TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/29 W281 2221968-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2021
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Entscheidungsdatum

29.01.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs3
FPG §70 Abs3

Spruch


W281 2221968-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien XXXX geb XXXX , StA. Slowenien, XXXX geb. XXXX , StA. Bosnien, vertreten durch Baasanjav Bayanjav Österreich-Eurasien Gesellschaft "Kulturbrücke", gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich vom 21.06.2019, Zl. XXXX , wegen einem unbefristeten Aufenthaltsverbot, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides insoweit stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass in Spruchpunkt I. die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 10 Jahre herabgesetzt wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 21.06.2019 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG erlassen, kein Durchsetzungsaufschub erteilt und die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass der BF mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.04.2017, rechtkräftig seit 19.12.2017, wegen §§ 28a Abs 1 5. Fall, 28a Abs 4 Z 3 SMG § 12 2. Fall StGB, §§ 28a Abs 1 1. Fall, 28a Abs 2 Z 2, 28a Abs 2 Z 3 SMG § 15 StGB, §§ 223 Abs 2, 224 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten rechtskräftig verurteilt worden war. Der BF sei erst seit 16.02.2018 mit einer in Serbien geborenen ungarischen Staatsbürgerin verheiratet, eine gemeinsame Meldeadresse liege nicht vor und seien sich beide des unsicheren Aufenthaltes bewusst gewesen. Er habe die Möglichkeit ins Bundesgebiet einreisen und sich hier aufhalten zu können missbraucht um gerichtlich strafbarer Handlungen nachzugehen. Somit sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe Ordnung und Sicherheit dringend geboten, da sein Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle. Die Interessenabwägung falle zu Lasten des BF aus. Auch ein Durchsetzungsaufschub habe wegen des strafrechtlich relevanten Verhaltens und der fehlenden sozialen Bindungen nicht erfolgen können. Aufgrund dieser Umstände sei auch die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen.

2. Mit gegen diesen Bescheid erhobener Beschwerde führte der BF zusammengefasst aus, dass er sich auf sein Recht auf Privat- und Familienleben berufe und die Beziehung zu seiner Frau bereits acht Jahre dauere. Er sei aus Dummheit in die Kriminalität gerutscht. Er habe aus aufenthaltsrechtlichen Gründen keine offizielle Melderegistrierung machen können, er habe sich auch nicht bei seiner Ehegattin melden können, da diese im Studentenwohnheim wohne. Im Falle eine Abschiebung, Zurückführung oder Zurückschiebung nach Serbien bestehe für ihn die reale Gefahr in einem serbischen Gefängnis unmenschlich behandelt zu werden und führte der BF dazu fünf einhalb Seiten aus, warum von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen wäre. Der BF stellte die Anträge der Beschwerde stattzugeben, den Bescheid in allen Spruchpunkten zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen, das unbefristete Aufenthaltsverbot aufheben oder zumindest maximal auf drei Jahre zu befristen, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.

3. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.08.2019 vorgelegt. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde der Akt einer anderen Gerichtabteilung neu zugewiesen.

4. Der BF wurde am 28.04.2020 bedingt aus der Strafhaft entlassen und ins Polizeianhaltezentrum überstellt.

5. Am 13.05.2020 reiste der BF freiwillig aus dem Bundesgebiet aus.

6. Mit Schreiben vom 14.01.2021 forderte das Bundesverwaltungsgericht den bevollmächtigten Vertreter des BF auf, innerhalb einer Woche bekannt zu geben, wo sich der BF gerade aufhalte. Diese Aufforderung blieb unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Serbien und wurde am XXXX in Sombor geboren. Seine Identität steht fest (AS 249). Zudem trat er in Österreich auch unter den im Spruch genannten Aliasidentitäten auf.

Der BF ist mit einer ungarischen Staatsbürgerin seit 16.02.2018 verheiratet. Die Ehefrau arbeitet und lebt in Österreich. Es bestand zu keiner Zeit ein gemeinsamer Haushalt. Er gab an seit 2014 mit ihr eine Beziehung zu führen.

Der BF ging in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Beschäftigung nach. Er hatte bis zur Eheschließung keinen Rechtsanspruch auf Unterhalt. Der BF ging zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt jedenfalls im Jahr 2013 einer Beschäftigung nach, ohne über eine Beschäftigungsbewilligung zu verfügen.

Der BF ist in Österreich weder beruflich noch sozial integriert. Er ist weder Mitglied in einem Verein noch gemeinnützig oder ehrenamtlich tätig. Eine nennenswerte soziale oder berufliche sowie sprachliche Integration liegt nicht vor. Er ist gesund und arbeitsfähig.

1.2. Zum Aufenthalt in Österreich

Der BF hielt sich seit 2012 bzw. 2013 nicht durchgehend im Bundesgebiet auf. Wann der BF zuletzt oder in der Vergangenheit in das Bundesgebiet eingereist ist und wie lange er sich jeweils aufgehalten hat konnte nicht festgestellt werden. Der BF hielt sich aber jedenfalls zu jenen Zeiten, die mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.04.2017, rechtskräftig seit 19.12.2017, festgestellt wurden und zu in den Zeiten seiner Anhaltung in Österreich auf.

Der BF war im Bundesgebiet, außer zu den Zeiten der Anhaltung in Untersuchungs-, Strafhaft sowie während der Anhaltung im Polizeianhaltezentrum, nicht gemeldet.

Der BF ist am 13.05.2020 freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist.

Wo sich der BF derzeit aufhält kann nicht festgestellt werden.

1.3. Zum Leben in Serbien

Die Eltern des BF leben in Serbien.

Der BF ist in Serbien aufgewachsen, besuchte in Serbien die Grundschule für acht Jahre sowie vier Jahre weiterführende Schule. Zum Zeitpunkt seiner Verurteilung studierte er in Serbien im vierten Studienjahr Wirtschaft.

1.4. Zur Straffälligkeit

1.4.1. Der BF wurde am 31.08.2016 festgenommen und ab 01.09.2016 in Untersuchungshaft sowie anschließend in Strafhaft bis 28.04.2020 angehalten.

1.4.2. Mit Urteil eines Landesgerichtes, Zl. XXXX , vom 04.04.2017, rechtskräftig seit 19.12.2017, wurde der BF wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, 12 zweiter Fall StGB sowie des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 erster Fall und Abs. 2 Z 2 und 3 SMG, 15 StGB und den Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.

1.4.3. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF in Wien vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich zumindest drei Pakete mit insgesamt 2.456,7 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von 1.903,97 Gramm Kokain XXXX zur Aufbewahrung in dessen Wohnung überlassen hat, und zwar im Oktober 2015;

1.4.4. Zudem hat er am 03.11.2015 XXXX dazu bestimmt, ein Paket mit 460,3 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz an Cocain von 360,97 Gramm an einen Mann mit roter Jacke zu überlassen, wobei dieser das Paket letztlich an XXXX überließ;

1.4.5. Außerdem hat er von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis zum 03.11.2015 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung durch den Anbau von 592 Cannabispflanzen in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigenden Menge erzeugt und zwar 775,8 Gramm Marihuanablüten mit 8,5 Gramm Delta-9-THC und 107,84 Gramm THCA sowie 5.260 Gramm Gramm Marihuanablüten mit 39,45 Gramm Delta-9-THC und 514,42 Gramm THCA zu erzeugen versucht.

1.4.6. Überdies hat der BF falsche ausländische öffentliche Urkunden, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt sind, im Rechtsverkehr zum Beweis von Tatsachen, nämlich, dass es sich bei ihm um die in den Ausweisen ausgewiesenen Personen handelt, gebraucht und sich am 21.10.2014 mit einem falschen slowenischen Reisepass gegen über einer Person ausgewiesen und am 31.08.2016 mit einem falschen bosnischen Reisepass bei einer Polizeikontrolle ausgewiesen.

1.4.7. Aufgrund seiner tristen finanziellen Situation fasste der BF mit zwei weiteren serbischen Staatsangehörigen (ZR und ZV) spätestens im Herbst 2014 den Entschluss sein Einkommen durch den Verkauf von Suchtgift aufzubessern. Um dieses Vorhaben umzusetzen, schloss sich der BF mit den beiden serbischen Staatsbürgern zu einer kriminellen Vereinigung zusammen, deren Zweck darauf gerichtet war, Suchtgift, nämlich Cannabiskraut mit den Wirkstoffen Delta-9-THC und THCA in einer das fünfundzwanzigfache der Grenzende übersteigenden Menge zu erzeugen und anschließend gewinnbringend zu verkaufen.

Zur Errichtung der Cannabisindoorplantage mietete der BF am 21.10.2014 unter Verwendung eines durch Einkleben seines Lichtbildes verfälschten slowenischen Reisepasses, womit er sich gegenüber dem Vermieter auswies, eine Halle in Eggendorf unbefristet an. Er wusste, dass dieser Reisepass gefälscht war. Er wollte diesen im Rechtsverkehr verwenden zum Beweis, dass es sich bei ihm um einen slowenischen Staatsangehörigen handelt.

In der Folge errichtete er in der Halle im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den beiden serbischen Staatsbürgern eine Cannabisindoorplantage mit insgesamt 592 Cannabispflanzen, die er mit ZR angekauft und in die Halle verbracht hat. ZV als ausgebildeter Elektriker verlegte die Stromleitungen. Der BF und die beiden serbischen Staatsbürger gossen die Pflanzen und zogen sie bis zur Blüte auf.

Bis zum 03.11.2015 wurde von der Cannabisindoorplantage eine Menge von insgesamt 775,8 Gramm Cannabiskraut erzeugt. Die restlichen, in Blüte stehenden Cannabispflanzen hätten demnächst geerntet und dadurch weitere 5.260 Gramm Cannabiskraut erzeugt werden sollen.

Bei einer am 03.11.2015 vollzogenen Hausdurchsuchung wurden die 592 Cannabispflanzen sichergestellt.

Der BF und die beiden serbischen Staatsbürger wussten, dass das Erzeugen von Delta-9-THC sowie THCA-hältigem Cannnabiskraut verboten ist und fanden sich damit ab. Sie wollten sich zum Zwecke des Anbaus und nachfolgendem gewinnbringenden Verkauf von Delta-9-THC sowie THCA-haltigem Cannabiskraut in der das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge für längere Zeit, zumindest ein Jahr zu einer kriminellen Vereinigung zusammenschließen und Suchtgift erzeugen , welches anschließend gewinnbringend verkauft werden sollte.

