TE Bvwg Beschluss 2020/9/24 W112 2119688-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.09.2020

Norm

AsylG 2005 §57
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §32

Spruch


W112 2119688-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX , geb. XXXX StA. Russische Föderation, vertreten durch die DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gem. GmbH, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2019, Zl. XXXX , rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens:

A) Das Verfahren wird wegen Zurückziehung des Wiederaufnahmeantrages gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem am 09.10.2019 mündlich verkündeten und am 03.02.2020 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Wiederaufnahmswerberin gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom XXXX , mit dem ihr Antrag auf internationalen Schutz sowohl im Hinblick auf den Status der Asylberechtigten, als auch der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde, ihr kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt wurde, eine Rückkehrentscheidung gegen sie erlassen wurde und ihr eine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt wurde, mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war (Spruchpunkt I.), und im Hinblick auf die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet ab (Spruchpunkt II.). Es gab der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung und die Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG 2005 statt und stellte fest, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die Wiederaufnahmswerberin auf Dauer unzulässig war (Spruchpunkt III.). Der Wiederaufnahmswerberin wurde gemäß §§ 54, 55 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt (Spruchpunkt IV.) und Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides insoweit ersatzlos behoben, als er eine Frist für die freiwillige Ausreise einräumte (Spruchpunkt V.). Die schriftliche Ausfertigung wurde der Wiederaufnahmswerberin am XXXX zu Handen ihrer Vertreterin zugestellt.

Weder die Wiederaufnahmswerberin, noch das Bundesamt erhoben einen Rechtsbehelf an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts.

2. Mit Schriftsatz vom XXXX stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 VwGVG zur Zahl XXXX betreffend Spruchpunkt I des Erkenntnisses.

Die Wiederaufnahmswerberin sei Staatsangehörige der Russischen Föderation und habe am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt. Dieser sei vom Bundesasylamt mit Bescheid vom XXXX abgewiesen worden. Fristgerecht habe sie dagegen Beschwerde beim Asylgerichtshof eingebracht. Mit Entscheidung vom 03.09.2013 sei ihr Asylantrag „in zweiter Instanz“ abgewiesen worden.

Am XXXX habe die Wiederaufnahmswerberin einen neuerlichen Asylantrag gestellt. Dieser sei mit Bescheid des Bundesamtes am XXXX neuerlich abgewiesen worden. Dagegen sei fristgerecht Beschwerde erhoben worden. Am XXXX habe eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht stattgefunden und im Zuge dessen sei auch die Entscheidung mündlich verkündet worden. Als wesentliche Entscheidungsgründe für die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG werde diesbezüglich ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen im zweiten Asylverfahren als nicht glaubhaft gewertet werde, da bereits auf Grund des auf Echtheit geprüften Reisepasses feststehe, dass die Wiederaufnahmswerberin nicht standesamtlich verheiratet gewesen sei und kein Kind habe. Diesbezüglich ergehe der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Spruchpunkt I.

Die Wiederaufnahmswerberin habe neue Beweismittel für ihr Fluchtvorbringen erhalten. Am XXXX habe ihre Mutter sie gemeinsam mit ihrem Sohn, XXXX , geb. XXXX , in Österreich besucht. Im Zuge dessen habe sie von ihrer Mutter die Originaldokumente für ihren Sohn erhalten: die Geburtsurkunde und einen gültigen russischen Auslandsreisepass, die sie in Kopie beiliege. Die Originale befinden sich derzeit bei der Wiederaufnahmswerberin und können jederzeit vorgelegt werden. Die Wiederaufnahmswerberin könne nunmehr beweisen, dass sie tatsächlich einen Sohn habe, dieser sei gemeinsam mit ihrer Mutter legal mit einem ITALIENISCHEN Touristenvisum in den Schengenraum eingereist. Die Mutter der Wiederaufnahmswerberin und ihr Sohn seien zuvor in FRANKREICH gewesen und erst am XXXX mittels XXXX von XXXX nach Österreich gekommen. Die Dokumente habe die Wiederaufnahmswerberin erst am XXXX von ihrer Mutter erhalten, unmittelbar bevor ihre Mutter entschieden habe, wieder nach RUSSLAND zurückzufahren, aber ihren Enkel bzw. den Sohn der Wiederaufnahmswerberin in Österreich zu lassen. Bislang habe die Wiederaufnahmswerberin keine Dokumente von ihrem Sohn gehabt und somit nicht beweisen können, dass sie tatsächlich einen Sohn von ihrem Ex-Ehemann habe. Auf Grund des sehr schlechten Verhältnisses der Wiederaufnahmswerberin mit ihrem Ex-Ehemann sei es ihr bislang nicht möglich gewesen, Dokumente zum Nachweis ihrer Mutterschaft vorzulegen. Die Dokumente seien alle bei der Familie ihres Ex-Ehemannes gewesen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht der Wiederaufnahmewerberin vorhalte, dass sie auch die Ehe anzweifle, könne die Wiederaufnahmswerberin nunmehr auch eine Scheidungsurkunde vom Gericht in XXXX , ausgestellt am XXXX , vorlegen, allerdings nur in Kopie, diese lege sie bei. Dass sie bereits offiziell geschieden sei, sei der Wiederaufnahmswerberin bislang nicht bekannt gewesen. Sie habe gedacht, sie sei lediglich – wenn überhaupt – auf traditionell-religiöse Weise geschieden. Der Umstand der gerichtlichen Scheidung stelle zudem einen neuen Sachverhalt dar, über dne im ersten Asylverfahren noch nicht abgesprochen worden sei bzw. dieser Umstand erst danach eingetreten. Damit werde die res iudicata durchbrochen. Der Wiederaufnahmswerberin sei es bislang nicht möglich gewesen, die neuen Beweismittel vorzulegen, da sie keinen Zugang zu den Dokumenten ihres Sohnes gehabt habe und auch nicht über die offizielle Scheidung, die ihr Ex-Ehemann in ihrer Abwesenheit durchgeführt habe, informiert gewesen. Aus diesem Grund ergehe der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG.

