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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision der S K, BA, in W, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Februar 2020, W259 2220523-1/4E, betreffend Befolgungspflicht und Rechtmäßigkeit einer Weisung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie wurde im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf einem Arbeitsplatz im Referat IV/3a verwendet.
2 Mit Antrag vom 13. Februar 2018 begehrte sie die Feststellung, ob die Befolgung der Weisung vom 12. und 17. Jänner 2018, wonach sie mit sofortiger Wirkung von sämtlichen Aufgaben, Arbeiten, Agenden und Aktivitäten, die vom Referat IV/3a betreut würden, entbunden sei, zu ihren Dienstpflichten gezählt habe bzw. zähle, und ob die Weisung rechtmäßig sei.
3 Über Säumnisbeschwerde der Revisionswerberin sprach der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit Bescheid vom 29. März 2019 aus, dass die durch den Leiter der (vormaligen) Abteilung IV/3 erfolgte Erteilung der Weisung vom 12. Jänner 2018 (wiederholt am 17. Jänner 2018) rechtmäßig gewesen sei und die Befolgung dieser Weisung zu den Dienstpflichten der Revisionswerberin gezählt habe und sie daher verpflichtet gewesen sei, diese Weisung zu befolgen.
4 Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, im Revisionsfall lasse sich die Frage der Rechtmäßigkeit der erteilten Weisung alternativ nur durch das Risiko eines Disziplinarverfahrens im Falle der Nichtbefolgung der Weisung klären. Ein solcher alternativer Rechtsweg sei der Revisionswerberin nicht zumutbar. Darüber hinaus sei ein rechtliches Interesse einer Beamtin an der Klärung der Frage der Zulässigkeit der weisungsförmigen Entbindung von den Dienstpflichten im Sinne eines Verzichts auf faktische Dienstleistung einer Beamtin nicht zu verneinen.
5 Die Dienstbehörde gelangte mit näherer Begründung zu dem Ergebnis, die im Wege des Referatsleiters schriftlich erteilte Weisung des Abteilungsleiters vom 12. Jänner 2018 sei von Letzterem schriftlich am 17. Jänner 2018 wiederholt worden. Die Weisung sei vom zuständigen Organ erteilt worden und verstoße nicht gegen strafrechtliche Vorschriften. Sie sei auch nicht mit Willkür belastet. Die Revisionswerberin sei dadurch lediglich von der Verpflichtung der Erbringung ihrer Dienstleistung (vorübergehend) entbunden worden. Es sei damit nicht die Abberufung von ihrem zuletzt wirksam zugewiesenen Arbeitsplatz als Referentin der Verwendungsgruppe A 2, Funktionsgruppe 5, im Sinne des § 40 Abs. 2 Z 3 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) verbunden gewesen. Die Revisionswerberin sei weiterhin sowohl für Fragen des Dienst- als auch für Fragen des Besoldungsrechts als Inhaberin ihres Arbeitsplatzes angesehen worden und sei im Genuss der mit der Innehabung dieses Arbeitsplatzes verbundenen im Dienst- und Besoldungsrecht verankerten subjektiven Rechte geblieben. Insbesondere der mit der Innehabung des Arbeitsplatzes verbundene Anspruch auf Bezüge und Nebengebühren wie auch die gemäß §§ 36, 38 und 40 BDG 1979 mit der Innehabung des Arbeitsplatzes verbundenen Abwehrrechte gegen die Betrauung mit arbeitsfremden Aufgaben seien in Ermangelung einer wirksamen verwendungsändernden Personalmaßnahme genauso wie das Recht auf Einhaltung der Regelungen der §§ 38 und 40 BDG 1979 bei der Verfügung einer Personalmaßnahme, die eine Änderung der Arbeitsplatzaufgaben bewirken würde, unberührt geblieben. Somit gehe das Vorbringen der Revisionswerberin, die in Rede stehenden Maßnahmen seien in Weisungsform unzulässig, ins Leere. Außerdem dürfe zulässigerweise auf die Dienstleistung eines Beamten ohne Angabe von Gründen verzichtet werden.
6 Der Grund für die Weisung seien unüberbrückbare Differenzen und Spannungen zwischen der Revisionswerberin und ihrem Referats- sowie Abteilungsleiter gewesen. Auch das Vorbringen der Revisionswerberin unterstreiche das Bestehen eines zwischen ihr und den genannten Vorgesetzten zerrütteten Arbeitsklimas bzw. dienstlichen Umgangs. Letztlich spreche auch der Umstand, dass der Revisionswerberin bereits zum 16. April 2018 eine (neue dauernde) Verwendung im Sinne des § 36 BDG 1979 im Rahmen einer anderen Abteilung zugewiesen worden und damit der (vorübergehende) Verzicht auf ihre Dienstleistung beendet worden sei, gegen die Annahme eines einseitigen, schikanösen und damit willkürlichen Vorgehens.
7 Die Weisung sei daher rechtmäßig und zu befolgen gewesen.
8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag der Revisionswerberin vom 13. Februar 2018 mangels Feststellungsinteresses als unzulässig zurückgewiesen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht sprach weiters aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
9 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, ein Recht auf bescheidmäßige Feststellung der Befolgungspflicht und Rechtmäßigkeit einer Weisung bestehe bloß dann, wenn durch eine Weisung (Dienstauftrag) die Rechtssphäre des Beamten berührt werde. Ein Antrag einer Partei könne nur auf ein rechtliches Interesse dieser Partei an einer derartigen Feststellung gegründet werden. Ein rechtliches Interesse müsse im Zeitpunkt der Erlassung des über den Feststellungsantrag absprechenden Bescheides (noch) bestehen. Eine an ein - im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides - abgeschlossenes Geschehen anknüpfende Feststellung über ein Recht oder Rechtsverhältnis müsse der Abwendung einer zukünftigen Rechtsgefährdung des Antragstellers dienen.
10 Ein Feststellungsinteresse im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme der Revisionswerberin jedoch nicht (mehr) zu: Unzweifelhaft sei die Revisionswerberin zum Zeitpunkt der Weisungserteilung vom 12. und 17. Jänner 2018 nach der damals in Geltung stehenden Geschäfts- und Personaleinteilung im Referat a der Abteilung 3 in der Sektion IV des Bundesministeriums verwendet worden. Mit Wirksamkeit vom 16. April 2018 sei die Revisionswerberin jedoch mit ihrem Einverständnis mittels Verwendungsänderung auf einen anderen Arbeitsplatz in derselben Sektion in der Abteilung IV/9 (nunmehr unbenannt in Abteilung IV/10) zur dauernden Dienstleistung zugewiesen worden.
11 Auf Grund der Verwendungsänderung und des damit verbundenen Wegfalls der Möglichkeit einer Verpflichtung der Revisionswerberin sowohl durch ihren ehemaligen Abteilungsleiter als auch ihren ehemaligen Referatsleiter zu einer weisungsgemäßen Dienstleistung könne die Weisung vom 12. und 17. Jänner 2018 nicht mehr in subjektive Rechte der Revisionswerberin eingreifen, und es sei jedes dienstliche Interesse der Revisionswerberin an der Klarstellung des Bestehens einer Befolgungspflicht bzw. der Rechtmäßigkeit der genannten Weisung zu diesem Zeitpunkt erloschen. Somit sei im Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 29. März 2019 kein rechtliches Feststellungsinteresse mehr vorgelegen.
12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Feststellung, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten gehöre, auch im Falle eines bereits zeitlich abgeschlossenen Geschehens dann zulässig, wenn dies einer Klarstellung für die Zukunft diene, was etwa dann der Fall sei, wenn die bescheidmäßige Feststellung der Abwehr künftiger Rechtsgefährdungen gleicher Art diene.
13 Die Notwendigkeit einer Abwehr künftiger Rechtsgefährdungen gleicher Art seien seitens der Revisionswerberin weder in der Beschwerdeschrift noch in der Säumnisbeschwerde substantiiert ausgeführt worden. Dem Vorbringen im Rahmen der Säumnisbeschwerde, dass auf Grund der weiteren Verwendung der Revisionswerberin in derselben Sektion die Möglichkeit bestehe, dass unter ähnlichen tatsächlichen Umständen auch in Zukunft auf die gleiche rechtswidrige und schikanöse Weise gegen sie vorgegangen werde, insbesondere weil der Sektionsleiter trotz Befassung mit dem Thema nicht eingeschritten sei, sei entgegenzuhalten, dass die Vorgesetztenfunktion des (ehemaligen) Abteilungsleiters und des (ehemaligen) Referatsleiters gegenüber der Revisionswerberin mit der Verwendungsänderung vom 16. April 2018 zur Gänze weggefallen sei, sodass jedenfalls eine Weisungsbefugnis dieser Vorgesetzten gegenüber der Revisionswerberin nicht mehr bestehe. Trotz der weiteren Verwendung der Revisionswerberin in derselben Sektion des Bundesministeriums bestehe daher auch in Zukunft auf Grund der organisatorischen Trennung und der - mit Einverständnis der Revisionswerberin verfügten - nicht weiter erfolgenden Verwendung in der Abteilung IV/3 keine Gefahr eines gleichartigen Vorgehens der ehemaligen Vorgesetzten gegen die Revisionswerberin. Somit vermöge auch der Umstand, dass die neue Verwendung der Revisionswerberin in derselben Sektion wie ihre alte Verwendung liege und somit eine Identität des Sektionsleiters bestehe, eine zukünftige Rechtsgefährdung der Revisionswerberin und ein damit einhergehendes konkretes rechtliches Interesse der Revisionswerberin an den beantragten Feststellungen nicht zu begründen. Darüber hinaus hätten sich auch aus dem weiteren Vorbringen der Revisionswerberin keine Anhaltspunkte für ein konkretes zukünftiges rechtsgefährdendes Verhalten der Sektionsleitung ergeben. Zudem sei festzuhalten, dass der Sektionsleiter die verfahrensgegenständliche Weisung nicht ausgesprochen habe. Soweit die Revisionswerberin darauf verweise, dass die gegenständliche Antragstellung mit dem Ziel erfolgt sei, dass sich Gleichartiges zukünftig nach bescheidmäßiger Klarstellung nicht wiederholen werde, weil ansonsten der Tatbestand des Amtsmissbrauchs erfüllt werden würde, sei festzuhalten, dass die Prüfung, ob der Tatbestand des Amtsmissbrauches verwirklicht worden sei, grundsätzlich in die Zuständigkeit der Strafgerichte falle und daher nicht im Rahmen eines Feststellungsbescheides zu klären sei.
14 Ein Feststellungsinteresse der Revisionswerberin sei daher im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 29. März 2019 nicht mehr gegeben gewesen. Die belangte Behörde hätte daher den Antrag der Revisionswerberin vom 13. Februar 2018 zurückweisen müssen.
15 Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den vorliegenden Akten zweifelsfrei ergebe und der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen sei (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG), könne von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Darüber hinaus hätten beide Parteien keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
16 Gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende Revision. Die Dienstbehörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, worauf die Revisionswerberin replizierte.
17 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird ausgeführt, die entscheidungswesentliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG laute, ob das rechtliche Interesse eines Beamten an einem Feststellungsbescheid über die Rechtmäßigkeit einer Weisung und die in Bezug auf sie gegebene Befolgungspflicht nicht gegeben sei, wenn diese Weisung von einem Vorgesetzten (Abteilungsleiter) erteilt worden sei, welchem der Beamte zufolge einer Verwendungsänderung (eines Arbeitsplatzwechsels) nicht mehr unterstehe - wobei sich aber andererseits an der Zugehörigkeit des Beamten zur selben übergeordneten Organisationseinheit (Ministerialsektion) nichts geändert habe. Eine derartige Ansicht werde durch keinerlei Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gestützt. Es gebe sie speziell zu dieser Konstellation noch nicht, wobei aber eine solche Konstellation immer wieder vorkommen könne, sodass schon allein deshalb die Zulässigkeit der Revision zur Wahrung der Rechtssicherheit und Rechtseinheit bejaht werden müsse. Darüber hinaus verstoße die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts eindeutig gegen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 20.3.2008, 2005/12/0011, und vom 20.11.2018, Ro 2018/12/0016), da es denkgesetzwidrig sei, dass ein Arbeitsplatzwechsel der hier gegebenen Art eine zukünftige gleichartige Weisungserteilung ausschließe, obwohl die Dienstbehörde bescheidmäßig dahin abgesprochen habe, dass die Erteilung einer solchen Weisung rechtmäßig sei und Befolgungspflicht auslöse. Es sei dementsprechend rechtswidrig, hier generell oder abstrakt die „Wiederholungsgefahr“ und damit das rechtliche Interesse zu verneinen. Dies gelte insbesondere auf Grund des die Reputation der Revisionswerberin beschädigenden Weisungsinhaltes unter Aufstellung herabsetzender Behauptungen und der Belastung der Weisung mit Willkür. Es gebe keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ob bzw. dass eine solche Weisung ohne Bescheiderlassung in Ansehung der §§ 38 und 40 BDG 1979 zulässig sei. Weiters sei das Bundesverwaltungsgericht nicht auf das in der Beschwerde erstattete Vorbringen der Revisionswerberin eingegangen, dass die Weisung durch Remonstration außer Kraft gesetzt worden sei. Was schließlich das Vorbringen der Revisionswerberin über das Fehlen jeglicher sachlichen Grundlage für die Weisung und damit deren Willkürcharakter (Schikanecharakter) betreffe, stehe im Vordergrund, dass der Sachverhalt nicht geklärt und keine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei.
18 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
19 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
20 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu prüfen.
21 Die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bejaht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zur Erlassung eines Feststellungsbescheides auch in Bezug auf Weisungen ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheides. Gegenstand eines solchen Feststellungsverfahrens kann einerseits die Frage sein, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten des Beamten gehört, das heißt, ob er verpflichtet ist, diese Weisung zu befolgen. Eine Pflicht zur Befolgung einer Weisung ist danach dann zu verneinen, wenn einer der in Art. 20 Abs. 1 dritter Satz B-VG genannten Tatbestände vorliegt - also die Weisung von einem unzuständigen Organ erteilt wurde oder ihre Befolgung gegen strafrechtliche Vorschriften verstößt -, wenn die Weisung nach erfolgter Remonstration nicht schriftlich wiederholt wurde oder wenn ihre Erteilung gegen das Willkürverbot verstößt. Andererseits kann Gegenstand eines Feststellungsverfahrens aber auch die „schlichte“ Rechtswidrigkeit der Weisung sein, also eine solche, die die Pflicht zu ihrer Befolgung nicht berührt; ein Recht auf eine solche bescheidförmige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Weisungen besteht jedoch bloß dann, wenn durch eine Weisung die Rechtssphäre des Beamten berührt wird (vgl. etwa VwGH 28.2.2019, Ra 2018/12/0018, mwN).
22 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind beide oben angeführten Feststellungen auch im Falle eines bereits zeitlich abgeschlossenen Geschehens zulässig, wenn dies einer Klarstellung für die Zukunft dient, was etwa dann der Fall ist, wenn die bescheidmäßige Feststellung der Abwehr künftiger Rechtsgefährdungen gleicher Art dient (vgl. VwGH 23.7.2020, Ra 2019/12/0072; 19.2.2020, Ra 2019/12/0069, mwN).
23 Das rechtliche Interesse setzt voraus, dass dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft auch tatsächlich klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Der Umstand, dass die konkreten Auswirkungen eines Dienstauftrags der Vergangenheit angehörten, bildet für sich allein noch kein Hindernis für die Erlassung eines Feststellungsbescheides, doch muss die an ein abgeschlossenes Geschehen anknüpfende Feststellung über ein Recht oder Rechtsverhältnis der Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung des Antragstellers dienen. Für das Vorliegen einer „erforderlichen Klarstellung für die Zukunft“ reicht es dabei aus, dass nicht auszuschließen ist, dass dem Beamten auch in Zukunft wiederholt eine derartige Weisung erteilt wird (vgl. VwGH 14.10.2013, 2013/12/0042).
24 Von dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Es hat zusammengefasst den Standpunkt vertreten, eine Rechtsgefährdung der Revisionswerberin liege nicht mehr vor, weil sie auf Grund der dauerhaften Verwendung im Referat IV/9 ohnehin nicht mehr verpflichtet sei, Aufgaben des Referates IV/3 zu erfüllen. Die Weisung sei auf Grund der Konflikte mit dem Abteilungs- und dem Referatsleiter des Referates IV/3 erteilt worden. Diesen beiden Vorgesetzten sei sie aber an ihrem neuen Arbeitsplatz nicht mehr unterstellt, sodass die Gefahr der neuerlichen Erteilung einer gleichartigen Weisung nicht bestehe. Auch der Umstand, dass die neue Verwendung der Revisionswerberin in derselben Sektion wie ihre alte Verwendung liege und somit eine Identität der Sektionsleitung gegeben sei, vermöge eine zukünftige Rechtsgefährdung der Revisionswerberin und ein damit einhergehendes konkretes rechtliches Interesse der Revisionswerberin an der beantragten Feststellung nicht zu begründen. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte für ein konkretes zukünftiges rechtsgefährdendes Verhalten der Sektionsleitung. Diese vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung im Einzelfall ist jedenfalls nicht unvertretbar, ergeben sich doch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass mit anderen Vorgesetzten wiederum derart gravierende Spannungen auftreten würden, dass die Revisionswerberin erneut von ihren Dienstpflichten entbunden würde. Eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde mit dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.
25 Das Bundesverwaltungsgericht ist dabei - entgegen der unsubstantiierten Behauptung in der Zulässigkeitsbegründung - auch nicht vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 2008, 2005/12/0011, abgewichen. Das weiters genannte hg. Erkenntnis vom 20. November 2018, Ro 2018/12/0016, ist nicht einschlägig; dort wurde ausgesprochen, dass nach Befolgung der Weisung eine Remonstration ausgeschlossen sei und die beantragten Feststellungsanträge nicht wegen nicht erfolgter Remonstration unzulässig seien.
26 Das Bundesverwaltungsgericht hat den Bescheid der Dienstbehörde dahin abgeändert, dass die Feststellungsanträge der Revisionswerberin zurückgewiesen wurden. Damit ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts an die Stelle der Entscheidung der Dienstbehörde getreten, sodass der Umstand, dass die Dienstbehörde die Befolgungspflicht und Rechtmäßigkeit der Weisung aussprach, entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen ein rechtliches Interesse an einer inhaltlichen Entscheidung über die Feststellungsanträge der Revisionswerberin nicht zu begründen vermag.
27 Welches konkrete Vorbringen der Revisionswerberin zur Außerkraftsetzung der Weisung durch Remonstration das Bundesverwaltungsgericht hätte beachten müssen, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht ausgeführt. Ein Verweis auf den Beschwerdeschriftsatz ist nicht ausreichend (vgl. VwGH 31.8.2020, Ra 2020/05/0118, mwN).
28 Bei diesem Ergebnis vermögen die weiteren Argumente der Zulässigkeitsbegründung, die sich auf den Inhalt der Weisung beziehen, ein rechtliches Interesse der Revisionswerberin nicht aufzuzeigen.
29 Was die Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht betrifft, wurde diese auf § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG gestützt, u.a. weil keine der Parteien einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt habe. Dagegen wendet sich die Zulässigkeitsbegründung gar nicht. Darüber hinaus werden in der Zulässigkeitsbegründung im Zusammenhang mit der vermissten Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Tatsachen aufgezeigt, denen bei Zurückweisung der Feststellungsanträge der Revisionswerberin entscheidungswesentliche Bedeutung zukäme.
30 Die vorliegende Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.
31 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. April 2021
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Organisationsrecht Diverses Weisung Aufsicht VwRallg5/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020120029.L00Im RIS seit
21.05.2021Zuletzt aktualisiert am
14.06.2021