TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/25 W280 2222141-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.01.2021
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Entscheidungsdatum

25.01.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W280 2222141-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX 1986, StA. Serbien, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 4 Stock, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .07.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) heiratete am XXXX .2013 in Serbien eine ungarische Staatsangehörige.

Der BF reiste in das Bundesgebiet ein und ihm wurde aufgrund seiner Eheschließung über seinen Antrag vom XXXX .07.2013 von der Niederlassungsbehörde eine Aufenthaltskarte „Angehöriger einer EWR-Bürgerin“, gültig von XXXX .06.2013 bis XXXX .06.2018, ausgestellt.

Am XXXX .12.2016 wurde vor dem Amtsgericht in XXXX , Serbien, das Scheidungsverfahren eingeleitet. Die Scheidung des BF von seiner Ehefrau wurde am XXXX .01.2017 rechtskräftig. Der BF verständigte am XXXX .02.2017 durch persönliche Vorsprache das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft (Niederlassungsbehörde) von seiner Scheidung.

Die Niederlassungsbehörde stellte dem BF eine mit XXXX .05.2017 datierte Mitteilung aus, wonach das Aufenthaltsrecht des BF bestehen bleibe, da die Ehe bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens mehr als drei Jahre, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet, bestanden habe und der BF überdies aufgrund seiner aufrechten Erwerbstätigkeit die Voraussetzungen gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG erfülle. Es würden somit die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht vorliegen, weshalb er seine Aufenthaltskarte, die bis zum 10.06.2018 gültig sei, behalten könne.

Am XXXX .04.2018 stellte der BF bei der Niederlassungsbehörde erneut einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte.

Nach einer Meldung des Verdachtes einer Aufenthaltsehe durch die Niederlassungsbehörde an die Landespolizeidirektion Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug (LPD) übermittelte die LPD mit Schreiben vom XXXX .03.2019 einen Bericht an die Staatsanwaltschaft Wien betreffend „Verdacht auf: Eingehen u. Vermittlung von Aufenthaltsehen u. -partnerschaften ohne Bereicherung (§ 117/1 FPG)“ und ersuchte um strafrechtliche Beurteilung des Sachverhalts (Eheschließung in Serbien von zwei Nicht-Österreichern).

Der BF wurde am XXXX .03.2019 durch Beamte der LPD einvernommen.

Mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien, Bezirksanwaltschaft, vom XXXX .03.2019 wurde die LPD davon benachrichtigt, dass eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 190 Z 1 StPO erfolgt sei, weil die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre.

Die LPD erstattete daraufhin einen Bericht an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA oder belangte Behörde) und an die Niederlassungsbehörde.

Mit Schreiben des BFA vom XXXX .05.2019 wurde der BF unter Hinweis auf eine beabsichtigte „Befragung zur Ehe“ zu einer niederschriftlichen Einvernahme geladen. Diese fand am XXXX .07.2019 vor dem BFA statt.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid, dem BF am XXXX .07.2019 persönlich übergeben, wurde dieser gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.).

Mit Schriftsatz vom XXXX .07.2019, beim BFA am selben Tag eingebracht, erhob der BF durch seine Rechtsvertretung Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Darin wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den Bescheid zu beheben und die Angelegenheit an die Behörde zurückzuverweisen. Beigelegt war die oben genannte Mitteilung der Niederlassungsbehörde vom 12.05.2017.

Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA am XXXX .08.2019 vorgelegt und sind am XXXX .08.2019 beim BVwG eingelangt.

Mit E-Mail vom XXXX .09.2019 teilte das BFA dem BVwG mit, dass der BF am XXXX .07.2019 ausgereist sei und seit XXXX 2019 keine Meldung mehr in Österreich besitze.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses des BVwG vom 04.03.2020 wurde die Beschwerdesache einer anderen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

Mit der am 12.01.1986 unterzeichneten und am 14.01.2021 beim BVwG eingelangten Vollmacht gab der BF bekannt, dass er nunmehr von der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH vertreten werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angegebene Identität und ist Staatsangehöriger von Serbien.

Der BF heiratete am XXXX .03.2013 in Serbien die ungarische Staatsangehörige XXXX , geb. XXXX 1981, und hielt sich in der Folge in Österreich auf.

Dem BF wurde über seinen Antrag aufgrund seiner Eheschließung von der zuständigen Niederlassungsbehörde eine Aufenthaltskarte „Angehöriger einer EWR-Bürgerin“, gültig von XXXX .06.2013 bis XXXX .06.2018, ausgestellt.

Am XXXX .12.2016 wurde vor dem Amtsgericht in XXXX , Serbien, das Scheidungsverfahren eingeleitet. Die Scheidung des BF von seiner Ehefrau wurde am XXXX .01.2017 rechtskräftig. Der BF verständigte am XXXX .02.2017 durch persönliche Vorsprache die Niederlassungsbehörde von seiner Scheidung. Mit Schreiben der Niederlassungsbehörde vom XXXX .05.2017 wurde dem BF das Weiterbestehen seines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts mitgeteilt.

Am XXXX .04.2018 stellte der BF bei der Niederlassungsbehörde erneut einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte.

Der BF weist von XXXX .04.2013 bis XXXX .07.2019 durchgehende Wohnsitzmeldungen in Österreich auf und ging zuletzt von XXXX .05.2019 bis XXXX .07.2019 einer Erwerbstätigkeit in Österreich nach.

Der BF ist am XXXX .07.2019 aus dem Bundesgebiet ausgereist und ist hier seit dem XXXX .07.2019 nicht mehr behördlich gemeldet.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zum allfälligen Vorliegen einer Aufenthaltsehe und zum Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Familienlebens betreffend den BF und seine (Ex-)Ehefrau keine Feststellungen getroffen und sie hat zu diesem Aspekt auch keine beweiswürdigenden Überlegungen angestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, so beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Feststellungen zur Verehelichung respektive Scheidung des BF, zu seiner Ex-Ehefrau und zur Meldung seiner Scheidung an die Behörde ergeben sich aus dem Akteninhalt, u.a. aus der Mitteilung der Niederlassungsbehörde an den BF vom XXXX .05.2017, die der gegenständlichen Beschwerde in Kopie beigelegt wurde, sowie auch aus den Feststellungen des BFA im angefochtenen Bescheid. Aus der Mitteilung der Niederlassungsbehörde an den BF vom XXXX .05.2017 geht unzweifelhaft hervor, dass die Behörde (zum damaligen Zeitpunkt) vom Weiterbestehen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts des BF ausgegangen ist, mit der Begründung, die Ehe habe bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens mehr als drei Jahre, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet, bestanden und der BF erfülle überdies aufgrund seiner aufrechten Erwerbstätigkeit die Voraussetzungen gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG. Es würden somit die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht vorliegen, weshalb er seine Aufenthaltskarte, die bis zum XXXX .06.2018 gültig sei, behalten könne.

Die Ausstellung einer Aufenthaltskarte an den BF mit den angegebenen Daten sowie seine diesbezügliche Antragstellung, und auch die neuerliche Antragstellung am XXXX .04.2018, ergibt sich aus dem Akteninhalt und aus einem Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.

Die Feststellungen betreffend die durchgehenden Wohnsitzmeldungen des BF in Österreich ergeben sich aus dem eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister (ZMR). Die Feststellungen zu seiner letzten Erwerbstätigkeit ergeben sich aus dem Auskunftsverfahren AJ-WEB (Versicherungsdatenauszug).

Die Feststellung, dass der BF aus dem Bundesgebiet ausgereist ist, ergibt sich aus der Mitteilung des BFA an das Bundesverwaltungsgericht vom XXXX .09.2019, und jene des Nichtbestehens eines Wohnsitzes seit dem angegebenen Datum aus dem ZMR-Auszug.

Die Feststellung betreffend die strafrechtliche Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich.

Die Feststellung, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zum allfälligen Vorliegen einer Aufenthaltsehe und zum Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Familienlebens betreffend den BF und seine (Ex-)Ehefrau keine Feststellungen getroffen hat und zu diesem Aspekt auch keine beweiswürdigenden Überlegungen angestellt hat, ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid vom XXXX .07.2019. Die vollständigen Feststellungen der Behörde im angefochtenen Bescheid lauten wörtlich folgendermaßen:

„Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

?        Zu Ihrer Person:

-        Sie sind Bürger der Republik Serbien, daher sind sie nicht Bürger der Republik Österreich; Sie waren mit einer Bürgerin der Republik Ungarn verheiratet und sind daher begünstigter Drittstaatsangehöriger

-        Sie sind am XXXX .1986 in XXXX geboren worden, daher sind sie volljährig

-        Sie leiden an Kopfschmerzen, sind jedoch gesund und Arbeitsfähig

-        Sie geben an der Hochschule XXXX Informatik und Ingenieurwesen studiert zu haben

?        Zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:

-        Sie waren bis zum XXXX .06.2018 im Besitz einer Aufenthaltskarte „Angehöriger einer EWR Bürgerin“

-        Am XXXX .04.2018 stellten sie vor der Magistratsabteilung 35 einen Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltskarte

-        Sie sind seit dem XXXX .05.2015 in der XXXX gemeldet; Ihre erste Meldung im Bundesgebiet erfolgte am XXXX .04.2013 in der XXXX

-        Sie sind seit dem XXXX .05.2019 für die Firma „ XXXX “ mit Sitz am XXXX – Wien, als Arbeiter tätig

-        Sie sind seit dem XXXX .05.2019 über die Wiener Gebietskrankenkasse versichert

-        Es liegen gegen sie keine strafrechtlich relevanten Vormerkungen vor; Sie sind daher unbescholten

?        Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

-        Am XXXX .2013 ehelichten sie Frau XXXX geb. XXXX .1981, sta. Ungarn in XXXX [SRB] - Am XXXX .01.2017 erwuchs die Scheidung von Frau XXXX , geb. XXXX .1981, sta. Ungarn, vor dem Hauptgericht in XXXX [SRB] in Rechtskraft

-        Sie sind geschieden

-        Sie haben aus ihrer vorhergehenden (nicht jener mit Frau XXXX ) Ehe Kinder“

Bei den soeben wiedergegebenen Feststellungen handelt es sich durchwegs um Fakten, die vom Bundesverwaltungsgericht als unstrittig angesehen werden und aufgrund des Akteninhaltes einwandfrei nachvollzogen werden können (wie etwa das Datum der Eheschließung und dass der BF geschieden ist). Betrachtet man jedoch den Verlauf des gegenständlichen Verfahrens (siehe dazu der oben unter I. angeführte Verfahrensgang), wo von der zuständigen Niederlassungsbehörde offenbar der Verdacht auf eine Aufenthaltsehe des BF geäußert wurde, die LPD Wien in der Folge diesbezügliche Ermittlungen tätigte und den BF einvernahm, auch die Staatsanwaltschaft Wien befasst wurde – die das Ermittlungsverfahren in der Folge aufgrund des Vorliegens eines Auslandssachverhaltes einstellte – und schließlich das BFA eine Ausweisung gegen den BF erließ, so fällt ins Auge, dass das BFA in seinen Feststellungen mit keinem Wort auf das Vorliegen (oder auch Nichtvorliegen) einer Aufenthaltsehe beim BF eingeht, und auch nicht darauf, ob beim BF und seiner Frau tatsächlich ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK bestanden hat oder nicht. Auch in der Beweiswürdigung wird auf diese Aspekte nicht eingegangen. Die Beweiswürdigung verweist im Wesentlichen auf Beweismittel, wie etwa den Reisepass des BF und Auszüge aus dem Zentralen Melderegister und der Datenbank der österreichischen Sozialversicherungsträger, und – lediglich pauschal – auf Verfahrensschritte bzw. getätigte Angaben des BF, konkret: seine „Anträge[n] vom XXXX .06.2013 und vom XXXX .04.2018“ sowie seine „Angaben vom XXXX .03.2019 und vom XXXX .07.2019“. Damit sind offenbar die beiden Anträge des BF auf Erteilung einer Aufenthaltskarte gemeint sowie seine Angaben im Rahmen der Einvernahme durch die LPD Wien (die laut Akteninhalt eigentlich am XXXX . und nicht am XXXX .03.2019 stattfand) und im Rahmen der Einvernahme durch das BFA am XXXX .07.2019. Ansonsten wiederholt das BFA in der Beweiswürdigung insgesamt dreimal in ähnlicher Form einen Stehsatz, der (mit Abwandlungen) folgendermaßen lautet:

