TE Vwgh Beschluss 2021/4/20 Ra 2020/07/0062

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Veröffentlicht am 20.04.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art144 Abs1
COVID-19-VwBG 2020 §1
COVID-19-VwBG 2020 §2 Abs1 Z1
COVID-19-VwBG 2020 §6 Abs2
VwGG §26 Abs4
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Dr. H B in A, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Zollamtstraße 7, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Oktober 2019, Zl. LVwG-551126/38/Wim, betreffend eine wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen; mitbeteiligte Partei: Gemeinde A, vertreten durch die Holter - Wildfellner Rechtsanwälte GmbH in 4710 Grieskirchen, Uferstraße 10), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 558,12 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juli 2016, mit dem der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Anpassung und Erweiterung der Regenwasserkanalisation einer namentlich bezeichneten Siedlung sowie die Umlegung einer Schmutzwasserkanalisation erteilt worden war, wegen fehlender Parteistellung des Revisionswerbers als unzulässig zurück.

2        Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 24. Februar 2020, E 4491/2019-5, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

3        Dieser Beschluss des Verfassungsgerichtshofes wurde dem Revisionswerber nachweislich im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) seines damaligen Rechtsvertreters am 10. März 2020 bereitgestellt.

4        Die nunmehr gegen den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobene Revision wurde am 5. Juni 2020 zur Post gegeben.

5        Darin wird zu deren Rechtzeitigkeit ausgeführt, gemäß § 1 Abs. 1 des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes (COVID-19-VwBG) sei die Revisionsfrist (vom 22. März 2020) bis zum 30. April 2020 unterbrochen und beginne mit 1. Mai 2020 neu zu laufen, weshalb der Revisionswerber binnen offener Frist die nachstehende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhebe.

6        Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof erstattete die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

7        § 26 VwGG lautet auszugsweise:

Revisionsfrist

§ 26. (1) Die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) beträgt sechs Wochen. Sie beginnt

1.   in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber nur mündlich verkündet wurde, jedoch mit dem Tag der Verkündung;

(...)

(4) Hat der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, so beginnt die Revisionsfrist mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes oder, wenn der Antrag auf Abtretung der Beschwerde erst nach dessen Zustellung gestellt wurde, mit der Zustellung des Beschlusses gemäß § 87 Abs. 3 VfGG.

(...)“

8        Das am 21. März 2020 kundgemachte COVID-19-VwBG, BGBl. I Nr. 16/2020, in der hier maßgebenden Fassung zum Zeitpunkt der Revisionseinbringung, BGBl. I Nr. 42/2020, lautet auszugsweise wie folgt:

Unterbrechung von Fristen

§ 1. (1) In anhängigen behördlichen Verfahren der Verwaltungsbehörden, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, und Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 - VVG, BGBl. Nr. 53/1991) anzuwenden sind, werden alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnen neu zu laufen. Bei der Berechnung einer Frist nach § 32 Abs. 1 AVG gilt der 1. Mai 2020 als Tag, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Bei der Berechnung einer Frist nach § 32 Abs. 2 AVG gilt der 1. Mai 2020 als Tag, an dem die Frist begonnen hat. Die vorstehenden Sätze gelten nicht für Fristen in Verfahren nach dem Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950.

(...)

Sonderregelungen für bestimmte Fristen

§ 2. (1) Die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 wird nicht eingerechnet:

1.   in die Zeit, in der ein verfahrenseinleitender Antrag (§ 13 Abs. 8 AVG) zu stellen ist,

(...)

Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes

§ 6 (...)

(2) Auf das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes sind die §§ 1 bis 3 und 5 sinngemäß anzuwenden.

(...)

Inkrafttreten und Außerkrafttreten

§ 9. (1) Dieses Bundesgesetz mit Ausnahme des § 6 Abs. 1 tritt mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.

(...)

(3) Der Titel, § 1 Abs. 1 zweiter bis letzter Satz und Abs. 1a und § 2 samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2020 treten mit 22. März 2020 in Kraft.

(...)“

9        Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 17. März 2021, Ra 2020/11/0098, ausgesprochen, dass die Erhebung der Revision an den Verwaltungsgerichtshof (in einem Fall wie dem vorliegenden) nicht in einem bei diesem bereits anhängigen Verfahren erfolgt sei (die Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 B-VG habe noch nicht zu einem beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren geführt, vielmehr sei die Revision erst nach der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof - mit der die Revisionsfrist gemäß § 26 Abs. 4 VwGG zu laufen begonnen habe - „neu und erstmals“ eingebracht worden), sodass die Fristunterbrechung des § 1 COVID-19-VwBG schon aus diesem Grund nicht zur Anwendung gelangt sei. Vielmehr sei die Revisionsfrist als Frist für einen „verfahrenseinleitenden“ Antrag im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 2 COVID-19-VwBG anzusehen und nach dieser Bestimmung daher für die dort genannte Dauer nur gehemmt worden.

10       Für den vorliegenden Revisionsfall folgt daraus, dass die Revisionsfrist am Mittwoch, den 11. März 2020 (gemäß § 14a Abs. 3 VfGG iVm § 89d Abs. 2 GOG gilt für den Revisionswerber dieser Tag als Zustellungszeitpunkt des an ihn elektronisch übermittelten Ablehnungs- und Abtretungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 2020), somit noch vor Inkrafttreten des COVID-19-VwBG am 22. März 2020, zu laufen begann und für die Zeit vom 22. März 2020 bis 30. April 2020 gehemmt war.

11       Ausgehend vom Beginn der Revisionsfrist hätte die sechswöchige Frist des § 26 Abs. 1 VwGG mit Ablauf des Mittwochs, den 22. April 2020, geendet (§ 32 Abs. 2 AVG). Unter Hinzurechnung der 40-tägigen Fristhemmung vom 22. März 2020 bis 30. April 2020 hat die Revisionsfrist im vorliegenden Fall aber erst mit Ablauf des 2. Juni 2020 (unter Berücksichtigung der Ablaufhemmung nach § 33 Abs. 2 AVG aufgrund des vorangehenden Pfingstmontags) geendet.

12       Die am 5. Juni 2020 zur Post gegebene Revision erweist sich daher als verspätet und war somit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

13       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Hinsichtlich des Ausmaßes des zuerkannten Aufwandersatzes ist auf das Antragsprinzip gemäß § 59 VwGG, wonach ziffernmäßig verzeichnete Kosten nur in der beantragten Höhe zuzusprechen sind, zu verweisen (vgl. dazu VwGH 22.1.2021, Ra 2019/03/0081, mwN).

Wien, am 20. April 2021

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020070062.L00

Im RIS seit

17.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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