TE Vwgh Beschluss 2021/5/4 Ra 2021/09/0088

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Veröffentlicht am 04.05.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der AB, vertreten durch Mag. Wolfgang Kleinhappel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rabensteig 8, gegen das am 16. November 2020 mündlich verkündete und am 26. Jänner 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich, LVwG-AV-905/002-2020, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe gemäß § 174 NÖ Landes-Bedienstetengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerberin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich und war als Fachgebietsleiterin Soziale Arbeit bei einer Bezirkshauptmannschaft eingesetzt.

2        Mit Disziplinarerkenntnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 3. Juli 2020 wurde die Revisionswerberin schuldig erkannt, Dienstpflichten dadurch verletzt zu haben, dass sie entgegen § 27 Abs. 1 erster und zweiter Satz NÖ Landes-Bedienstetengesetz (NÖ LBG) am 23. Oktober 2019 in einem näher bezeichneten Sozialpädagogischen Betreuungszentrum im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit gegenüber einem minderjährigen Schutzbefohlenen infolge einer Provokation handgreiflich geworden sei und diesen dabei im oberen Brustbereich zum Halsansatz hin auf einen Tisch weggedrückt, ihn für kurze Zeit festgehalten und nicht von sich aus unmittelbar losgelassen habe, womit sie gegen die gesetzlich verankerten Ziele der Kinder- und Jugendhilfe, nämlich der Bildung eines allgemeinen Bewusstseins für Grundsätze und Methoden förderlicher Pflege und Erziehung unter Ausschließung der Anwendung jeglicher Gewalt (§ 3 Z 1 NÖ Kinder- und Jugendhilfegesetz [NÖ KJHG]) und des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor allen Formen von Gewalt (§ 3 Z 4 NÖ KJHG) verstoßen und damit auch die fachliche Grundhaltung von Fachkräften für Sozialarbeit im Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe gemäß Punkt 3.1. der Vorschrift „Hilfeplanung“ der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe vom 11. November 2015, GS6-A-1000/200-2015, nicht beachtet habe. Sie habe dadurch die ihr zugewiesenen Aufgaben nicht unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit größter Sorgfalt, anhaltendem Fleiß und voller Unparteilichkeit besorgt und in ihrem gesamten Verhalten nicht darauf Bedacht genommen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe. Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wurde über sie gemäß § 174 Abs. 1 Z 3 NÖ LBG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von zwei Dienstbezügen verhängt und sie wurde gemäß § 199 Abs. 2 NÖ LBG zum Ersatz der Kosten des Verfahrens im Ausmaß von 10 % des Dienstbezuges, 454,26 Euro, verpflichtet.

3        Der von der Revisionswerberin dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht mit dem nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis insofern Folge, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 5.500 Euro herabgesetzt wurde. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

4        Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        In Bezug auf das Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 1 VwGG weist der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung darauf hin, dass diesem Gebot nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet, Genüge getan wird (siehe etwa VwGH 2.4.2020, Ra 2020/08/0019, mwN). Wenn das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, vermengt ist, kann nicht von einer gesonderten Darstellung der Revisionszulässigkeitsgründe im Sinn der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG ausgegangen werden (VwGH 25.9.2019, Ra 2019/05/0224, u.a.).

7        Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof bereits betont, dass die Gründe für die Zulässigkeit der Revision (insbesondere auch) gesondert von den Revisionsgründen gemäß § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG darzustellen sind. Auch wird der Darstellung von Revisionsgründen nicht dadurch entsprochen, dass auf die Ausführungen zu den Zulässigkeitsgründen verwiesen wird (VwGH 11.3.2016, Ra 2015/06/0043).

8        Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweist sich die gegenständliche Revision, die inhaltlich eine Trennung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG und der Revisionsgründe nicht erkennen lässt, als nicht gesetzmäßig ausgeführt. Daran ändert auch nichts, dass die Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit und der Revisionsgründe unter der Überschrift „Zulässigkeit der Revision“ erfolgt und überdies eine eigene Rubrik „Revisionsgründe“ vorhanden ist, zumal sich die Ausführungen unter der Überschrift „Revisionsgründe“ inhaltlich bloß als Verweis auf die zuvor getätigten Ausführungen unter der Überschrift „Zulässigkeit der Revision“ darstellen (vgl. VwGH 27.3.2019, Ra 2019/08/0047; siehe auch VwGH 26.2.2021, Ra 2021/09/0007).

9        Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zur Behandlung nicht geeignet ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

10       Auf den Revisionspunkt, und ob damit die Verletzung in einem subjektiv-öffentlichen Recht im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geltend gemacht wird, war bei diesem Ergebnis nicht mehr einzugehen (siehe etwa VwGH 30.6.2020, Ra 2020/09/0026; 29.10.2019, Ra 2019/09/0138, u.a.; vgl. auch VwGH 12.3.2021, Ro 2021/09/0003, mwN).

Wien, am 4. Mai 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090088.L00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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