Es sei anzunehmen, dass die nunmehrigen Beweismittel, Geburtsurkunde ihres Sohnes sowie dessen Reisepass und die Scheidungsurkunde wesentliche Beweismittel darstellen, die das Ergebnis des Verfahrens vermutlich zu einem anderslautenden Erkenntnis geführt hätten. Hinzu komme der neue Umstand, dass nunmehr der minderjährige Sohn der Wiederaufnahmswerberin bei ihr in Österreich lebe (bei ihr gemeldet seit XXXX ) und die Wiederaufnahmswerberin somit als geschiedene und alleinerziehende Frau anzusehen sei. Es liege somit ein neuer Sachverhalt vor, der bei ihrer Ausreise aus RUSSLAND/TSCHETSCHENIEN noch nicht bestanden habe. Ergänzend dazu bringe die Wiederaufnahmswerberin vor, dass ihr Sohn in RUSSLAND wegen einer Krebserkrankung in Behandlung gewesen sei und ihm ein Tumor in der Nähe der NIERE entfernt habe werden müssen. Es seien weiterhin ärztliche Kontrollen notwendig. Darüber hinaus leide er zusätzlich an Herzproblemen und zeige psychische Auffälligkeiten. Näheres könne die Wiederaufnahmswerberin bislang nicht dazu sagen, da sie auch darüber erst seit kurzem informiert sei und noch nicht alle Details kenne.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens sei gemäß § 32 VwGVG fristgerecht, da die Wiederaufnahmswerberin erst durch den Besuch ihrer Mutter in Österreich am XXXX Zugang zu den Dokumenten ihres Sohnes erhalten habe. Im Zuge dessen habe sie auch erstmals erfahren, dass sich ihr Ex-Ehemann bereits offiziell durch das Gericht in XXXX von ihr scheiden lassen habe. Der Antrag auf Wiederaufnahme werde daher innerhalb der vorgesehenen zweiwöchigen Frist gestellt worden. Es werde auf Art. 40 Abs. 2 VerfahrensRL hingewiesen, sollte das Bundesverwaltungsgericht die fristgerechte Vorlage der neuen Beweismittel anzweifeln. Diese unterscheide nicht zwischen nova reperta und nova producta und sehe im Falle neuer Elemente oder Erkenntnisse keine Frist vor, binnen derer diese geltend gemacht werden müssen, wie es das innerstaatlich vorgesehene Rechtsmittel zur Wiederaufnahme des Verfahrens vorsehe.

Im gegenständlichen Fall sei bislang noch nicht über die Angst der Wiederaufnahmewerberin vor Verfolgung durch ihren Ex-Ehemann im Zuge des Asylverfahrens abgesprochen worden. Diese Befürchtung bestehe weiterhin. Hinzu komme der neue Umstand, dass die Wiederaufnahmswerberin nunmehr offiziell als geschiedene Frau gelte. Dies mache eine Rückkehr für sie nach TSCHETSCHENIEN wesentlich schwieriger, da dadurch Stigmatisierung zu erwarten sei. Da nunmehr auch ihr minderjähriger Sohn seit Kurzem bei ihr wohne und sie für ihn sorge und verantwortlich sei, sei die Wiederaufnahmewerberin als alleinerziehende Frau eines kranken Kindes anzusehen. Es liege daher jedenfalls ein tauglicher Wiederaufnahmegrund vor, der geeignet sei, ein im Hauptinhalt des Spruchs der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2019 anderslautendes Erkenntnis herbeizuführen. Wären dem Gericht die mit dem Antrag vorgelegten Beweismittel vorgelegen, sei nicht auszuschließen, dass eine anderslautende Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht ergangen wäre.

3. Mit Schriftsatz vom XXXX räumte das Bundesverwaltungsgericht der Wiederaufnahmswerberin Parteiengehör ein und forderte die Wiederaufnahmswerberin auf, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens die Originale der am XXXX in Kopie vorgelegten Unterlagen vorzulegen und im Hinblick auf die Prüfung der Rechtzeitigkeit des Antrages die genauen Daten ihrer Mutter (Vor-, Vaters-, Nachname, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit) sowie die genauen Flugdaten ihrer Mutter und von XXXX – wenn möglich unter der Vorlage der Flugtickets und des Bustickets – mitzuteilen.

4. Mit Schriftsatz vom XXXX teilte die Wiederaufnahmswerberin mit, dass sie den Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens vom XXXX zurückziehen wolle. Sie habe ein Rechtsberatungsgespräch bei der DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gem. GmbH am XXXX in Anspruch genommen. Da sie nunmehr im Besitz einer Rot-weiß-rot Karte plus sei und keine Amtsrevision durch das Bundesamt gegen das Erkenntnis vom 09.10.2019 anhängig sei, ziehe sie nunmehr ihren Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit dem am 09.10.2019 mündlich verkündeten und am 03.02.2020 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Wiederaufnahmswerberin gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war, und im Hinblick auf die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet ab. Es gab der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung und die Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG 2005 statt und stellte fest, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die Wiederaufnahmswerberin auf Dauer unzulässig war. Der Wiederaufnahmswerberin wurde gemäß §§ 54, 55 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt und Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides insoweit ersatzlos behoben, als er eine Frist für die freiwillige Ausreise einräumte. Die schriftliche Ausfertigung wurde der Wiederaufnahmswerberin am XXXX zu Handen ihrer Vertreterin zugestellt.

Mit Schriftsatz vom XXXX stellte die Beschwerdeführerin vertreten durch die DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gem. GmbH einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Spruchpunkt I dieses Erkenntnisses.

Mit Schriftsatz vom XXXX zog die Wiederaufnahmswerberin, vertreten durch die DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gem. GmbH, nach Rechtsberatung den Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens vom XXXX zurück.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen auf den Gerichtsakten betreffend den Wiederaufnahmeantrag und die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX .

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Einstellung des Verfahrens

Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG stattzugeben, wenn das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist (Z 1) oder neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten (Z 2), oder das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde (Z 3) oder nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte (Z 4). Der Antrag auf Wiederaufnahme ist gemäß Abs. 2 leg.cit. binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Abs. 3 leg.cit. auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden. Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens gemäß Abs. 4 leg.cit. von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind gemäß Abs. 5 leg.cit. die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Darunter sind gemäß § 13 Abs. 1 AVG alle Arten von Verfahrenshandlungen zu verstehen, mit denen Beteiligte an eine Behörde herantreten können (VwSlg. 19.416 A/2016 mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG I², § 13 Rz 1). Im Falle der Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages erlischt die Entscheidungspflicht der Behörde (VwGH 24.07.2014, Ro 2014/07/0031; vgl. auch VwGH 31.01.2005, 2004/03/0083). Bei antragsbedürftigen Bescheiden erlischt durch die Zurückziehung auch die Entscheidungskompetenz der Behörde, sodass über den Antrag nicht mehr abgesprochen werden darf (VwGH 23.07.2009, 2008/05/0241 mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 41). Die Zurückziehung eines Antrags zieht daher – wenn sie dem Vorbild des § 237 ZPO vergleichbare Rechtswirkungen haben sollte – keinen weiteren, über die formlose Einstellung des Verfahrens hinausgehenden Akt der Behörde nach sich (VwSlg. 18.668 A/2013).

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die Beschwerdeführerin ist demnach in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6). Das gilt auch für einen Antrag auf Wiederaufnahme (zum Devolutionsantrag s. VwGH 28.05.2013, 2013/05/0005).

In welchen Fällen „das Verfahren einzustellen“ ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5). Auch mit der Zurückziehung des Wiederaufnahmeantrages geht der Erledigungsanspruch betreffend den Wiederaufnahmeantrag verloren (vgl. zu § 34 Abs. 1 VwGVG im Verwaltungsstrafverfahren VwSlg. 19.008 A/2014; VwGH 25.01.2018; Fr 2017/06/0002), weshalb das Verfahren nach Zurückziehung des Antrages einzustellen ist.

Auf Grund der unmissverständlichen Zurückziehung des Wiederaufnahmeantrages durch die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom XXXX ist das Verfahren über diesen Antrag vom XXXX einzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zu anderen Bestimmungen ergangen ist, auf § 32 iVm § 28 VwGVG übertragbar ist und in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht undeinheitlich beantwortet wird. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage kamen nicht hervor.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W112.2119688.2.00

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten