Index
GewerberechtNorm
ADNSchV §12Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strau und die Hofräte Dr. Striebl, Dr. Rath, Kobzina und Dr. Hrdlicka als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dohnal, über die Beschwerde des RS in W, vertreten durch Dr. Otto Kern, Rechtsanwalt in Wien I, Stubenring 22, gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung (mittelbare Bundesverwaltung) vom 13. Februar 1968, Zl. MA 63-St 2/66/Str., betreffend Übertretung der Gewerbeordnung, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde Rechtsanwalt Dr. Otto Kern, und des Vertreters der belangten Behörde Magistratsoberkommissär Dr. WW, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in Ansehung des Teiles II Punkte 5 und 7 des Bescheidspruches aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.385,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 23. Wiener Gemeindebezirk vom 19. Oktober 1965 wurde der Beschwerdeführer schuldig befunden, in Wien 23., W-straße 416,
1) durch Errichtung bzw. Inbetriebnahme verschiedener (im einzelnen aufgezählter) Betriebsteile eine erweiterte bzw. geänderte Betriebsanlage (zur Strick- und Wirkwarenerzeugung) betrieben zu haben, ohne die erforderliche rechtskräftige Genehmigung der Behörde erhalten zu haben;
2) nicht dafür gesorgt zu haben, daß verschiedene (im einzelnen aufgezählte). Mängel seiner Betriebsanlage beseitigt werden
und über ihn zu 1) wegen Übertretung nach § 132 lit. c der Gewerbeordnung und zu 2) wegen Übertretung nach § 132 lit. i der Gewerbeordnung in Verbindung mit - im einzelnen angeführten - Vorschriften der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung Geldstrafen von insgesamt S 10.000,-- (für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen Ersatzarreststrafen von insgesamt 14 Tagen) verhängt. Dagegen berief der Beschwerdeführer. Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom. 13. Februar 1968 wurde das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz bezüglich zweier Punkte behoben, im übrigen jedoch die Berufung abgewiesen und der Spruch des Straferkenntnisses neu gefaßt. Darnach habe der Beschwerdeführer im oben bezeichneten Standort
I) in der Zeit vom 17. März 1955 bis 17. Mai 1965 durch die Lagerung von 16.000 l Heizöl,
in der Zeit vom 18. Dezember 1964 bis 17. Mai 1965 durch die Einrichtung eines Färberaumes, einer Näherei, von drei Wirksälen und zwei Appreturräumen, die Errichtung einer Garage, die Schaffung einer Klimaanlage, die Lagerung von weiteren 2.000 l Heizöl und die Umstellung des gasbeheizten Dampfkessels auf Ölfeuerung sowie
am 17. Mai 1967 (soll offenbar richtig 1965 heißen) durch die Verwendung einer Rundstrickanlage mit pneumatischer Förderung und eines Kompressors im Wirksaal I eine geänderte bzw. eine erweiterte Betriebsanlage betrieben, ohne die erforderliche rechtskräftige Genehmigung der Behörde erhalten zu haben;
II) am 17. Mai 1965 beim Betrieb der genannten Betriebsanlage den Anordnungen über die zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Dienstnehmer erforderlichen Einrichtungen insofern zuwidergehandelt, als folgende Mängel bestanden:
1.) Der Fußboden im Wirksaal I wies Unebenheiten auf.
2.) Die Schräge vom Kesselhaus zur Formerei II war nicht gleitsicher ausgebildet.
3.) In den nicht natürlich belichteten Räumlichkeiten, nämlich in den Wirksälen I, III und IV sowie in der Formerei II war keine Notbeleuchtung vorhanden.
4.) Das Kipptor beim Ausgang W-straße war nicht mit einer Gehtüre versehen.
5.) Die Ausgangstüre aus dem Wirksaal II war während der Arbeitszeit versperrt.
6.) Die Hauptgänge in den Appreturräumen I und II, in den Wirksälen I und II, in der Formerei III, in der Färberei I, in dem Verbindungsgang zum Wirksaal IV und in dem zu Lagerzwecken verwendeten überdachten Hof III wiesen keine Mindestbreite von 1,20 m auf.
7.) In einigen Teilen der im neuen Stockwerksaufbau gelegenen Betriebsräume, und zwar in der Appretur I und dem Fertigwarenlager betrug der zum nächsten Stiegenhaus zurückzulegende Weg mehr als 40 m.
8.) Die elektrische Anlage entsprach nicht den geltenden Vorschriften für Elektrotechnik, da Verteiler mit blanken spannungsführenden Teilen der Berührung zugänglich waren, sowie nicht zulässige Mehrfachzwischenstecker, ein ungeerdeter Luftbefeuchter und im Kesselhaus eine Handleuchte mit Netzspannung verwendet wurden. Der Beschwerdeführer habe dadurch zu I. eine Verwaltungsübertretung nach § 132 lit. c der Gewerbeordnung, zu II. je eine Verwaltungsübertretung nach § 132 lit. i der Gewerbeordnung in Verbindung mit
1. § 8 Abs. 1 (erster Satz) der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung (ADV),
2. § 8 Abs. 1 (dritter Satz) ADV,
4. Punkt drei des Bescheides vom 7. April 1965,
5. Punkt zwei des genannten Bescheidest
6. § 22 Abs. 4 ADV,
7. § 23. Abs. 2 ADV und
8. § 27 Abs. 1 und 2 ADV
begangen.
