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AbgabenverfahrenNorm
BAO §212 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Krzizek, Dr. Kadecka und Dr. Skorjanec als Richter, im Beisein des Finanzoberkommissärs Dr. Zatschek als Schriftführer, über die Beschwerde des FH in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission für Wien vom 9. Dezember 1959, Zl. M.Abt. 4, Ref.3-H-27/59, betreffend Stundung einer Gebrauchsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beabsichtigte, beim Wohnhaus-Wiederaufbaufonds ein Darlehen in Anspruch zu nehmen. Da solchen Darlehensansuchen ein vollständiger Bauplan und die Baubewilligung angeschlossen werden muß, erwirkte er beim Magistrate der Stadt Wien die Bewilligung für die Errichtung dieses Baues, die ihm mit Bescheid vom 11. Juni 1956 erteilt wurde. In diesem Bescheid wurde gleichzeitig dem Beschwerdeführer gemäß § 1 des Wiener Gebrauchsgebührengesetzes vom 12. Dezember 1947, LGBl. für Wien Nr. 4/1948, in der Fassung des Gesetzes vom 18. Februar 1949, LGBl. Nr. 14, die Erlaubnis erteilt, eine in der Verwaltung der Stadt Wien stehende bestimmte Verkehrsfläche und den darüber liegenden Luftraum benützen zu dürfen. Hiefür wurden ihm eine jährliche Gebrauchsgebühr und eine einmalige Gebrauchsgebühr vorgeschrieben. Da der Beschwerdeführer die im § 10 des Gebrauchsgebührengesetzes vorgesehene Berufung an die Abgabenberufungskommission nicht erhob, wurde dieser Bescheid rechtskräftig. Am 24. Oktober 1956 beantragte der Beschwerdeführer die Stundung der Gebühr. Mit Bescheid vom 13. November 1956 bewilligte der Magistrat der Stadt Wien gemäß § 8 Abs. 1 des Abgabeneinhebungsgesetzes, BGBl. Nr. 87/1951, die Stundung bis zur Erledigung des Fondsdarlehensersuchens bzw. bis zum Baubeginn, jedoch längstens bis zum 23. Oktober 1958 auf Grund bücherlicher Sicherstellung und gegen Entrichtung von Stundungszinsen in der Höhe von 2 % über der jeweiligen Bankrate jährlich. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung (richtig Beschwerde), soweit ihm die Entrichtung von Stundungszinsen vorgeschrieben und eine Befristung der Stundung angeordnet wurde. Mit Bescheid vom 24. April 1957 gab die Wiener Landesregierung der Beschwerde keine Folge.
Gegen diesen Bescheid, soweit er die Vorschreibung von Stundungszinsen betrifft, brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein. Mit Erkenntnis vom 19. Oktober 1959, Zl. 1156/57, hob der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde auf, da zufolge des Artikels 111 B-VG zur Entscheidung über die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Beschwerde nicht die Wiener Landesregierung, sondern die Abgabenberufungskommission berufen sei. Darauf wies die Abgabenberufungskommission in ihrer Sitzung vom 9. Dezember 1959 die Beschwerde gleichfalls als unbegründet ab. Zur Begründung führte sie, soweit dies für den vorliegenden Beschwerdefall von Bedeutung ist, aus: Die Gebrauchsgebühr sei, wie sich aus den Bestimmungen, des § 2 und § 5 Abs. 2, 3, und 4. Satz des Wiener Gebrauchsgebührengesetzes LGBl. für Wien Nr. 4/1948, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 14/1949, unmißverständlich ergebe, für die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis auf die Dauer ihres Bestandes zu entrichten und zwar ohne Rücksicht darauf, ob und innerhalb welches Zeitraumes der Erlaubnisträger von dem ihm eingeräumten Recht Gebrauch macht oder nicht. Die Gebrauchsgebühr stelle keine Gegenleistung für den tatsächlichen Gebrauch, sondern für die Einräumung des Rechtes zum Gebrauche dar. Inwieweit der Erlaubnisträger die ihm eingeräumte Befugnis tatsächlich verwertet oder auf Grund der bei ihm vorliegenden Verhältnisse auszunützen in der Lage ist, habe auf die Gebührenpflicht keinen Einfluß. Die Stundung der Gebrauchsgebühr sei daher keine Folge davon, daß Leistung und Gegenleistung noch nicht möglich sind, sondern ein Hinausschieben des Zeitpunktes der Entrichtung der bereits fälligen Gebühr. Da der Magistrat nach § 8 des Abgabeneinhebungsgesetzes (AbgEG) berechtigt sei, bei Stundung fälliger Abgaben eine angemessene Verzinsung zu begehren, könne in der Vorschreibung von Stundungszinsen keine Rechtswidrigkeit erblickt werden, zumal die Gebühr, wie der Beschwerdeführer selbst andeute, erst nach mehreren Jahren entrichtet werden solle. Aus diesem Grunde gewähre auch der Magietrat entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers in gleichgearteten Fällen eine Stundung grundsätzlich nur gegen Entrichtung der Stundungszinsen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird gleichfalls lediglich die Vorschreibung von Stundungszinsen bekämpft. Es wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und hiezu ausgeführt: Voraussetzung für die Einhebung einer Gebrauchsgebühr sei stets, daß die für ein Bauvorhaben vorgeschriebene Gebühr nach Errichtung des Hauses im Gebrauche der Verkehrsflächen oder des darüber befindlichen Luftraumes ihre Gegenleistung hat. Andernfalls habe die Gebühr keine Berechtigung, da man nicht eine Gebühr für etwas zahlen müsse, was noch ungewiß ist. Die Vorschreibung der Gebrauchsgebühr setze bei richtiger