TE Lvwg Erkenntnis 2021/4/12 LVwG-2020/41/2229-3

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Veröffentlicht am 12.04.2021
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Entscheidungsdatum

12.04.2021

Index

86/01 Veterinärrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

TierschutzG 2005 §15
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Riedler über die Beschwerde der Frau AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 31.08.2020, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Tierschutzgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG 1991 eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 31.08.2020 wurde der Beschwerdeführer spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie, Frau AA, geb. xx.xx.xxxx in X, wohnhaft in ****W, Adresse 2, haben es als Tierhalterin der Hündin “C", geb.: xx.xx.xxxx, Rasse: Mischling, Heimtierausweisnummer: ***, Chipcode: ***, zu verantworten, im Zeitraum vom 15.11.2018 bis Ende März 2019 (= Zeitpunkt der Diagnose von hochgradig erhöhten Nierenwerten bis zur Weitergabe der Hündin) nicht für die tiermedizinisch notwendige Behandlung der an einer Nierenerkrankung leidenden Hündin “C“ gesorgt zu haben, obwohl ein Tier das Anzeichen einer Krankheit oder Verletzung aufweist unverzüglich ordnungsgemäß versorgt werden muss, erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Tierarztes.“

Die Beschwerdeführerin habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 38 Abs 3 iVm § 15 Tierschutzgesetz verletzt und wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 250,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 11 Stunden) verhängt. Weiters wurde ein Beitrag zu den Verfahrenskosten der belangten Behörde festgesetzt.

Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass am 15.11.2018 bei der sich in der Obhut der Beschwerdeführerin befundenen Hündin „C“ hochgradig erhöhte Nierenwerte diagnostiziert worden seien und von der Beschwerdeführerin für den Zeitraum 15.11.2018 bis Ende März 2019 keine Unterlagen über eine ordnungsgemäße tiermedizinische Betreuung der Hündin in den Monaten November 2018 bis März 2019 vorgelegt werden hätten können. Physiotherapie und die verwendeten Nahrungsergänzungsmittel seien keine adäquaten tiermedizinischen Maßnahmen zur Behandlung einer Nierenerkrankung gewesen. Ein einsichtiger und besonnener Tierhalter hätte eine entsprechende tiermedizinische Versorgung sichergestellt.

Gegen diese Strafentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde der rechtsfreundlich vertretenen AA, mit welcher die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses, in eventu die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gem § 45 Abs 1 VStG, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung, in eventu die Behebung der Strafentscheidung und Zurückverweisung der Rechtssache zur Verfahrensergänzung sowie zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch die Verwaltungsbehörde und schließlich in eventu die entsprechende Herabsetzung der Geldstrafe beantragt wurden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol wurde ebenfalls beantragt.

Die Hündin „C“ habe sich von April 2018 bis Ende März 2019 in der Obhut der Beschwerdeführerin befunden. Diese habe an einer chronischen Niereninsuffizienz gelitten und sei ab dem 16.04.2018 durchgehend in der Tierordination Y des Tierarztes DD tiermedizinisch betreut worden. Trotz regelmäßiger und engmaschiger Kontrolltermine beim Tierarzt habe sich das Nierenleiden der Hündin nicht geändert, wie sich auch aus einer Diagnose vom 15.11.2018 ergeben habe, in welcher zum wiederholten Male erhöhte Nierenwerte diagnostiziert worden seien. Die Beschwerdeführerin habe auch noch nach Mitte November 2018 regelmäßig das Medikament Ipakitine beim Tierarzt DD für die Hündin bezogen und dieser verabreicht. Dabei handle es sich um ein Ergänzungsfuttermittel zur Behandlung bei chronischen Nierenschwächen. Zudem habe Tierarzt DD anlässlich eines weiteren Termins in der Ordination Anfang Dezember 2018 ausgeführt, dass zukünftige Kontrolltermine nur mehr in zwei - bis drei monatigen Intervallen vorgenommen werden sollten. Die Beschwerdeführerin habe sich bis zur Abgabe der Hündin im März 2019 jedenfalls ausreichend und verantwortungsvoll um diese gekümmert. Auf die Verabreichung einer Sechsfachimpfung in der Ordination DD am 21.03.2019 wurde ebenso verwiesen wie auf Wassertherapie/Aquatraining und Physiotherapie in der Tierarztpraxis EE in den Monaten Jänner bis März 2019.

Vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol wurde in der gegenständlichen Beschwerdesache am 21.01.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Zeuge Diplom-Tierarzt DD und der veterinärfachliche Amtssachverständige der belangten Behörde, FF, einvernommen wurden.

II.      Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Strafakt der belangten Behörde sowie durch Einvernahme des die Hündin „C“ seinerzeit behandelnden DI-Tierarztes DD und des veterinärfachlichen Amtssachverständigen FF im Zuge einer am 21.01.2021 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol.

Am 18.07.2019 ging im Veterinärreferat der Bezirkshauptmannschaft Y eine E-Mail von Frau GG ein, in welcher es um die Hündin „C“ ging, die sich von April 2018 bis Ende März 2019 in der Obhut der Beschwerdeführerin in der Tierpension JJ in W befand. Frau G beschwerte sich dabei über die ihrer Meinung nach fragwürdige Pflege und den Gesundheitszustand der Hündin während ihrer Unterbringung bei der Beschwerdeführerin. Verwiesen wurde auf einen Untersuchungsbericht des KK vom 17.07.2019, wonach „C“ seit Monaten an einer schweren Blasenentzündung gelitten habe, die Nierenwerte bereits sehr schlecht gewesen seien und die Hündin unterernährt und in einem schlechten Gesundheitszustand gewesen sei. Der die Hündin behandelnde Tierarzt DD in Y habe die Beschwerdeführerin Anfang Dezember 2018 ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass die Hündin eine Blasenentzündung habe und dringend behandelt werden müsse. Trotz dieser Diagnose sei die Hündin nicht mehr zu ihm gebracht worden.

Die Beschwerdeführerin wurde in weiterer Folge vom Amtstierarzt der belangten Behörde am 07.08.2019 schriftlich aufgefordert, veterinärmedizinische Unterlagen über die Behandlung der Hündin vorzulegen. Nach Auswertung der eingereichten Unterlagen sowie einer Befragung der Beschwerdeführerin durch eine Assistentin des Amtstierarztes konnte festgestellt werden, dass die Hündin „C“, bei der aufgrund einer Schussverletzung in Rumänien eine Lähmung der Hintergliedmaßen und eine Nierenfunktionsstörung befundet wurde und die über den Verein „OO“ im April 2018 in die Obhut der Beschwerdeführerin übergeben worden war, vom 16.04.2018 bis zum 15.11.2018 in der Tierordination Y des Tierarztes DD in Y tiermedizinisch betreut wurde. Obwohl am 15.11.2018 erhöhte Nierenwerte diagnostiziert wurden, konnten im Zeitraum von Mitte November 2018 bis Ende März 2019 keine weiteren Unterlagen über eine tiermedizinische Behandlung vorgelegt werden. Lediglich am 21.03.2019 wurde von Tierarzt DD bei der Hündin eine Sechsfachimpfung durchgeführt und zur Unterstützung der Nierenfunktion am 25.09.2018 und im Februar 2019 das Präparat Ipakitine, ein Ergänzungsfuttermittel zur Behandlung einer chronischen Nierenschwäche, in der Tierarztpraxis DD verschrieben. Weiters erhielt die Hündin „C“ bis 12.03.2019 in der Tierpraxis EE in V Physiotherapie.

Den aktenkundigen Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Hündin „C“ am 16.04.2018, am 30.04.2018, am 22.05.2018, am 01.06.2018, am 08.06.2018, am 13.06.2018, am 25.07.2018, am 16.08.2018, am 25.09.2018, am 15.11.2018 und am 16.11.2018 in der Tierarztordination DD behandelt wurde. Beim letzten Behandlungstermin am 16.11.2018 erhielt die Hündin aufgrund einer erlittenen Bissverletzung eine entzündungshemmende und antibiotische Antibiotikabehandlung. Am Vortag wurde bei der Hündin, die selbständig stehen konnte, eine Blutabnahme durchgeführt und ein geriatrisches Profil erstellt. Dieses Profil ergab bei der Niere einen Kreatininwert von 2,2 (Referenzwert 0,5 – 1,5) und einen Harnstoff-N-Wert von 60 (Referenzwert 9 – 29), aus der Sicht des behandelnden Tierarztes dem Alter der Hündin entsprechend zwar hohe, aber keine sehr hohen Werte. Die Niereninsuffizienz erschien Tierarzt DD mit Nierendiätfutter behandelbar. Die restlichen Werte (zB Natrium, Chlorid, Kalium) beurteilte DD für in Ordnung, was nach seiner Einschätzung für eine gute Pflege der Hündin durch die Beschwerdeführerin sprach. Eine gewisse Nierenschädigung wurde vom behandelnden Tierarzt bei den festgestellten Verletzungen der Hündin in Kauf genommen und eine neuerliche Blutabnahme in einem Abstand von zwei bis drei Monaten empfohlen. Die Hündin konnte regelmäßig fressen und wieder urinieren, der Tierarzt hatte den Eindruck, dass es mit der Hündin wieder bergauf ging. Am 21.03.2019 erhielt „C“ vom Tierarzt DD eine Sechsfachimpfung, die Hündin war damals in einem impfbaren Zustand. Auf eine Blutentnahme zur Kontrolle des dauerhaften Nierenleidens wurde anlässlich dieser Impfung verzichtet, zumal Frau L vom Verein „MM“ weitere Untersuchungen in einer Tierarztpraxis ihres Vertrauens vornehmen lassen wollte.

Die erstmalige Vorstellung der Hündin „C“ am 28.03.2019 im KK, Deutschland, ergab einen schlechten Pflegezustand, eine hochgradige Muskelatrophie beider Hintergliedmaßen, eine Nichtstehfähigkeit der Hündin und eine chronische Blasenentzündung mit Schädigung der Nieren. Eine Umstellung auf eine Nierendiät sowie unterstützende homöopathische Mittel zur Stärkung der Nierenfunktion wurden ebenso empfohlen wie eine Physiotherapie, um die Muskulatur der Hinterbeine zu kräftigen.

Der als Zeuge einvernommene Diplom Tierarzt DD hat anlässlich seiner Einvernahme im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 21.01.2021 glaubhaft den Eindruck vermitteln können, dass die Beschwerdeführerin die an Niereninsuffizienz leidende Hündin „C“ ordnungsgemäß versorgt und diese regelmäßigen tierärztlichen Behandlungen zugeführt hat. Die Hündin habe, auch aufgrund regelmäßiger Physiotherapie, gute Fortschritte gemacht und habe selber stehen, regelmäßig fressen und urinieren können. Eine neuerliche Blutabnahme sei aufgrund der Mitte November 2018 diagnostizierten zwar hohen, aber nicht sehr hohen Nierenwerte in einem Abstand von zwei bis drei Monaten empfohlen worden. Auch wenn nach dem Befund von NN vom 16.11.2018 weitere Untersuchungen empfohlen wurden, wurde gegenüber der Beschwerdeführerin eine weiterhin regelmäßige tierärztliche Betreuung nicht für erforderlich erachtet. Die Hündin wurde am 21.03.2019 von DD in einem impfbaren Zustand beurteilt und einer Sechsfachimpfung unterzogen. Vom veterinärärztlichen Amtssachverständigen FF wurde bei seiner Einvernahme vor dem Landesverwaltungsgericht ausgeführt, dass für eine erfolgreiche Impfung ein halbwegs gesunder Zustand des Organismus des geimpften Tieres erforderlich ist, um eine Immunantwort zu entwickeln und somit eine Schutzwirkung aufzubauen. Wenn die Hündin in einem Zustand war, wie dieser am 28.03.2019 in der KK festgestellt wurde, wäre diese eine Woche vorher nicht impffähig gewesen und hätte die Sechsfachimpfung nicht erhalten können. Diese unterschiedlichen Einschätzungen können der Beschwerdeführerin nicht zum Nachtteil gereichen. Vom Amtssachverständigen wurde auch eingeräumt, dass eine Zystitis, also eine Blasenentzündung, wie diese am 28.03.2019 diagnostiziert wurde, rasch entstehen kann, sodass das Nichtvorliegen dieser Erkrankung etwa eine Woche vorher bei der verabreichten Impfung nicht ausgeschlossen werden kann. Eine hochgradige Muskelatrophie sowie eine Blasenentzündung wurde von Tierarzt DD nicht diagnostiziert und folglich die Beschwerdeführerin damit auch nicht konfrontiert.

Die Beschwerdeführerin hat sich bei den letzten tierärztlichen Behandlungen der Hündin „C“ am 15./16.11.2018 auf die Einschätzung des behandelnden Tierarztes DD darauf verlassen, dass die festgestellte Niereninsuffizienz mit einem Kreatininwert von 2,2 und einem Harnstoff-N-Wert von 60 mit Nierendiätfutter behandelt werden kann. Der Behandlung mit dem Nahrungsergänzungsmittel Ipakitine hat die Beschwerdeführerin ihre Hündin in weiterer Folge auch unterzogen und sich im Übrigen auf die tierärztliche Einschätzung der Notwendigkeit einer weiteren tierärztlichen Vorstellung ihrer Hündin in einem Intervall von zwei bis drei Monaten verlassen. Der Tierbefund der KK über die erstmalige Vorstellung der Hündin C am 28.03.2019 über einen schlechten Pflegezustand steht in Widerspruch zur Beurteilung des Gesundheitszustandes des die Hündin über Monate vorher betreuenden Tierarztes DD und der von ihm am 21.03.2019 verabreichten Sechsfachimpfung, für welche ein einigermaßen gesunder Zustand des Organismus der Hündin notwendig war. Vom KK wurde im Bericht vom 17.07.2019 eine Umstellung auf eine Nierendiät sowie unterstützende homöopathische Mittel zur Stärkung der Nierenfunktion sowie eine Kräftigung der Muskulatur der Hinterbeine durch Physiotherapie empfohlen. Für eine Behandlung mit Nierendiätfutter und Physiotherapie/Aquatherapie hat die Beschwerdeführerin in dem ihr zur Last gelegten Zeitraum gesorgt. Der Bericht des Zentrums für KK wird vom erkennenden Gericht grundsätzlich nicht angezweifelt, weshalb sich der Beweisantrag auf zeugenschaftliche Einvernahme der behandelnden Tierärztin in KK und der Betreiberin der Tierpraxis EE nicht als zwingend notwendig erweist. Die Beschwerdeführerin konnte sich auf den Ratschlag und auf die Einschätzung des Gesundheitszustandes und der erforderlichen Behandlung ihres Tierarztes DD verlassen.

Insgesamt lassen sich nach Überzeugung des erkennenden Gerichtes aus den vorliegenden Beweisergebnissen allenfalls gewisse Anhaltspunkte erkennen, dass die Beschwerdeführerin zumindest für einen Teilabschnitt des ihr zur Last gelegten Tatzeitraumes nicht für eine ausreichende tiermedizinisch notwendige Behandlung der an einer Nierenerkrankung leidenden Hündin C gesorgt hat, erforderlichenfalls unter weiterer Heranziehung eines Tierarztes. Dennoch hat sich die Beschwerdeführerin auf die Einschätzung des Tierarztes DD hinsichtlich vorgeschlagener Therapiemaßnahmen verlassen können. Zu hinterfragen sind in diesem Zusammenhang auch die verspätet erfolgte Anzeige vom 18.07.2019 über aufgezeigte Missstände von April 2018 bis Ende März 2019 und die divergierenden Einschätzungen der Vereine „OO“ und „MM“. Es verbleiben für das erkennende Gericht somit nicht ausräumbare Zweifel an der Verwirklichung des der Beschwerdeführerin angelasteten Schuldvorwurfes.

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol kann gegenständlich somit nicht mit einer für eine Bestrafung notwendigen Sicherheit angenommen werden, dass die Beschwerdeführerin die ihr angelastete Tat begangen hat.

III.     Rechtliche Erwägungen:

§ 15 Tierschutzgesetz bestimmt, dass dann, wenn ein Tier Anzeichen einer Krankheit oder Verletzung aufweist, dieses unverzüglich ordnungsgemäß versorgt werden muss, erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Tierarztes. Kranke oder verletzte Tiere sind diesen besonderen Ansprüchen angemessen und erforderlichenfalls gesondert unterzubringen.

Gem § 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung desselben zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Nach § 38 VwGVG gilt die Bestimmung auch für das Verfahren vor dem erkennenden Verwaltungsgericht.

Nach Durchführung des vorangeführten Beweisverfahrens ist das Landesverwaltungsgericht Tirol in der gegenständlichen Beschwerdesache zur Ansicht gelangt, dass eine Täterschaft der Beschwerdeführerin nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Gewissheit angenommen werden kann.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat nach der Aufnahme von Beweisen zu prüfen, ob diese die erforderliche Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen des maßgeblichen Sachverhaltes vermitteln (vgl VwGH vom 17.12.1992, Zl 91/16/013). Unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ist dabei gemäß § 45 Abs 2 AVG nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (VwGH vom 16.06.1992, Zl 92/08/0062).

Die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Tat nach § 15 TSchG kann nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit erwiesen werden. Da somit nach Durchführung des Beweisverfahrens noch Zweifel an der Täterschaft der Beschuldigten bestanden, war unter Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Es war sohin wie im Spruch zu entscheiden.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in Wien zum Ausdruck gebracht, dass nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ die Einstellung eines Strafverfahrens zu erfolgen hat, wenn nach Durchführung der Beweise nach eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben. Diesbezüglich kann beispielsweise auf die in der vorliegenden Beschwerdeentscheidung zitierten Erkenntnisse des VwGH hingewiesen werden.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Riedler

(Richter)

 

Schlagworte

notwendige Behandlung;
erhöhte Nierenwerte;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2020.41.2229.3

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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