Die Berufungsbehörde nahm eine Neubemessung der Strafen vor, wobei für jeden der angeführten Punkte die Strafen gesondert bestimmt wurden. Die Höhe der Geldstrafen habe insgesamt S 8.000,--, der Ersatzarreststrafen 16 Tage und 4 Stunden zu betragen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Bescheid Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, schon im Verwaltungsstrafverfahren mehrmals darauf hingewiesen zu haben, daß ihn an dem ihm vorgeworfenen Verhalten kein Verschulden treffe. Er habe nämlich um die Betriebsanlagengenehmigung bzw. Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage schon im Dezember 1963 angesucht, ohne daß diesem Ansuchen entsprochen worden wäre. Die Genehmigung sei nur möglich, wenn die Betriebsanlage von der Behörde an Ort und Stelle gesehen und überprüft werden könne. Die Betriebsanlage müsse daher im Zeitpunkt der Genehmigung schon errichtet bzw. die Änderung durchgeführt sein. Es erscheine nicht faßbar, daß trotz Säumnis der für die Genehmigung zuständigen Behörde das Straferkenntnis ergangen sei. Die Behörde sei aber schon durch viele Jahre säumig. Ein Betriebsstillstand von dieser Dauer - wie ihn die Behörde fordere - müßte für jeden Industriebetrieb zum Konkurs führen.
Der klare Wortlaut des Gesetzes (§ 132 lit. c GewO) läßt - hierauf hat schon die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides und in ihrer Gegenschrift hingewiesen - keinen Zweifel darüber offen, daß eine gewerbliche Betriebsanlage erst nach rechtskräftig erteilter Genehmigung errichtet und betrieben werden darf. Dies gilt zufolge § 132 lit. c in Verbindung mit § 32 Abs. 1 GewO in gleicher Weise für eine Änderung (ein schließlich einer Erweiterung) einer schon bestehenden gewerblichen Betriebsanlage, wenn dadurch einer der im § 25 vorgesehenen Umstände eintritt (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1959, Slg. Nr. 5040/A, und vom 4. Mai 1965, Zl. 1281/64). Das Vorliegen dieser zuletzt bezeichneten Voraussetzung wurde vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, die Genehmigung sei nur für schon errichtete Betriebe möglich, steht daher in einem offensichtlichen Widerspruch zur Rechtslage. An dieser Beurteilung vermag auch das Beschwerdevorbringen, das Genehmigungsansuchen sei schon seit einigen Jahren anhängig gewesen, wodurch der Beschwerdeführer, wie dessen Vertreter bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof betonte, in eine „Notlage“ geraten sei, keinen Einfluß zu üben. Zunächst ist davon auszugehen, daß vom Zeitpunkt des Antrages auf Genehmigung der Betriebsanlagenänderung bis zum Tatzeitraum - auf diesen allein kommt es im gegebenen Zusammenhang an - nicht über vier, sondern rund 1 1/2 Jahre verstrichen waren. Der Genehmigungsantrag des Beschwerdeführers der von vornherein auf eine nachträgliche Genehmigung der Änderung gerichtet, woraus sich ergibt, daß die Änderung im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages schon vorgenommen worden war. Dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt über die Genehmigung der Betriebsanlage kann zudem entnommen werden, daß das Genehmigungsansuchen des Beschwerdeführers keine taugliche Entscheidungsgrundlage bildete. Es wurde bei der vor der Gewerbebehörde I. Instanz durchgeführten Verhandlung vom 18. Dezember 1964 durch Vorlage neuer Projektsunterlagen modifiziert. Bei dieser Verhandlung wurde, wie die hierüber aufgenommene Niederschrift zeigt, festgestellt, daß die Projekteunterlagen, da zwingenden Bestimmungen der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung, im folgenden kurz „ADV“ genannt, nicht entsprochen erschien, keine Grundlage für eine Genehmigung bilden könnten, worauf der Beschwerdeführer die Erklärung abgab, ein neues, den Vorschriften entsprechendes Projekt vorlegen zu wollen. Am 31. März 1965 wurde sodann die mündliche Verhandlung vorgenommen, bei der jene Mängel an der Betriebsanlage festgestellt wurden, die den Anlaß zur Einleitung des Strafverfahrens bildeten. Hieraus ergibt sich zusammenfassend, daß die „Notlage“, die der Beschwerdeführer geltend macht, von diesem jedenfalls insofern mitverschuldet war, als von vornherein kein entsprechend belegtes Genehmigungsansuchen vorlag und es der Beschwerdeführer auch in der Folge, und zwar jedenfalls bis zum Tatzeitraum, an einer entsprechenden Mitwirkung im Verwaltungsverfahren hat fehlen lassen. Bei dieser Sachlage kann daher nicht gesagt werden, daß das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten im Sinne des § 5 oder § 6 VStG 1950 entschuldigt gewesen sei.
Der Beschwerdeführer bringt auch vor, daß für die Öllagerung die gewerbebehördliche „Benützungsbewilligung“ schon seit über zehn Jahren vorgelegen sei. Wenn die Behörde den diesbezüglichen Akt nicht beigeschafft habe, könne sich dies nicht zu Ungunsten des Beschwerdeführers auswirken.
In der Beschwerde werden keine näheren Daten über eine gewerbebehördliche Genehmigung der Öllagerung angeführt. In der Berufung gegen das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz zitierte der Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang eine vom Magistrat der Stadt Wien, M. Abt. 37, für eine Öllagerung erteilte Teilbenützungsbewilligung vom 13. Dezember 1963. Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält zwar hiezu keine Aussage; doch ist dieser Mangel für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht wesentlich. Es kann nämlich den von der belangten Behörde vorgelegten Akten betreffend diese gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsstätte des Beschwerdeführers entnommen werden, daß dieser mit Eingabe vom 17. Dezember 1963 die gewerbebehördliche Genehmigung von Änderungen und Erweiterungen der Betriebsanlage beantragte, wobei sich das Ansuchen, wie die beigelegene Betriebsbeschreibung zeigt, auch auf die in Rede stehende Öllagerung bezog. Sowohl aus dieser Betriebsbeschreibung als auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 1964 - dessen Richtigkeit vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde - geht hervor, daß die Betriebsanlage „letztmalig“ mit einem Bescheid vom 25. März 1958 gewerbebehördlich genehmigt worden war. Daß für die Öllagerung inzwischen eine „Benützungsbewilligung“ erteilt worden wäre, findet in diesem Aktenvorgang keinerlei Erwähnung. Der Beschwerdeführer ist auch nicht den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde, wonach es sich bei dem erwähnten Akt vom 13. Dezember 1963 um eine baubehördliche Teilbenützungsbewilligung gehandelt habe, entgegengetreten. Die Behörde konnte daher zu Recht von der Annahme ausgehen, daß auch für die Öllagerung keine gewerbebehördliche Genehmigung vorgelegen ist.
Der Beschwerdeführer bestreitet ferner die Richtigkeit der Rechtsauffassung der belangten Behörde, wonach es rechtlich ohne Bedeutung sei, daß die Rundstrickmaschine nur probeweise in Betrieb gewesen sei. Bei der Installation einer der modernsten Fabrikationsanlagen bedürfe es mannigfaltiger Aufstellungsvariationen mit entsprechenden Erprobungen. Die Aufstellung solcher Maschinen bis zum ersten fabrikatorisch brauchbaren Effekt dauere bis zu einem Jahr. Einem Genehmigungsansuchen, das gestellt werden würde, bevor die endgültige Art der Aufstellung einer der kompliziertesten Anlagen bekannt sei, würde die nötige Bestimmtheit fehlen. Unter „Betreiben“ im Sinne des § 132 lit. c GewO könne nicht das Suchen nach der richtigen Aufstellung, sondern deren endgültige Aufstellung und der Betrieb zur fabriksmäßigen Herstellung einer Ware verstanden werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 10. Juli 1964, Slg. Nr. 6411/A, mit der Frage, ob ein „Probelaufen“ von Teilen einer Betriebsanlage als „Betreiben“ im Sinne des § 132 lit. c GewO zu verstehen ist, eingehend befaßt. Er kam zu dem Ergebnis, daß die Behörde das Gesetz nicht verletzt habe, wenn sie den Probebetrieb (dort eines Teiles) der Betriebsanlage als ein Betreiben der Betriebsanlage im Sinne der zitierten Gesetzesstelle gewertet habe. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Veranlassung, von dieser Rechtsauffassung abzugehen. Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, dem Ansuchen fehle die Bestimmtheit, wenn erst nach einem Probebetrieb die endgültige Art der Aufstellung festgestellt werden könne. Aus dem letzten Satz des § 25 der Gewerbeordnung, wonach die Betriebsanlage vor erlangter Genehmigung nicht errichtet werden darf, ergibt sich vielmehr, daß Gegenstand der Genehmigung ein Vorhaben (Projekt), zu sein hat. Wäre es daher im Einzelfall ausgeschlossen, im Stadium der Projektserstellung den endgültigen Standort einer Maschine zu bestimmen, dann entspräche es dem Gesetz, wenn in der Genehmigung die Varianten der Aufstellung Berücksichtigung fänden. Dem Antragsteller könnte bei dieser rechtlichen Beurteilung aus dem Umstand, daß im Zeitpunkt der Genehmigung der Betriebsanlage noch nicht der Standort einzelner Maschinen feststeht, kein Rechtsnachteil erwachsen. Aus dem Gesagten ergibt sich aber auch, daß die belangte Behörde zu Recht die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers angenommen hat, obwohl nur ein Probelauf der hier in Rede stehenden Maschine stattgefunden habe.
Im Zusammenhang mit dem gegen den Teil II des Bescheidspruches gerichteten Beschwerdevorbringen hat der Verwaltungsgerichtshof vorerst geprüft, ob der Bescheid nicht schon deshalb rechtswidrig ist, weil in diesem Teil II ohne nähere Unterscheidung auch Mängel in jenen Teilen der Betriebsanlage dem Tatbestand des § 132 lit i GewO unterstellt wurden, hinsichtlich derer gleichzeitig eine Bestrafung nach § 132 lit. c ausgesprochen wurde. Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 wurde den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Gelegenheit gegeben, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. In dieser Aufforderung wurde die Rechtsauffassung als möglich bezeichnet, daß die Straftatbestände der lit. c und i des § 132 GewO einander in dem Sinn ausschließen, daß durch eine Bestrafung nach lit. c, derzufolge jedweder Betrieb vor erlangter Genehmigung verboten wird, eine Bestrafung nach lit. i konsumiert erscheint.
Die belangte Behörde vertritt in ihrer Stellungnahme hiezu die Rechtsansicht, Konsumtion liege vor, wenn der Tatbestand des einen Deliktes den des anderen mitumfasse, weil er sinngemäß den deliktischen Unwert des anderen schon in sich schließe. Der Vorrang des einen Gesetzes ergebe sich aus dem Wertverhältnis der Gesetze. Ein solcher Ausschluß sei weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn der hier konkurrierenden Bestimmungen anzunehmen. Die Anordnungen über den Dienstnehmerschutz fänden auch auf Betriebe Anwendung, die nicht der gewerbebehördlichen Genehmigung unterlägen. Voraussetzung für die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage sei die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Nachbarschaft. Dienstnehmerschutzvorschriften fänden auf genehmigungspflichtige Betriebsanlagen nur dann Anwendung, wenn Dienstnehmer beschäftigt werden.. Es gehe also bei der Genehmigungspflicht und den Dienstnehmerschutzvorschriften nicht um den Schutz derselben Rechtsgüter. Daß die auf diese Weise völlig verschiedenen Verhaltensweisen in Idealkonkurrenz begangen werden könnten, bedeute nicht, daß die Tatbestände einander ausschlössen. Die belangte Behörde verweist sodann auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. So habe der Gerichtshof mit dem Erkenntnis vom 26. Juni 1933, A 830/30, in dem unbefugten Hausierhandel mit unerlaubten Waren zwei in Idealkonkurrenz begangene Verwaltungsübertretungen erblickt. Auch nach der vom Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandeten Verwaltungspraxis würden Lenker von Kraftfahrzeugen, die keinen Führerschein besitzen, nicht nur wegen dieses Deliktes, sondern auch wegen anderer Zuwiderhandlungen gegen die Kraftfahrvorschriften bestraft.
In der Stellungnahme des Beschwerdeführers heißt es zu dieser Frage, ob lägen „identische Straftatbestände“ mit denselben Zielen vor. Möge die gewerberechtliche Genehmigungspflicht auch zum kleinen Teil andere Rechtsgüter schützen, so sei doch das Hauptziel auf den Schutz der Dienstnehmer gerichtet.
Bei der Lösung der vorliegenden Frage ist von der Bestimmung des § 22 VStG 1950 auszugehen; darnach sind, wenn eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen. Liegen daher einander ausschließende Strafdrohungen nicht vor, dann gilt das Kumulationsprinzip. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Kumulationsprinzip etwa auch im Verhältnis zwischen den Bestimmungen des § 81 StG (öffentliche Gewalttätigkeit durch gewaltsame Handanlegung oder gefährliche Drohung gegen obrigkeitliche Personen in Amtssachen) und des Art. VIII Abs. 1 lit. b EGVG 1950 (ungestümes Verhalten gegen obrigkeitliche Organe) und zwischen den Bestimmungen des § 516 StG (gröbliches und öffentliches Ärgernis verursachende Verletzung der Sittlichkeit oder Schamhaftigkeit) und Art. VIII Abs. 1 lit. a EGVG 1950 (Verletzung des öffentlichen Anstandes) anzuwenden (Erkenntnisse vom 28. April 1953, Slg. N. F Nr. 2949/A bzw. vom 10. Jänner 1958, Slg. N. F. Nr. 4519/A).
Der Verwaltungsgerichtshof ist - wie die belangte Behörde - der Auffassung, daß im Beschwerdefall nur zu erwägen war, ob die Strafdrohungen der lit. c und der lit. i. des § 132 GewO einander im Sinne einer Konsumtion ausschließen. Konsumtion liegt vor - der Gerichtshof folgt hier, da der Gesetzgeber keine andere Aussage trifft, den in der Strafrechtslehre (vgl. etwa Malaniuk, Lehrbuch des Strafrechtes, erster Band, 1947, S. 288 f., Rittler, Lehrbuch des österreichischen Strafrechtes, erster Band, 1954, S. 343 f., und Nowakowski, Das österreichische Strafrecht in seinen Grundzügen, 1955, S. 123 f.) entwickelten Grundsätzen -, wenn eine wertende Beurteilung ergibt, daß der Unwert des einen Deliktes von der Strafdrohung gegen das andere Delikt miterfaßt wird, wie dies insbesondere im Falle der Verletzung desselben Rechtsgutes anzunehmen ist. Dies trifft aber dann nicht zu, wenn die Delikte in keinem typischen Zusammenhang stehen, mit anderen Worten, wenn das eine Delikt nicht notwendig oder doch nicht in der Regel mit dem anderen verbunden ist (vgl. Rittler. a. a. O., und Nowakowski, a. a. O.).
Im Verhältnis zwischen den in Rede stehenden Tatbeständen des § 132 GewO kann - entgegen der Rechtsmeinung der belangten Behörde - wohl gesagt werden, daß die Strafdrohung der lit. c in Ansehung des durch sie geschützten Rechtsgutes auch den deliktischen Unwert der lit. i einschließt, denn der Schutz der Dienstnehmer ist beiden Tatbeständen immanent (woran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, daß durch lit. c zudem Nachbarinteressen geschützt werden); doch konnte nicht unberücksichtigt bleiben, daß zwischen den in den beiden Teilen des angefochtenen Bescheides angeführten Straftaten kein typischer Zusammenhang in dem Sinne besteht, daß sich die Übertretung der Vorschriften über den Dienstnehmerschutz als typischer Nebenerfolg der Übertretung nach lit. c darstellen würde. Ein solcher Zusammenhang wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Der Beschwerdeführer war durch nichts gezwungen, die nicht genehmigten Betriebsanlagenteile in einer Weise zu betreiben, daß dadurch auch Dienstnehmerschutzvorschriften verletzt wurden.
Daraus ergibt sich aber, daß der angefochtefie Bescheid dem § 22 VStG 1950 nicht widerspricht und daher mit der oben als möglich bezeichneten Rechtswidrigkeit nicht belastet ist.
