TE Vwgh Beschluss 2021/4/20 Ra 2021/21/0097

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.04.2021
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs9
FrPolG 2005 §55 Abs3
FrPolG 2005 §66
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
ZustG §17 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant und den Hofrat Dr. Sulzbacher als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des A D, vertreten durch die Gradischnig & Gradischnig Rechtsanwälte GmbH in 9500 Villach, Moritschstraße 7, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2021, G313 2229830-1/3E, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 28. Jänner 2020 gemäß § 66 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus Österreich ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob er mit Schriftsatz vom 2. März 2020 Beschwerde, wobei er als Zustelldatum des Bescheides den 5. Februar 2020 angab.

2        Das BFA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 4. März 2020 als verspätet zurück. Es stellte fest, dass der Bescheid vom 28. Jänner 2020 am 30. Jänner 2020 an der „Abgabeeinrichtung“ hinterlegt worden sei, wobei der Beginn der Abholfrist mit 31. Jänner 2020 vermerkt gewesen sei. Ausgehend davon sei der Bescheid mit Ablauf des 28. Februar 2020 in Rechtskraft erwachsen, und die erst danach eingebrachte Beschwerde erweise sich als verspätet.

3        Der Revisionswerber stellte einen Vorlageantrag und „in eventu“ einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er brachte vor, dass er sich am 30. Jänner 2020 nicht an seiner Wohnadresse in Kärnten, sondern arbeitsbedingt vorübergehend in Salzburg befunden habe. Erst nach seiner Rückkehr an seine Wohnadresse habe er den Verständigungszettel vorfinden, das hinterlegte Schriftstück abholen und es sodann am 17. Februar 2020 seinem Rechtsvertreter vorlegen können. Nach seiner Erinnerung sei er erst am 14. Februar 2020 in den Besitz des Schriftstücks gekommen. Daraus folge, dass von einer verspäteten Beschwerdeeinbringung keine Rede sein könne.

4        Mit dem angefochtenen Beschluss vom 8. März 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht in Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde als verspätet zurück. Es stellte fest, dass die Verständigung über die Hinterlegung nach einem vergeblichen Zustellversuch am 30. Jänner 2020 in die Abgabeeinrichtung an der Wohnadresse des Revisionswerbers eingelegt worden sei und die Abholfrist am 31. Jänner 2020 begonnen habe. Mit dem Beginn der Abholfrist habe der Bescheid gemäß § 17 Abs. 3 ZustG als dem Revisionswerber zugestellt gegolten. Die vierwöchige Beschwerdefrist habe daher am 31. Jänner 2020 zu laufen begonnen und mit Ablauf des 28. Februar 2020 geendet. Die am 3. März 2020 eingebrachte Beschwerde sei somit „auf jeden Fall“ verspätet gewesen.

5        Der Wiedereinsetzungsantrag werde zuständigkeitshalber dem BFA zur Entscheidung weitergeleitet.

6        Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7        Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist diese Bestimmung gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG sinngemäß anzuwenden. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG „nicht zur Behandlung eignen“, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9        Der Revisionswerber bringt vor, die „außerordentliche Beschwerde“ sei berechtigt, weil der angefochtene Beschluss „mit der Rechtsprechung und mit dem Gesetz in der Bestimmung des § 17 ZustG im Widerspruch“ stehe. Er habe vom 27. Jänner 2020 bis einschließlich 31. Jänner 2020 und dann wieder vom 3. Februar 2020 bis einschließlich 7. Februar 2020 sowie vom 10. Februar 2020 bis 14. Februar 2020 auf einer Baustelle in Salzburg gearbeitet. Für die Behörde sei klar gewesen, dass er am 30. und 31. Jänner 2020 von seiner Wohnadresse ortsabwesend gewesen sei. In der Beschwerde seines ehemaligen Rechtsvertreters sei zwar irrtümlich der 5. Februar 2020 als Zustelldatum angegeben worden, im Vorlageantrag sei aber vorgebracht worden, dass er erst am 14. Februar 2020 in den Besitz des Bescheides gelangt sei. Gemäß § 17 ZustG gelte ein hinterlegtes Dokument nicht als zugestellt, wenn sich ergebe, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen habe können, doch werde die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

10       Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, inwiefern das Bundesverwaltungsgericht von der zu § 17 ZustG ergangenen Rechtsprechung abgewichen ist. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob der Revisionswerber „am 30. und 31. Jänner 2020 von seiner Wohnadresse ortsabwesend“ war, sondern darauf, ob er durch seine Abwesenheit daran gehindert war, rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis zu erlangen (vgl. zu Fällen berufsbedingter regelmäßiger Abwesenheiten von der Abgabestelle VwGH 19.4.2001, 99/06/0049, und VwGH 26.6.2014, 2013/03/0055). Zu dieser entscheidenden Frage enthält die Revision - in der im Übrigen nicht zwischen den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert darzustellenden Gründen für die Zulässigkeit der Revision und den Revisionsgründen im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG unterschieden wird - keine Ausführungen oder Behauptungen.

11       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 20. April 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021210097.L00

Im RIS seit

19.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten