TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/22 96/04/0119

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Veröffentlicht am 22.04.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §359 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs1;
GewO 1994 §79;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des M und der RE in F, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 3. April 1996, Zl. IIa-60.045/7-95, betreffend gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: X in F), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 31. August 1995 wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der genehmigten Betriebsanlage, einer Tischlerei (u.a. durch Errichtung einer Hackschnitzelheizung mit Silo, eines Spritzraumes, eines Platten-, Massivholz- und Furnierlagers sowie durch zusätzliche Maschinen) nach Maßgabe der eingebrachten Projektunterlagen und unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung erging der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 3. April 1996, durch den der erstinstanzliche Bescheid mit folgender Maßgabe bestätigt wurde:

Im einzelnen angeführte Auflagen des erstinstanzlichen Bescheides wurden unter Spruchteil I. durch folgende Auflagen ersetzt:

"a)

Die doppelflügelige Tür aus der Maschinenwerkstätte ins Freie in Richtung Südwesten (Nachbarhaus E) ist bei Betrieb sämtlicher Maschinen im Maschinenraum geschlossen zu halten. Dies gilt, ausgenommen bei der Zulieferung von Material auch für die doppelflügelige Tür zum Plattenlager.

b)

Während des Betriebes von lärmintensiven Maschinen in der Maschinenwerkstätte (dazu sind sämtliche in der Maschinenliste im Projekt angeführte Sägen, Fräsen und Schleifmaschinen, einschließlich des Kantenautomates zu zählen) dürfen Zu- und Abgänge zur Tischlerei oder aus dieser nur über die Tür in der nordwestlichen Gebäudefront (Tür zur Hauptstraße hin) erfolgen. Die Fenster sind geschlossen zu halten.

Damit keine direkte Lärmemission aus der Maschinenwerkstätte ins Freie stattfinden kann, hat des weiteren bei der Zulieferung von Materialien vom Freien ins Plattenlager die T 30-Tür zwischen Maschinenwerkstätte und Plattenlager bzw. bei Transport von Material aus dem Plattenlager in die Maschinenwerkstätte die ins Freie führende Doppeltür des Plattenlagers geschlossen zu bleiben.

c)

Die straßenseitige Tür der Handwerkstätte ist bei lärmintensiven Arbeiten in der Handwerkstätte (dazu zählen sämtliche Arbeiten, die mit einem Hammer durchgeführt werden, sowie Arbeiten mit dem Schwingschleifer und sonstigen Handmaschinen) geschlossen zu halten.

d)

Bei Betrieb der unter lit. b angeführten Maschinen in der Maschinenwerkstätte ist die Verbindungstür (T 30) zwischen Spritzraum und Maschinenwerkstätte geschlossen zu halten."

Unter Spruchteil II. wurden u.a. folgende Auflagen zum Schutze der Nachbarn hinsichtlich der Spritzraumbelüftung und der Spänefeuerungsanlage zusätzlich vorgeschrieben:

"Spänefeuerungsanlage:

1.

Eine händische Beschickung, mit Ausnahme beim Anfeuerungsvorgang darf nicht erfolgen.

2.

Abfälle aus der Bearbeitung von Kunststoffen, Spanplatten sowie von Altholz und chemisch behandeltem Holz dürfen nicht der Zerspanung und somit der Verbrennung zugeführt werden.

...

7.

Der Brennstoff darf nur in den hiezu vorgesehenen Lagerräumen bzw. Lagerflächen gelagert werden.

8.

Die vom Anlagenhersteller herausgegebene Betriebs- bzw. Bedienungsanleitung ist verbindlich einzuhalten. Das mit der Bedienung der Anlage betraute Personal ist nachweislich einzuschulen.

...

Spritzraumlüftungsanlage:

Durch Anbringung eines zusätzlichen Kulissenschalldämpfers bzw. durch entsprechende Gestaltung der Deflektorhaube bei Zu- und Abluftkanal ist sicherzustellen, daß der im Einreichprojekt angegebene, in 3 m Entfernung zur Ansaug- und Ausblasmündung gemessene Lärmpegel von 58 dBA auf zumindest 48 dBA reduziert wird. Der Behörde ist hierüber noch vor Inbetriebnahme der Spritzraumlüftungsanlage ein von einem befugten Fachunternehmen erstelltes Attest unaufgefordert vorzulegen."

Schließlich wurde unter Spruchteil III. die Betriebszeit an Samstagen auf die Zeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr eingeschränkt; folgende Betriebszeiten wurden festgelegt:

Montag bis Freitag von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr

von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr

an Samstagen von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr.

Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, die Berufungsbehörde habe ein - näher dargelegtes - ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt, in dessen Zuge die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 2. Februar 1996 ihr Projekt dahin "konkretisiert" habe, daß die Zulieferung ausschließlich an der Nordwest-Seite des Betriebsgebäudes erfolge. Der Zuliefer-Lastkraftwagen nehme parallel zur Landesstraße Aufstellung, die Entladung erfolge seitlich auf einen Handwagen, mit dem die Materialien (Platten und Massivholz) in das Plattenlager geschoben würden. Auch die Auslieferung der Fertigprodukte erfolge mit dem firmeneigenen Klein-Lkw über die straßenseitige, an der Nordwest-Seite des Betriebsgebäudes gelegene Eingangstüre. Die Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen, in der auch die Zulieferung beschrieben werde, sei den Beschwerdeführern unter Hinweis auf die durch die mitbeteiligte Partei erfolgte "Projektergänzung bzw. -konkretisierung" in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis übermittelt worden. Aufgrund der - im einzelnen dargelegten - Sachverständigengutachten gelange die Berufungsbehörde zur Auffassung, daß durch die beantragte Änderung der Betriebsanlage eine unzumutbare Belästigung der Beschwerdeführer bei projektgemäßem Betrieb und bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen nicht zu erwarten sei. Hinsichtlich des durch die Luftaustauschöffnungen der Späneabsaug- und Spritzraumlüftungsanlage ausgehenden Lärms komme als am ungünstigten liegender Nachbar Hubert W. in Frage. Zum Gebäude u.a. der Beschwerdeführer sei durch das Betriebsgebäude eine Abschirmwirkung gegeben. Eine Lärmbelästigung des Hubert W. sei unter der Voraussetzung, daß durch den Einbau eines Kulissenschalldämpfers bzw. durch eine entsprechende Gestaltung der Deflektorhaube eine Lärmreduktion bei der Abluftöffnung von zumindest 10 dB erreicht werde, nicht zu erwarten. Eine entsprechende Auflage sei daher zusätzlich vorzuschreiben gewesen. Hinsichtlich des durch Zu- und Ablieferung entstehenden Lärms hätte die durch die Berufungsbehörde veranlaßte ergänzende Lärmmessung vom 25. Jänner 1996 - im einzelnen dargelegte - Werte ergeben, aufgrund derer der gewerbetechnische Amtssachverständige zum Ergebnis gelangt sei, daß sich insbesondere auch aufgrund der gegebenen örtlichen Situation (unmittelbar an der Landesstraße, Schibushaltestelle vor dem Haus der Beschwerdeführer, Zuliefervorgänge auch für umliegende Gasthäuser) eine Änderung der Lärmsituation auch hinsichtlich der Art des Störlärms durch die Anlieferung zum Betrieb nicht ergebe. Ein Vergleich der nunmehr gemessenen Werte mit den im erstinstanzlichen Verfahren prognostizierten Pegelwerten ergebe, daß sich die im Zuge des Anliefervorganges gemessenen Pegelspitzen des Störlärms in dem vom Gutachten im erstinstanzlichen Verfahren angegebenen Bereich bewegten. Unter Zugrundelegung dieser Werte habe die medizinische Amtssachverständige in ihrem Gutachten vom 24. Mai 1995 festgestellt, daß unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Zulieferung nur ein- bis zweimal in der Woche erfolge, sowie aufgrund der lauten Umgebungslärmsituation eine unzumutbare Belästigung der Beschwerdeführer nicht zu erwarten sei. Da sich die erhobenen Ausgangswerte nicht wesentlich geändert hätten, seien die Aussagen der medizinischen Amtssachverständigen nach wie vor gültig, zumal diese bei ihrer Beurteilung noch von der für die Beschwerdeführer ungünstigeren Annahme ausgegangen sei, daß