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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 16. April 1996, Zl. MA 63 - E 197/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Zuweisung eines Verkaufsstandes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 15. Jänner 1995 an den Magistrat der Stadt Wien ersuchte der Beschwerdeführer um die Zuweisung eines Verkaufsstandes auf dem Rathausplatz in Wien für den Christkindlmarkt 1995 sowie mit gleichlautendem Schreiben vom selben Tag für den Christkindlmarkt 1996. Als Antwort erging eine Erledigung des Magistrats der Stadt Wien vom 24. Jänner 1995 an den Beschwerdeführer mit folgendem Inhalt:
"Sehr geehrter Herr E
Wir danken für Ihre Anmeldungen für den Christkindlmarkt 1995 und 1996 und haben Sie als Interessent vorgemerkt. Wir müssen jedoch darauf hinweisen, daß eine beträchtliche Anzahl von anderen Bewerbungen vorliegt.
Grundsätzlich gelten nach den Bestimmungen der Marktordnung für die Stadt Wien die Bezieher des Marktes im Vorjahr für den nächsten Markt als vorgemerkt, es kann daher derzeit noch nicht beurteilt werden, ob, bzw. welche Marktplätze für welche Warengruppen frei werden.
Wir werden Sie zu gegebener Zeit weiter informieren.
Mit freundlichen Grüßen
Der Leiter der MAA.:"
Die gegen diese Erledigung gerichtete Berufung wies der Berufungssenat der Stadt Wien - nachdem die Berufungsvorentscheidung vom 3. August 1995 durch das Einlangen des rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrages außer Kraft trat - mit Bescheid vom 16. April 1996 als unzulässig zurück. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Berufung sei die Erlassung eines Bescheides. Im vorliegenden Fall richte sich die Berufung gegen ein informatives Schreiben der Magistratsabteilung 59 an den Berufungswerber, in dem ihm mitgeteilt wurde, daß seine Anmeldung für den Christkindlmarkt 1995 und 1996 vorgemerkt worden sei, derzeit jedoch noch nicht beurteilt werden könne, ob bzw. welche Marktplätze für welche Warengruppen frei werden. Dieses Schreiben könne nicht als Bescheid angesehen werden, da es sich um keine Erledigung einer Verwaltungsbehörde handle, mit der in einer bestimmten Verwaltungssache in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiellrechtlich oder formalrechtlich mit rechtsbegründender oder rechtsfeststellender Wirkung abgesprochen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Sachentscheidung über seine Berufung verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, die belangte Behörde gehe zu Unrecht davon aus, daß die fragliche Erledigung des Magistrates der Stadt Wien keinen Bescheid im Sinne des AVG darstelle. Die Erledigung weise sämtliche Bescheidmerkmale auf, so eine ausstellende Behörde, einen Bescheidadressaten, eine Unterschrift des entscheidenden Organes sowie eine hoheitliche individuelle Anordnung im Einzelfall. Es liege daher im Sinne der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zweifellos ein Bescheid vor. Das Vorliegen einer individuell hoheitlichen Anordnung im Einzelfall ergebe sich schon daraus, daß in der Erledigung ausdrücklich ausgeführt werde, nach den Bestimmungen der Marktordnung für die Stadt Wien würden die Bezieher des Marktes im Vorjahr für den nächsten Markt als vorgemerkt gelten. Damit werde eine Reihung der ansuchenden Personen für einen Marktplatz vorgenommen, und zwar derart, daß die Bezieher des Marktes im Vorjahr vor Antragstellung berücksichtigt würden, die im Vorjahr keinen Marktplatz zugewiesen erhalten hätten. Somit werde für den Beschwerdeführer rechtsbegründend angeordnet, daß bei der Vergabe der Marktplätze Bezieher von Vorjahresplätzen vor dem Beschwerdeführer zu berücksichtigen seien. Diese Reihung stehe überdies im Widerspruch zu den einschlägigen Bestimmungen der Wiener Marktordnung, die nicht vorsähen, daß die Bezieher des Marktes im Vorjahr für den nächsten Markt automatisch als vorgemerkt gelten. Gehe man davon aus, daß die in Rede stehende Erledigung keine Bescheidqualität hätte, hätte der Beschwerdeführer gegen die "rechtswidrige Reihung" durch die Marktbehörde keinen wie immer gearteten Rechtsschutz, weshalb im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation jedenfalls davon ausgegangen werden müsse, daß die Erledigung der Marktbehörde Bescheidqualität habe. Daß die Behörde selbst nicht von einer automatischen Vormerkung für das Folgejahr ausgehe, ergebe sich auch aus dem Umstand, daß für die Bezieher von Vorjahresplätzen Formulare für die Antragstellung ausgegeben würden. Bezeichnend sei weiters, daß eine behördliche Erledigung des Ansuchens für 1995 - abgesehen von der in Rede stehenden Erledigung - nicht erfolgt sei. Würde man der in Rede stehenden Erledigung die Bescheidqualität absprechen, sei dem Beschwerdeführer daher überhaupt keine behördliche Entscheidung über sein Ansuchen betreffend das Jahr 1995 zugegangen. Schließlich bleibe die belangte Behörde eine plausible und nachvollziehbare Begründung für ihre Rechtsansicht schuldig. Sie sei daher auf die vom Beschwerdeführer in der Berufung vorgebrachten Argumente zu Unrecht nicht eingegangen.
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Berufung ist daher das Vorliegen eines Bescheides, gegen den sie gerichtet ist. Um aber von einer Erledigung einer Verwaltungsbehörde als von einem Bescheid sprechen zu können, ist es unabdingbar, daß der Inhalt dieser Erledigung in der normativen Regelung einer Verwaltungssache beruht.
Diese Voraussetzung erfüllt das vom Beschwerdeführer mit Berufung angefochtene Schreiben des Magistrats der Stadt Wien vom 24. Jänner 1995 jedoch nicht. Denn es kommt diesem, den Beschwerdeführer über die Rechtslage und über seine Vormerkung als Interessent für einen Marktstand informierenden Schreiben weder eine Rechte des Beschwerdeführers erzeugende oder diese feststellende Wirkung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu, noch ist es als Bescheid zu bezeichnen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, VwSlg. Nr. 9458/A).
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die Erledigung müsse schon aus Rechtsschutzgründen verfassungskonform als Bescheid gedeutet werden, so verkennt er einerseits, daß in dieser Erledigung ein seine Rechte normativ berührender Abspruch eben nicht enthalten ist und andererseits, daß das Rechtsmittel der Berufung nicht dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen allfällige behördliche Untätigkeit zu gewähren.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Einhaltung der FormvorschriftenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997040046.X00Im RIS seit
25.01.2001