TE Vwgh Beschluss 2021/4/27 Ra 2020/12/0025

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Veröffentlicht am 27.04.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision der M E in K, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. August 2019, W122 2214536-1/3E, betreffend Ruhestandsversetzung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerberin war zunächst Vertragsbedienstete des Bundes. Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 25. Juli 2008 wurde sie gemäß § 2 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) iVm § 136b Abs. 2 bis 4 BDG1979 auf eine Planstelle des Allgemeinen Verwaltungsdienstes in der Grundlaufbahn der Verwendungsgruppe A2 (Gehobener Dienst) ernannt (sogenannte „Antragsbeamtin“). Sie ist als Rechtspflegerin in der Personaleinsatzgruppe des Oberlandesgerichtes I tätig.

2        In ihrer Eingabe vom 1. Oktober 2018 führte die Revisionswerberin aus, da sie der Meinung sei, dass das Pensionsantrittsalter für sie bei 60 Jahren liege (Frauenpensionsantrittsalter nach ASVG) und die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften des APG/ASVG auf sie anzuwenden seien (wie bereits in der Ernennungsurkunde vom 25. Juli 2008 unter Punkt 2. angeführt), ersuche sie um Versetzung in den Ruhestand bzw. Pensionierung mit Ablauf des Monats, in dem sie ihr 60. Lebensjahr vollende.

3        Sie sei der Meinung, dass sie mit 60 Jahren ex lege in den Ruhestand übertrete, und erkläre daher auch ihre Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 31. August 2019. Weiters beantrage sie die Feststellung der bewirkten Ruhestandsversetzung zu diesem Zeitpunkt. Gleichzeitig beantrage sie die Zuerkennung ihrer Abfertigung.

4        Mit Bescheid der Dienstrechtsbehörde (Präsident des Oberlandesgerichts I) vom 18. Dezember 2018 wurde der Antrag der Revisionswerberin vom 1. Oktober 2018 auf Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monats, in dem sie ihr 60. Lebensjahr vollende, abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, über den Abfertigungsanspruch nach § 84 Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG) sei erst nach einer Versetzung in den Ruhestand bzw. nach einem Austritt zu entscheiden.

5        Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde.

6        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht über Fristsetzungsantrag der Revisionswerberin diese Beschwerde ab und sprach aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

7        Es führte aus, nach § 13 BDG 1979 trete der Beamte mit Ablauf des Monats, in dem er sein 65. Lebensjahr vollende, in den Ruhestand (gesetzliches Pensionsalter). Gemäß § 15b BDG 1979 könne der Beamte durch schriftliche Erklärung, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, seine Versetzung in den Ruhestand bewirken, wenn er eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 504 Monaten aufweise, davon mindestens 120 Schwerarbeitsmonate innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand. Gemäß § 15c BDG 1979 könne der Beamte durch schriftliche Erklärung, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, seine Versetzung in den Ruhestand frühestens mit Ablauf des Monats bewirken, in dem er sein 62. Lebensjahr vollendet habe, wenn er zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 480 Monaten aufweise.

8        Gemäß § 136b Abs. 4 BDG 1979 seien unter anderem für ehemals vertragsbedienstete Rechtspfleger, die auf ihren Antrag in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis aufgenommen worden seien, anstelle der für die Bundesbeamten geltenden besoldungs- und pensionsrechtlichen Vorschriften die für vergleichbare Vertragsbedienstete des Bundes maßgebenden besoldungs- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften anzuwenden.

9        Während die Revisionswerberin meine, § 136b Abs. 4 BDG 1979 würde den Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 zum Pensionsantritt für sie als Antragsbeamtin derogieren, erachte die belangte Behörde die Versetzung in den Ruhestand nicht als eine besoldungs-, pensions- oder sozialversicherungsrechtliche Vorschrift.

10       Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 2014, 2013/12/0194, nach der ein Abfertigungsanspruch nach § 84 VBG auf Antragsbeamte zu übertragen sei, könne auf den gegenständlichen Fall des Pensionsantritts nicht ausgeweitet werden, da es sich bei den Bestimmungen über die Ruhestandsversetzung im Gegensatz zur Bestimmung über die Abfertigung weder um besoldungsrechtliche noch um pensionsrechtliche Bestimmungen handle. Die Zurechnung dieser Bestimmungen zum Dienstrecht spiegle sich auch in der Zuständigkeit der Dienstbehörde (nicht der Pensionsbehörde) zur Ruhestandsversetzung. Dass es sich bei der Ruhestandsversetzung nicht um eine besoldungsrechtliche Maßnahme handle, liege auf der Hand.

11       Eine extensive Interpretation der Begriffe „besoldungs- und pensionsrechtlichen Vorschriften“ insoweit, dass auch die Ruhestandsversetzung darunter zu verstehen wäre, sei daher zu verneinen.

12       Hinsichtlich der begehrten Zuerkennung einer Abfertigung sei zu bemerken, dass die belangte Behörde diesem Antrag begründet nicht gefolgt sei. Die Entsprechung oder Nichtentsprechung eines derartigen auf bloße Auszahlung gerichteten Antrages sei nicht geeignet, Spruch eines Bescheides zu werden. Einen Antrag auf Feststellung der Gebührlichkeit einer Abfertigung habe die Revisionswerberin nicht gestellt. Ein separater Spruchpunkt darüber habe daher zu Recht entfallen können.

13       Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 28. November 2019, E 3626/2019-5, ablehnte und mit Beschluss vom 18. Februar 2020 dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Im Folgenden erhob die Revisionswerberin die vorliegende Revision.

14       Zur Zulässigkeit der Revision wird ausgeführt, keine der bisher entscheidenden Instanzen habe Erhellendes dazu gesagt, wie das Verhältnis zum Pensionsrecht anzunehmen sein sollte. § 136b Abs. 4 BDG 1979 sehe vor, dass auf die Antragsbeamten auch die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften anzuwenden seien, wie sie für Vertragsbedienstete gälten. Daraus folge zwingend, dass für Frauen ein Pensionsanspruch ab Vollendung des 60. Lebensjahres gegeben sei. Es stelle sich daher die Frage, ob tatsächlich die Kombination als vom Gesetzgeber gewollt zu Grunde zu legen sei, dass eine davon betroffene Frau zwischen Vollendung des 60. und des 65. Lebensjahres zwar bereits Anspruch auf eine ASVG-Pension habe, aber dennoch weiterhin als Beamtin im Aktivstand bleiben und Dienst verrichten müsse. Dazu gebe es keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes und es bedürfe einer solchen zur Beantwortung dieser Frage. Dass es hiebei um etwas Grundsätzliches und viele Dienstnehmer Betreffendes gehe, liege auf der Hand.

15       Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

16       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

17       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

18       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision abgesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

19       Mit dem oben wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen wird nicht aufgezeigt, dass die Behandlung der Revision von der Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt.

20       Die Zulässigkeitsausführungen enthalten nämlich keinerlei konkretes Vorbringen, aus welchen im vorliegenden dienstrechtlichen Ruhestandsversetzungsverfahren anwendbaren Vorschriften sich ergäbe, dass für die Revisionswerberin eine Versetzung in den Ruhestand auf ihren Antrag mit Ablauf des 60. Lebensjahres - also vor Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters gemäß § 13 BDG 1979 - möglich sein sollte.

21       Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob der Revisionswerberin bereits ein Anspruch auf eine Pension unter Anwendung der Bestimmungen des ASVG zukommt, im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden ist. Darüber hat die Pensionsbehörde über den nach dem Vorbringen in der Revisionsbegründung bereits gestellten Pensionsantrag der Revisionswerberin zu befinden. Mit dem Aufwerfen einer Rechtsfrage, die gegenüber der Revisionswerberin in einem anderen Verfahren von einer anderen Behörde zu entscheiden ist bzw. zu entscheiden sein wird (Bestehen eines Anspruchs auf eine ASVG-Pension ab der Vollendung des 60. Lebensjahres), wird die Zulässigkeit der Revision im vorliegenden (Ruhestandsversetzungs)Verfahren jedenfalls nicht aufgezeigt.

22       Im Übrigen wird mit dem Hinweis auf eine Vielzahl Betroffener keine auf den konkreten Fall bezogene Rechtsfrage dargestellt, bewirkt doch der Umstand, dass die zu lösende Rechtsfrage in einer Vielzahl von Fällen auftreten könne, für sich allein nicht ihre Erheblichkeit im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. etwa VwGH 22.10.2020, Ra 2020/12/0061, mwN).

23       Da somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 27. April 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020120025.L00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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