Norm
§6 Abs1 Z3 GlBGDiskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Sexuelle Belästigung durch DrittenText
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl. Nr. 108/1979 idgF)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 1. Dezember 2020 über den am 19. Juni 2018 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF) durch Z (Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/830/18, zu folgendem
PRÜFUNGSERGEBNIS:
A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Z diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
VORBRINGEN
Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Die Antragstellerin sei seit 2005 Flugbegleiterin bei X und habe seit 7. Mai 2017 den Posten der Senior Flugbegleiterin bekleidet.
Am 28. Oktober 2017 habe die Antragstellerin auf dem Flug … von Stadt 1 nach Stadt 2 gearbeitet. Ein bei der X tätiger Pilot, der Antragsgegner, habe als Passagier an diesem Flug teilgenommen. Er sei ebenfalls in dienstlicher Funktion nach Stadt 2 geflogen, da er dort eine Simulator-Schulung zu absolvieren gehabt habe. Eine Kollegin der Antragstellerin habe den Antragsgegner bei Betreten des Fliegers um das Vorweisen seiner Identifikationskarte gebeten, da er diese trotz der Verpflichtung sie im Dienst stets erkennbar am Körper zu tragen, nicht vorgewiesen habe, und das Flugzeug noch vor den übrigen Passagieren betreten habe wollen. Er habe darauf äußerst unfreundlich und unkooperativ reagiert. Der Antragsgegner habe in weiterer Folge im vorderen Bereich des Flugzeuges, für den die Antragstellerin zuständig gewesen sei, platzgenommen. Er habe von Beginn an den Kontakt zu ihr gesucht, und habe sie unter anderem wiederholt gefragt, warum sie nicht auch auf der Boeing … arbeite. Der Antragsgegner sei Kapitän auf ebendiesem Flieger.
Als die Antragstellerin gerade dabei gewesen sei, Kaffee auszuschenken, habe er die Aussage getätigt: „Du bist ja eine ganz eine Flotte, das gefällt mir!". Zu einem späteren Zeitpunkt als sie gerade einem anderen Passagier zugewandt gewesen sei um dessen Tablett zu entfernen, habe er ihr mit seinem lediglich mit einem Socken bekleideten Fuß über den Fußrücken gestreichelt. Die Antragstellerin sei aufgrund der beengten Umgebung in einem Flugzeug und der grundsätzlichen Verpflichtung sich sämtlichen Passagieren gegenüber höflich zu verhalten, in diesem Moment nicht in der Lage gewesen, den körperlichen Übergriff entsprechend abzuwehren, habe sich jedoch sichtlich distanziert und reserviert verhalten. Unmittelbar nach diesem Vorfall habe sie sich außerdem an die beiden diensthabenden Piloten gewandt, wobei einer der beiden ihr Lebensgefährte gewesen sei. Dieser habe den Antragsgegner nach der Landung mit dem Vorfall konfrontiert, und ihm mitgeteilt, dass er so ein Verhalten nicht dulde. Die Antragstellerin habe weiters um ein sogenanntes „Debriefing“ gebeten; dabei handle es sich um die nachträgliche Besprechung nach einem sicherheitsrelevanten Vorfall. Die physische und psychische Bedrängnis einer Flugbegleiterin, die im Notfall auch gewisse Sicherheitsaufgaben habe, und diese unter Umständen aufgrund des vorhergehenden Übergriffs nicht mehr zu erfüllen vermöge, würde durchaus einen solchen Vorfall darstellen. Die Piloten würden hier jedoch aufgrund sogenannter „safety reasons“ um die Sicherheit während des Zeitraumes des Fluges zu gewährleisten, nicht als Personen agieren, die mit der Wahrnehmung der Fürsorgepflichten betraut gewesen seien. Im Zuge des Debriefings habe sich auch herausgestellt, dass der Antragsgegner zu der zu Beginn erwähnten Kollegin, als sie kurz vor der Landung gerade dabei gewesen sei die Kabine zu sichern, gesagt habe: „Sei froh, dass du nicht auf der … fliegst, sonst könntest du dich warm anziehen!“
Die Antragstellerin habe in weiterer Folge das Gespräch mit Frau Ygesucht, einer sogenannten „Vertrauensflugbegleiterin“ bei der X, bei der Betroffene ihre Anliegen vorbringen könnten. Diese Anliegen würden dann in einem offiziellen, aber anonymisierten Bericht weitergeleitet, in diesem Fall an den Flottenchef der Boeing ….
Es habe in weiterer Konsequenz ein Mitarbeitergespräch zwischen dem Flottenchef der Boeing … und dem Antragsgegner stattgefunden. Letzterer habe die Vorwürfe vollinhaltlich bestritten und mit Beschwerden über A und ihren Lebensgefährten gedroht, jedoch gleichzeitig angegeben, diese nicht einzubringen, sofern die Antragstellerin von der Weiterverfolgung der Belästigung absehen würde. Dies sei der Antragstellerin durch den Flottenchef mitgeteilt worden.
Die von der Antragstellerin glaubhaft dargestellten verbalen Äußerungen, sowie auch der körperliche Übergriff durch den Antragsgegner am 28. Oktober 2017 seien jedenfalls der sexuellen Sphäre zuzurechnen, haben die Würde von der Antragstellerin beeinträchtigt und seien für sie mehr als unangebracht und beschämend gewesen. Indem sie sich außerdem mit der Intention an die diensthabenden Piloten gewandt habe, dass diese sich an Z wenden würden um sein Verhalten zu unterbinden, habe sie auch deutlich gemacht, dass dieses unerwünscht gewesen sei. Er habe als Flugpersonal darüber hinaus die Anforderung an eine Flugbegleiterin gekannt, während eines Fluges den Passagieren gegenüber möglichst freundlich zu sein, sowie die damit einhergehende nur sehr eingeschränkte Möglichkeit, sich entsprechend gegen die Belästigung zu wehren, und habe diese Situation bewusst ausgenutzt. Es sei somit ein einschüchterndes, demütigendes und feindseliges Arbeitsumfeld geschaffen worden, welches die Antragstellerin in ihrer Würde beeinträchtigt habe. Aufgrund des Vorfalles fühle sie sich immer noch sehr belastet.
In der auf Ersuchen des Senates I der GBK vom Antragsgegner übermittelten Stellungnahme vom 5. Juli 2018 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Richtig sei, dass der Antragsgegner am 28. Oktober 2017 auf dem Flug … von Stadt 1 nach Stadt 2 als Passagier des Airbus … teilgenommen habe, da er in Stadt 2 dienstlich eine Simulator Schulung zu absolvieren gehabt habe. Da der Antragsgegner Flugkapitän auf der Boeing … sei, sei ihm die Antragstellerin als Flugbegleiterin des Airbus … zuvor nicht bekannt gewesen. Er habe zur Antragstellerin weder bis zu diesem Flug noch danach zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise persönlichen oder beruflichen Kontakt gehabt.
Auf besagtem Flug habe der Antragsgegner noch vor Betreten des Flugzeugs durch andere Passagiere im vorderen Bereich des Flugzeugs, für den die Antragstellerin zuständig gewesen sei, Platz genommen. Da der Antragsgegner die Antragstellerin wie erwähnt nicht gekannt habe, habe er sich namentlich bei ihr vorgestellt. Dies sei ein dieser Situationen entsprechender völlig üblicher Vorgang unter Arbeitskollegen, die als Passagiere dienstlich an einem Flug teilnehmen würden. Da der Antragsgegner starke Kopfschmerzen gehabt habe, habe er die Antragstellerin auch gefragt, ob sie ihm Kopfschmerztabletten bringen könnte. Dieser Bitte sei die Antragstellerin sogleich nachgegangen. Interessehalber habe er sich auch bei ihr erkundigt, auf welchem Flugzeug sie auf der Langstrecke fliege und sie habe die Boeing … genannt. Er fragte die Antragstellerin, warum sie nicht auf der Boeing … fliege, und sie habe seine Frage sinngemäß damit beantwortet, dass es ihr auf der Boeing … besser gefalle. Es sei ein ganz normaler kurzer verbaler Austausch unter Arbeitskollegen gewesen, die sich nicht kennen. Weder habe er — wie von der Antragstellerin behauptet „von Beginn an Kontakt zu ihr gesucht“ noch sie „wiederholt gefragt, warum sie nicht auch auf der Boeing … arbeiten würde“.
Zu dem Vorwurf „du bist ja eine ganz Flotte, das gefällt mir“ könne er nur sagen, dass diese Aussage im Gesamtzusammenhang in völlig anderer Form getätigt worden sei, nämlich im Sinne von „schnell“, da die Antragstellerin tatsächlich als geübte und erfahrene Flugbegleiterin beim Servieren des Kaffees sehr routiniert und schnell gearbeitet habe, wie zuvor auch schon bei der Herbeiholung der Kopfschmerztablette. Das Wort „Flotte“ als erotische Anspielung hingegen gehöre grundsätzlich nicht zu seinem Sprachgebrauch. Der Vollständigkeit halber möchte er noch hinzufügen, dass er von Beginn an und auch während des gesamten Fluges mit der mentalen Vorbereitung und der konzentrierten Durchsicht von Unterlagen im Hinblick auf den bevorstehenden Simulator Flug, der jedes Mal eine besondere Herausforderung darstelle, beschäftigt gewesen sei und alleine schon deshalb der Antragstellerin als Flugbegleiterin kaum Beachtung entgegengebracht habe.
Wie bereits erwähnt sei dem Antragsgegner während des Fluges ein Platz im vorderen Bereich zugewiesen worden. Er sei auf einem „Gangsitz“ gesessen, der Fensterplatz neben ihm sei frei gewesen. Der Platz vor ihm sei ebenfalls frei gewesen, rechts schräg vor ihm sei der Fensterplatz besetzt gewesen. Wie von der Antragstellerin richtig behauptet, habe er während des Fluges großteils eine Sitzposition dergestalt eingenommen, dass er seine Füße geradeaus unter den leeren Sitz hindurch vor ihm ausgestreckt habe. Richtig sei, dass er — wie auf allen seinen Flügen und wie sehr viele Passagiere auch — aus Bequemlichkeitsgründen seine Schuhe ausgezogen gehabt habe und nur mit Socken bekleidet gewesen sei. Berücksichtigt man die auch von der Antragstellerin erwähnte beengte Umgebung in einem Flugzeug und die Körpergröße des Antragsgegners von 1,90m mit dementsprechend langen Beinen, so sei es erfahrungsgemäß naheliegend, dass seine Füße unter dem Vordersitz hervorgeragt haben. Bei dem von der Antragstellerin genannten „anderen Passagier“, dessen Tablett sie entfernt habe, handle es sich um den rechts schräg am Fensterplatz vor ihm sitzenden Passagier. Um dessen Tablett entfernen zu können, sei die Antragstellerin ganz nah an den Sitz vor dem Antragsgegner herangetreten, unter dem seine Füße herausgeragt haben und habe sich zum Fensterplatz hin gebeugt. Entgegen der Behauptung, er hätte der Antragstellerin mit dem Fuß über den Fußrücken gestreichelt, sei es vielmehr so gewesen, dass die körperliche Berührung dadurch zustande gekommen sei, dass die Antragstellerin beim Abservieren – er habe angenommen unbeabsichtigt – an seinem Fuß angekommen bzw. gestoßen sei, insofern also der sogenannte „körperliche Übergriff“ von der Antragstellerin ausgegangen sei. Er sei auch verwundert darüber gewesen, dass von der Antragstellerin, wie in solchen Situationen üblich, weder eine Entschuldigung noch sonst eine Bemerkung getätigt worden sei. Genau dies habe er auch seinem Flottenchef Wdamals geschildert, wie im angefügtem Schreiben ersichtlich sei. Unabhängig davon hätte er wohl aufgrund der Enge und seiner Körpergröße kaum genügend Spielraum für etwaige Beinbewegungen zum Füße-Streicheln gehabt. In diesem Zusammenhang von einem körperlichen Übergriff im Sinne einer sexuellen Belästigung gem. § 6 Abs. 1 Z 3 GIGB seinerseits gegenüber der Antragstellerin zu sprechen, entbehre jeglicher sachlichen und rechtlicheren Grundlage.
Richtig sei, dass der Lebensgefährte und diensthabende Pilot der Antragstellerin dem Antragsgegner nach der Landung sinngemäß mitgeteilt habe, dass er es nicht dulde, wenn man seine Lebensgefährtin „anmache“. Dabei habe er ihm aber keinerlei Erklärung bzw. Möglichkeit einer Erwiderung gegeben, da er ihm diese Mitteilung mehr oder weniger nur durch entferntes Zurufen im Vorbeigehen gemacht habe. Ihm sei zu diesem Zeitpunkt völlig unklar gewesen, was der Lebensgefährte der Antragstellerin meine, ihm sei es aber leider nicht möglich gewesen, dessen Aussage zu hinterfragen oder Klarstellung zu fordern.
Obwohl das von der Antragstellerin behauptete Verhalten seinerseits einer anderen Kollegin gegenüber beim Einsteigen bzw. auf dem Flug in keinerlei rechtlichem oder sachlichem Zusammenhang mit der behaupteten Diskriminierung stehe, möchte er noch der Vollständigkeit halber erwähnen, dass er beim Einsteigen seine Identitätskarte zwar nicht sichtbar am Körper getragen habe, diese jedoch unverzüglich der Kollegin über deren Aufforderung vorgewiesen habe. Dabei habe sich mit dieser auch ein ganz kurzes beidseitiges humorvolles Gespräch ergeben, ein unkooperatives und unfreundliches Verhalten seinerseits sei völlig aus der Luft gegriffen.
Von einer Beschwerde seitens der Antragstellerin habe der Antragsgegner erst durch seinen Flottenchef Werfahren, demgegenüber er auch eine kurze Stellungnahme abgegeben habe, welche sich im Anhang befinde.
Hervorheben möchte er noch, dass, abgesehen von einer fehlenden Entschuldigung wegen des Fußes, die Antragstellerin sich während des gesamten Fluges ihm gegenüber sehr höflich verhalten und ihm gegenüber zu keinem Zeitpunkt ein distanziertes, reserviertes oder abwehrendes Verhalten gesetzt habe.
Gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 GIBG liegt eine Diskriminierung begründende sexuelle Belästigung vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt, wobei gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GIBG eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch dann vorliegt, wenn eine Person durch Dritte, etwa Arbeitskollegen, im Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis sexuell belästigt wird.
Unter Zugrundelegung eines von Gesetzes wegen geforderten objektiven Maßstabs sowie unter Berücksichtigung subjektiver Kriterien könne anhand seiner Stellungnahme nicht von einem der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhalten ausgegangen werden, welches die Würde der Antragstellerin verletzt habe. Weder seien von ihm wiederholte Verhaltensweisen noch eine einzelne schwerwiegende Belästigungshandlung gesetzt worden, welche den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfülle. Darüber hinaus sei von ihm — wie von Gesetzes wegen gefordert — auf diesem lediglich ca. 55-minütigem Flug zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise eine für die Antragstellerin einschüchternde, demütigende oder feindselige Arbeitsumwelt geschafften worden.
Der Antrag auf Einleitung eines Verfahrens gem. § 12 Abs. 1 GBK/GAW-Gesetz entbehre somit jeglicher sachlichen und rechtlicheren Grundlage.
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
Der Senat I der GBK stützt sein Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin vom 12. Oktober 2020 und des Antragsgegners vom 1. Dezember 2020. Als weitere Auskunftspersonen wurden V am 12. Oktober 2020 sowie W am 1. Dezember 2020 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf die ergänzenden Unterlagen der GAW vom 07. Januar 2019 sowie vom 23. Oktober 2020.
BEGRÜNDUNG2
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:
„§ 6. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person
[...]
3. durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder [...]
(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und
1. eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.
Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des § 6 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.
Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/der Antragstellers/Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem/der AntragsgegnerIn obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.
Bei einer (sexuellen) Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, der Antragsgegner hätte die Antragstellerin verbal belästigt, indem er sagte „du bist ja eine ganz eine Flotte, das gefällt mir“ und sie mit seinem Fuß am Fußrücken gestreichelt, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:
Die Antragstellerin ist seit 2005 Flugbegleiterin bei X. Seit Mai 2017 ist sie als Senior-Flugbegleiterin tätig. Der Antragsgegner ist als Pilot bei X beschäftigt. Bei X besteht ein starkes Hierarchiegefälle zwischen PilotInnen und FlugbegleiterInnen. Am 28. Oktober 2017 arbeitete die Antragstellerin auf dem Flug … von Stadt 1 nach Stadt 2. Der Antragsgegner nahm als Telepassagier an diesem Flug teil, um in Stadt 2 eine Simulator-Schulung zu absolvieren. Der Antragsgegner betrat das Flugzeug über die hintere Türe und zeigte erst nach Aufforderung durch die dort anwesenden Junior-Flugbegleiterinnen seine Identitätskarte vor.
Der Antragsgegner versuchte die Antragstellerin in Smalltalk zu verwickeln und mit ihr zu witzeln. Außerdem fragte er sie mehrfach, warum sie nicht auch auf der Boeing … arbeiten würde, da er Kapitän auf diesem Flieger ist. Als die Antragstellerin gerade Kaffee ausschenkte, hat der Antragsgegner die Aussage getätigt: „Du bist ja eine ganz eine Flotte, das gefällt mir!“. Der Antragsgegner hatte seine Schuhe ausgezogen und sie unter dem Vordersitz durchgestreckt. Als die Antragstellerin das Tablett von einem schräg vor dem Antragsgegner sitzenden Passagier entfernte, berührte der Antragsgegner mit seinem Fuß den Fußrücken der Antragstellerin für einige Sekunden. Aufgrund der räumlichen Einschränkung in einem Flugzeug konnte die Antragstellerin den körperlichen Übergriff nicht entsprechend abwehren. Die Antragstellerin verstaute aufgrund der Sicherheitsvorgaben zügig die abgeräumten Gegenstände und wandte sich unmittelbar danach an die beiden diensthabenden Piloten, wobei der Pilot, V, zu dem Zeitpunkt ihr Lebensgefährte war. Die Antragstellerin war aufgrund der Vorfälle sehr aufgewühlt und in ihrer Konzentration beeinträchtigt. Nachdem die Antragstellerin bereits wusste, dass sie bei der Verabschiedung der Passagiere – und somit auch des Antragsgegners – alleine vorne im Flugzeug stehen würde, bat sie einen der Piloten sich bei der Verabschiedung zu ihr zu stellen, was weder vorgesehen ist noch die Antragstellerin in ihrer bisherigen Karriere je gebeten hatte. Bei der Landung saß die Antragstellerin ebenfalls alleine vorne. Da sie von ihrem „Jumpseat“ aus Blickkontakt mit dem Antragsgegner gehabt hätte, lehnte sie ihren Oberkörper weit nach links, um ihn nicht sehen zu müssen.
Der Pilot V konfrontierte den Antragsgegner nach der Landung mit dem Vorfall indem er ihm aus dem Flugzeug folgte und sagte, dass es nicht geduldet wird, wenn seine Lebensgefährtin von ihm angemacht wird. Der Antragsgegner war perplex, hatte aber keine Möglichkeit auf die Situation zu reagieren. Die Antragstellerin war von dem Vorfall derart mitgenommen, dass sie nach der Landung erneut ins Cockpit ging und den Co-Piloten U bat die Verabschiedung zu übernehmen, damit sie sich kurz in Ruhe hinsetzen und die Situation verarbeiten kann.
Die Antragstellerin entschied sich dazu mit der Besatzung ein sogenanntes „Debriefing“ abzuhalten – dabei handelt es sich um die nachträgliche Besprechung nach einem sicherheitsrelevanten Vorfall. Im Zuge dessen teilte ihr eine Junior-Flugbegleiterin mit, dass der Antraggegner ihr gegenüber erwähnte, wenn sie … fliegen würde, könnte sie sich warm anziehen, da er ihre Reaktion in der Situation als er das Flugzeug betreten wollte als frech empfand.
Bei der X gibt es zwei Berichtssysteme. Eines ist das Offizielle, das andere läuft über die Vertrauensflugbegleiterin oder den Vertrauenspiloten. Die Antragstellerin wandte sich an die Vertrauensflugbegleiterin, Y, die wiederum Kontakt zum Flottenchef des Antragsgegners, W aufnahm. Der Flottenchef führte mit dem Antragsgegner ein Gespräch über den Vorfall. Nicht festgestellt werden konnte inwiefern das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in diesem Gespräch aufgearbeitet wurde.
In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1. Z 3 GlBG vor.
Als Dritte iSd § 6 kommen vom/von der ArbeitgeberIn und der belästigten Person verschiedene Personen in Betracht. Im Fall des § 6 Abs. 1 Z 3 sind das zB ArbeitskollegInnen der belästigten Person, Vorgesetzte, GeschäftspartnerInnen oder KundInnen des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin.4
Unter dem Begriff des der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhaltens sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise unsittliche Redensarten5, anzügliche – sei es auch in „Komplimente“ verpackte – Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten im Privatleben, unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht, „zufällige“ Körperberührungen und erzwungene Umarmungen6.
Um von einer sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs. 2 sprechen zu können, muss durch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten des Weiteren die Würde einer Person beeinträchtigt oder deren Beeinträchtigung zumindest bezweckt werden.7 Ein die Würde verletzendes Verhalten liegt erst ab einem gewissen Mindestmaß an Intensität vor. Nach den Gesetzesmaterialien zum ArbBG sollen Beispiele wie das Nachpfeifen oder die unerwünschte Einladung zum Kaffee oder zum Essen „grundsätzlich“ nicht genügen, um bereits die Voraussetzung der Verletzung der Würde und damit den Tatbestand der sexuellen Belästigung zu erfüllen. Anders zu sehen ist dies aber uU dann, wenn zwar die einzelnen Belästigungshandlungen nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen, dafür aber immer wieder erfolgen.8
Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.
Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass das belästigende Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig sein muss (§ 6 Abs. 2). Ein Verhalten ist dann unerwünscht, wenn es gegen den Willen oder ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgt. Einzelne Menschen sollen selbst bestimmen, welches Verhalten für sie noch akzeptabel ist und welches Verhalten sie bereits als beleidigend empfinden. Durch die Unerwünschtheit wird eine sexuelle Belästigung von freundschaftlichem Verhalten, das willkommen und gegenseitig ist, unterschieden.9
Schon die Gesetzesmaterialien zum ArbBG betonen, dass für den/die BelästigerIn erkennbar sein muss, dass das Verhalten für die betroffene Person unerwünscht ist. An das ablehnende Verhalten der betroffenen Person dürfen jedoch keine allzu hohen Ansprüche gestellt werden. Dabei geht es keinesfalls um eine Ablehnungspflicht, sondern äußerstenfalls – beschränkt auf Grenzfälle, missverständliche Situationen etc. – um eine Ablehnungsobliegenheit. Abgelehnt und damit unerwünscht ist ein Verhalten keineswegs erst dann, wenn sich die betroffene Person lautstark zur Wehr setzt; die Ablehnung eines bestimmten Verhaltens kann auch schlüssig erfolgen.10
Weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 6 Abs. 2 Z 1 ist, dass ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Meistens wird die „Arbeitsumwelt“ erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Doch wie schon oben erwähnt, kann bereits eine einzelne Belästigungshandlung derartig schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.11 Durch körperliche Kontakte gegen den Willen der betroffenen Person (sog. „Begrapschen“) wird im Allgemeinen die Toleranzgrenze überschritten.12
Sexuelle Belästigung liegt somit vor, wenn ein objektiv der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, und dieses Verhalten objektiv eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass für die betroffene Person dieses Verhalten ein unerwünschtes, unangebrachtes oder anstößiges darstellt.
Der Antragsgegner ist Dritter iSd § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG, da er ebenso wie die Antragstellerin beim X beschäftigt ist. Er hat auch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt, das die Würde der Antragstellerin beeinträchtigte, indem er zu ihr sagte: „Du bist ja eine ganz eine Flotte, das gefällt mir!“ und ihren Fußrücken mit seinem Fuß berührte. Das vom Gesetz geforderte Mindestmaß an Intensität sah der Senat in diesem Fall als gegeben an, da es, obwohl es sich hier nur um ein einmaliges Verhalten handelte, eine besondere Situation war, in der sich die Antragstellerin befand. Sie hat als Flugbegleiterin ihre Arbeit unter großer Konzentration zu verrichten und ist für eine Reihe an Abläufen und Sicherheitsaspekten zuständig. Dass die Antragstellerin im Anschluss an den Vorfall nicht mehr die volle Konzentration aufbringen konnte, konnte diese in ihrer persönlichen Befragung realitätsnah und äußerst glaubhaft schildern. Weiters zeigt sich die fehlende Konzentration auch daran, dass sie ins Cockpit ging, um den Vorfall zu melden, einen Piloten ersuchte bei der Verabschiedung bei ihr zu stehen, obwohl dies nicht vorgesehen ist, sie bei der Landung eine schiefe Körperposition einnahm, um keinen Blickkontakt mit dem Antragsgegner zu haben und nach der Landung vom Co-Piloten bei der Verabschiedung abgelöst werden musste, um sich im Cockpit hinzusetzen. Dies konnte auch durch die Auskunftsperson V bestätigt werden, der angab, dass der Antragstellerin das Verhalten des Antragsgegners sehr unangenehm war, sie sich belästigt fühlte und dass man durch solche Vorfälle in seiner Arbeit beeinflusst wird. Aufgrund der Sicherheitsaspekte ist deshalb bereits ein einmaliger Vorfall ausreichend, um die geforderte Intensität zu erfüllen.
Das Verhalten des Antragsgegners war auch unerwünscht für die Antragstellerin, was sich darin zeigte, dass die Antragstellerin sich unmittelbar im Anschluss an den Vorfall trotz der Kürze des Fluges an die diensthabenden Piloten wandte, um den Vorfall zu schildern, darum bat, dass ein Pilot bei der Verabschiedung bei ihr steht, damit sie den Antragsgegner nicht alleine verabschieden muss, sie bei der Landung absichtlich eine unbequeme Körperhaltung einnahm, um keinen Blickkontakt mit dem Antragsgegner zu haben und sie ein „Debriefing“ mit allen Besatzungsmitgliedern durchführte.
Weiters ist die Voraussetzung, dass eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitswelt für die betroffene Person geschaffen werden muss/bezweckt wird, erfüllt. Die Antragstellerin fühlte sich, wie festgestellt, derart unwohl, dass sie den Vorfall unmittelbar im Cockpit meldete und noch am selben Abend – gegen Mitternacht – ein Gedächtnisprotokoll anfertigte. Weiters war für sie eine einschüchternde und feindselige Arbeitswelt geschaffen, was sich darin erkennen ließ, dass sie ein „Debriefing“ mit ihren KollegInnen durchführte, um diesen aufzuzeigen, dass auch diese ein derartiges Verhalten nicht zu dulden haben sowie dass sie sich an die Vertrauensflugbegleiterin wandte, damit der Vorfall aufgearbeitet werden kann.
Der Antragstellerin gelang es, im vorliegenden Fall den glaubhaften Anschein einer sexuellen Belästigung darzulegen. Denn ihre Schilderung – der Antragsgegner habe eine anzügliche Bemerkung gemacht und mit seinem Fuß ihren Fußrücken gestreichelt – ließ darauf schließen, dass sie vom Antragsgegner im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis sexuell belästigt wurde. Dass das Verhalten des Antragsgegners für die Antragstellerin unerwünscht und unangebracht war, konnte diese bei ihrer mündlichen Befragung durch den Senat glaubwürdig und nachvollziehbar darlegen. Bei dieser Befragung kam auch die persönliche Betroffenheit der Antragstellerin zum Ausdruck.
Daher verlagerte sich die Beweislast auf den Antragsgegner.
Die Argumentationslinie des Antragsgegners fokussierte stark auf die fehlende Absicht seinerseits ein sexuell belästigendes Verhalten gesetzt zu haben.