Auslegung des Gesetzes die Möglichkeit des Gebrauches voraus. Es sei wohl begreiflich, daß die Behörde ein Interesse daran habe, baldmöglichst derartige Gebühren vorzuschreiben, die noch nicht fällig seien, und durch die Gewährung von Stundungen Stundungszinsen einzunehmen, bevor überhaupt feststehe, ob das Bauwerk errichtet wird. Eine Fälligstellung solcher Gebühren vor der Möglichkeit, den Gebrauch anzutreten, sei unberechtigt. Damit erledige sich auch die Annahme der belangten Behörde, die Stundung der Gebrauchsgebühr sei keine Folge dessen, daß die Leistung und die Gegenleistung derzeit noch nicht möglich seien. Es sei derzeit noch ungewiß, ob die beabsichtigten Bauarbeiten vorgenommen werden. Stundungszinsen für eine noch gar nicht fälligzustellende Gebühr schon derzeit vorzuschreiben, erscheine unbillig. Der Baubehörde könne überhaupt kein Schaden entstehen, da sie ihre Gebühr auf jeden Fall bekommen werde, sobald die Gegenleistung möglich sein werde. Stundungszinsen von 2 % über der jeweiligen Bankrate entsprächen einer Verzinsung von fast 10 %, ohne daß dafür von der Gemeinde Wien irgendeine Gegenleistung erbracht werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 AbgEG 1951 kann auf Ansuchen des Abgabenschuldners der Zeitpunkt der Entrichtung einer Zahlung hinausgeschoben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligt werden, wenn die sofortige oder volle Zahlung der Abgabe für den Abgabenschuldner mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringung der Abgabe durch den Zahlungsaufschub nicht gefährdet wird. Die Zahlungserleichterung kann von Bedingungen, so vor allem von der Leistung einer angemessenen Verzinsung der aushaftenden Abgabenschuld (höchstens 2 % über der jeweiligen Rate der Österreichischen Nationalbark für den Wechseleskompte), abhängig gemacht werden. In dem vorliegenden Beschwerdefalle hat die Behörde der ersten Rechtsstufe die Gebrauchsgebühr auf Antrag des Beschwerdeführers gestundet. Sie hat diese Stundung an die Bedingung der Entrichtung von Stundungszinsen geknüpft. Die Möglichkeit, die Stundung an eine solche Bedingung zu knüpfen, sieht das Gesetz ausdrücklich vor. Da die Gewährung einer Zahlungserleichterung und somit auch die Festsetzung von Bedingungen hiefür in das Ermessen der Behörde gestellt ist, kann der angefochtene Bescheid nur dann rechtswidrig sein, wenn die belangte Behörde durch die Vorschreibung von Stundungszinsen von ihrem Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. September 1961, Zl. 383/59) ist die Rechtseinrichtung der Stundungszinsen rein wirtschaftlich zu beurteilen. Sie stellt sich als ein wirtschaftlicher Ausgleich für den Zinsenverlust dar, den der Abgabengläubiger dadurch erleidet, daß er die geschuldete Leistung nicht bereits am Tag ihrer Fälligkeit erhalten hat. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß ihm die Zahlung von Stundungszinsen auf Grund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht zugemutet werden könne. Er ist jedoch der Meinung - so muß sein Vorbringen in der Beschwerde rechtlich gewertet werden -, daß das Fordern von Stundungszinsen deswegen unbillig sei, weil noch nicht feststehe, ob das Gebäude, bei dessen Errichtung städtischer Grund bzw. der darüber befindliche Luftraum in Anspruch genommen wird - dafür wurde nach dem Wiener Gebrauchsgebührengesetz eine Gebrauchsgebühr vorgeschrieben -, überhaupt errichtet wird. Dieses Vorbringen zeigt, daß der Beschwerdeführer die bestehende Rechtslage verkennt.
Mit dem Bescheide des Wiener Magistrates vom 11. Juni 1956 wurde dem Beschwerdeführer die Bewilligung zum Wiederaufbau des Hauses W, O-gasse nn, erteilt und zugleich für die Erlaubnis zur Benützung der in der Verwaltung der Stadt Wien stehenden Verkehrsfläche und des darüber befindlichen Luftraumes für eine jährliche Gebrauchsgebühr von S 220,-- und eine einmalige Gebrauchsgebühr von S 2.172,-- vorgeschrieben. Die einmalige Gebühr und die Jahresgebühr für das Jahr 1955 im Betrage von zusammen S 2.392,-- waren nach Pkt. 8 des Bescheides binnen acht Tagen nach Zustellung des Bescheides, die weiteren jährlichen Gebrauchsgebühren waren in Hinkunft am 2. Mai jedes Jahre zu zahlen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Das Vorbringen im Verwaltungsverfahren und in der Beschwerde geht im wesentlichen dahin, daß diese Gebühr erst in dem Zeitpunkte fällig zu stellen gewesen wäre, in dem der Beschwerdeführer von der ihm erteilten Erlaubnis Gebrauch macht. Mit diesem Verbringen hätte der Beschwerdeführer aber die Vorschreibung der Gebrauchsgebühr und die Festsetzung der Zahlungszeitpunkte in dem Bescheide vom 11. Juni 1956 bekämpfen müssen.In einem Verfahren, das lediglich der Einräumung von Zahlungserleichterungen dient, kann die Frage der Fälligkeit der Abgabenschuld nicht mehr aufgeworfen werden. Auch die Höhe der vorgeschriebenen Stundungszinsen entspricht dem Gesetze.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs.1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.
Wien, am 8. Mai 1962
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1962:1960000223.X00Im RIS seit
18.05.2021Zuletzt aktualisiert am
18.05.2021