„Alle weiteren Feststellungen liegen dem Gesamten Inhalt des Aktes zur Zahl IFA XXXX zu Grunde

Da alle von der ha. Behörde getroffenen Feststellungen entweder auf den von ihnen gestellten Anträgen bzw. ihren Angaben oder aus Datenbanken, betrieben durch die Republik Österreich stammen, kann kein Zweifel bezüglich der Integrität jener Feststellungen aufkommen.

Ergo sind alle Feststellungen gegenüber jeder Anfechtung erhaben“

Auch in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides wird nichts Konkretes zu einer allfälligen Aufenthaltsehe des BF ausgeführt. Die rechtliche Beurteilung der Behörde lautet, soweit für das gegenständliche Erkenntnis relevant, auszugsweise wie folgt:

„Aus folgenden Gründen kommt Ihnen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht daher nicht zu:

Am XXXX .04.2018 stellten sie vor der Magistratsabteilung 35 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte „Angehöriger einer EWR Bürgerin“ da sie am XXXX .2013 vor dem Standesamt in XXXX [SRB] Frau XXXX , geb. XXXX .1981, sta. Ungarn ehelichten. -Am XXXX .01.2017 erwuchs die Scheidung von Frau XXXX , geb. XXXX .1981, sta. Ungarn, vor dem Hauptgericht in XXXX [SRB] in Rechtskraft. Ein von der Staatsanwaltschaft Wien geführtes Verfahren wegen des Verdachtes der Übertretung des § 117 Abs. 1 FPG wurde eingestellt

In weiterer Folge wurden sie durch Organe der Landespolizeidirektion Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, einer niederschriftlichen Einvernahme, bezüglich der Aufrichtigkeit der Ehe, unterzogen. In Zuge jener Amtshandlung entstanden begründete Zweifle ob sie tatsächlich ein Eheleben mit og. führten.

In weiterer Folge wurden sie am heutigen Tage ( XXXX .07.2019), in Zuge des Parteiengehörs, durch die ha,. Behörde einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen. Im Zuge jener Amtshandlung führten sie an das sie nicht mehr mit og. verheiratet sind und die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr nach Serbien nutzen wollen.

Daher geht die ha. Behörde, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, davon aus das sie nicht mehr in einer Ehe mit og. leben und sie daher nicht in den Genuss einer Aufenthaltskarte für Angehörige einer EWR Bürgerin kommen.

Es ist ihnen, laut ihren Angaben, zumutbar einen Antrag auf Niederlassung im Bundesgebiet aus dem Ausland zu stellen“

In der rechtlichen Beurteilung findet sich somit lediglich die knappe Aussage, dass im Zuge der Amtshandlung vor der Landespolizeidirektion Wien (LPD) „begründete Zweifel“ entstanden seien, ob der BF tatsächlich ein Eheleben mit seiner Ex-Ehefrau geführt habe. Es wird nicht verkannt, dass im vorliegenden Fall die LPD Erhebungen bzw. eine Einvernahme des BF (am XXXX .03.2019) durchgeführt hat, in deren Zuge sich zumindest Hinweise auf eine mögliche Aufenthaltsehe des BF und seiner Ex-Ehefrau ergeben haben. So konnte der BF vor der LPD keine Kontaktdaten seiner Ex-Ehefrau nennen und auch nicht das Lokal, in dem die Hochzeitsgesellschaft nach der Hochzeit essen gewesen sein soll, er konnte sich auch nicht daran erinnern, in welchen Hotels sie damals gemeinsam im Urlaub in Ungarn aufhältig gewesen sind. An dieser Stelle im Einvernahmeprotokoll (S. 3, AS 6) hält die LPD fest, dass zusammengefasst kein einziger stichhaltiger Beweis für das Vorliegen einer aufrecht geführten Ehe des BF im Sinne des Art. 8 EMRK durch den BF angegeben werden haben können. Die LPD tätigte sodann noch Erhebungen zu einer etwaigen aktuellen Lebensgefährtin und Kindern des BF bzw. zu seiner aktuellen Lebens- und Wohnsituation. Im Einvernahme- und Erhebungsprotokoll wird abschließend (S. 5, AS 8) ausgeführt, die Angaben des BF seien „allesamt haltlos“ und erscheine seine Glaubwürdigkeit „mehr als fragwürdig“, wodurch sich der Verdacht erhärte, dass die ordentlich geschlossene, bereits wieder geschiedene Ehe des BF mit der ungarischen Staatsbürgerin lediglich als Sprungbrett für die Erlangung eines Aufenthaltstitels benutzt worden sei und der BF nun mit seiner echten Lebensgefährtin, mit welcher er auch vermutlich mindestens ein gemeinsames Kind habe, zusammen in Wien lebe.

Zunächst ist auszuführen, dass unzureichende oder anscheinend unwahre Angaben des BF vor der LPD dadurch entstanden sein könnten, dass er mangelnde Deutschkenntnisse hatte. Die Einvernahme wurde offenbar ohne Dolmetscher durchgeführt und der BF verwies zu Beginn der Einvernahme darauf, dass er „der deutschen Sprache nicht sonderlich mächtig“ sei (S. 2, AS 5). Anzumerken ist auch, dass auffällig ist, dass eine allfällige Aufenthaltsehe des BF in seiner Einvernahme vor dem BFA am XXXX .07.2019 nicht thematisiert wurde. Mit Schreiben des BFA vom XXXX .05.2019 wurde der BF unter Hinweis auf eine beabsichtigte „Befragung zur Ehe“ zu einer niederschriftlichen Einvernahme geladen. Der BF wurde zu Beginn der Einvernahme darüber informiert, dass aufgrund des Ermittlungsergebnisses und dem Umstand, dass er sich von seiner Frau habe scheiden lassen, Zweifel bestünden, dass ihm die von ihm neuerlich beantragte Aufenthaltskarte ausgefolgt werden könne und beabsichtigt sei, gegen ihn eine Ausweisung zu erlassen. Das BFA wies darauf hin, dass der BF am XXXX .03.2019 von der LPD einvernommen worden sei. Die diesbezüglichen Erhebungsergebnisse, insbesondere, dass es sich bei der Ehe des BF um eine Aufenthaltsehe gehandelt haben könnte, wurden dem BF jedoch vom BFA nicht vorgehalten. Vor allem aber wurde der BF durch das BFA in der Einvernahme am XXXX .07.2019 nicht zum Thema einer möglichen Aufenthaltsehe befragt, er wurde etwa nicht konkret zu seinem Ehe- und Familienleben befragt und wie sich seine Ehe mit der ungarischen Staatsangehörigen in Österreich gestaltet hat. Der BF wurde lediglich zu Eckdaten der Ehe befragt, etwa zum Heirats- und Scheidungsdatum. Eigene Ermittlungen im Hinblick auf eine mögliche Aufenthaltsehe des BF hat das BFA somit nicht angestellt, es hat sich im angefochtenen Bescheid aber auch nicht in ausreichender und nachvollziehbarer Weise auf die Erhebungsergebnisse der LPD gestützt, sondern sich mit einem lapidaren Hinweis darauf begnügt, dass vor der LPD begründete Zweifel an einem Eheleben des BF entstanden seien. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes reichen die Ermittlungen des BFA und auch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid keinesfalls aus, um zweifelsfrei von einem Vorliegen einer Aufenthaltsehe beim BF ausgehen zu können. Abschließend ist nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass das tatsächliche Vorliegen einer Aufenthaltsehe des BF mit seiner Ex-Ehefrau auch nie ausdrücklich behördlich festgestellt wurde. Die LPD spricht lediglich von einem „erhärteten Verdacht“ und das BFA hat, wie bereits mehrfach ausgeführt, im angefochtenen Bescheid nur in einem Satz auf „begründete Zweifel“ am tatsächlich bestehenden Eheleben des BF hingewiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche – zulässige und rechtzeitige – Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 2 Abs. 4 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt (Z 1 leg. cit.) und als Drittstaatsangehöriger ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist (Z 10 leg. cit.).