Der BF ist nicht an den Konsum von Suchtgift gewöhnt, das erzeugte sowie weiters zu erzeugen beabsichtigte Cannabiskraut war ausschließlich zum gewinnbringenden Verkauf vorgesehen gewesen.

1.4.8. Zu den unter 1.4.3. und 1.4.4. angeführten verurteilten strafbaren Handlungen ersuchte der BF VR in einem Lokal, ob er für ihn etwas verstecken könnte und nachdem sich VR einverstanden erklärt hatte teilte ihm der BF mit, dass es sich dabei um eine große Menge Kokain handeln würde. Da VR das Suchtgift nicht in seiner Wohnung verstecken wollte erwiderte er ihm, dass er seinen Freund VS fragen würde, ob dieser es verstecken könne. Der BF war damit einverstanden VR sollte es VS nicht sagen, dass sich in der Tasche Kokain befinden würde. VS zeigte sich einverstanden für den BF die Tasche aufzubewahren. Am nächsten Tag begaben sich BF und VR zu der Wohnung des VS und brachten die Tasche, in der sich drei Pakete mit insgesamt 1.456,7 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von 1.903,97 Gramm befanden, in die Wohnung des VS.

Am 30.10.2015 fuhr der BF nach Serbien und trug VR am 02.11.2015 telefonisch auf, das silberne Paket, welches 460,3 Gramm brutto Kokain mit einer Reinsubstanz von 360,97 Gramm Kokain enthielt, am 03.11.2015 in Wien einem Abnehmer mit roter Jacke zu übergeben. Um sicher zu gehen, dass VR den Auftrag richtig ausführen würde, übermittelte der BF am selben Tag eine sms auf Serbisch mit den Worten „ XXXX , Morgen um 5, jenes „Karosserie beschädigtes (zertrümmertes) gebrauchtes Auto“, silber, der Mann wird vor der Garage warten, stärker, rote Jacke“. Da VR die Übergabe des Suchtgiftes nicht machen wollte, ersuchte er ZR die Übergabe für ihn durchzuführen. ZR erklärte sich dazu bereit und holte am 03.11.2015 das silberne Kokainpaket ab. Da er sich jedoch verlaufen hatte, verspätete er sich und konnte in der Nähe einen observierenden Polizeibeamten an seinem Kopfhörer erkennen. ZR ergriff daraufhin die Flucht und fuhr mit dem Kokain in seine Wohnung, wo dieses bei einer am selben Tag durchgeführten Hausdurchsuchung sichergestellt werden konnte. Die anderen beiden Packungen Kokain mit einer Menge von 1.114,7 Gramm und 1.066,6 Gramm wurden im Zuge einer Hausdurchsuchung in der Wohnung von VS vorgefunden und sichergestellt.

Der BF wusste, dass das Überlassen von cocain-hältigem Kokain verboten ist und fand sich damit ab und wollte dieses auch überlassen und auch VR dazu bestimmen die bereits genannte Menge einer Person in roter Jacke zu überlassen.

1.4.9. Zu der unter 1.4.6. angeführten verurteilten strafbaren Handlungen wurde der BF am 31.08.2016 festgenommen und zeigte den Beamten bei der erkennungsdienstlichen Behandlung einen total gefälschten bosnischen Reisepass, lautend auf ZZ und gab sich als dieser aus. Er wusste, dass der Reisepass total gefälscht war und beging die Tat, weil er bereits von seinem damaligen Verteidiger die Information hatte, dass er unter seinem richtigen Namen zur Festnahme ausgeschrieben war.

1.4.10. Das Gericht wertete erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen, die mehrfache Tatbegehung sowie die Tatbegehung in Bezug auf die Grenzmenge 126-fach übersteigende Menge Suchtgift.

Mildernd wurde dabei das teilweise Geständnis, der bisherige ordentliche Lebenswandel und die Sicherstellung des Suchtgiftes gewertet.

Aufgrund des massiven Ansteigens des Drogenhandels und angesichts der verheerenden psychischen, beruflichen und sozialen Folgen, die der Sichtmittelmissbrauch bei den in der Regel jungen Konsumenten nach sich zieht, kann dem Drogenhandel nur mit drastischen Strafen begegnet werden um einerseits den Straftätern das Unrecht ihres Suchtgifthandels deutlich vor Augen zu führen und andererseits andere potentielle Täter von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten. Gerade im Bereich des Drogenhandels existiert ein gut ausgebautes Kommunikationsnetz, sodass zu erwarten ist, dass potentielle, ebenso wie derzeitige Drogendealer von der Höhe und Art der zu erwartenden Strafe sowie der Rigorosität des Vollzuges Kenntnis erlangen und zumindest manche dadurch von der Begehung weiterer Straftaten im Suchtmittelbereich abgeschreckt werden. Im konkreten Fall wirkt sich die Tatbegehung in Bezug auf eine sogar das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge mehrfach übersteigende Menge einer gefährlichen Droge, die hochprofessionelle Planung und Ausführung unter Anmietung einer Halle unter fremden Namen mittels gefälschtem Reisepass in einem fremden Land sowie die führende Rolle des BF innerhalb der kriminellen Vereinigung den Aufbau und die Aufzucht der Cannabisinddorplantage betreffend besonders aggravierend aus. Darin wird deutlich, dass der BF zur Aufbesserung seines eigenen Einkommens die gesundheitliche Gefährdung und finanzielle Ausbeutung einer Vielzahl an Abnehmern bewusst und gewollt in Kauf genommen hat.