Die Beschwerde wendet sich gegen einzelne Punkte des Teiles II des angefochtenen Bescheides. Zum Vorwurf, der Fußboden im Wirksaal I habe Unebenheiten aufgewiesen (Punkt 1), bringt der Beschwerdeführer vor, es hätten die Betonierungsarbeiten im Zuge der Aufstellung eines Teils der Rundstrickanlage auch das teilweise Aufreißen der bisherigen Bodenstücke erfordert. Ein im Bau befindlicher Zustand könne, weil gezwungenermaßen unvollständig, nicht Gegenstand einer Bestrafung sein.
Die belangte Behörde beruft sich in diesem Teil des angefochtenen Bescheides auf § 132 lit. d der Gewerbeordnung in Verbindung mit § 8 Abs. 1 erster Satz der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung, BGBl. Nr. 265/1951, in der Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 32/1962 (im folgenden mit „ADV“ abgekürzt), derzufolge Fußböden in Betriebsräumen der Eigenart des Betriebes angepaßt sein müssen und keine Unebenheiten aufweisen dürfen. Durch das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten wird dieser Tatbestand objektiv erfüllt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Unebenheiten des Fußbodens seien durch Arbeiten im Zusammenhang mit der Aufstellung einer Maschine verursacht gewesen, vermochten auch die subjektive Tatseite nicht zu berühren, weil der Beschwerdeführer - auch im Verwaltungsstrafverfahren - nicht behauptet hat, er habe während der Tatzeit Maßnahmen getroffen, durch die die durch die Bodenunebenheiten entstandenen Gefahren für Dienstnehmer beseitigt worden wären. Das Beschwerdevorbringen erweist sich daher in diesem Teil als unbegründet.
Dem weiteren Beschwerdevorbringen zufolge sei der angefochtene Bescheid im Teil II/3 des Spruches, wonach in den nicht natürlich belichteten, im einzelnen bezeichneten Räumlichkeiten keine Notbeleuchtung vorhanden gewesen sei, rechtswidrig, weil die Lichtquellen an verschiedene Stromkreise angeschlossen gewesen seien, die im Gegensatz zur Auffassung der Behörde wohl die Funktion einer Notbeleuchtung ausüben könnten. Der Wortlaut der ADV besage nicht das Gegenteil. Im übrigen habe er sich diesbezüglich auf das Fachwissen des Elektroinstallateurs verlassen können, der die Anlage eingerichtet habe. Den Beschwerdeführer treffe daher kein Verschulden. Dies gelte in gleicher Weise hinsichtlich des Vorwurfes (II//8 des Bescheidspruches), die elektrische Anlage habe nicht den geltenden Vorschriften für Elektrotechnik entsprochen (weil Verteiler mit blanken spannungsführenden Teilen der Berührung zugänglich gewesen seien, sowie nicht zulässige Mehrfachzwischenstecker, ein ungeerdeter Luftbefeuchter und im Kesselhaus eine Handleuchte mit Netzspannung verwendet worden sei). Ob ein Verteiler tatsächlich blanke, spannungsführende Teile habe, könne der „Auftraggeber“ gar nicht sehen; gerade an elektrischen Anlagen dürfe nichts von Laien gemacht werden, um nicht mit dem letzten Stand der Wissenschaft in Widerspruch zu geraten. Ob z. B. eine Handleuchte eine Netzspannung habe, sei nur mit dem Spezialwissen eines Elektrotechnikers zu klären, keinesfalls aber von einem Fabriksherrn, der sich eben auf seine Elektrotechniker, die ja eine staatliche Prüfung und eine eigene spezielle staatliche Genehmigung aufwiesen, verlassen können müsse.
Was zunächst die Frage der Notbeleuchtung betrifft, so bezog sich die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren erhobene Einwendung, es seien mehrere Stromkreise vorhanden gewesen, lediglich auf Lichtquellen im Wirksaal I. Soweit sich der behördliche Ausspruch gegen das Fehlen der Notbeleuchtung in den Wirksälen III und IV und in der Formerei II richtete, würde sich daher das Beschwerdevorbringen, wenn angenommen wird, daß sich dieses auch hierauf bezieht, als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung erweisen. Im übrigen hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren und in der Beschwerde nur vorgebracht, es seien mehrere Stromkreise vorhanden gewesen. Aus § 12 ADV, auf den die belangte Behörde den Ausspruch gründet, ergibt sich aber, daß unter einer Notbeleuchtung eine von der zentralen Beleuchtungsanlage unabhängige Anlage zu verstehen ist, die sich, sofern sie nicht ständig in Betrieb ist, beim Ausfallen der zentralen Beleuchtung selbstätig einschalten muß. Der Beschwerdeführer hat nie behauptet, er verfüge in dem in Rede stehenden Teil des Betriebes über eine derartige Anlage. Der Wortlaut der angeführten Verordnungsbestimmung läßt ohne besonderes Fachwissen erkennen, daß „mehrere Stromkreise“ allein keine Notbeleuchtungsanlage darstellen. Der Beschwerdeführer war verpflichtet, sich über die auf dem Gebiet seines Berufes erlassenen Rechtsvorschriften - hiezu gehört auch die ADV - zu unterrichten. Bestanden über deren Inhalt Zweifel, dann war er zudem verpflichtet, hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen. Wenn er dies unterließ, so vermochte ihn die Unkenntnis dieser Vorschriften nicht von seiner Schuld zu befreien (vgl. hiezu etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 1950, Slg. N. F. Nr. 1647/A, vom 22. April 1952, Slg. N. F. Nr. 2504/A, und vom 8. Oktober 1964, Slg. N. F. Nr. 6453/A). Auch die Berufung auf das Fachwissen des Elektroinstallateurs, der die Anlage eingerichtet habe, konnte zu keiner anderen Beurteilung der Schuldfrage führen. Es liegt zumindest Fahrlässigkeit vor, wenn eine Partei, die mit der Erfüllung ihrer Pflicht einen anderen betraut, sich nicht davon überzeugt, daß ihr Auftrag auch im Sinne des Gesetzes befolgt wurde. Es besteht keine Veranlassung, von diesem in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 2. Juni 1966, Zl. 577/65, vom 15. Februar 1967, Zl. 666/66, vom 5. Februar 1968, Zl. 548/67, und vom 19. November 1969, Zl. 1887/68) entwickelten Grundsatz abzugehen. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren nicht dargetan, daß er geeignete Schritte in diesem Sinne unternommen hätte.
Gleiches gilt auch hinsichtlich des schon oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringens, das sich gegen den Teil II/8 des Bescheidspruches richtet. Mit dem angefochtenen Bescheid würden, wie die Behörde in der Bescheidbegründung ausführt, dem Beschwerdeführer nur mehr jene Mängel der elektrischen Anlage zur Last gelegt, die für ihn als „Laien“ hätten erkennbar sein müssen. Der Verwaltungsgerichtshof folgt diesen Ausführungen insofern, als die Behörde annehmen durfte, es habe sich hier um Vorschriften gehandelt, die dem Beschwerdeführer als Inhaber der in Rede stehenden Betriebsanlage bekannt sein mußten. Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, daß die von der Behörde angewendeten Vorschriften auf den von der Behörde angenommenen Sachverhalt - objektiv - nicht zugetroffen wären. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite gilt das schon oben Gesagte. Das Beschwerdevorbringen ist auch in diesem Teil nicht begründet.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Vorwurf (II/5 des angefochtenen Bescheides), die Ausgangstür aus dem Wirksaal II sei während der Arbeitszeit versperrt gewesen. Dieser Raum, in dem eine veraltete Strickanlage abgestellt gewesen sei, sei aber gar nicht mehr vom Betrieb umfaßt gewesen. Der Raum sei von keinem Betriebsangehörigen betreten worden. Es habe daher auch kein Fluchtweg offengehalten werden müssen.
In diesem Punkt erfolgte did Bestrafung unter Berufung auf § 132 lit. i der Gewerbeordnung in Verbindung mit dem Punkt 2 des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 23. Wiener Gemeindebezirk vom 7. April 1965. In der Begründung des angefochtenen Bescheides vertritt die Behörde die Rechtsansicht, der Bescheid vom 7. April 1965 sei in Rechtskraft erwachsen; es könne daher die Frage, ob das dem Beschwerdeführer darin vorgeschriebene Verhalten diesem zumutbar gewesen sei, nicht mehr erörtert werden. Auch sei es unerheblich, ob zur Tatzeit im Wirksaal II gearbeitet worden sei, weil die Türen sämtlicher Betriebsräume (somit auch der Lagerräume, in denen sich Dienstnehmer a priori nicht ständig aufhielten) nicht versperrt werden dürften.
Nach den von der belangten Behörde vorgelegten Akten betreffend die gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsstätte lautete der Punkt 2 des - während der Tatzeit schon in Rechtskraft gestandenen - Bescheides vom 7. April 1965: „Die Ausgänge aus den Betriebsräumen dürfen während der Arbeitszeit nicht versperrt sein.“ Nach der im erstinstanzlichen Strafverfahren vom Beschwerdeführer abgegebenen Äußerung vom 24. Juni 1965 weise der Wirksaal II keine Belegschaft auf, weil sämtliche darin installierten Maschinen stillgelegt seien. Ein Ausgang in den Hof sei daher nicht erforderlich. Im übrigen seien die durchgehenden Türen ohnedies offen gewesen. In der Begründung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz wurde hiezu gesagt, die Bestimmung des § 20 ADV gelte auch für den Wirksaal II, und zwar unabhängig davon, ob dieser derzeit eine Belegschaft aufweise oder nicht. Der hier erörterte Einwand des Beschwerdeführers wurde in dessen Berufung gegen das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz wiederholt, indem der Beschwerdeführer die Äußerung vom 24. Juni 1965 zum Gegenstand der Berufung machte. In der von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme des Arbeitsinspektorates für den 6. Aufsichtsbezirk vom 15. Juli 1966 hieß es hiezu - unter Berufung auf § 20 Abs. 7 ADV - lediglich: „Im Punkt 2 wurde vorgeschrieben, daß die Ausgänge aus den Betriebsräumen während der Arbeitszeit nicht versperrt sein dürfen.“
Gemäß § 20 Abs. 7 ADV dürfen Türen, von besonderen Fällen abgesehen, während der Betriebszeit nicht versperrt sein. Diese Bestimmung dient, wie sich aus dem Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des § 20 eindeutig ergibt, der Offenhaltung eines Fluchtweges. Auf diesen Zweck weist schon der erste Satz des Abs. 1 des § 20 hin, demzufolge Ausgänge hinsichtlich Anzahl, Anordnung und Abmessungen so anzulegen sind, daß die Betriebsräume und -gebäude von den Dienstnehmern rasch verlassen werden können. Wie der oben dargestellte Sachverhalt zeigt, wurde mit dem Punkt 2 des Bescheides vom 7. April 1965, auf den sich - in Verbindung mit § 132 lit. i GewO - der angefochtene Bescheid stützt, lediglich der Wortlaut des Abs. 7 des § 20 ADV wiedergegeben. Mit dem Hinweis auf die Rechtskraft dieses Bescheides allein kann daher die Tatbestandsmäßigkeit hinsichtlich eines einen bestimmten Teil der Betriebsstätte betreffenden Ausganges nicht dargetan werden. Entgegen der - auch in der Gegenschrift vertretenen Rechtsansicht der belangten Behörde hätte demnach wohl der Einwand des Beschwerdeführers, der Wirksaal II weise keine Belegschaft auf, und es seien die darin installierten Maschinen stillgelegt, einer ausreichenden Erörterung bedurft. Der Verwaltungsgerichtshof folgt auch nicht der Rechtsmeinung der belangten Behörde, dieser Raum, in dem nach dem Beschwerdevorbringen eine alte Strickanlage abgestellt gewesen sei, stelle jedenfalls einen Betriebsraum, und zwar als Lagerraum - nach den Ausführungen in der Gegenschrift auch als „Abstellraum“ - dar, weil sich nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt bot. Entscheidend war vielmehr nach der eindeutigen Rechtslage, wie sie sich gemäß § 20 ADV darstellt, die Frage, ob aus dem in Rede stehenden Raum durch Offenhalten einer Tür eine Fluchtmöglichkeit für Dienstnehmer zu bieten war. Da die Behörde dies verkannte und das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz bestätigte, obwohl die bezeichnete Frage nicht hinreichend gelöst war, ist der angefochtene Bescheid in diesem Teil mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet; er war in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufzuheben.
