TE Lvwg Erkenntnis 2021/4/16 LVwG-2021/30/0117-5

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Veröffentlicht am 16.04.2021
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Entscheidungsdatum

16.04.2021

Index

L70707 Theater Veranstaltung Tirol
L70717 Spielapparate Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

Tiroler Veranstaltungsgesetz §8 Abs1
Tiroler Veranstaltungsgesetz §32 Abs1 litc
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Rieser über die Beschwerde der AA, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.12.2020, Zl ***, betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem Tiroler Veranstaltungsgesetz (TVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und werden die beiden Verwaltungsstrafverfahren nach dem TVG gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Sachverhalt und rechtliche Erwägungen:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde Folgendes angelastet:

Kontrollzeit:        27.02.2020, 23:00 Uhr bis 24:00 Uhr

Kontrollort:        **** X, Adresse 2, Table-Dance Lokal „CC“

1.  Die Beschuldigte hat es als Veranstalterin und somit als handelsrechtliche Geschäftsführerin gemäß § 9 VStG zu vertreten nach Außen berufenes Organ ihrer Firma „DD“ mit Sitz in **** X, Adresse 2, zu verantworten, dass im Lokal „CC“ Table Dance, Striptease udgl. als ständige Veranstaltung veranstaltet wurde, und es unterlassen wurde, die behördliche Auflage Nr. 8 der Gemeinde X vom 25.03.2019, GZ: ***, nämlich, dass jede körperliche Kontaktaufnahme zwischen Publikum und Künstlerin verboten ist, missachtet wurde. Im Zuge der Ermittlungen des Landeskriminalamtes zu obgenanntem Zeitpunkt konnte festgestellt werden, dass Körperkontakt zwischen Publikum und Tänzerinnen stattgefunden hat, indem Umarmungen und Berührungen zwischen Gästen und Tänzerinnen stattgefunden haben sowie Gäste Geldscheine in den Slip der Tänzerinnen sowie zwischen deren Brüste gesteckt haben.

2.  Die Beschuldigte hat es als Veranstalterin und somit als handelsrechtliche Geschäftsführerin gemäß § 9 VStG zu vertreten nach Außen berufenes Organ ihrer Firma „DD“ mit Sitz in **** X, Adresse 2, zu verantworten, dass im Lokal „CC“ Table Dance, Striptease udgl. als ständige Veranstaltung veranstaltet wurde und es unterlassen wurde, die behördliche Auflage Nr. 9 der Gemeinde X vom 25.03.2019, GZ: ***, dass der „Table Dance“ vom Großteil des Publikums einsehbar sein muss und diese Darbietung nicht in Separees oder Räume die nur von einer Tänzerin und einem Besucher in Anspruch genommen durchgeführt werden darf. Im Zuge der Ermittlungen des Landeskriminalamtes zu obgenanntem Zeitpunkt musste festgestellt werden, dass Table Dance in einem durch Trennwände abgeschirmten Bereich und somit für Lokalbesucher nicht einsehbaren Bereich, stattgefunden hat.

Die Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. & 2. § 8 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 2 lit c Tiroler Veranstaltungsgesetz TVG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

  1.  1.500,00

  2.  1.500,00

22 Stunden

22 Stunden

 

§ 32 Abs, 2 lit c Tiroler Veranstaltungsgesetz idgF

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

• € 300,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 3.300,00.“

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde von der Beschwerdeführerin Folgendes ausgeführt:

„In außen bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt die Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.12.2020, ***, dem Einschreiter zugestellt am 16.12.2020, sohin binnen offener Frist, diese

Beschwerde

an das Landesverwaltungsgericht für Tirol. Als Beschwerdegründe werden die Mangelhaftigkeit des Verfahrens und die unrichtige rechtliche Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes geltend gemacht.

1.) Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Zum Beschwerdeqrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Anwendung der Verfahrensgesetze:

Die Beschwerdeführerin verweist zunächst auf ihre Ausführungen in der Stellungnahme mitsamt Beweisantrag vom 05.06.2020.

Die Beschwerdeführerin hat auch insbesondere dargelegt, dass gegenständlich für die Kontrollmaßnahmen eine eigene Person, nämlich EE angestellt wurde. Diese Person ist als verantwortlich Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG zu verstehen. Darüber hinaus gibt es zur Kontrolle und Überwachung noch Security Beamte die ebenfalls geschult wurden. Die Beschwerdeführerin konnte sohin darlegen, dass sie im Sinne des § 9 Abs.1 VStG nicht zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden kann.

Zum Beweis dieses Vorbringens wurde die Einvernahme des verantwortlichen Beauftragten EE angeboten und wurde beantragt, diese Person zeugenschaftlich zu befragen.

Diesem gerechtfertigten, sinnvollen und nachvollziehbaren Beweisantrag ist die Erstbehörde nicht nachgekommen. Bezeichnend ist, dass im nunmehr angefochtenen Erkenntnis nicht einmal ausgeführt wird, warum diesem Beweisantrag nicht entsprochen wurde. Das erstinstanzliche Verfahren ist sohin in verfahrensrechtlicher Hinsicht mangelhaft geblieben und ist es sohin schon aus diesem Grunde nicht haltbar und das Straferkenntnis zu beheben.

2.) Inhaltliche Rechtswidrigkeit:

Die rechtliche Interpretation der Ausführungen der ermittelnden Beamten in ihrer Anzeige ist nicht haltbar. Die Auflage in Punkt 8 des Bescheides der Gemeinde X über die Genehmigung der Veranstaltungen ist unverständlich, insbesondere ist die Wendung „körperliche Kontaktaufnahme“ nicht interpretierbar. Die Wendung „körperliche Kontaktaufnahme“ ist kein Teil des allgemeinen Sprachgebrauches und weder verständlich noch im Sinne einer juristischen Subsumtion auslegbar. Im Spruchfaktum zu Punkt 1. wird angeführt, dass Umarmungen und Berührungen zwischen Gästen und Tänzerinnen stattgefunden hätten, sowie Gäste Geldscheine in den Slip der Tänzerinnen sowie zwischen deren Brüste gesteckt hätten. Diese Wahrnehmungen sind nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht unter die im Bescheid festgehaltene Wendung „körperliche Kontaktaufnahme“ subsumierbar. Im Übrigen ist diese Wendung in Punkt 8. des Bescheides jedenfalls zu wenig konkretisiert, unbestimmt und daher auch nicht wirksam.

Betreffend Spruchfaktum 2. ist nochmals anzuführen, dass diese Räumlichkeit sehr wohl vom Großteil der Lokalbesucher einsehbar ist, es ist auch keine Trennwand vorhanden, sondern ein Paravent, welcher mobil und verschiebbar ist. Auch auf das diesbezügliche Vorbringen ist von der Erstbehörde nicht eingegangen worden, allenfalls hätte die Erstbehörde einen Lokalaugenschein durchführen müssen.

3.) Beschwerde wegen der festgesetzten Geldstrafe:

Auch die zu beiden Spruchfakten festgesetzte Geldstrafe in Höhe von EUR 1.500,00 ist weit überhöht. Die Höhe der jeweils ausgesprochenen Geldstrafe entspricht keineswegs dem Unrechtsgehalt der vorgehaltenen Verwaltungsübertretungen. Die Höhe der Geldstrafe entspricht auch nicht den Einkommensverhältnissen der Beschwerdeführerin, die als alleinerziehende Mutter insbesondere auch für ihre 3 Töchter zu sorgen hat.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass das Unternehmen der Betroffenen DD aufgrund der derzeitigen COVID Situation seit Monaten geschlossen ist und die Betroffene derzeit einkommenslos ist.

Mit der Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von EUR 200,00 für jedes Spruchfaktum wäre dem Sinn und Zweck der Verwaltungsstrafrechtlichkeit genüge getan.

Zunächst wird wiederholt der

Beweisantrag

auf Ladung und Einvernahme des Zeugen EE unter der Adresse 3, W.

Im Übrigen werden gestellt diese

Beschwerdeanträge

das Landesverwaltungsgericht für Tirol wolle dieser Beschwerde Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.12.2020 ersatzlos beheben und das Verfahren einstellen, jedenfalls wolle das Beweisverfahren durch Einvernahme des genannten Zeugen ergänzt werden, hilfsweise wolle das Straferkenntnis aufgehoben und zur Verfahrensergänzung an die Bezirkshauptmannschaft Y zurückverwiesen werden.

Jedenfalls wird gestellt der

Antrag

auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

Z, am 11.01.2021                                               AA“

Zur Sachverhaltsfeststellung wurde in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde Einsicht genommen. Weiters wurde am 22.03.2021 - wie beantragt - eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Die belangte Behörde hat auf die Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung verzichtet. In der Beschwerdeverhandlung wurden der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin und der Zeuge Abteilungsinspektor FF einvernommen.

Im Beschwerdeverfahren wurden überdies ein GISA-Auszug betreffend die DD und ein aktueller Auszug aus dem Firmenbuch eingeholt. Aus dem Firmenbuchauszug ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin mit einem Anteil von 80 Prozent (Euro 32.000,--) Gesellschafterin der DD mit Sitz in X ist. Aus einer eingeholten Vormerkungsliste der belangten Behörde geht hervor, dass gegen die Beschwerdeführer eine einschlägige Verwaltungsübertretung nach dem TVG aufscheint. Weiters aufscheinende Verwaltungsübertretungen, insbesondere nach dem Arbeitsruhegesetz, dem KFG und dem Meldegesetz sind nicht einschlägig.

Zum Sachverhalt befragt gab der Rechtsvertreter Folgendes an:

„Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen wird auf die Beschwerdeschrift verwiesen. Die Beschwerdeführerin ist geschieden, sie hat drei Töchter von denen zwei noch minderjährig sind. Zumindest für zwei minderjährige Kinder hat sie noch die Sorgepflichten. Es wird darauf hingewiesen, dass das Gastgewerbe in X seit ca einem Jahr aufgrund der Corona-Krise geschlossen ist und daher aus der geschäftsführenden Tätigkeit kein Einkommen zu erzielen ist. Die Beschwerdeführerin erhält natürlich die vom Staat gewährten Ausgleichszahlungen und dergleichen.

Auf Frage, ob es eine Bestellungsurkunde betreffend die Bestellung des namhaft gemachten Mitarbeiters EE gibt, aus denen sich eine Bestellung nach § 9 Abs 2 VStG ergibt, gebe ich an, dass mir selbst eine solche Bestellungsurkunde nicht vorliegt. Auf Nachfrage, ob es einen schriftlichen Dienstvertrag gibt, aus dem eventuell eine solche Bestellung hervorgeht, gebe ich an, dass mir ein solcher Dienstvertrag bis jetzt nicht vorliegt. Einen solchen Dienstvertrag wird es sicher geben. Ein solcher Dienstvertrag könnte binnen 14 Tagen vorgelegt werden. Ob sich daraus eine Bestellung ergibt, kann ich nicht angeben.“

Der Kriminalbeamte Abteilungsinspektor FF von der Landespolizeidirektion Tirol gab als Zeuge befragt Folgendes an:

„Ich kann mich an die gegenständliche Kontrolle in X noch erinnern. Ich habe damals mit meinem Kollegen BI GG die Kontrolle in X durchgeführt. CI JJ war bei der Kontrolle nicht anwesend, er hat nur den Bericht an die Bezirkshauptmannschaft Y verfasst. Die Wahrnehmungen wurden von mir händisch aufgezeichnet und dann wurden diese per Mail weitergeleitet zur Anzeigeerstattung.

Mir wird nochmals vom Bericht die Seite 3, Feststellungen, vorgelesen. Der zweite Absatz bezieht sich auf die von den Gästen gesteckten Geldscheine. Nur in diesem Zusammenhang kam es zu den geschilderten Berührungen. Es ist auszuführen, dass es sich im Wesentlichen so abspielte, dass die spärliche Bekleidung (Bikinioberteil, Slip) kurz weggezogen wurde und in den Slip hinein oder in das Oberteil hinein der Geldschein gesteckt wurde. Zu einer bewussten längeren Berührung von Haut zu Haut kam es dabei nicht. Bei einem Vorfall wurde der Tänzerin der Gesäßbereich gestreichelt. Diese Berührung wurde vom Kunden bewusst herbeigeführt, die Tänzerin wollte dies merkbar nicht. Ein Security-Mitarbeiter hat dies gesehen und richtig eingestuft, dass das nicht sein darf. Er ist dann sofort zur Tänzerin und zum Kunden hingegangen und hat diesen dann auf Englisch belehrt und es ist dann auch unterblieben. Er hat diesbezüglich dann keine Beanstandung mehr seitens dieses Kunden oder anderer Kunden gegeben.

Zum zweiten beanstandeten Punkt ist anzugeben, dass sich ein Kunde vom Barbereich einer Tänzerin zu einem Tisch begeben hat. Dieser kleine Tischbereich war durch einen verstellbaren mobilen Sichtschutz (Paravent) von der Zusicht anderer geschützt und in diesem geschützten Bereich kam es dann vermutlich zu einer Tanzvorführung. Diese private Vorführung für einen Kunden dauerte vielleicht fünf bis zehn Minuten und dann sind beide wieder aus diesem Bereich herausgegangen. Dieser Bereich war sicherlich kein eigener Raum. Es war auch kein Separee, es war ein Teil des Lokals mit einem Tisch, der durch einen mobilen Sichtschutz von der Sicht her abtrennbar war. Wir sind an einem Tisch gesessen, von unserer Sicht aus war zwar der Eingangsbereich sichtbar, wir konnten aber nicht genau sehen, was sich hinter dem Sichtschutz genauer abgespielt hat. Wir vermuten, dass dort eine Tanzvorführung für den Kunden gegen separate Bezahlung durchgeführt wurde. Genau kann ich das nicht sagen, es ist eine Annahme aufgrund meiner beruflichen Erfahrung.

Zum Bereich der Animation möchte ich angeben, dass für uns keine aktive Getränkeanimation beobachtet wurde an der Bar, sondern dass den Tänzerinnen für ihre Vorführungen oder im Zuge ihrer Vorführungen Geldscheine entweder im Brustbereich oder im Unterkörperbereich für die Vorführung zugesteckt wurden. Ich nehme an, dass diese zugesteckten Geldscheine der Tänzerin zugutekommen und nicht dem Veranstalter. So ist meine Erfahrung. Das zugesteckte Geld war sicherlich nicht für die Getränkeanimation gedacht. In der Zeit unserer Anwesenheit von ca 23.00 Uhr bis 24.00 Uhr war ein stetes Kommen und Gehen, es war eigentlich schon etwas los im Lokal und nicht in allen Lokalen ist so viel los wie in diesem Lokal in X.

Ich möchte nochmal festhalten, dass wir es als positiv empfunden haben, dass der Security-Mitarbeiter sofort bei der nicht gewollten Berührung der Tänzerinnen am Hintern einschritt und das Notwendige veranlasste, dass das nicht mehr vorkommen kann. Das haben wir als positiv empfunden und deshalb wurde das auch in der Anzeige bzw im Bericht so dargestellt.“

Auf die Einvernahme des ebenfalls anwesenden Zeugen Bezirksinspektor GG wurde verzichtet, da er m Prinzip nur über dieselben Wahrnehmungen zeugenschaftlich berichten hätte können. In der Beschwerdeverhandlung wurde der vorgelegte Verwaltungsstrafakt der belangten dargetan. Auf ein Verlesen wurde seitens der Rechtsvertreters verzichtet. Weitere Beweisanträge wurden nicht gestellt.

Im Rahmen der abschließenden Stellungnahme führte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin noch Folgendes aus:

„Wie sich aus dem Beweisverfahren, insbesondere aus der Einvernahme des die Kontrolle durchführenden Polizeibeamten ergeben hat, war der Vorfall mit der Berührung einer Tänzerin durch einen Gast nicht verhinderbar und nicht vorhersehbar, schon gar nicht für die Beschuldigte. Aufgrund der von der Beschuldigten vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere der Bereithaltung mehrerer Security-Mitarbeiter, konnte einer der Security-Mitarbeiter sofort einschreiten und dieses nicht gewünschte Verhalten des Gastes gegenüber der Tänzerin unterbinden. Selbst wenn die Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt im Lokal selbst anwesend gewesen wäre, hätte diese Berührung nicht verhindert werden können. Insbesondere ist festzuhalten, dass in der Partyortschaft X Gäste im Zeitraum zwischen 23.00 und 24.00 Uhr meistens angeheitert sind und mitunter auch die Selbstkontrolle verlieren. Die Beschuldigte hat alle Bescheidauflagen eingehalten und insgesamt auch genügend Security-Mitarbeiter bereitgehalten. Somit ist der Beschuldigten kein strafrechtlich verantwortlicher Vorhalt vorwerfbar. Deshalb wird zu beiden Spruchpunkten die Einstellung der Strafverfahren beantragt, in eventu eine größtmögliche Strafherabsetzung, weil die beiden Strafen als weit überhöht anzusehen sind.“