die Zufahrt ins Plattenlager entlang des Zufahrtsweges an der Grundgrenze zu den Beschwerdeführern mit dem Lkw (und nicht mit dem Handwagen) erfolge. In Anbetracht der Zeitdauer des Anliefervorganges (am Tage des Lokalaugenscheines habe diese fünf Minuten betragen) sowie angesichts der - bereits im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen - Auflage, wonach die Zulieferungen durch Großlastkraftwagen nur in der Zeit von 08.00 Uhr bis 11.00 Uhr bzw. von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr, maximal zweimal pro Woche von Montag bis Freitag erfolgen dürften, stehe für die Berufungsbehörde zweifelsfrei fest, daß unzumutbare Lärmbelästigungen der Beschwerdeführer durch den Anliefervorgang nicht zu erwarten seien. Was die Auslieferung der Fertigprodukte mittels Kleinlastkraftwagen der mitbeteiligten Partei anlange, sei aufgrund der Erfahrungen mit Schallpegelmessungen in ähnlichen Fällen durch den Abfahrtvorgang des Kleinlastkraftwagens mit einer Schallpegelspitze von ca. 60 bis 65 dBA beim Haus der Beschwerdeführer zu rechnen. Aufgrund des relativ starken Verkehrslärms auf der vorbeiführenden Landesstraße würde diese Schallpegeleinwirkung ebenso wie Einwirkungen durch die Zu- und Abfahrt der Pkws der Bediensteten der mitbeteiligten Partei vom südostseitig des Betriebsgebäudes gelegenen Parkplatz aus eine nur untergeordnete Rolle für die Beschwerdeführer spielen. Auch die medizinische Sachverständige sei in ihrem Gutachten vom 18. Mai 1995 zum Ergebnis gelangt, daß aufgrund der Lage des Verladeplatzes direkt an der Landesstraße und aufgrund des starken Verkehrsaufkommens auf dieser Straße eine unzumutbare Lärmbelästigung der Beschwerdeführer nicht zu erwarten sei. Die Berufungsbehörde habe sich nicht veranlaßt gesehen, "nochmals" eine eigene Lärmmessung des Verladevorganges des Kleinlastkraftwagens vorzunehmen. Da sich das Vorbringen der Beschwerdeführer, die im erstinstanzlichen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen seien teils unbestimmt, teils widersprüchlich und unvollständig, als zum Teil zutreffend erwiesen habe, seien die betroffenen Auflagen neu formuliert worden. Bei den zusätzlich aufgenommenen Auflagen handle es sich um Vorschreibungen, die von den beigezogenen Amtssachverständigen zwar bereits im erstinstanzlichen Verfahren gefordert worden seien, von der Erstbehörde jedoch offensichtlich versehentlich in den Spruch des Genehmigungsbescheides nicht aufgenommen worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid - ihrem gesamten Vorbringen zufolge - in ihren Nachbarrechten nach der GewO 1994 verletzt. Sie bringen hiezu im wesentlichen vor, die Modifikation bzw. Änderung des Projektes der mitbeteiligten Partei sei ihnen nicht zur Kenntnis gebracht worden und es sei ihnen auch keine Gelegenheit geboten worden, hiezu Stellung zu nehmen. Abgesehen davon, daß aufgrund dieser Projektänderung eine mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen wäre, weil es mehrere Zufahrten und Zugänge zur Betriebsanlage gäbe, stehe diese Änderung im Widerspruch zur Bescheidbegründung, wo ausgeführt werde, daß die Beladung des Groß-Lkws an der Südwestseite des Betriebsgebäudes erfolge. Zum Lokalaugenschein am 25. Jänner 1996, in dessen Zuge auch Lärmmessungen durchgeführt worden seien, seien die Beschwerdeführer nicht geladen worden. Offenbar habe jedoch die mitbeteiligte Partei teilgenommen, weil in dem über diesen Lokalaugenschein aufgenommenen Aktenvermerk auf eine Aussage der mitbeteiligten Partei betreffend die Zulieferung Bezug genommen werde. Durch diese Vorgangsweise der belangten Behörde seien die Grundzüge eines fairen Verfahrens verletzt worden. Wäre eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden, hätten die Beschwerdeführer beantragt, die Lärmmessungen nicht in verkehrsstarken, sondern auch in verkehrsschwachen Zeiten durchzuführen. Im übrigen seien Messungen "im Bereich der Garagenabfahrt etc." nicht durchgeführt worden. Aus welchen Gründen diese Messungen für entbehrlich gehalten worden seien, sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Auffallend sei auch, daß der Lokalaugeschein zwar von 15.30 Uhr bis 17.00 Uhr gedauert habe, in dieser Zeit aber nur ein Lastkraftwagen als repräsentativ eingestuft worden sei, obwohl nicht angenommen werden könne, daß während dieser Zeit nicht weitere Lkws die Straße benutzt hätten. Der angefochtene Bescheid sei weiters in Ansehung der vorgeschriebenen Auflagen mangelhaft. So sehe die Auflage Ib vor, daß während des Betriebes der lärmintensiven Maschinen Zu- und Abgänge zur Tischlerei nur an der nordwestlichen Gebäudefront erfolgen dürften. Es könne dem angefochtenen Bescheid aber nicht entnommen werden, welche Türen offen und welche geschlossen zu bleiben hätten und wo die Zu- und Ablieferung erfolge. Soweit in der Auflage I b) vorgesehen sei, daß bei der Zulieferung von Material ins Plattenlager die ins Freie führende Doppeltür des Plattenlagers geschlossen zu bleiben habe, sei diese Auflage sinnwidrig, weil bei geschlossenen Türen eine Zulieferung nicht möglich sei. Die Auflage Ic sei nicht ausreichend konkretisiert, weil ihr insbesondere nicht entnommen werden könne, was unter "sonstigen Handmaschinen" zu verstehen sei. Diese Auflage sei daher weder überprüfbar, noch vollstreckbar. Auch der Begriff der "lärmintensiven Maschinen in der Maschinenwerkstätte" in den Auflagen I b) und I d) sei nicht ausreichend bestimmt, weil die Maschinen nicht taxativ aufgezählt würden. Die Auflage II 1. verbiete eine händische Beschickung; eine Überprüfung der Einhaltung dieser Auflage sei aber unmöglich. Im übrigen dürfte die unter II 2. vorgeschriebene Aussonderung von Kunststoffen, Spanplatten etc bei nicht händischer Beschickung nicht möglich sein. Die Auflage II 7. sehe vor, daß der Brennstoff nur in den hiezu vorgesehenen Lagerräumen bzw. Lagerflächen gelagert werden dürfe. Den Beschwerdeführern seien diese Lagerräume bzw. Lagerflächen allerdings nicht bekannt; sie könnten auch aus den Projektunterlagen nicht festgestellt werden. Unter II 8. werde die Betriebs- und Bedienungsanleitung des Anlagenherstellers für verbindlich erklärt. Es sei allerdings weder bekannt, wer die Anlage herstelle, noch, wie diese Bedienungs- und Betriebsanleitung aussehe. Selbstverständlich hätten die Beschwerdeführer auch keine Möglichkeit gehabt, zu dieser Anleitung Stellung zu nehmen. Unter der Überschrift "Spritzraumlüftungsanlage" werde eine "entsprechende Gestaltung" der Deflektorhaube vorgeschrieben, ohne jedoch näher zu beschreiben, was eine entsprechende Gestaltung sein solle. Bei der Festlegung der Betriebszeiten sei verabsäumt worden, vorzuschreiben, für welche Zeit nach Betriebsschluß die Spritzraumabsaugung noch in Betrieb sein dürfe. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens müsse diese nämlich länger in Gang sein, als der Spritzraum tatsächlich benützt werde. Schließlich gehe der angefochtene Bescheid auch nicht darauf ein, "daß eine Brennholzanlieferung unter keinen Umständen in Frage" komme. Die Brennstoffzulieferung, die wohl nur mittels Lkw erfolgen könne, stünde im Widerspruch zu den Ausführungen des Bescheides, zumal die Lärmimmissionen solcher Lieferungen nicht berücksichtigt worden seien. Soweit die belangte Behörde Sachverständigenmeinungen mit dem bloßen Bemerken wiedergebe, diesen Ausführungen sei nichts hinzuzufügen, sei die Begründung des angefochtenen Bescheides mangelhaft geblieben. Schließlich bringen die Beschwerdeführer noch vor, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, daß die Betriebsanlage laut Flächenwidmungsplan im Wohngebiet gelegen sei. Es seien daher den Sachverständigengutachten auch nicht jene Kriterien zugrunde gelegt worden, wie sie für Wohngebiete vorgesehen seien. Es sei auch nicht beachtet worden, daß die Genehmigung des Plattenlagers im Widerspruch zur Tiroler Bauordnung stehe.

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.

das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2.

die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen. ...

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, ausgenommen in den - hier nicht in Betracht kommenden - Fällen des § 359b, auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen.

Als unberechtigt erweist sich zunächst der von den Beschwerdeführern erhobene Vorwurf, es sei ihnen die Änderung des zur Genehmigung beantragten Projektes der mitbeteiligten Partei betreffend die Anlieferung mittels Groß-Lkw nicht zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit einer Stellungnahme hiezu vorenthalten worden. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde ihnen dies nämlich mit Schreiben der belangten Behörde vom 6. Februar 1996 unter Setzung einer Frist zur Stellungnahme mitgeteilt. Gründe, die dafür sprechen, daß die Projektmodifikation eine neuerliche mündliche Verhandlung erfordert hätte, sind nicht ersichtlich. Auch von den Beschwerdeführern wird nicht dargetan, aus welchen Gründen die aufgrund dieser Modifikation erforderliche Sachverhaltsermittlung ausschließlich in Form einer mündlichen Verhandlung möglich gewesen wäre.

Soweit die Beschwerdeführer einen Widerspruch in der Begründung des angefochtenen Bescheides insofern erblicken, als die Aussage, daß "die Beladung des dreiachsigen Groß-Lkws an der Südwestseite des Betriebsgebäudes" erfolge, mit der dargelegten Projektänderung nicht übereinstimme, ist ihnen zunächst entgegenzuhalten, daß die betreffende Passage in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht von der Beladung des Groß-Lkws handelt. Vielmehr heißt es hier, daß die belangte Behörde "angesichts der nunmehr erhobenen Meßwerte des dreiachsigen Groß-Lkws sowie aufgrund des Umstandes, daß die Beladung an der Südwestseite des Betriebsgebäudes unmittelbar an der Landesstraße erfolgt", u.a. weitere Lärmmessungen hinsichtlich des Verladevorganges des Kleinlastkraftwagens für entbehrlich erachtete. Im übrigen wird aus dem Hinweis, daß die Beladung unmittelbar an der - an der Nordwestseite des Betriebsgebäudes gelegenen - Landesstraße erfolge, deutlich, daß sich die belangte Behörde hier bloß irrtümlich auf die "Südwestseite" des Betriebsgebäudes bezog. Auch nach dem übrigen Bescheidinhalt besteht kein Zweifel über die vorgesehene Art der Auslieferung und damit die Beladung des Kleinlastkraftwagens.

Dem Vorwurf, den Beschwerdeführern sei die Möglichkeit einer Teilnahme am Lokalaugenschein, in dessen Zuge auch Lärmmessungen durchgeführt worden seien, nicht eingeräumt worden, ist zu entgegnen, daß ein diesbezüglicher Rechtsanspruch nicht besteht (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 (1996), S. 385, referierte hg. Judikatur). Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang aber rügen, es seien die Grundzüge eines fairen Verfahrens verletzt worden, weil die mitbeteiligte Partei im Gegensatz zu den Beschwerdeführern am Lokalaugenschein "offensichtlich" habe teilnehmen können, tun sie mit diesem Vorbringen alleine nicht auch schon die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG dar. Gleiches gilt für den Beschwerdevorwurf, die Lärmmessungen seien nicht repräsentativ, weil sie zu verkehrsstarken, nicht aber auch zu verkehrsschwachen Zeiten erfolgt seien. Die Beschwerdeführer zeigen damit nämlich nicht konkret auf, daß eine Lärmmessung zu einer anderen Zeit im Rahmen der - bereits durch den erstinstanzlichen Bescheid - auf 08.00 Uhr bis 11.00 Uhr und 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr von Montag bis Freitag beschränkten Anlieferzeit zu anderen Ergebnissen geführt hätte. Nicht ersichtlich und von den Beschwerdeführern auch nicht näher dargelegt ist weiters die Erforderlichkeit der von ihnen monierten "Messungen im Bereich der Garagenabfahrt etc.", sowie, aus welchen Gründen die Beschwerdeführer die Aussage des Amtssachverständigen, das erzielte Meßergebnis könne als repräsentativ angesehen werden, als "auffallend" erachten.