Gegen die „angeblich zu geringe Durchgangsbreite“ - der Beschwerdeführer meint hier, ohne dies ausdrücklich zu sagen, offenbar, den unter II/6 des Spruches des angefochtenen Bescheides bezeichneten, auf die Mindestbreite der Hauptgänge in mehreren Arbeitsräumen sich beziehenden Mangel - wird in der Beschwerde vorgebracht, es sei vorgekommen, daß Dienstnehmer die Durchgänge mit verschiedenen Gegenständen verstellt hätten, was „sowieso automatisch immer wieder ein Einschreiten der Betriebsleitung zur Folge gehabt habe“. Man könne im 20. Jahrhundert den Betriebsangehörigen nicht alles verbieten. Es fehle diesbezüglich die subjektive Tatseite.
Dieses Vorbringen stellt insofern eine in verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar, als der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren wohl behauptete, Dienstnehmer hätten Kartons u.dgl. abgestellt, doch bezog sich dieses Vorbringen nicht auf die im angefochtenen Bescheid angeführten Hauptgänge, sondern auf Türen, die der damaligen Rechtfertigung zufolge auf diese Weise verstellt worden seien. Im übrigen vermochte sich der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen schon deshalb nicht zu exkulpieren, weil er, wie in der Gegenschrift der belangten Behörde zu Recht ausgeführt wird, im Verwaltungsstrafverfahren nicht bewiesen hat, daß er entsprechende Maßnahmen gegen die seinen Anordnungen zuwiderhandelnden Dienstnehmer getroffen habe. Das Beschwerdevorbringen erweist sich daher in diesem Teil als unbegründet.
Der Vorwurf inhaltlicher Rechtswidrigkeit richtet sich auf gegen die dem angefochtenen Bescheid (II/7) zugrundeliegende Annahme, in einigen Teilen der im neuen Stockwerksaufbau gelegenen Betriebsräume habe der zum nächsten Stiegenhaus zurückzulegende Weg mehr als 40 m betragen. Nehme man, so wird in der Beschwerde vorgebracht, die Innenseite der Zugangswege von den äußersten Teilen der Appretur I und des Fertigwarenlagers zur Stiege, so komme man sogar noch erheblich unter 40 m Entfernung. Die Entfernung von 44 oder 45 m würde sich nur ergeben, wenn man die Außenseite, also den größtmöglichen Weg „ausweise“. Im Gefahrenfalle werde aber jedermann den kürzesten Weg benützen.
Der Beschwerdeführer hat schon im Verwaltungsstrafverfahren eingewendet, die größte Entfernung der Fluchtwege betrage, wie aus den Bauplänen ersichtlich sei, weniger als 40 m. Die in den Akten des Verwaltungsverfahrens enthaltene Stellungnahme des Arbeitsinspektorates für den 6. Aufsichtsbezirk vom 15. Juli 1966, in der das Ergebnis einer Erhebung vom 5. Juli 1966 wiedergegeben wird, lautete zu diesem Einwand: „Im Arbeitsraum im ersten Stock wurden in gerader Linie bis zur Eingangstür 32 m (46 Schritte á 70 cm) gemessen. Daran schließt sich ein Gang von 12 m Länge bis zum Ansatz der Stiege an. Bis zur Stiege ergibt sich jedenfalls ein Fluchtweg über 40 m“. Daraus geht hervor, daß jedenfalls der weitaus größere Teil der in Betracht kommenden Strecke lediglich durch Schritte „gemessen“ wurde. Bei einer Entfernung von 40 m hält es aber der Verwaltungsgerichtshof nicht für ausgeschlossen, daß durch die bezeichnete Art der Entfernungsermittlung Fehler im Wert von 4 bis 5 m entstehen können. Wohl hat sich die Behörde zudem auf aus „Betriebsplänen“ festzustellende Entfernungen berufen, jedoch hinzugefügt, der aus den „Bauplänen“, auf die sich der Beschwerdeführer berufen habe, sich ergebende Entfernung nicht folgen zu können, weil diese nicht mehr die tatsächlichen Verhältnisse wiedergeben müßten. Die Behörde hat nicht angegeben, warum sie annehme, die „Betriebspläne“, nicht aber die „Baupläne“ ließen die richtige Entfernung erkennen. Das Argument der Behörde, es könnten sich die Verhältnisse geändert haben, muß vielmehr nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes für beide Arten der Pläne in gleicher Weise gelten. Die Beweisführung der Behörde erweist sich damit als unschlüssig. Für die Annahme der Behörde, der Fluchtweg betrage mehr als 40 m, verblieb demnach eine unzureichend ermittelte Grundlage, nämlich die schon erörterte Stellungnahme des Arbeitsinspektorates, die überdies nicht den Tatzeitraum betraf. Der angefochtene Bescheid ist daher auch in diesem Teil mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufzuheben.