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG gilt als begünstigter Drittstaatsangehöriger unter anderem der Ehegatte eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

§ 55 Abs. 3 NAG 2005 nimmt hinsichtlich der Einleitung eines aufenthaltsbeendenden Verfahrens nicht nur auf das Fehlen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes aus Gründen der Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit Bezug, sondern auch auf das Fehlen des Aufenthaltsrechts, weil die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder 54 Abs. 2 NAG 2005 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen.

Auf diese Bestimmung des § 55 Abs. 3 NAG 2005 nimmt auch der – die Ausweisung regelnde – § 66 FrPolG 2005 Bezug, der somit insoweit auch jenen Fall erfassen soll, in dem geprüft werden soll, ob für den Drittstaatsangehörigen, der über eine (Dauer-)Aufenthaltskarte verfügt, die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht, also auch begünstigter Drittstaatsangehöriger zu sein, nicht mehr vorliegen. Ein solches Verfahren nach § 66 FrPolG 2005 einzuleiten ist aber auch der Fremdenpolizeibehörde aus Eigenem – also auch ohne Vorliegen einer darauf abzielenden Mitteilung der Niederlassungsbehörde – nach den Bestimmungen des FrPolG 2005 nicht verwehrt (vgl. E 13. Oktober 2011, 2009/22/0330)“ (VwGH 18.06.2013, 2012/18/0005).

Bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, welches eine Aufenthaltskarte dokumentieren soll, ist nicht automatisch auch der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet beendet. Ein Fremder, für den eine Dokumentation eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt wurde, bleibt selbst bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bis zum Abschluss des nach § 55 NAG 2005 vorgesehenen Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßig aufhältig (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/20/0274; 15.03.2018, Ra 2017/21/0191). Es soll ihm möglich sein, trotz des Wegfalls der Voraussetzungen für ein aus dem Unionsrecht abgeleitetes Aufenthaltsrecht während seines Aufenthalts im Inland auf einen für seinen künftigen Aufenthaltszweck passenden Aufenthaltstitel „umzusteigen“, ohne dass dies zur Folge hätte, dass während dieses Verfahrens sein Aufenthalt unrechtmäßig wäre (VwGH 18.06.2013, 2012/18/0005; siehe auch Abermann et al, Kommentar NAG 2016, § 55 Rz 7 ff).

Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien und hat am XXXX .2013 in Serbien eine in Österreich lebende ungarische Staatsangehörige geheiratet.

Demzufolge erwarb der BF mit seiner seinerzeitigen Verehelichung mit einer Unionsbürgerin den Status des begünstigten Drittstaatsangehörigen iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 iVm. Z 11 FPG und damit ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht, welches mit der Ausfolgung einer Aufenthaltskarte von der zuständigen NAG-Behörde dokumentiert wurde (vgl. VwGH 18.06.2013, 2012/18/0005, wonach der Aufenthalt des Unionsbürgers in Österreich für die Inanspruchnahme des „Rechtes auf Freizügigkeit“ genügt).

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben oder nach Z 2 leg.cit., wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind.

EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können gemäß § 66 Abs. 1 FPG ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Bundesamt, wenn ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden soll, insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

Gemäß § 51 Abs. 1 NAG sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind (Z 1), für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen (Z 2), oder als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen (Z 3).

Gemäß § 52 Abs. 1 NAG sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.       Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2.       Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3.       Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

4.       Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder

5.       sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,

a)       die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,

b)       die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder

c)       bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.