Den Vorfall, dass der Antragsgegner zur Antragstellerin gesagt habe: „du bist ja eine ganz eine Flotte, das gefällt mir!“ und dass eine Berührung stattgefunden hat, wobei diese von ihm als unabsichtliches Ankommen der Antragstellerin an seinem Fuß beschrieben wurde, bestätigte der Antragsgegner, wobei er sich nicht erinnern konnte, ob das Wort „Flotte“ oder „Schnelle“ gefallen ist. Ob er dies, wie er in der schriftlichen Stellungnahme und seiner mündlichen Befragung ausführte, aus reinem Lob über ihre Schnelligkeit gesagt hat oder es gezielt als anzügliche Bemerkung gedacht war, sowie dass die Berührung am Fuß aus einem unabsichtlichen Zusammenstoß resultiert ist, ist irrelevant. Die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin ist grundsätzlich verschuldensunabhängig. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob der Antragsgegner die Absicht hatte, die Antragstellerin zu belästigen.13
Für die glaubhafte Darstellung der Antragstellerin spricht, neben ihrer eigenen Befragung, auch die Aussage der Auskunftsperson V, der trotz seiner nicht mehr aufrechten Partnerschaft zur Antragstellerin glaubhaft wiedergeben konnte, dass sie die Situation damals glaubwürdig und detailliert schildern konnte. Sie konnte die genaue Wortwahl, die Bewegungen und die erfolgte Berührung genauestens wiedergeben. Ebenso spricht nach Meinung des Senates für die Darstellung der Antragstellerin, dass V der Antragstellerin offensichtlich derart Glauben schenkte, sodass er sich veranlasst sah alsbald nach der Landung das Cockpit zu verlassen und den Antragsgegner zur Rede zu stellen.
Die Auskunftsperson W erschien in seiner Schilderung glaubwürdig, dass der Antragsgegner sehr raumeinnehmend kommuniziert und durch seine Art vom Gegenüber Aussagen anders aufgenommen werden können, als sie möglicherweise gemeint waren.
Es wird festgehalten, dass der Senat aufgrund der Schilderungen des Antragsgegners nicht davon ausgeht, dass dieser die Verhaltensweisen gegenüber der Antragstellerin in der Absicht gesetzt hat, ihre Grenzen im Sinne einer vorsätzlichen Belästigungshandlung zu überschreiten. Es wird jedoch nochmals betont, dass es unerheblich ist, ob der Antragsgegner die Absicht hatte, die Antragstellerin zu belästigen oder es womöglich eine bloß zweideutige Aussage sowie eine unabsichtliche Berührung waren, die vom Antragsgegner nicht mit belästigender Intention gesetzt wurden. Das subjektive Empfinden, ob für eine Person das Verhalten eines anderen bereits belästigend ist oder nicht, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Dieser Umstand ist zu respektieren und in der Überprüfung mitzudenken, zumal die Antragstellerin das Verhalten des Antragsgegners offenkundig nicht als schmeichelhaft, sondern als verstörend und zutiefst unangenehm empfunden hat. Dass sie dieses in diesem Moment nicht entsprechend abwehren konnte, erklärt sich aus ihrer Schilderung der beengten Umgebung in einem Flugzeug und der grundsätzlichen Verpflichtung eines/einer FlugbegleiterIn sich sämtlichen Passagieren gegenüber höflich zu verhalten.
Zusammengefasst geht der Senat davon aus, dass der Antragsgegner durch die von ihm getätigten Äußerungen und Handlungen, objektiv ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt hat, das aufgrund der Intensität geeignet war, die Würde der Antragstellerin zu beeinträchtigen, für die Antragstellerin persönlich unerwünscht war und zudem objektiv geeignet war, eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt zu schaffen.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
VORSCHLAG
Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird der Antragsgegner, Z, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:
Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.
Wien, 1. Dezember 2020
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senates I der GBK
1 Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.
2 Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.
3 Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.
4 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 9.
5 Vgl. Posch in Rebhahn/GlBG, §§ 6-7 Rz 76f.
6 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 20.
7 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 21.
8 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 24.
9 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 25.
10 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 26.
11 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 28.
12 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 29.
13 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 12.
Zuletzt aktualisiert am
10.05.2021