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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher und Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des G D, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Oktober 2020, L502 2231685-1/3E, betreffend Aufhebung eines Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21. Mai 2019 wurde gegen den Revisionswerber, einen in Österreich geborenen türkischen Staatsangehörigen, aufgrund zahlreicher strafgerichtlicher Verurteilungen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG und ein zweijähriges Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in die Türkei zulässig sei. Diese Entscheidung erwuchs am 26. Juni 2019 in Rechtskraft.
2 Mit Eingabe vom 14. April 2020 beantragte der Revisionswerber die Aufhebung des Einreiseverbotes. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28. April 2020 wurde dieser Antrag „auf Verkürzung/Aufhebung“ des erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 60 Abs. 2 FPG abgewiesen.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis ab. Weiters sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend stellte das Bundesverwaltungsgericht ua. fest, dass der Revisionswerber zwischen 2008 und 2019 insgesamt vierzehnmal rechtskräftig verurteilt worden sei. Seit 18. September 2019 sei er in Haft. Der Revisionswerber habe das Bundesgebiet seit Erlassung der Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot - auch wenn ihm dies angesichts seiner Anhaltung in Haft „per se“ nicht möglich gewesen sei - nicht verlassen, sodass die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbotes von vornherein nicht gegeben seien.
5 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 9. Dezember 2020, E 4062/2020, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
6 Die in der Folge ausgeführte Revision erweist sich als unzulässig.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
10 Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
11 Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann das Bundesamt ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Nach § 60 Abs. 2 FPG kann das Bundesamt ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.
12 Gemäß dem klaren Wortlaut der angeführten Bestimmung ist die vom Revisionswerber begehrte Aufhebung eines Einreiseverbotes nach § 53 Abs. 3 Z 1 nicht von § 60 Abs. 1 FPG umfasst. Darüber hinaus setzt die Aufhebung - wie auch die Verkürzung eines Einreiseverbotes nach § 60 Abs. 2 FPG - voraus, dass der Revisionswerber das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat (vgl. dazu VfGH 29.2.2016, G 534/2015, VfSlg. 20.049). Daraus ist für einen Fall wie den vorliegenden, in dem gemäß § 59 Abs. 4 FPG im Hinblick auf die Anhaltung des Revisionswerbers in Strafhaft die Ausreiseverpflichtung noch gar nicht wirksam geworden ist, zu folgern, dass die Voraussetzungen für einen Antrag nach § 60 FPG - wie das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis richtig erkannte - von vornherein nicht gegeben sind. Dass dies dem Unionsrecht widerspreche, ist entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht ersichtlich.
13 Es liegt aber auch - wie in der Begründung zur Zulässigkeit der Revision noch geltend gemacht wird - in der vorliegenden Konstellation insgesamt keine „Verletzung des assoziationsrechtlichen Verschlechterungsverbots“ vor (vgl. VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0009, Rn. 33, unter Hinweis auf EuGH 19.2.2009, Soysal und Savatli, C-228/06, Rn. 61).
14 In der Revision werden somit bereits aus diesen Gründen keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 8. April 2021
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021210046.L00Im RIS seit
17.05.2021Zuletzt aktualisiert am
17.05.2021