TE Vwgh Beschluss 2021/4/26 Ra 2021/14/0004

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.04.2021
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des X Y, vertreten durch Mag. Otto Stadler, Rechtsanwalt in Mistelbach, als bestellten Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Dr. Claudia Stoitzner, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 45/5/36, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2020, L512 2160307-1/18E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 9. April 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass seine Freunde, die Christen gewesen seien, vom Geheimdienst entdeckt und verfolgt worden wären. Da er auch zum Christentum habe konvertieren wollen, sei er geflohen. Mittlerweile sei er in Österreich aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten und getauftes Mitglied einer evangelikalen Freikirche.

2        Mit Bescheid vom 15. Mai 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass eine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Begründend kam es mit näheren Erwägungen unter anderem zum Ergebnis, dass die Darstellung des Revisionswerbers zur persönlichen Bedrohungssituation unglaubwürdig sei und der Revisionswerber über keine innere Überzeugung und keinen persönlichen tiefgründigen Zugang zum Christentum verfüge. Es bestehe daher nicht die aktuelle Gefahr einer Verfolgung des Revisionswerbers aus einem in der GFK genannten Gründe. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz lägen nicht vor.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision macht in ihrer Zulässigkeitsbegründung zunächst geltend, dass trotz eines entsprechenden Antrags ein Pastor nicht vernommen worden sei. Sie bringt dazu vor, dass dieser weitere umfangreiche Details und Wahrnehmungen über den Revisionswerber und seinen tiefen Glauben darlegen hätte können. Auch wären Schilderungen über die ehrenamtlichen und unentgeltlichen Tätigkeiten des Revisionswerbers möglich gewesen. Schließlich hätten ihm weitere ergänzende Fragen gestellt werden können.

9        Wenn eine Revision Verfahrensmängel - wie hier die unterbliebene Vernehmung des Pastors - als Zulässigkeitsgrund moniert, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Im Fall einer unterbliebenen Vernehmung ist - um die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers darzulegen - in der Revision konkret darzulegen, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung hätte aussagen können und welche anderen oder zusätzlichen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH 2.3.2020, Ra 2020/14/0062, mwN). Dem kommt der Revisionswerber mit seinen insoweit pauschal gehaltenen Ausführungen, aus denen sich etwa nicht ergibt, welche „umfangreichen Details und Wahrnehmungen“ der Pastor im Falle seiner Vernehmung hätte darlegen können, nicht nach.

10       Weiters richtet sich die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die Beweiswürdigung und bringt vor, das Bundesverwaltungsgericht habe außer Acht gelassen, dass sich der Revisionswerber seit seiner Ankunft in Österreich gemeinnützig sowie auch ehrenamtlich in der Kirche einsetze und gerade dies den christlichen Werten entspreche.

11       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zu Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 5.2.2021, Ra 2021/14/0012, mwN). Es gelingt der Revision nicht, eine derartige Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung darzulegen.

12       Im Hinblick auf die Nichtgewährung von subsidiärem Schutz bringt der Revisionswerber vor, es bestehe die Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung, weil er als Rückkehrer in den Iran, der über keine Beweismittel für seine legale Ausreise verfüge, dort speziellen Risiken ausgesetzt sei. Diese Befürchtung findet jedoch in den aktuellen Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses über die Behandlung von Rückkehrern in den Iran keine Deckung. Entfernt sich das Vorbringen der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 27.5.2020, Ra 2019/14/0394, mwN).

13       Soweit die Revision schließlich pauschal das Fehlen von Feststellungen zur Sicherheitslage im Hinblick auf den Glauben des Revisionswerbers rügt, legt sie schon mangels Darstellung der vermissten Feststellungen wiederum die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar.

14       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. April 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021140004.L00

Im RIS seit

20.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten