TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/22 94/04/0014

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Veröffentlicht am 22.04.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 30. November 1993, Zl. Senat-MD-92-173, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i.A. Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 4. Februar 1992, Zl. 3-45666-91, wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretungen nach § 367 Z. 26 GewO 1973 in 11 Fällen, gemäß § 367 Einleitungssatz leg. cit. jeweils eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 24 Stunden) verhängt.

Die Strafverfügung wurde nach zwei erfolglosen

Zustellungsversuchen vom 18. Februar 1992 und vom 19. Februar 1992 am 20. Februar 1992 hinterlegt.

Mit Schriftsatz vom 7. Mai 1992 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Mödling bezüglich des gegenständlichen Verfahrens Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig Einspruch. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde im wesentlichen damit begründet, der Beschwerdeführer habe niemals die gegenständliche Strafverfügung erhalten. Auch aus dem Behördenakt, in welchem der Vertreter des Beschwerdeführers Einsicht genommen habe, sei eine Zustellung an den Einschreiter nicht ersichtlich. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer in der Zeit vom 17. bis 22. Februar 1992 nicht in Österreich gewesen. Es liege daher eine ungültige Zustellung der Strafverfügung vor, wodurch der Beschwerdeführer an der Einbringung eines Einspruches gehindert gewesen sei. Erst aufgrund der Mahnung vom 15. April 1992, die am 29. April 1992 dem Beschwerdeführer zugestellt worden sei, habe der Beschwerdeführer vom "Strafantrag" überhaupt Kenntnis erlangt. An der Versäumnis der Frist für den Einspruch treffe ihn daher kein Verschulden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 11. August 1992 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen und gleichzeitig der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 4. Februar 1992 als verspätet zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und die Ablehnung der Wiedereinsetzung sowie die Zurückweisung des Einspruches gegen die Strafverfügung bestätigt. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensgeschehens und der anzuwendenden Rechtslage - zusammengefaßt - aus, mangels Entgegenstehens aktenmäßiger Feststellungen sei von der Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages auszugehen. Das bedeute, der Beschwerdeführer habe erstmals durch den Zahlungsaufforderungsauftrag vom 15. April 1992, zugestellt am 29. Mai 1992, von der Strafverfügung Kenntnis erlangt. Was die rechtswirksame Zustellung der gegenständlichen Strafverfügung betreffe, sei zu bemerken, daß selbst die vom Beschwerdeführer behauptete Ortsabwesenheit vom 17. bis 22. Februar 1992 nichts an einer rechtswirksamen Zustellung ändern würde. Denn selbst eine mindestens viertägige Abwesenheit von der Abgabestelle nehme dieser gemäß § 4 Zustellgesetz noch nicht diese Eigenschaft. Das diesbezüglich vom Beschwerdeführer durch Kalendereintragungen belegte Vorbringen sei kein entsprechendes Bescheinigungsmittel für das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung. Die bloße Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angabe und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel könne das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dartun. Die belangte Behörde folge dem Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich seines Auslandsaufenthaltes, weshalb die Zustellung der gegenständlichen Strafverfügung in diesem Zeitpunkt zunächst wegen des Auslandsaufenthaltes als nicht bewirkt gesehen werden müsse. Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz werde jedoch diese Zustellung mit dem an die Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden hätte können, wirksam, somit am 24. Februar 1992. Die zeugenschaftliche Einvernahme des vom Zustellpostamt namhaft gemachten Zustellorganes habe ergeben, daß diesen bei Zustellungen von RSa-Briefen keine Fehler bewußt seien, noch daß er diesbezüglich jemals beanstandet worden sei. Beim Haus des Beschwerdeführers sei bei der Garteneingangstür ein Briefeinwurf vorhanden, der so ausgeführt sei, daß eine einmal eingeworfene Sendung über diesen Briefeinwurf nicht mehr herausgeholt werden könne. Wenn der Zusteller auf einem Rückschein ankreuzen würde, daß eine Ankündigung eines zweiten Zustellversuches durch Einlegung in den Briefkasten erfolgt sei, dann würde er diesbezügliche Mittelungen auch tatsächlich einlegen. Aufgrund dieser Zeugenaussage gehe die Behörde von der Richtigkeit des am Zustellnachweis beurkundeten Zustellvorganges aus. Bei dem Postrückschein im Sinne des § 22 Zustellgesetz handle es sich um eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG in Verbindung mit § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich habe. Diese Vermutung sei zwar widerlegbar, wobei die gegenteilige Behauptung entsprechend zu begründen sei und Beweise dafür anzuführen seien. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe aber niemals eine Hinterlegungsanzeige vorgefunden, sei nicht ausreichend, die Angabe des Postzustellers, es sei eine solche Anzeige im Hausbrieffach des Empfängers eingelangt, zu entkräftigen. Die Zeugenaussage des Mag. P. habe nur ergeben, daß der Beschwerdeführer erst mit Mahnschreiben vom 15. April 1992, zugestellt am 29. April 1992 von der gegenständlichen Strafverfügung erfahren habe. Die Einvernahme des zweiten vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen sei nach Ansicht der Behörde entbehrlich gewesen, da nicht einmal behauptet worden sei, daß dieser Gegenteiliges wisse. Abschließend sei zu bemerken, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, daß keine rechtswirksame Zustellung erfolgt sei, bewirken würde, daß eine rechtswirksame Zustellung überhaupt nicht zustande gekommen sei und daher die Rechtsmittelfrist überhaupt nicht begonnen habe. Ein Vorbringen, daß bei ordnungsgemäß eingebrachter Benachrichtigung von der Hinterlegung dieser durch dritte Personen entfernt worden sei, habe der Beschwerdeführer nicht erstattet. Ein Zustellmangel stelle kein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht als Beschwerdepunkt geltend:

"Da mich der genannte Bescheid der belangten Behörde in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Zulassung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG verletzt, erhebe ich ..."

Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bzw. dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, die Behörde gehe nur aufgrund der Aussage des Postzustellers von der Richtigkeit des Zustellvorganges aus, obwohl er immer wieder behauptet habe, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben und auch vom Briefträger dahingehend nicht informiert worden zu sein. Es sei ihm aber "naturgemäß nicht möglich, derartige Beweise zu erbringen". Das Nichtvorfinden der Hinterlegungsanzeige stelle für ihn ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar. Darüber hinaus habe es die belangte Behörde unterlassen, den Zeugen Mag. R. oder ihn selbst zu befragen, ob diesen Gründe bezüglich des Nichtvorfindens der Hinterlegungsanzeige bekannt seien.

Dieses Vorbringen vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 71 Abs. 1 lit. a AVG ist u.a. gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Im vorliegenden Fall behauptet der Beschwerdeführer, daß die Zustellung der eingangs erwähnten Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Mödling rechtswidrig erfolgt sei. Bei Vorliegen von Zustellmängel kommt aber eine Wiedereinsetzung nicht in Frage (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1987, Zl. 86/10/0095). Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, ist die Zulässigkeit der Wiedereinsetzung in das Verfahren nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptung des Wiedereinsetzungswerbers gedeckt ist. Der behauptete Wiedereinsetzungsgrund muß daher bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand glaubhaft gemacht bzw. müssen bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beigebracht werden. Fehlt es aber schon nach diesen Behauptungen überhaupt an einer Fristversäumnis, so wurde der Wiedereinsetzungsantrag von den Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens im Ergebnis zutreffend negativ beschieden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 1980, Zl. 53/80). Hat der Beschwerdeführer doch sein Wiedereinsetzungsbegehren mit einem rechtswidrigen Zustellvorgang begründet, der selbst bei Zutreffen nur bedeuten würde, daß durch einen rechtswidrigen Zustellvorgang die Zustellung nicht rechtswirksam ist, sohin mangels des Beginnes des Laufes der Rechtsmittelfrist auch keine Frist versäumt werden konnte.

Damit fehlt es aber auch den (im Zusammenhalt mit einem behaupteten Zustellmangel) geltend gemachten Verfahrensrügen an der rechtlichen Relevanz.

Im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes - durch den der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt wird, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, VwSlg. N.F. Nr. 11.525/A) - erweist sich somit die Beschwerde als unbegründet.

Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994040014.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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