1.4.11. Gegen das Urteil vom 04.04.2017 erhob der BF Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 12.10.2017 zurückgewiesen.

Mit Berufungsurteil vom 19.12.2017 wurde der Berufung nicht Folge gegeben und der vom Erstgericht gefundene Strafzumessungskatalog wie folgt ergänzt bzw. präzisiert:

Erschwerend ist der lange Tatzeitraum zu beurteilen, der jedenfalls vom 21.10.2014 bis zum 31.08.2016 reicht und damit den vorliegenden Milderungsgrund nach § 34 Abs. 1 Z 2 StGB zum Teil entwertet, weil nur die ersten Tathandlungen, nicht jedoch jene im drauffolgenden knapp zweijährigen Zeitraum mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehen. Darüber hinaus treffen zwei Verbrechen mit zwei Vergehen zusammen, da der BF zwei falsche ausländische Urkunden gebrauchte. Der BF hat rund 5.260 Gramm Marihuanablüten zu erzeugen versucht, so blieb es bei diesem Umstand auch beim Versuch.

Darüber hinaus ist im Sinne des § 32 Abs. 3 StBG zu Lasten des BF zu konstatieren, dass er seine Taten reiflich überlegt und sorgfältig vorbereitet hatte sowie innerhalb der kriminellen Organisation in führender Rolle tätig war.

Angesichts der im Rahmen der Hausdurchsuchung vorgefundenen „Cannabis-Plantage“ und der Depositionen der abgesondert verfolgten serbischen Staatsangehörigen sowie der vorliegenden Telefonüberwachungsprotokolle ist der in diesem Bereich geständigen Verantwortung des BF kein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung zuzumessen. Warum angesichts der Überlassung derart großer Mengen an Kokain und der im Rahmen einer kriminellen Vereinigung betriebene Anbau von Marihuana einen geringen Handlungs- und Gesinnungswert darstellen sollte bleib der BF schuldig, weil gerade die von ihm als führendem Mitglied gegebene Anweisungen ebenso besonders verwerflich sind wie die keinesfalls untergeordnete Tatbeteiligung zum Überlassen des Kokains.

Die Sicherstellung des Suchtgiftes wirkte sich mildernd aus und wurde vom Erstgericht bereits berücksichtigt. Die verhängte Sanktion, die rund ein Drittel der höchstmöglichen Strafe darstellt war somit schon aus individuell-prohibitiven Erwägungen keiner Reduktion zugänglich, handelt es sich doch beim BF um einen professionell agierenden Drogenhändler, der selbst nicht an den Konsum von Suchtgift gewöhnt ist. Letztlich sprachen bei derartiger Drogenkriminalität auch gewichtige generalpräventive Aspekte gegen eine Herabsetzung der Unrechtsfolge.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person des BF

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum) und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf dem im Zuge des Verfahrens vorgelegten, bis 2025 gültigen, serbischen Reisepass (AS 249). Seine Aliasidentitäten ergeben sich aus der Vollzugsinformation vom 28.03.2018 (Aktenvorlage OZ 2), einem aktuellen Auszug zum Fremdenregister (IZR) und dem Urteil vom 04.04.2017. Der BF mietete demnach eine Halle unter der falschen Identität von XXXX in dem er dem Vermieter einen gefälschten slowenischen Reisepass vorlegte. Bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung gab er sich als XXXX aus und wies sich durch einen total gefälschten bosnischen Reisepass aus.

Die Eheschließung des BF mit einer ungarischen Staatsangehörigen am 16.02.2018 geht aus einer im Verfahren in Vorlage gebrachten Heiratsurkunde des Standesamtes Wien-Innere Stadt vom 16.02.2018 sowie den Angaben des BF bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 04.06.2019 (AS 293) und den Angaben der einvernommenen Ehefrau des BF am 26.04.2019 (AS 230) hervor. Der BF gab an, dass er 2014 eine Beziehung begonnen hätte (AS 293). Dass die Ehefrau in Österreich arbeitet und lebt geht aus einem aktuellen AJ-Webauszug vom 13.01.2021 hervor und einer Abfrage zum Zentralen Melderegister vom 13.01.2021, die eine aufrechte Meldung belegt. Die Feststellung, dass zu keiner Zeit ein gemeinsamer Haushalt bestanden hat ergibt sich aus seinen Angaben vor dem Bundesamt (Einvernahme 04.06.2019, S. 3; AS 293) und er keinen Grund hatte über diesen Umstand die Unwahrheit anzugeben. Den gegenteiligen Angaben seiner Ehegattin war vor diesem Hintergrund kein Glauben zu schenken (Einvernahme am 26.04.2019 S.4, OZ 4). Die dies bezüglichen Feststellungen des Bundesamtes wurden überdies auch nicht substantiiert bestritten.

