Index
L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag KärntenNorm
AVG §8Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache 1. der Mag. M A und 2. des Ing. J A, beide in P und beide vertreten durch Dr. Bernhard Fink, Dr. Peter Bernhart, Mag. Klaus Haslinglehner, Dr. Bernd Peck und Mag. Kornelia Kaltenhauser, LL.M., Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 5, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten 1. vom 14. Februar 2019, KLVwG-2620-2621/2/2018 und 2. vom 15. Februar 2019, KLVwG-91-92/4/2019, betreffend Angelegenheiten nach der Kärntner Bauordnung 1996 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee; mitbeteiligte Partei: J K, vertreten durch Mag. Florian Mitterbacher, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Wiener Gasse 10/1/16; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Vorliegend geht es um die Abweisung eines Antrages auf Zustellung eines Bescheides, mit welchem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses samt Nebenanlagen erteilt wurde, sowie um die Abweisung einer Berufung gegen einen der mitbeteiligten Partei erteilten baupolizeilichen Auftrag.
5 Den insoweit unstrittigen Ausführungen der angefochtenen Erkenntnisse sowie den vorgelegten Verfahrensakten ist, soweit vorliegend relevant, Folgendes zu entnehmen:
6 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P. vom 15. März 2013 wurde dem Mitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses samt Carport und Swimmingpool auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG S. erteilt. Das Grundstück der revisionswerbenden Parteien grenzt im Südwesten direkt an das Baugrundstück an.
7 Das Baubewilligungsverfahren des Mitbeteiligten wurde im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens nach § 24 der Kärntner Bauordnung (in der Folge: K-BO) durchgeführt; mit Anrainerverständigung vom 19. Dezember 2012 waren die revisionswerbenden Parteien vom Bauvorhaben verständigt worden, wobei ihnen dieses Schreiben von der Baubehörde gemeinsam mittels RSb-Briefsendung zugestellt worden war. Die revisionswerbenden Parteien erhoben keine Einwendungen gegen das Bauprojekt; in der Folge erging der oben genannte Baubewilligungsbescheid vom 15. März 2013.
8 Mit Schreiben vom 3. April 2013 erstattete der Mitbeteiligte eine Baubeginnsmeldung an die Baubehörde, in welcher er bekanntgab, am 1. April 2013 mit der Ausführung des mit Bescheid vom 15. März 2013 bewilligten Vorhabens begonnen zu haben.
9 Mit Schreiben vom 5. Juni 2014 brachten die revisionswerbenden Parteien einen „Einspruch gegen Bauvorhaben und Ausführung“ bei der Baubehörde ein, in welchem sie mehrere Punkte ausführten, die ihrer Ansicht nach nicht der Baubewilligung vom 15. März 2013 entsprächen. In diesem Schreiben heißt es einleitend: „Als Eigentümer der Parzelle [...] sind wir durch das Bauvorhaben auf der nordöstlich gelegenen Parzelle [...] direkt betroffen und stark beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigungen werden zum einen durch den seit 1 Jahr schleppenden Baufortschritt und unserer Meinung nach einer nicht der genehmigten Planung entsprechenden Bauausführung noch verschärft! [...]“.
10 Mit Bescheid vom 22. Februar 2018 erließ die Baubehörde einen baupolizeilichen Auftrag, in welchem sie dem Mitbeteiligten den Auftrag erteilte, entweder innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides für die konsenslos errichteten baulichen Anlagen anzusuchen, oder binnen 12 Monaten den rechtmäßigen Zustand durch näher bezeichnete Rückbau- Abbruch- und Abänderungsmaßnahmen durchzuführen. Diesen Bescheid stellte sie auch den revisionswerbenden Parteien - wiederum in einer gemeinsamen RSb-Briefsendung - zu. Einem im Verfahrensakt befindlichen Antrag der Erstrevisionswerberin auf Bescheidzustellung hinsichtlich dieses Bescheides vom 22. Februar 2018 (Antrag vom 7. März 2018) ist zu entnehmen, dass diese RSb-Briefsendung dem Zweitrevisionswerber, nicht aber der Erstrevisionswerberin zugegangen sein dürfte. Der Zweitrevisionswerber erhob gegen diesen Bauauftrag Berufung, die mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. Dezember 2018 als unbegründet abgewiesen wurde. Die gegen den Berufungsbescheid wiederum erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien wies das LVwG mit dem zweitangefochtenen Erkenntnis vom 15. Februar 2019 als unbegründet ab und sprach aus, dass eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG gegen dieses Erkenntnis unzulässig sei. Begründend führte es dazu zusammengefasst aus, dass die von den revisionswerbenden Parteien aufgezeigten Abweichungen Eingang in den baupolizeilichen Auftrag vom 22. Februar 2018 gefunden hätten. Einem gänzlichen Abriss des Gebäudes des Mitbeteiligten stehe die Rechtskraft des baubehördlichen Bewilligungsbescheides vom 15. März 2013 entgegen und hinsichtlich des Carports sei mit Bescheid vom 17. August 2018 ein eigener baupolizeilicher Auftrag ergangen.