Soweit die Beschwerdeführer rügen, die Begründung des angefochtenen Bescheides sei mangelhaft, weil sie in "weiten Teilen" unterblieben sei, ist ihnen zu entgegnen, daß sie auch mit diesem - nicht näher dargelegten - Vorbringen die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde allenfalls unterlaufenen Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nicht aufgezeigt haben. Gleiches gilt für den "Hinweis", der angefochtene Bescheid habe die Schibushaltestelle unzutreffenderweise in den Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführer "verlegt".

Schließlich ist auch der Hinweis der Beschwerdeführer auf die Flächenwidmung des Betriebsstandortes der mitbeteiligten Partei als Wohngebiet und die Unzulässigkeit des Plattenlagers nach der Tiroler Bauordnung nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ein Genehmigungsverbot nach (anderen) Rechtsvorschriften (vgl. § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992) stellt nämlich nach der GewO 1994 keinen Grund für die Versagung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl. 95/04/0241, und die dort zitierte Vorjudikatur). Auch hängt die Frage, ob von einer Betriebsanlage ausgehende Emissionen eine Gefährdung im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994 oder eine unzumutbare Belästigung des Nachbarn bewirken, nicht von der Widmung des Betriebsstandortes im Flächenwidmungsplan ab.

In Ansehung des gegen die vorgeschriebenen Auflagen gerichteten Beschwerdevorbringens ist zunächst auf die ständige hg. Judikatur (vgl. die bei Kobzina-Hrdlicka, GewO 1994 (1994), S. 264 f, referierte hg. Judikatur) zu verweisen, wonach eine Auflage im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994 jede der Vermeidung von Immissionen dienende und zur Erfüllung dieses Zweckes geeignete (behördlich erzwingbare) Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben kann. Eine Auflage ist daher im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994 nur dann geeignet, wenn ihre Einhaltung von der Behörde jederzeit und aktuell überprüft werden kann. Diese Überprüfbarkeit erfordert zwar einen solchen Inhalt der Auflage, daß jederzeit beurteilt werden kann, ob ein bestimmtes Verhalten als Einhaltung der Auflage zu deuten ist, nicht aber - wie die Beschwerdeführer offenbar meinen -, daß auch bewiesen werden kann, ob die Auflage in der Vergangenheit tatsächlich eingehalten wurde.

Von dieser Rechtslage ausgehend kann den Beschwerdeführern daher nicht gefolgt werden, wenn sie die Auffassung vertreten, die Vorschreibung des Verbotes der händischen Beschickung der Spänefeuerungsanlage sei nicht überprüfbar und daher als Auflage ungeeignet. Die in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung, die Einhaltung der Auflage II 2. sei bei nicht händischer Beschickung unmöglich, ist mangels näherer Begründung nicht nachvollziehbar.

Nicht gefolgt werden kann den Beschwerdeführern weiters in ihrer Rüge betreffend die Auflagen I b), I c) und I d). Die aufgezeigten Widersprüche und Unvollständigkeiten liegen in Wahrheit nicht vor. Sie beruhen vielmehr auf einer unvollständigen Wiedergabe der Auflagenvorschreibung durch die Beschwerdeführer. Unzutreffend ist auch die Auffassung, es sei nicht klargestellt, was unter "sonstigen Handmaschinen" zu verstehen sei. Ergibt sich doch schon aus dem Wortlaut, daß damit sämtliche von Hand geführte Maschinen zu verstehen sind. Unrichtig ist weiters der Beschwerdevorwurf, es seien die "lärmintensiven Maschinen in der Maschinenwerkstätte" nicht taxativ aufgezählt. Laut dem dieser Wortfolge nachgestellten Klammerausdruck in Auflage I b) sind dazu "sämtliche in der Maschinenliste im Projekt angeführte Sägen, Fräsen und Schleifmaschinen, einschließlich des Kantenautomates zu zählen".

Ebenfalls nicht zu Recht besteht der Beschwerdevorwurf, die Vorschreibung einer "entsprechenden Gestaltung der Deflektorhaube" entbehre der hinreichenden Bestimmtheit. Der mitbeteiligten Partei wurde hier nämlich vorgeschrieben, eine Reduzierung des Lärmpegels auf zumindest 48 dBA an einem beschriebenen Ort durch Anbringung eines zusätzlichen Kulissenschalldämpfers bzw. durch entsprechende Gestaltung der Deflektorhaube bei Zu- und Abluftkanal sicherzustellen und der Behörde hierüber noch vor Inbetriebnahme der Spritzraumlüftungsanlage ein von einem befugten Fachunternehmen erstelltes Attest vorzulegen. Eine so formulierte Auflage genügt allerdings dem Konkretisierungsgebot (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1986, Slg. Nr. 12.184/A).

Soweit die Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, eine Brennholzanlieferung komme "unter keinen Umständen in Frage", sind sie auf die schon im erstinstanzlichen Bescheid erfolgte Beschreibung der Spänefeuerungsanlage der mitbeteiligten Partei zu verweisen, wonach in dieser Anlage bei Bedarf auch von den Sägebetrieben zugeliefertes Abfallholz verheizt werden solle. Im übrigen zeigen sie in diesem Zusammenhang mit dem bloßen Hinweis, der angefochtene Bescheid sei mangelhaft, weil er die Lärmimmissionen solcher Lieferungen, "die wohl nur mittels Lkw erfolgen könnten", nicht berücksichtige, die Wesentlichkeit einer der belangten Behörde allenfalls unterlaufenen Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG nicht auf.

Nicht einsichtig ist schließlich ihr weiteres Vorbringen, der angefochtene Bescheid sei mangelhaft, weil ihm nicht entnommen werden könne, wie lange nach Ende der festgesetzten Betriebszeiten die Spritzraumabsaugung betrieben werden dürfe. Ergibt sich doch aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides, insbesondere aus der Auflagenvorschreibung, daß der Betrieb der Spritzraumabsaugung einen Betrieb der in Rede stehenden Betriebsanlage darstellt und daher nur innerhalb der festgesetzten Betriebszeiten zulässig ist.

Zu Recht rügen die Beschwerdeführer allerdings, daß die unter II 8. (hinsichtlich der Spänefeuerungsanlage) vorgeschriebene Auflage, die "vom Anlagenhersteller herausgegebene Betriebs- bzw. Bedienungsanleitung" sei verbindlich einzuhalten, dem Gebot der hinreichenden Bestimmtheit von Auflagen nicht entspreche. Durch den Verweis auf die - nicht näher spezifizierte - "Betriebs- bzw. Bedienungsanleitung" des Anlagenherstellers läßt diese Auflage nämlich keine eindeutige Aussage darüber zu, welche Maßnahmen die mitbeteiligte Partei in Befolgung dieser Anordnung zu setzen verpflichtet ist. Der Auflage mangelt es daher am dargestellten Konkretisierungserfordernis. In gleicher Weise trifft im übrigen auch der Vorwurf der Beschwerdeführer zu, es mangle der Auflage II 7., derzufolge der Brennstoff nur in den "hiezu vorgesehenen" Lagerräumen bzw. Lagerflächen gelagert werden dürfe, an der erforderlichen Bestimmtheit, weil mangels entsprechender Festlegung nicht eindeutig feststellbar sei, welche Lagerräume bzw. Lagerflächen für die Lagerung von Brennstoff verwendet werden dürften.

Indem die belangte Behörde dennoch davon ausging, bei Vorschreibung dieser Auflagen könnten voraussehbare Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, hat sie die Rechtslage verkannt. Sie hat solcherart den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996040119.X00

Im RIS seit

15.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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