Eine Abfrage zum AJ-Web den BF betreffend ergab, dass er in Österreich noch nie zu einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung gemeldet worden war. Aufgrund eines fehlenden Aufenthaltstitels und auch eines fehlenden Visums (zB Visum D) war es ihm somit nicht möglich legal einer Beschäftigung nachzugehen. Mit vom BF vorgelegten Schreiben vom 24.08.2018, ausgestellt von der XXXX wurde bestätigt, dass der BF ein Mitarbeiter der Firma XXXX war und diese Firma für die XXXX Ltd. 2012 und 2013 tätig war (AS 279). Zur Firma XXXX finden sich zwar keine Hinweise im Zentralen Melderegister zur Person des XXXX da der BF aber laut AJ-Web keine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung in Österreich aufweist und auch seine Ehegattin angegeben hat, dass er dort gearbeitet hat (Einvernahme am 26.04.2019 S.4, OZ 4), war im Ergebnis die Feststellung zu treffen, dass der BF im Jahr 2013 einer Beschäftigung nachgegangen ist, ohne über eine Beschäftigungsbewilligung zu verfügen. Somit konnte auch keine berufliche Integration des BF festgestellt werden. Seine Tätigkeit im Suchtgifthandel stellt nämlich keine berufliche Integration dar. Der BF hat auch zu keinem Zeitpunkt eine nennenswerte soziale Integration, die Mitgliedschaft in einem Verein oder eine gemeinnützige oder ehrenamtliche Tätigkeit behauptet. Im Verfahren sind auch keine Ermittlungsergebnisse hervorgekommen, die daran zweifeln lassen, dass der BF gesund und arbeitsfähig ist.

2.3. Zum Aufenthalt in Österreich

Die Feststellungen zum Aufenthalt des BF seit 2012 bzw. 2013 ergeben sich überwiegend aus seinen Angaben und den Angaben seiner Ehegattin (Einvernahme am 26.04.2019 S.4, OZ 4). Ein- und Ausreisen in den Schengenraum ergeben sich auch aus einer Passkopie (AS 249-251), wobei der Pass am 15.07.2015 ausgestellt worden ist. Die Feststellung, dass sich der BF aber zu jenen Zeiten aufhielt, die mit dem Urteil vom 04.04.2017 festgestellt wurden, ergeben sich aus eben diesem Urteil und dem Umstand, dass das erkennende Gericht an die Verurteilung gebunden ist.

Die Anhaltung in Justizanstalten sowie das Fehlen sonstiger Wohnsitzmeldungen in Österreich beruhen auf einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister am 13.01.2021 sowie einer Vollzugsinformation der Justizanstalt XXXX vom 28.03.2018.

Die freiwillige Ausreise ergibt sich aus eine Abfrage zum Fremdenregister (IZR) vom 13.01.2021.

Die Feststellung, dass nicht festgestellt werden kann, wo sich der BF derzeit aufhält ergibt sich aus dem Umstand, dass der bevollmächtigte Vertreter des BF auf die Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes (OZ 13) nicht reagierte und somit nicht mitgeteilt hat, wo sich der BF gerade aufhält.

2.4. Zum Leben in Serbien

Die Feststellung, dass die Eltern des BF in Serbien leben ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben (AS 293) und die Feststellungen zu seinem Leben in Serbien generell und dem Studium aus dem Urteil vom 04.04.2017 (S. 5) bzw. teilweise auch aus seinen diesbezüglichen Angaben im Verfahren (AS 293).

2.5. Zur Straffälligkeit

Die strafgerichtliche Verurteilung des BF, die näheren Ausführungen zu den Straftaten und deren Gründe und zu den Strafbemessungsgründen sowie die Feststellung, dass der BF die beschriebenen Handlungen gesetzt hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich am 02.08.2019) sowie allesamt aus einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils vom 04.04.2017 (OZ 3).

Die Feststellungen zu Punkt 1.4.11. ergeben sich allesamt aus dem Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 12.10.2017 und dem Berufungsurteil vom 19.12.2017 (OZ 3).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Rechtslage

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten auszugsweise:

§ 2 Abs. 4 FPG lautet:

„Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

11.

begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;

…“

Ausweisung

§ 66 FPG lautet:

„(1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“

Aufenthaltsverbot

§ 67 FPG lautet:

„(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.

auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.

auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.

der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.“

Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub

§ 70 FPG lautet:

„(1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.“

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18 BFA-VG lautet:

….

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.“

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

…“

3.2. Zu Spruchteil A) I.: Aufenthaltsverbot

3.2.1 Der BF ist Ehegatte einer EWR-Bürgerin, der das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nach § 51 NAG zukommt. Zum Zeitpunkt der Eheschließung hatte die Ehegattin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich und war Arbeitnehmerin sowie Studentin. Derzeit ist sie in Österreich weiterhin aufrecht gemeldet und weiterhin bei einer Bank beschäftigt.

Damit erfüllt der BF die Voraussetzung des § 52 Abs. 1 Z 1 NAG für das Aufenthaltsrecht als Angehöriger der EWR-Bürgerin und ist begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen. Es war daher zu prüfen, ob gegen den BF ein Aufenthaltsverbot erlassen werden kann.

3.2.2. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltsverbots gegen begünstigte Drittstaatsangehörige hängt davon ab, welcher Gefährdungsmaßstab anzulegen ist und ob die nach diesem Maßstab geforderte Gefährdung vorliegt. Die Voraussetzung ist grundsätzlich jene, die § 67 Abs. 1 FPG dafür vorsieht, dass nämlich auf Grund des "persönlichen Verhaltens" des Drittstaatsangehörigen "die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist." Nach dem Wortlaut der Bestimmung muss das persönliche Verhalten "eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt".

Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen einen EWR-Bürger, der den Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatte, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 FPG auch unbefristet erlassen werden, so z.B. bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren (§ 67 Abs. 3 Z 1 FPG).

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (siehe VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

3.2.3. Der BF hat sich weder seit zehn Jahren im Bundesgebiet aufgehalten noch das unionsrechtliche Recht auf Daueraufenthalt erworben (das einen fünfjährigen rechtmäßigen und kontinuierlichen Aufenthalt voraussetzt, siehe § 54a NAG). Daher ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 zweiter Satz FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") anzuwenden.

Das persönliche Verhalten des BF stellt eine solche Gefahr dar, die Grundinteressen der Gesellschaft iSd Art 8 Abs 2 EMRK (an nationaler Sicherheit, der Verteidigung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer und der Moral) berührt:

3.2.4. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.04.2017, rechtskräftig seit 19.12.2017, wurde der BF wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, 12 zweiter Fall StGB sowie des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 erster Fall und Abs. 2 Z 2 und 3 SMG, 15 StGB und der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF im Oktober 2015 in Wien vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich zumindest drei Pakete mit insgesamt 2.456,7 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von 1.903,97 Gramm Kokain einer Person zur Aufbewahrung in dessen Wohnung überlassen und am 03.11.2015 XXXX dazu bestimmt hat, ein Paket mit 460,3 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz an Cocain von 360,97 Gramm an einen Mann mit roter Jacke zu überlassen, wobei dieser das Paket letztlich an XXXX überließ.

Außerdem hat er von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis zum 03.11.2015 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung durch den Anbau von 592 Cannabispflanzen in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigenden Menge erzeugt und zwar 775,8 Gramm Marihuanablüten mit 8,5 Gramm Delta-9-THC und 107,84 Gramm THCA sowie 5.260 Gramm Gramm Marihuanablüten mit 39,45 Gramm Delta-9-THC und 514,42 Gramm THCA zu erzeugen versucht.

Überdies hat der BF falsche ausländische öffentliche Urkunden, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt sind, im Rechtsverkehr zum Beweis von Tatsachen, nämlich, dass es sich bei ihm um die in den Ausweisen ausgewiesenen Personen handelt, gebraucht und sich am 21.10.2014 mit einem falschen slowenischen Reisepass gegen über einer Person ausgewiesen um eine Lagerhalle für eine Cannabisplantage zu mieten und hat sich am 31.08.2016 mit einem falschen bosnischen Reisepass bei einer Polizeikontrolle ausgewiesen und wusste zu diesem Zeitpunkt, dass für seinen richtigen Namen bereits ein Festnahmeauftrag erlassen worden war.

Der BF beging diese Taten aufgrund seiner tristen finanziellen Lage während eines langen Tatzeitraumes. Aufgrund seiner tristen finanziellen Situation fasste der BF mit zwei weiteren serbischen Staatsangehörigen spätestens im Herbst 2014 den Entschluss sein Einkommen durch den Verkauf von Suchtgift aufzubessern. Um dieses Vorhaben umzusetzen, schloss sich der BF mit den beiden serbischen Staatsbürgern zu einer kriminellen Vereinigung zusammen, deren Zweck darauf gerichtet war, Suchtgift, nämlich Cannabiskraut mit den Wirkstoffen Delta-9-THC und THCA in einer das fünfundzwanzigfache der Grenzende übersteigenden Menge zu erzeugen und anschließend gewinnbringend zu verkaufen. Der Tatzeitraum erstreckte sich dabei jedenfalls vom 21.10.2014 bis zum 31.08.2016 und ist daher als besonders lang einzustufen.

Die hochprofessionelle Planung und Ausführung unter Anmietung einer Halle unter fremden Namen mittels gefälschtem Reisepass durch den BF in einem fremden Land sowie die führende Rolle des BF innerhalb der kriminellen Vereinigung den Aufbau und die Aufzucht der Cannabisinddorplantage betreffend und das Überlassen von zumindest drei Paketen mit insgesamt 2.456,7 Gramm Kokain sowie die Bestimmung zur Überlassung eines Paketes mit 460,3 Gramm Kokain berührt die Grundinteressen der Gesellschaft iSd Art 8 Abs 2 EMRK (an nationaler Sicherheit, der Verteidigung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer und der Moral).

3.2.5. Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann, insbesondere aufgrund der Art des Suchtgiftes (Kokain, Marihuana), der besonders großen Suchtgiftmengen, dem Tatzeitraum von fast zwei Jahren sowie der Begehung in einer kriminellen Vereinigung in führender Rolle, gepaart mit den damit einhergehenden Täuschungen über die Identität durch Verwendung gefälschter Reisepässe, eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere im Hinblick auf die Verhinderung von Suchtmitteldelikten (vgl. VwGH 18.10.2012, 2011/23/0318) und die Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften zum Schutz eines geordneten Fremdenwesens (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074), als gegeben angenommen werden.

Insofern sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 67 Abs. 3 Z 1 FPG dem Grunde nach erfüllt, da der BF zu einer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden ist.

3.2.6. Der BF nahm nicht nur die Gefährdung der Gesundheit der Drogen-Konsumenten, sondern auch die Förderung der Abhängigkeit und des Leides derselben sowie der Beschaffungskriminalität in Kauf. Erschwerend kommt hinzu, dass der BF Drogen wie Kokain von insgesamt 2.456,7 Gramm und 775,8 Gramm Marihunablüten mit Gewinnbringungsabsicht in Umlauf gebracht bzw. erzeugt und den Verkauf weiterer besonders großer Mengen im Ausmaß von 5.260 Gramm Marihunablüten bereits vorbereitet hat.

Das vom BF gezeigte rechtsverletzende Verhalten legt nahe, dass dieser im Grunde kein Interesse an der Beachtung gültiger Rechtsnormen und sohin auch nicht an einer Integration in die österreichische Gesellschaft hegt. Den öffentlichen Interessen zuwider, agierte der BF einzig im eigenen Interesse, (in Bereicherungsabsicht) unter Missachtung gültiger Rechtsnormen und Interessen anderer.

3.2.7. Zudem war der BF außer zu den Zeiten seiner Anhaltung in Untersuchungs-, Strafhaft und Anhaltung im Polizeianhaltezentrum zu keiner Zeit in Österreich gemeldet und liegt somit ein massiver Verstoß gegen das Meldegesetz vor. Der BF hat somit ausschließlich in Österreich im Verborgenen Unterkunft genommen. Es ist dabei auch unerheblich, aus welchen Gründen er sich nicht gemeldet hat.

Zudem ging der BF eigenen Angaben nach im Grunde der Schwarzarbeit nach: Er brachte mit einer Bestätigung vor, dass er für die Firma „ XXXX “ gearbeitet hat. Der BF verfügte zu keinem Zeitpunkt über eine Beschäftigungsbewilligung und zwar zudem auch nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Der BF ging somit der „Schwarzarbeit“ nach.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände, nämlich Verstöße gegen fremden- und strafrechtliche Bestimmungen und Verstößen gegen die öffentliche Ordnung, ist eine maßgebliche Gefährdung von öffentlichen Interessen als gegeben anzunehmen. Mit Blick auf das gezeigte Verhalten des BF, lassen sich keine Anhaltspunkte erheben, welche für eine positive Wandlung des BF in absehbarer Zeit sprechen, und damit eine Änderung seines Verhaltens in Aussicht stellen können.

Selbst die bedingte Entlassung mag daran nichts zu ändern, dass bei einem derartigen, vom BF gesetzten strafrechtlich relevanten Verhalten jedenfalls ein äußerst langer Zeitraum des Wohlverhaltens und ein längerfristiger ordentlicher Lebenswandel vorliegen muss um von einem Wegfall der tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr auszugehen.

Ferner misst der VwGH Suchtgiftdelikten eine hohe Rückfallgefährlichkeit bei, wobei er dabei keine Unterscheidung hinsichtlich Gewinnsuchtbestrebungen oder Beschaffungskriminalität trifft (vgl. VwGH 20.12.2012, 2011/23/0554).

3.2.8. Zur Interessenabwägung

Gemäß § 9 BFA-VG ist ein Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Fremden durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbots zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

3.2.8.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3, 197 ff.).

Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Der BF heiratete seine ungarische Ehefrau, während der Anhaltung in Strafhaft am 16.02.2018. Aufgrund der in der Haft erfolgten Eheschließung liegt aber ein Eingriff in das Familienleben vor.

Der BF hat keine wesentlichen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen ins Treffen geführt und kann er sich auf solche, die er während seinem strafbaren Verhalten geknüpft hat oder allenfalls während seiner Schwarzarbeit geknüpft hat auch im Ergebnis nicht erfolgreich berufen.

3.2.8.2. Wann der Aufenthalt des BF in der Vergangenheit rechtswidrig wurde kann zwar nicht mehr festgestellt werden, sofern der BF aber der Schwarzarbeit ohne Beschäftigungsbewilligung nachgegangen ist, er seinen visumsfreien Aufenthalt überschritten hat bzw. straffällig geworden ist und somit während seines Tatzeitraumes jedenfalls vom 21.10.2014 bis zum 31.08.2016 und bis zur Eheschließung jedenfalls von einem unrechtmäßigen Aufenthalt auszugehen. Der BF reiste aber jedenfalls seit 2013 immer wieder ins Bundesgebiet ein. Es ist aber aufgrund der Schwarzarbeit und des straffälligen Verhaltens des BF von einem überwiegend unrechtmäßigen Aufenthalt auszugehen. Der BF stellte zu keinem Zeitpunkt einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10). Ein derartiger besonderer Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Zum Eingriff in das Familienleben der BF ist im vorliegenden Fall auch darauf zu verweisen, dass entsprechend der Judikatur des EGMR die Ausweisung eines Fremden, wenn das Familienleben zu einem Zeitpunkt begründet wurde, in dem auf ein dauerhaftes Familienleben im Gastland nicht vertraut werden durfte, nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Artikel 8 EMRK bewirkt (EGMR 31.1.2006, Nr 50435/99, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande; vgl auch VwGH vom 19.2.2009, Zl 2008/18/0721). In diesem Zusammenhang ist auch auf die Entscheidung des EGMR im Fall Useinov gegen die Niederlande (EGMR 11.4.2006, Nr 61292/00) zu verweisen, in der im Fall eines Fremden, der mit einer Inländerin zwei gemeinsame Kinder hat und bereits mehrere Jahre in den Niederlanden lebte, aber nicht damit rechnen durfte, sich auf Dauer in diesem Staat niederlassen zu dürfen, ausgeführt wird, dass in diesem Fall die Bestimmung des Artikel 8 EMRK durch die Ausweisung des Fremden nicht verletzt wird.

Zum Zeitpunkt der Eheschließung am 16.02.2018 war der BF bereits rechtskräftig verurteilt. Sowohl der BF als auch seine Ehegattin konnten bei der Eheschließung nicht darauf vertrauen, dass der BF in Österreich seinen Aufenthalt fortsetzen durfte. So wusste die Ehefrau des BF, dass der BF straffällig und verurteilt worden war und auch in der Vergangenheit der Schwarzarbeit nachgegangen ist bzw. sein Aufenthalt nicht von Dauer sein konnte und sich der BF, sofern er sich nichts Anderes zu Schulden kommen lassen hat, lediglich während seiner visiumsfreien Zeiträume in Österreich rechtmäßig aufhalten durfte. Dieser Umstand war den beiden auch bereits beim Eingehen der Beziehung im Jahr 2014 bewusst. Nach Angaben des BF haben die beiden zu keinem Zeitpunkt im gemeinsamen Haushalt gelebt und hat er nicht vorgebracht mit ihr zusammengewohnt zu haben. Zudem konnte ihn auch seine damalige Freundin und jetzige Ehegattin nicht von der Begehung der oben geschilderten strafbaren Handlung während eines fast zwei jährigen Tatzeitraumes abhalten.

Eine Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Kontakts mittels moderner Kommunikationsmittel und durch regelmäßige Besuche der Ehefrau in Serbien kann nicht erkannt werden. Zudem besteht das Aufenthaltsverbot nur im Bundesgebiet. Es steht dem Ehepaar daher frei, sich in einem anderen Staat der europäischen Union anzusiedeln bzw. auch dort durch Besuche ihr Familienleben zu pflegen.

Ein schutzwürdiges Privatleben oder ein besonderer Grad der Integration konnte nicht festgestellt werden, da der BF in Österreich weder besonders sozial, beruflich oder wirtschaftlich integriert ist. Er ist nicht Mitglied in einem Verein und auch nicht ehrenamtlich tätig. Bei der Einvernahme am 04.06.2019 war weiterhin auch eine Beiziehung und Rückübersetzung durch einen Dolmetscher nötig. Selbst wenn der BF über allfällige Deutschsprachkenntnisse verfügen sollte, fallen diese bei der Interessensabwägung nicht besonders ins Gewicht. Zudem konnte ihn auch sein sonstiges Umfeld in Österreich nicht von der Begehung von strafbaren Handlungen abhalten, sondern hatte der BF gerade auch Komplizen mit serbischer Staatsangehörigkeit.

Gegenüber den in Österreich bestehenden Bindungen verfügt der BF nach wie vor über starke Bindungen zu seinem Heimstaat und leben seine Eltern auch dort. Diese haben ihn auch in der Haft besucht. In der Vergangenheit, insbesondere vor seiner Verurteilung in Österreich ist er auch immer wieder dort zurückkehrt und studiert nach eigenen Angaben Wirtschaftsökonomie. Er hat auch in Serbien die Schule besucht und seine wesentliche Sozialisation erfahren und ist dort aufgewachsen. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF in der serbischen Gesellschaft eingegliedert ist, was er auch durch seine freiwillige Ausreise am 13.05.2020 bestätigt. Der BF ist jedenfalls mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates und insbesondere auch der serbischen Kultur gut vertraut. Dem BF ist es möglich und zumutbar, in der serbischen Gesellschaft Fuß zu fassen und sich dort seinen notwendigen Lebensunterhalt zu sichern.

Der BF wurde, wie bereits dargestellt, mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.04.2017, rechtskräftig seit 19.12.2017, wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, 12 zweiter Fall StGB sowie des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 erster Fall und Abs. 2 Z 2 und 3 SMG, 15 StGB und der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Zudem ging der BF zumindest im Jahr 2013 der Schwarzarbeit nach und war zu keinem Zeitpunkt, außer zu den Zeiten seiner Anhaltung, in Österreich gemeldet. Jedenfalls durch seine Straffälligkeit wurde sein Aufenthalt unrechtmäßig.

Die Verfahrensdauer mit etwa 17 Monaten beim Bundesverwaltungsgericht ist nicht unbedingt kurz anzusehen, ist aber vor dem Hintergrund der vom BF zu verbüßenden Haftstrafe jedenfalls nicht als unverhältnismäßig lang anzusehen und fällt im Ergebnis der Interessensabwägung vor dem Hintergrund des massiven strafrechtlichen Verhaltens des BF nicht entscheidend ins Gewicht.

Angesichts des besagten wiederholten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF ist davon auszugehen, dass das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung von ihm Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den BF, Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten. Den Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Der BF konnte während seines Aufenthaltes in Österreich keine wesentlichen Integrationsschritte setzen, und ist auch sein Familienleben gerade zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich auf Grund seines massiven strafrechtlichen Verhaltens seines unsicheren Aufenthaltes jedenfalls bewusst war.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen familiären und privaten Interessen des BF und seiner Ehefrau. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl. etwa VwGH 24.04.2012, 2011/23/0651).

Das Bundesamt ist daher im Rahmen der Interessena

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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