Der mit „Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers“ betitelte § 54 NAG lautet:

„§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

2. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.

(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.

(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und

1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;

4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder

5. ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang - solange er für nötig erachtet wird - ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.“

Der mit „Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate“ betitelte § 55 NAG lautet:

„§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.“

Der BF hat am XXXX .2013 in Serbien geheiratet. Am XXXX .12.2016 wurde vor dem Amtsgericht in XXXX , Serbien, das Scheidungsverfahren eingeleitet. Die Ehe des BF hat somit bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden. Die Scheidung des BF von seiner Ehefrau wurde am XXXX .01.2017 rechtskräftig. Nach der Meldung seiner Scheidung an die Niederlassungsbehörde hat ihm diese mit Schreiben vom XXXX .05.2017 das Weiterbestehen seines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts mitgeteilt.

Erst nach diesem Zeitpunkt entstand offenbar der Verdacht, dass es sich bei der Ehe des BF um eine Aufenthaltsehe gehandelt haben könnte.

Kommt die nach dem NAG zuständige Niederlassungsbehörde bei der Prüfung des Fortbestands der Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen, hat sie die in § 55 Abs. 3 NAG vorgesehenen Verfahrensschritte (Befassung des BFA und Information des Betroffenen) zu setzen. Die Frage des Bestehens des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts und der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung hat dann das BFA zu beurteilen (vgl. VwGH 17.11.2011, 2009/21/0378). Aus § 55 Abs. 4 NAG geht überdies klar hervor, dass in den davon erfassten Konstellationen die Frage der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung anhand der Bestimmung des § 66 FPG zu prüfen ist. Diesfalls kommt es auf das Vorliegen einer Eigenschaft des Fremden als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 11 FPG nicht an. Ebenso wenig ist für das zu wählende Verfahren maßgeblich, zu welchem Zeitpunkt die Meldung nach § 54 Abs. 6 NAG erstattet wurde.

Der mit „Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft und Aufenthaltsadoption“ betitelte § 30 NAG lautet:

„§ 30. (1) Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen.

(2) An Kindes statt angenommene Fremde dürfen sich bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten auch für den Erwerb und die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts.“

Nach der Judikatur des VwGH liegt eine Aufenthaltsehe im Sinne des § 30 NAG in Verbindung mit § 54 Abs. 7 NAG dann vor, wenn sich ein Fremder für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels auf eine von ihm geschlossene Ehe beruft, er in diesem Zeitpunkt jedoch kein gemeinsames Familienleben mit seinem Ehegatten im Sinne des Art. 8 EMRK führt (vgl. VwGH 19.09.2012, 2008/22/0243). Ein formelles Band der Ehe reicht nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zugunsten des Drittstaatsangehörigen abzuleiten (vgl. VwGH 27.04.2017, Ro 2016/22/0014). In zeitlicher Hinsicht muss das Berufen auf ein Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem ein Familienleben nicht (mehr) geführt wird (vgl. VwGH 27.01.2011, 2008/21/0633).

„Die Annahme des Vorliegens einer Aufenthaltsehe iSd § 30 Abs. 1 NAG 2005 setzt nicht voraus, dass der Ehepartner gemäß § 117 FrPolG 2005 bestraft oder eine Anzeige gemäß § 117 FrPolG 2005 erstattet worden ist (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0349). Es steht einer derartigen Annahme auch nicht entgegen, dass ein Strafverfahren nach § 117 FrPolG 2005 nicht mit einer Verurteilung endete (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0349; VwGH 22.2.2011, 2010/18/0446).“ (VwGH 27.02.2020, Ra 2019/22/0203).

„Die Verwaltungsbehörde bzw. das Verwaltungsgericht dürfen in Bezug auf das Vorliegen einer Scheinehe eine eigene Beurteilung vornehmen (vgl. VwGH 25.9.2017, Ra 2017/20/0293; VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0349).“ (VwGH 23.01.2020, Ra 2019/21/0384).

