 3.034,10 vorschreibt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner beschlossen, die Beschwerde, soweit sie gegen die Vorschreibung der Kosten des Vollstreckungsverfahrens gerichtet ist, als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren gemäss § 33 Abs. 1 VwGG 1952 einzustellen.

Begründung

Im Mai 1950 untersuchte ein Bausachverständiger das durch Bombenwurf beschädigte Haus des Beschwerdeführers in Wien, S-strasse 111, und schlug dem Wiener Magistrat vor, in den ihm allein zugänglich gewesenen beiden Wohnungen Nr. 23 und 24 des II. Stockwerkes die Dippelbaumdecken über den beiden Küchen und dem Gang auszuwechseln. Bei dem am 16. Mai 1950 abgeführten Ortsaugenschein wurde festgestellt, dass zur Beseitigung von Gefahren sowie zur Rettung der Bewohnbarkeit und Sicherung der noch bewohnten Teile des Hauses unaufschiebbare Massnahmen in die Wege zu leiten seien; diese betrafen nach der darüber aufgenommenen Niederschrift im wesentlichen: 1.) Instandsetzung der schadhaften Dacheindeckung und schadhaften Blecheinfassung; 2.) Instandsetzung der beschädigten Kaminköpfe, 3.) Auswechslung der vermorschten obersten Geschossdecke durch eine Stahlbetondecke und endlich 4.) Auswechslung der Decken über den Wohnungen Nr. 23 und 24 samt dazugehörigem Gang einschliesslich aller damit verbundenen Verputz- und Verlegungsarbeiten. Nach dem Inhalt der aufgenommenen und vom Hauseigentümer mitunterzeichneten Niederschrift anerkannte dieser die von der Amtsabordnung erhobenen Baugebrechen, die Notwendigkeit ihrer Beseitigung und die Wirtschaftlichkeit der vorgeschriebenen Massnahmen. In einer abgesondert davon mit dem Hauseigentümer unter Verwendung eines Vordruckes aufgenommenen Erklärung vom gleichen Tage (16. Mai 1950) anerkannte der Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift neuerdings das Bestehen der im Protokoll vom 16. Mai 1950 festgestellten Baugebrechen und seine Verpflichtung zu deren Beseitigung; er Anerkannte des weiteren, dass die in der Verhandlungsschrift angeführten Massnahmen zur Beseitigung der bestehenden Gefahren notwendig sind und beantragte schliesslich, mit den im Wege der Ersatzvornahme auszuführenden Massnahmen die von ihm unter einem vorgeschlagenen Baugewerbetreibenden zu betrauen. Diese sollten auch den Wiederaufbau aus Fondsmitteln durchführen. Für diesen Fall verzichtete der Hauseigentümer vorbehaltlos und unwiderruflich, Höhe und Angemessenheit der Kosten der Ersatzvornahme zu bestreiten. Unter dem 17. Mai 1950 erging der bauamtliche Bescheid, der dem Beschwerdeführer unter Berufung auf § 4 a des Gesetzes vom 20. Februar 1947, LGBl. für Wien Nr. 5, den Auftrag erteilte, die oben unter 1) bis 4) aufgezählten Massnahmen auszuführen und damit bis spätestens 5. Juni 1950 zu beginnen. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine Berufung im Sinne der dem Bescheid beigegebenen Rechtsmittelbelehrung hat der Beschwerdeführer dagegen nicht eingebracht. Er blieb aber in weiterer Folge untätig. Daher ordnete der Magistrat mit der wider den Hauseigentümer erlassenen Vollstreckungsverfügung vom 7. März 1951 die Vollstreckung des Bescheides vom 17. Mai 1950 gemäss § 4 VVG durch Ersatzvornahme an und bestellte hiezu die vom Verpflichteten seinerzeit hiefür vorgeschlagenen Baugewerbetreibenden. Der Verpflichtete liess auch diesen Bescheid ungeachtet der Rechtsmittelbelehrung unangefochten.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 1951 trug der Wiener Magistrat, gestützt auf § 11 Abs. 1 VVG und § 76 AVG 1950, dem Verpflichteten die Zahlung des Betrages von S 205.305,29, der sich aus den Kosten der Ersatzvornahme (S 202.271,19) und aus einem 1 1/2 %igen Unkostenbeitrag (S 3.034,10) zusammensetzte, mit dem Beifügen auf, dass bei nicht fristgerechter Einzahlung 4 % Verzugszinsen verrechnet würden. Diesen Bescheid focht der Verpflichtete mit Berufung an. Die Wiener Landesregierung gab zufolge Sitzungsbeschlusses vom 26. Februar 1952 der Berufung keine Folge. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der angefochtene Bescheid als mit dem Gesetz in Widerspruch stehend bezeichnet wurde. Die Rechtswidrigkeit erblickte der Beschwerdeführer offenbar in dem Umstand, dass ihm die Behörde die Vollstreckungskosten anlastete, obwohl die Übernahme der Kosten durch den Wohnhauswiederaufbaufonds zugesichert wurde.

Die Akten des Verwaltungsverfahrens zeigen, dass der Beschwerdeführer in der nämlichen Angelegenheit auch eine Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrechtes beim Verfassungsgerichtshof eingebracht hatte. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vorn 7. Oktober 1952, Zl. B 88/52, die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, im übrigen aber diese dem Verwaltungsgerichtshof zur weiteren Prüfung, ob der Beschwerdeführer in einem sonstigen Recht verletzt wurde, abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der am 2. Februar d.J. durchgeführten Verhandlung hat der Beschwerdeführer persönlich die Erklärung abgegeben, nicht mehr die Forderung nach Bezahlung der der Gemeinde Wien erwachsenen Vollstreckungskosten zu bestreiten. Inzwischen seien diese Kosten vom Wohnhauswiederaufbaufond übernommen worden und habe er den Geldbetrag bereits an die Gemeinde Wien überwiesen. Er schränke die Beschwerde insoweit ein, als er durch den angefochtenen Bescheid zur Zahlung eines Unkostenbeitrages und von Verzugszinsen verpflichtet wurde. Der Gerichtshof wertet diese Erklärung im Sinne einer Zurückziehung der Beschwerde in der Frage der Vorschreibung der Kosten des Vollstreckungsverfahrens. In dieser Hinsicht war die Beschwerde demgemäss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren gemäss § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

Im übrigen beruht das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes auf folgenden Erwägungen: Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seinem Erkenntnis vom 7. Juli 1952, Slg. Nr. 2609/A, die Einforderung eines Unkostenbeitrages als eine durch das Gesetz nicht gedeckte Massnahme erklärt, weil es sich hiebei um Kosten handelt, die einen von Amts wegen zu tragenden Verwaltungsaufwand darstellen. Die Behandlung solcher Kosten als Kosten der Vollstreckung hat der Gerichtshof verneint, an welcher Rechtsprechung er ständig festhält. Der Gerichtshof ist aber in der Frage der Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen im Falle der Vorschreibung der Kosten nach § 11 Abs. 1 VVG von der im selben Erkenntnis festgelegten Rechtsansicht auf Grund des Beschlusses des verstärkten Senates vom 22. März 1954 abgegangen. Der verstärkte Senat hat die Behörde nicht für berechtigt erachtet, im Falle der Vorschreibung der Kosten einer Vollstreckung eines baupolizeilichen Auftrages im Wege der Ersatzvornahme nach § 11 Abs. 1 VVG vom Leistungspflichtigen Verzugszinsen zu begehren, wenn er den vorgeschriebenen Kostenbetrag nicht innerhalb der im Bescheid festgesetzten Leistungsfrist entrichtet. Massgebend für diese Erkenntnis war die Erwägung, dass für die Behörde im Fall der Säumigkeit des Verpflichteten die Möglichkeit besteht, die vorgeschriebenen Kosten des Vollstreckungsverfahrens selbst nach der Vorschrift des § 3 VVG einzutreiben. Für einen Rechtsanspruch auf Verzugszinsen besteht daher kein Raum. Im übrigen verweist der Gerichtshof auf die nach der Exekutionsordnung bestehende Rechtslage, wonach von den Exekutionskosten keine Zinsen begehrt werden können.

Die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene Beschwerde musste der Gerichtshof gemäss § 34 VwGG zurückweisen, weil die Einbringung mehrerer Beschwerden in ein und derselben Beschwerdesache nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig ist (vgl. Erkenntnis vom 7. Juli 1950, Slg. Nr. 1603/A).

Wien, am 28. April 1954

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1954:1952000955.X01

Im RIS seit

08.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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