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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant und den Hofrat Dr. Sulzbacher als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des I C, vertreten durch MMag. Salih Sunar, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurnerstraße 14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2020, L526 1304063-5/39E, betreffend Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen und Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte im Jahr 2005 einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesasylamts vom 13. Juli 2006 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen wurde (Spruchpunkt I.), wobei unter einem gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 ausgesprochen wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II.), und der Revisionswerber gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 in die Türkei ausgewiesen wurde (Spruchpunkt III.). Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 7. Juni 2011 wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des genannten Bescheides als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich Spruchpunkt III. wurde der Beschwerde gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 iVm § 10 Abs. 2 und 5 AsylG 2005 stattgegeben und festgestellt, dass die Ausweisung des Revisionswerbers in die Türkei - im Hinblick auf seine mittlerweile erlangte Integration - auf Dauer unzulässig sei.
2 In den Jahren 2010 bis 2018 wurde der Revisionswerber insgesamt sieben Mal strafgerichtlich verurteilt, zuletzt mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 28. August 2017 zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten wegen Körperverletzung, schwerer Körperverletzung und versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 23. November 2018 zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten wegen gefährlicher Drohung.
3 Mit - nach zwei Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht im dritten Rechtsgang erlassenem - Bescheid vom 19. Juli 2019 verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gegen den Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 4 FPG eine Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in die Türkei nach § 52 Abs. 9 FPG und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf drei Jahre befristetes Einreiseverbot. Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und dementsprechend gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.
4 Mit dem nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen angefochtenen Erkenntnis vom 9. November 2020 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf sechs Jahre erhöht wurde.
5 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG „nicht zur Behandlung eignen“, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
8 Unter diesem Gesichtspunkt macht der Revisionswerber in der - nach Ablehnung und Abtretung seiner Verfassungsgerichtshofsbeschwerde (VfGH 18.1.2021, E 4421/2020) ausgeführten - Revision geltend, dass das Bundesverwaltungsgericht mit der Erhöhung der Dauer des Einreiseverbots gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen habe. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber schon mehrfach ausgesprochen, dass es nicht unzulässig ist, im Beschwerdeverfahren ein Einreiseverbot zu verlängern (vgl. etwa VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232, Rn. 10, mwN). Mit den in der Revision in diesem Zusammenhang auch angesprochenen Stillhalteklauseln nach dem Assoziationsrecht zwischen der Europäischen Union und der Türkei hat die Frage eines Verschlechterungsverbots im Rechtsmittelverfahren nichts zu tun.
9 Soweit der Revisionswerber vorbringt, dass über seinen rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung des zuletzt innegehabten Aufenthaltstitels nicht entschieden worden sei und er sich weiterhin rechtmäßig in Österreich aufhalte, genügt es, ihn auf die in § 25 NAG festgelegte Vorgangsweise hinzuweisen, insbesondere auf Abs. 2 der genannten Bestimmung, wonach das „Verfahren über den Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels“ formlos einzustellen ist, sobald eine Aufenthaltsbeendigung (hier: nach § 52 Abs. 4 Z 4 FPG) in Rechtskraft erwächst.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. April 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021210070.L00Im RIS seit
19.05.2021Zuletzt aktualisiert am
01.06.2021