Das BFA dürfte demnach nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst beurteilen, ob beim BF eine Aufenthaltsehe betreffend die Ehe mit der ungarischen Staatsbürgerin vorgelegen ist. Aus dem angefochtenen Bescheid geht aber nicht hervor, ob die belangte Behörde nun tatsächlich vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe beim BF ausgeht. Wie oben ausgeführt, hat die Behörde zu diesem Thema keine Feststellungen getroffen und sich auch in der Beweiswürdigung nicht damit auseinandergesetzt. Falls die Behörde von einer Aufenthaltsehe ausgehen sollte, so ist ihr vorzuwerfen, dass sie dies weder festgestellt noch nachvollziehbar begründet hat. Wie ebenfalls bereits ausgeführt, hat die Behörde dazu keine eigenen Erhebungen getätigt, insbesondere hat sie den BF selbst nicht zum Vorliegen einer Aufenthaltsehe einvernommen bzw. befragt. Eine Befassung mit diesem Thema ist dem Einvernahmeprotokoll des BFA nicht zu entnehmen. Das BFA hat aber auch die Ermittlungsergebnisse der LPD weder dem BF vorgehalten, noch diese nachvollziehbar in seine Erwägungen einbezogen.

Insgesamt hat die Behörde das Vorliegen einer Aufenthaltsehe weder festgestellt, noch würden die angestellten Ermittlungen des BFA und auch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid ausreichen, um von einer Aufenthaltsehe ausgehen zu können.

Wenn aber die belangte Behörde das Bestehen einer Aufenthaltsehe weder feststellte, noch im Hinblick auf ihren Ermittlungsstand von dieser Tatsache ausgehen durfte, so kann im vorliegenden Fall nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, es müsste eine Ausweisung gegen den BF ausgesprochen werden.

Die Ehe des BF hat von der Heirat am XXXX .2013 bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens am XXXX .12.2016 länger als drei Jahre bestanden. Wie in der gegenständlichen Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, beendete die Scheidung des BF sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht, weil die Ehe bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens mehr als drei Jahre, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet bestanden hat (§ 54 Abs. 5 Z 1 NAG), was dem BF auch mit dem genannten Schreiben der Niederlassungsbehörde vom 12.05.2017 bestätigt wurde. Die Voraussetzungen für den weiteren Bestand des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes gemäß § 54 Abs. 5 NAG waren daher zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides aufgrund der Ehedauer (und der aufrechten Erwerbstätigkeit des BF) erfüllt.

Die Behörde führt im angefochtenen Bescheid in der rechtlichen Beurteilung aus, der BF habe in der Einvernahme vor dem BFA angegeben, nicht mehr verheiratet zu sein, weshalb davon ausgegangen werde, dass der BF nicht mehr in einer Ehe lebe und er daher nicht in den Genuss einer Aufenthaltskarte für Angehörige einer EWR-Bürgerin komme, nimmt sodann eine Interessenabwägung vor und kommt zu dem Schluss, dass eine Ausweisung zu erlassen sei.

Dass die Ehe des BF nicht mehr besteht, ist völlig unzweifelhaft und hat er das aktuelle Bestehen der Ehe auch nie behauptet. Angesichts der obigen Ausführungen – Nichtfeststellung einer Aufenthaltsehe und Fortbestehen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts – ist insgesamt nicht nachvollziehbar, wie die Behörde im angefochtenen Bescheid letztendlich zur Erlassung einer Ausweisung kommt, weshalb Spruchpunkt I. des Bescheides zu beheben war.

Mit Spruchpunkt II. des im Spruch angeführten Bescheides wurde ausgesprochen, dass gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt werde.

Da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Ausweisung, und damit einhergehend auch für die Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes, gegenständlich nicht vorliegen, war der Bescheid auch hinsichtlich Spruchpunkt II. zu beheben.

Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsehe Aufenthaltsrecht Ausweisung Ausweisung aufgehoben Ausweisung nicht rechtmäßig Behebung der Entscheidung Beweiswürdigung Durchsetzungsaufschub Ehe Scheidung Unionsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W280.2222141.1.00

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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