11 Parallel zum Bauauftragsverfahren stellten die revisionswerbenden Parteien bei der Baubehörde mit Schreiben vom 7. März 2018 den Antrag auf Zustellung (u.a.) des an den Mitbeteiligten ergangenen Baubewilligungsbescheides vom 15. März 2013. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P. unter Hinweis auf § 23 Abs. 7 K-BO und § 42 AVG abgewiesen; die dagegen erhobene Berufung der revisionswerbenden Parteien wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 31. Juli 2018 ebenfalls unter Verweis auf § 23 Abs. 7 K-BO als unbegründet ab. Die revisionswerbenden Parteien erhoben gegen diesen Bescheid Beschwerde an das LVwG, welches diese mit dem erstangefochtenen Erkenntnis vom 14. Februar 2019 als unbegründet abwies und gleichzeitig aussprach, dass dagegen eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei. Begründend führte das LVwG in diesem Erkenntnis zusammengefasst aus, den revisionswerbenden Parteien sei die Anrainerverständigung vom 19. Dezember 2012 nicht getrennt, sondern nur mittels einer RSb-Briefsendung übermittelt worden. Es habe im Rahmen des Verfahrens nicht mehr festgestellt werden können, ob die Briefsendung der Erstrevisionswerberin oder dem Zweitrevisionswerber zugestellt worden sei; dies sei aus der Übernahmebestätigung nicht ersichtlich. Von der belangten Behörde seien daher beide Einschreiter als übergangene Parteien angesehen worden. Auch im vereinfachten Verfahren gemäß § 24 K-BO komme allerdings § 23 Abs. 7 leg. cit. zur Anwendung; da die Baubeginnsmeldung mit 3. April 2013 datiere, ein expliziter Antrag auf Zustellung des baubehördlichen Bewilligungsbescheides erst mit Schreiben vom 7. März 2018 gestellt worden sei, und auch die Eingabe der revisionswerbenden Parteien vom 5. Juni 2014 nicht innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 7 K-BO liege, sei der Baubewilligungsbescheid vom 15. März 2013 auch gegenüber den revisionswerbenden Parteien in Rechtskraft erwachsen.
12 Gegen die genannten Erkenntnisse des LVwG vom 14. und vom 15. Februar 2019 erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Juni 2019, E 1227-1228/2019-11, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
13 In der Zulässigkeitsbegründung der nunmehr an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen außerordentlichen Revision führen die revisionswerbenden Parteien in weitwendigem Vorbringen zusammengefasst aus, das LVwG gehe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon aus, die Zustellung der Anrainerverständigung sei rechtmäßig gewesen; diesbezüglich liege ein die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Ergebnis vor. Weiters fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zum Verständnis und zur Anwendbarkeit des § 23 Abs 7 K-BO und des § 24 K-BO“. Da den revisionswerbenden Parteien gegenüber keine rechtswirksame Zustellung der Anrainerverständigung vorliege, könnten sie ihre Parteistellung iSd § 23 Abs. 7 K-BO nicht verloren haben. Gemäß § 23 Abs. 7 leg. cit sei weiters für den Fristenlauf nicht nur die Meldung des Beginns der Ausführung des Vorhabens, sondern vor allem auch der Beginn der tatsächlichen Ausführung maßgeblich. Es sei darüber hinaus keine Feststellung dazu getroffen worden, ob und inwieweit das mit Bescheid vom 15. März 2013 bewilligte Bauvorhaben dem im Einleitungssatz zu § 24 K-BO enthaltenen Tatbestand entspreche. Weiters habe das LVwG keine mündliche Verhandlung durchgeführt.