Einer schriftlichen Entscheidungsausfertigung wurde ausdrücklich zugestimmt.

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus der Anzeige der Landespolizeidirektion Tirol vom 30.04.2020, Zahl ***, und der Aussage des die Kontrolle am 27.02.2020 durchführenden Polizeibeamten AI FF. Die Kontrolle und der festgestellte Sachverhalt wurden vom einvernommenen Zeugen nachvollziehbar und schlüssig dargestellt. Gegenteiliges wurde diesbezüglich nicht dargetan. Dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit um das zur Vertretung nach Außen berufene Organ der Lokalbetreiberin, nämlich der DD mit Sitz in X, handelt, ergibt sich aus den eingeholten Auszügen aus dem Firmenbuch betreffend die DD. Dass die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin auf den namhaft gemacht spanischen Mitarbeiter rechtswirksam nach § 9 Abs 2 VStG übertragen wurde, wurde zwar behauptet, jedoch wurde kein Nachweis einer solchen konkreten Bestellung durch die Beschwerdeführerin vorgelegt. Auch fehlte die nachweisliche Zustimmung und der Nachweis einer entsprechenden Anordnungsbefugnis für einen klar abzugrenzenden Bereich im Sinne des § 9 Abs 4 VStG. Die Beschwerdeführerin war somit zur angegebenen Tatzeit am angegebenen Tatort für die Einhaltung der von der zuständigen Veranstaltungsbehörde aufgetragenen Auflagen für die Abhaltung von regelmäßigen Kabarett-, Varietee-, Revue- und ähnlichen Vorführungen laut dem veranstaltungsrechtlichen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 25.03.2019 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Zu den angelasteten Übertretungen betreffend Verletzung von Auflagen des zitierten veranstaltungsrechtlichen Bescheides vom 25.03.2019 wird Nachfolgendes ausgeführt:

Zu Spruchpunkt 1. (Verletzung der Auflage 8.):

Dieser Auflagenpunkt sieht ein Verbot der aktiven Getränkeanimation und ein Verbot jeder körperlichen Kontaktaufnahme zwischen Publikum und KünstlerInnen vor. Auf dieses Verbot ist durch entsprechende Anschläge hinzuweisen. Der Veranstalter ist weiters verpflichtet eine solche Kontaktaufnahme zu verhindern. Aufgrund der Aussage des einvernommenen Kriminalbeamten ist es zu einer aktiven Getränkeanimation nicht gekommen. Geld wurde den Tänzerinnen in ihre spärliche Bekleidung von Kunden zugesteckt. Zu einer bewussten längeren Berührung von Haut kam es dabei nicht. Nur bei einem Vorfall wurde eine Tänzerin im Gesäßbereich von einem Kunden gestreichelt, was vom Kunden bewusst herbeigeführt wurde. Laut einvernommenen Zeugen wollte die Tänzerin dies merkbar nicht und ist sofort ein Security-Mitarbeiter der Veranstalterin, der den Vorfall gesehen hat, eingeschritten. Er ist zur Tänzerin hingegangen und hat den Kunden auf sein Fehlverhalten hingewiesen, bzw diesen belehrt. Es ist in weiterer Folge auch zu keiner Beanstandung mehr seitens dieses Kunden oder anderer Kunden gekommen. Der Kriminalbeamte, der den Sachverhalt beobachtet hat, hat es laut Aussage in der Beschwerdeverhandlung als positiv empfunden, dass der Security-Mitarbeiter sofort bei der nicht gewollten Berührung der Tänzerin einschritt und das Notwendige veranlasste, dass das nicht mehr vorkommen konnte. Dies wurde von dem Kriminalbeamten als positiv empfunden und auch in der Anzeige bzw im Bericht so dargestellt. Der Beschwerdeführerin kann diesbezüglich eine Verletzung der Auflage 8 nicht nachgewiesen und vorgeworfen werden. Ein Berühren wurde weder von der Tänzerin erlaubt, noch geduldet und wurde auf ein nicht vorhersehbares Ereignis, nämlich der erfolgten Berührung durch einen Kunden, sofort reagiert und haben der Bescheidauflage entsprechend gehandelt und ein weiteres Berühren durch Kunden erfolgreich unterbunden und in weiterer Folge vermieden. Eine Verletzung der Auflage 8 konnte daher der Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen werden und war daher der Beschwerde zu diesem Spruchpunkt stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren zu Spruchpunkt 1. einzustellen.

Zu Spruchpunkt 2. (Verletzung der Auflage 9. des veranstaltungsrechtlichen Bescheides vom 25.03.2019):

Die Auflage 9. des zitierten veranstaltungsrechtlichen Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde X lautet wortwörtlich „Der ‚Table Dance‘ vom Großteil des sich in der Betriebsanlage befindlichen Publikums einsehbar sein – keine Separees oder anderweitige Räume, die nur von einer Tänzerin und einem Besucher in Anspruch genommen werden können“. Die behördliche Auflage ist hinsichtlich der Vorschreibung, dass der „Table Dance“ vom Großteil des sich in der Betriebsanlage befindlichen Publikums einsehbar sein muss, so unbestimmt beschrieben, dass sie kaum im Vorhinein eingehalten werden kann. Es hängt die Auflagenerfüllung nämlich davon ab, wie viele Personen sich konkret zu einem bestimmten Zeitpunkt im Lokal aufhalten und in welchem Bereich des Lokales sich diese Besucher im Lokal aufhalten. Eine Auflage, dass Table-Dance-Vorführungen im Lokal auf der Tanzfläche des Nachlokals oder im Barbereich des Nachtlokals aber jedenfalls grundsätzlich auch für Kontrollorgane einsehbar und keinesfalls in abgetrennten, nicht einsichtigen Separees oder in anderen Räumen stattfinden sollen, ist aus Sicht der Veranstaltungsbehörde nachvollziehbar. Die Formulierung der Auflage 9. ist diesbezüglich aber wenig geeignet. Der zweite Verweis in der Auflage 9. „keine Separees oder anderweitige Räume, die nur von einer Tänzerin und einem Besucher in Anspruch genommen werden können,“ würde zum Beispiel auch Separees und anderweitige Räume, die von zwei Tänzerinnen oder mehr als einem Besucher in Anspruch genommenen werden können, ausnehmen. Auch dieses im 2. Halbsatz der Auflage 9. formulierte Verbot ist grundsätzlich sinnvoll und nachvollziehbar. Die unter Spruchpunkt 2. angelastete und vom Polizeibeamten bestätigte Einzeldarbietung einer Künstlerin erfolgte hinter einem mobilen Sichtschutz (Paravent). Es handelte sich um keinen eigene Raum und auch kein Separee, sondern um einen Tischbereich im Nachtlokal bei dem die Sicht durch einen mobilen Sichtschutz verhindert wurde. Auch ein solcher mobiler Sichtschutz kann grundsätzlich im Rahmen einer Bescheidvorschreibung untersagt werden. Dieser mobile Sichtschutz ist aber im Konkreten von der Auflage 9. nicht umfasst. Aufgrund der mangelnden Bestimmtheit und den damit einhergehenden Problemen bei der Einhaltung einer solchen Auflage kann nach Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol auch der diesbezügliche Sachverhalt der Beschwerdeführerin nicht als Verwaltungsübertretung nach dem TVG angelastet und eine diesbezügliche Verwaltungsstrafe verhängt werden. Es war daher der Beschwerde auch zu Spruchpunkt 2. stattzugeben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

II.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dr. Rieser

(Richter)

Schlagworte

Behebung; Einstellung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.30.0117.5

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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