Der Beschwerdeführer verallgemeinert schließlich das schon zu einzelnen Punkten des Teil II des angefochtenen Bescheides Vorgebrachte in dem Sinne, daß ihn nach seiner Auffassung kein Verschulden getroffen habe, weil er sich nämlich auf den Architekten, den Baumeister, den Elektroinstallateur, den Maschinenbauer und alle jene anderen Spezialisten habe verlassen können, die ihn nach ihren Künsten und ihrem Können beraten hätten. Der Verwaltungsgerichtshof verweist auch hiezu auf die schon oben dargestellte Rechtsprechung zur Frage, in wieweit die Erfüllung gesetzlicher Aufträge mit schuldbefreiender Wirkung auf andere übertragen werden könne. Es kann zudem auch nicht gesagt werden, daß die von der Behörde angewendeten Tatbestände den Unrechtsgehalt des Verhaltens des Beschwerdeführers nicht in einer für den Beschwerdeführer als Inhaber eines Gewerbebetriebes er kennbaren Weise hinreichend zum Ausdruck bringen würden.
Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang, die Behörde hätte nur auf Grund eines nochmaligen Lokalaugenscheines, den er in der Berufung ausdrücklieh beantragt habe, die Richtigkeit seines Vorbringens im Verwaltungsstrafverfahren feststellen können. Man könne über alles Mögliche geteilter Meinung sein - der Beschwerdeführer spielt hier auf die im angefochtenen Bescheid (II/1 und II/2) verwendeten Begriffe „Unebenheiten“, „nicht gleitsicher“und „Schräge“ an, wozu, soweit ein konkretes Beschwerdevorbringen vorliegt, schon oben Stellung genommen wurde -, nicht jedoch darüber, ob eine Tür 1,20 m oder 1,40 m bzw. 1,50 m breit sei. Derartige unrichtige Feststellungen durch die Behörde erster Instanz hätten zwingend zu der von ihm beantragten nochmaligen Besichtigung des Betriebes führen müssen.
Wie die Aktenlage zeigt, beruhten die im Tatsachenbereich getroffenen Feststellungen der belangten Behörde auf dem Ergebnis des von der Behörde erster Instanz durchgeführten Ermittlungsverfahrens, dem wiederum die bei einem Ortsaugenschein vom 17. Mai 1965 getroffenen Feststellungen tatsächlicher Natur zugrunde lagen. Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Einholung einer Stellungnahme des Arbeitsinspektorates. Dem Beschwerdeführer wurde in beiden Rechtsstufen Gehör gewährt. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die dem Straferkenntnis der Behörde erster Instanz angehafteten Mängel durch eine neuerliche mündliche Verhandlung hätten beseitigt werden müssen. Zu dem einzigen hiezu konkret ausgeführten Vorbringen des Beschwerdeführers, die Behörde sei unrichtigerweise von einer Türbreite von 1,20 ausgegangen, verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu Recht auf den durch die Aktenlage bestätigten Umstand, daß nicht die Türbreiten, sondern die zu den Ausgängen führenden Wege den Gegenstand des Vorwurfes bildeten. Dieser Teil des angefochtenen Bescheides (II/6) wurde schon oben erörtert. Der angefochtene Bescheid ist daher mit dem behaupteten Verfahrensmangel nicht behaftet. Die Beschwerde erweist sich in diesem Teil als nicht begründet.
Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, die ausgesprochenen Geldstrafen seien, gemessen am Grad des Verschuldens des Beschwerdeführers, wenn ein solches überhaupt angenommen werde, zu hoch; denn die Nichterledigung des Ansuchens des Beschwerdeführers um gewerbebehördliche Genehmigung habe überhaupt erst zu der Lage geführt, die im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses und des angefochtenen Bescheides gegeben gewesen sei.
Wie schon oben ausgeführt wurde, war die Verzögerung der Genehmigung - vom Zeitpunkt des Genehmigungsantrages des Beschwerdeführers bis zur Tatzeit, auf die allein es im gegebenen Zusammenhang ankommt, war, wie schon bemerkt worden ist, ein Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren verstrichen - u. a. dadurch verursacht, daß das Ansuchen des Beschwerdeführers nicht hinreichend belegt war. Der Verwaltungsgerichtshof kann im übrigen nicht finden, daß die Behörde bei der Strafbemessung - die hiefür maßgebend gewesenen Erwägungen wurden in der Bescheidbegründung angeführt - von ihrem Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte. Das Beschwerdevorbringen ist daher auch in diesem Teil nicht begründet.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965. Das auf Ersatz eines zusätzlichen Schriftsatzaufwandes in der Höhe von S 500,-- gerichtete Mehrbegehren des Beschwerdeführers war als in diesen Bestimmungen nicht vorgesehen abzuweisen.
Wien, am 23. September 1970
Schlagworte
Verantwortung für Handeln anderer Personen AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1970:1968000678.X00Im RIS seit
21.05.2021Zuletzt aktualisiert am
21.05.2021