14 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für den Revisionsfall nicht aufgezeigt:
15 Vorauszuschicken ist, dass die gegenständliche Revision kein Zulässigkeitsvorbringen betreffend das zweitangefochtene Erkenntnis vom 15. Februar 2019 (baupolizeiliches Auftragsverfahren) enthält, weshalb sie insoweit schon deshalb zurückzuweisen ist.
16 Soweit die revisionswerbenden Parteien in den Zulässigkeitsgründen mehrfach einen Verstoß gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes betreffend die „Zustellung an Ehegatten“ behaupten, genügt es schon, dem zu entgegnen, dass das LVwG (ebenso wie die belangte Behörde) gerade nicht von einer rechtswirksam erfolgten Zustellung der Anrainerverständigung vom 19. Dezember 2012 an beide Ehegatten ausgegangen ist, sondern im Zweifel angenommen hat, dass keine der beiden revisionswerbenden Parteien ihre Parteistellung nach § 24 K-BO verloren hat. Folgerichtig wurden beide revisionswerbenden Parteien als übergangene Parteien im Sinne des § 23 Abs. 7 K-BO angesehen und die Voraussetzungen für den Erhalt bzw. Verlust der Parteistellung nach dieser Bestimmung geprüft. Sämtliches Zulässigkeitsvorbringen im Zusammenhang mit der Zustellung der Anrainerverständigung bzw. allfälliger Präklusionsfolgen nach den §§ 41 und 42 AVG geht daher von vorneherein ins Leere.
17 Wenn in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weiters die Frage aufgeworfen wird, ob § 23 Abs. 7 K-BO im vereinfachten Verfahren nach § 24 K-BO anwendbar sei, ist auf die insoweit eindeutige Rechtslage hinzuweisen: Der 5. Abschnitt der K-BO in der im fraglichen Zeitraum maßgeblichen Fassung (vgl. dazu, dass für die Beurteilung der Parteistellung diejenige Rechtslage maßgeblich ist, die in jenem Verfahren galt, in dem die Parteistellung gewünscht wird etwa VwGH 30.4.2009, 2009/05/0057, mwN), regelte, ebenso wie nach der aktuellen Rechtslage, die Bestimmungen über die Erteilung einer Baubewilligung nach diesem Gesetz. Nach dessen § 23 Abs. 7 (LGBl. Nr. 62/1996 in den insoweit gleichlautenden und im Wortlaut nach wie vor unveränderten Fassungen LGBl. Nr. 85/2013 und 31/2015) verloren Anrainer, denen ein Baubewilligungsbescheid nicht zugestellt wurde, ihre Stellung als Partei, wenn die Ausführung des Vorhabens begonnen wurde und seit Meldung des Beginns der Ausführung des Vorhabens mehr als ein Jahr vergangen war. Nach dem Einleitungssatz des § 24 K-BO („Vereinfachtes Verfahren“) in der maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 66/2017 (der in seinem Wortlaut ebenso nach wie vor unverändert in Geltung steht) galten für Anträge auf Erteilung einer Baubewilligung nach § 6 lit. a, b, d und e „die folgenden Abweichungen von den Bestimmungen dieses und des 8. Abschnittes [...]“. Die weiteren Bestimmungen des § 24 K-BO sahen (und sehen) eine Ausnahme von der Anwendbarkeit des § 23 Abs. 7 K-BO auf im vereinfachten Verfahren nach § 24 leg. cit. erteilte Baubewilligungsbescheide nicht vor.
18 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt dann, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 23.12.2020. Ra 2019/06/0164, oder auch 14.8.2020, Ro 2020/06/0006, jeweils mwN). Da sich die von den revisionswerbenden Parteien angesprochene Frage der Anwendbarkeit des § 23 Abs. 7 K-BO auf im Verfahren nach § 24 leg.cit. erteilte Bewilligungsbescheide eindeutig aus dem Gesetz beantworten lässt, liegt in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vor.
19 Zum allgemeinen Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung, es stelle sich die Frage, „ob aus Sicht der Anrainer die Baubeginnsmeldung, der tatsächliche Beginn der Bauausführung oder die objektive Möglichkeit, vom Beginn der Bauausführung erstmals Kenntnis zu erlangen für den Beginn des Fristenlaufes gemäß § 23 Abs 7 K-BO maßgeblich ist“, ist auszuführen, dass diese Überlegungen gegenständlich nicht streitentscheidend sind: Dass entgegen der in § 23 Abs. 7 K-BO normierten Voraussetzung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen worden sei, behaupten die revisionswerbenden Parteien nicht, vielmehr wiesen sie selbst in ihrer am 5. Juni 2014 an die Baubehörde gerichteten Eingabe auf „den seit 1 Jahr schleppenden Baufortschritt“ hin. Allfällige Fragen im Zusammenhang mit der Möglichkeit von Nachbarn, vom Beginn einer Bauausführung Kenntnis zu erlangen, können daher fallbezogen dahinstehen. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/06/0240, mwN). Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang nur noch darauf hinzuweisen, dass es im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 7 K-BO jedenfalls nicht, wie die revisionswerbenden Parteien womöglich vermeinen, auf den Zeitpunkt der Kenntnis allfälliger von der ursprünglichen Baubewilligung abweichender Bauführungen ankommt. Dass die revisionswerbenden Parteien vor ihrem am 5. Juni 2014 an die Baubehörde gerichteten Schreiben eine im Sinne des § 23 Abs. 7 K-BO relevante Eingabe an die Baubehörde gerichtet hätten, behaupten sie selbst nicht.
20 Wenn die revisionswerbenden Parteien in der Zulässigkeitsbegründung weiters die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 24 K-BO im Ausgangsverfahren in Frage stellen übersehen sie, dass im Zusammenhang mit dem Verfahren über den Antrag auf Zustellung des Baubewilligungsbescheides vom 15. März 2013 nur die Frage der Parteistellung maßgeblich ist, die sie gegenständlich jedoch verloren haben.
21 Soweit zur Zulässigkeit der Revision schließlich mit einem Verstoß gegen die Verhandlungspflicht argumentiert wird, ist dazu festzuhalten, dass die revisionswerbenden Parteien in den Beschwerdeverfahren die hier entscheidungsrelevanten Tatsachenannahmen nicht bestritten und keinen neuen maßgeblichen Sachverhalt behauptet haben; insbesondere wurde auch kein Vorbringen erstattet, das geeignet gewesen wäre, die Annahme zu widerlegen, dass die revisionswerbenden Parteien ihre Parteistellung im Ausgangsverfahren nach § 23 Abs. 7 K-BO verloren haben. Fragen der Beweiswürdigung sind daher für das LVwG insoweit nicht aufgetreten und es hat auch keine neuen Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Es ist daher nicht zu erkennen, dass eine mündliche Verhandlung vor dem LVwG eine weitere Klärung der Rechtssache im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG hätte erwarten lassen. Der EGMR hat mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn - wie hier - keine Fragen der (maßgeblichen) Beweiswürdigung auftreten oder die (maßgeblichen) Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (vgl. VwGH 11.12.2020, Ra 2018/06/0247 oder auch 29.4.2019, Ra 2017/05/0042, jeweils mwN). Im Übrigen haben die revisionswerbenden Parteien in ihren Beschwerden an das LVwG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt.
22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
23 Ob die Erstrevisionswerberin zur Erhebung einer Revision gegen das Erkenntnis vom 15. Februar 2019 (betreffend den mit Bescheid vom 22. Februar 2018 erlassenen, ihr jedoch nach dem Inhalt des Verfahrensaktes nicht zugestellten, baupolizeilichen Auftrag) überhaupt legitimiert war, kann bei diesem Ergebnis dahinstehen.
Wien, am 14. April 2021
Schlagworte
Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019060167.L00Im RIS seit
19.05.2021Zuletzt aktualisiert am
14.06.2021