TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/2 W182 2187632-2

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Veröffentlicht am 02.02.2021
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Entscheidungsdatum

02.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a

Spruch


W182 2206416-2/3E

W182 2187631-2/3E

W182 2206418-2/3E

W182 2187632-2/3E

W182 2211588-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX und 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Mongolei, vertreten durch RA Edward W. Daigneault, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.12.2020, Zlen. ad 1.) 1200054601/191052710 und ad 2.) 1179990510/191052765, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), idF BGBl. I Nr. 51/1991 idgF, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und §§ 46, 52 Abs. 1a, Abs. 2 Z 2, Abs. 9, 53 Abs. 1 iVm Abs. 2, § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerden von 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX alias XXXX , und 5.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Mongolei, vertreten durch RA Edward W. Daigneault, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.12.2020, Zlen. ad 3.) 1200054906/191052825, ad 4.) 1179990401/191052795 und ad 5.) 1205115307/191052787 zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. bis VI. der bekämpften Bescheide werden gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), idF BGBl. I Nr. 51/1991 idgF, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und §§ 46, 52 Abs. 1a, Abs. 2 Z 2, Abs. 9, § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

II. Spruchpunkt VII. der bekämpften Bescheide wird ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: BF), ein Ehepaar (BF1 und BF2) sowie ihre drei gemeinsamen minderjährigen Kinder im Alter von XXXX Jahren (BF3 – BF5), sind Staatsangehörige der Mongolei und gehören der mongolischen Volksgruppe an. Die BF2 reiste zusammen mit der BF4 im Jänner 2018 ins Bundesgebiet ein und stellte für sich und ihre Tochter am 26.01.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Ihren Antrag begründete die BF2 in einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 26.01.2018 im Wesentlichen damit, dass sie als Taxilenkerin von einer betrunkenen Fahrgästin, die nicht zahlen habe wollen, physisch attackiert worden sei. Im Handgemenge habe sie der Kundin mit einem Holzstück auf den Kopf geschlagen. Als diese daraufhin zusammengesackt sei, sei die die BF2 davongefahren. Sie wisse nicht, ob die Frau noch am Leben sei. Bei einer Rückkehr in die Heimat müsse sie eine mehrjährige Freiheitsstrafe im Gefängnis verbüßen oder die Todesstrafe werde gegen sie verhängt. Die BF2 habe die Mongolei zusammen mit ihrem Gatten (BF1) und den gemeinsamen Kindern verlassen, sie sei jedoch am Weg von ihrem Gatten und dem BF3 getrennt worden.

In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 06.02.2018 gab sie zu ihren Fluchtgründen an, dass sie von der Ex-Frau ihres Gatten verfolgt werde. Diese habe sie mit einem Messer bedroht und „gestalkt“. Die Fahrgästin, welche die BF2 niedergeschlagen habe, sei eine Bekannte der Ex-Frau ihres Gatten und am Leben. Der Zwischenfall mit ihr sei ein Schauspiel gewesen. Für die BF4 wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 07.02.2018, Zlen. 1179990510-180092546 (BF2), 18-1179990401-180092511 (BF4), wurden die Anträge der BF2 und BF4 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 sowie bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Mongolei gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Der BF2 und der BF4 wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt und gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde unter Spruchpunkt IV. festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und einer Beschwerde gegen diese Entscheidungen unter Spruchpunkt V. gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF2 keine im Hinblick auf die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten relevante Fluchtgründe glaubhaft dartun habe können.

Gegen die Bescheide wurden seitens der BF2 und der BF3 binnen offener Frist Beschwerden erhoben.

1.2. Der BF1 und der BF3 reisten im Juli 2018 ins Bundesgebiet ein und stellten jeweils am 23.07.2018 Anträge auf internationalen Schutz.

Im Zuge einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 23.07.2018 sowie in einer Einvernahme beim Bundesamt am 31.07.2018 brachte der BF1 zu seinem Fluchtgrund zusammengefasst vor, dass im Jahre 2011 seine Chefs beim Militär zwei funktionstüchtige Flugzeuge des Typs „MI-8“ vor dem Nutzungsablauf abschreiben lassen und als Ersatzteile nach Nordkorea verkauft haben. Der BF1 sei damals beim Militär Abteilungsleiter gewesen und habe die Abschreibungspapiere auf Anweisung seines Chefs im guten Glauben ohne es zu überprüfen unterschrieben. In die Korruptionsaffäre seien viele Prominente verwickelt gewesen. Der BF1 sei nicht eingeweiht gewesen und habe auch nie Geld dafür erhalten. Seit Oktober 2011 sei er von der Polizei oft befragt und im Jänner 2013 ca. einen Monat sogar in einem Untersuchungsgefängnis gewesen. Danach sei er im Jahr 2014 vom Dienst entlassen worden. Zuletzt sei er im Oktober 2017 von der Polizei befragt worden. Sein Chef sei verurteilt worden. Weiters brachte der BF1 vor, dass seine jetzige Gattin (BF2) von den Familienangehörigen seiner geschiedenen Ehefrau geschlagen worden. Er selbst sei ebenfalls von zwei Brüdern seiner Ex-Frau geschlagen worden sei. Der BF1 sei aus Angst vor einer Verhaftung bzw. vor der Familie seiner Ex-Frau im Jänner 2018 legal aus dem Herkunftsland ausgereist und schlepperunterstütz über Russland illegal nach Österreich eingereist. In Moskau habe er erfahren, dass in der Mongolei nach ihm gefahndet werde. Für den BF3 wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

Aufgrund einer Abfrage von Visa-Daten konnte die Behörde in Erfahrung bringen, dass der BF1 im Jänner 2017 bei der deutschen und im November 2017 bei der ungarischen Botschaft in Ulaanbaatar vergeblich versucht hat, Touristenvisa für den Schengenraum zu beantragen.

Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 10.08.2018, Zlen. 1200054601-180694279 (BF1) und 1200054906-180694287 (BF3), wurden die Anträge des BF1 und BF3 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 sowie bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Mongolei gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Dem BF1 und dem BF3 wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gleichzeitig wurde unter Spruchpunkt VI. festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ausführungen des BF1 zu den Gründen für seine Ausreise nicht glaubhaft gewesen seien.

Gegen die Bescheide wurden seitens des BF1 und des BF3 binnen offener Frist Beschwerden erhoben.

1.3. Im XXXX 2018 wurde die BF5 im Bundesgebiet geboren.

Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX 2018 wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.12.2018, Zl. 1205115307-180837398, bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 und gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Mongolei abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Unter Spruchpunkt III wurde der BF5 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Unter Spruchpunkt IV wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und unter Spruchpunkt V. festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig ist. Gleichzeitig wurde unter Spruchpunkt VI. festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für die BF5 keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht wurden und im Übrigen auf die Entscheidungen der übrigen BF verwiesen.

1.4. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.02.2019, Zlen. W152 2206416-1/3E (BF1), W152 2187632-1/7E (BF2), W152 2206418-1/3E (BF3), W152 2187631-1/7E (BF4) und W152 2211588-1/4E (BF5), wurden die Beschwerden der BF gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG und § 46 FPG als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 2 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Fluchtgründe des BF1 und der BF2 aufgrund erheblicher Widersprüche und Unstimmigkeiten unglaubhaft seien. Für die übrigen BF seien keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht worden. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass der BF1 selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens keine über die legitime Strafverfolgung hinausgehende Verfolgung behauptet habe.

Die Erkenntnisse wurden den BF am 05.03.2019 zugestellt und rechtskräftig.

Eine dagegen erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 09.09.2019 zurückgewiesen.

2. Die BF sind trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidungen und Ausreiseverpflichtungen illegal im Bundesgebiet verblieben und haben am 16.10.2019 (Folge-)Anträge auf internationalen Schutz gestellt.

In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 16.10.2019 gab der BF1 auf die Frage, warum er trotz seines seit 07.03.2019 rechtskräftig entschiedenen Verfahrens neuerlich einen Asylantrag stelle, im Wesentlichen an, dass er bei einem Telefonat mit seiner Mutter vor einer Woche darüber informiert worden sei, dass drei Polizisten zu ihr gekommen seien, um nach ihm zu suchen. Seine Mutter habe den Polizisten gesagt, dass sie nicht wisse, wo der BF1 sei. Sie habe von einem Polizisten einen Zettel erhalten, auf dem ersichtlich sei, dass der BF1 von der Polizei gesucht werde. Auch hätten die Polizisten eine Ladung bei der Mutter zurückgelassen, wonach der BF1 zur Polizei kommen soll. Seine Mutter habe ihn vor einer Rückkehr in die Mongolei gewarnt, da es zuhause sehr gefährlich sei. Der BF1 werde in der Heimat politisch gesucht, wobei er die genauen Details bereits in seiner ersten Einvernahme bekannt gegeben habe. Durch das Telefonat mit seiner Mutter habe er erfahren, dass er immer noch gesucht werde und ihm immer neue Vorwürfe durch die Behörden gemacht werden. Die Ladungen würde seine Mutter per Post an seine Adresse schicken. Bei einer Rückkehr befürchte er, gleich am Flughafen in der Mongolei verhaftet und in ein Gefängnis gebracht zu werden. Die Verhältnisse in den Gefängnissen in der Mongolei seien sehr menschenunwürdig. Er habe daher Angst im Gefängnis zu sterben. Im Gefängnis könnte er auch nicht mehr seine Familie versorgen. In der Mongolei würden Menschen sehr oft zu Unrecht verurteilt werden.

Die BF2 brachte am 16.10.2019 zu ihrer Folgeantragstellung im Wesentlichen vor, dass sie dieselben Gründe wie Ihr Ehemann habe. Er würde in der Mongolei gesucht und würde dort ins Gefängnis kommen, obwohl er nichts getan habe. Sie habe niemanden in der Mongolei, der für sie sorge und wäre dann alleine mit ihren drei Kindern.

Am 23.10.2019 wurde den BF mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 u.a. mitgeteilt, dass die Behörde beabsichtige, ihre Anträge auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

In einer Einvernahme beim Bundesamt am 04.03.2020 legte der BF1 eine angebliche mit „10/01/2019“ datierte, hinsichtlich seiner Person ausgestellte Fahndungsausschreibung als Angeklagter vor, wobei als Gesetzesstelle „§ 148.3 dem Staat großen Schaden zugefügt- schwer“ vermerkt ist. Das Dokument weist keine Amtsstempel oder sonstige behördliche Insignien auf. Weiters wurden eine angebliche mit 12.08.2019 datierte Ladung zur Vernehmung des BF als Beschuldigter in einer Strafsache am 14.09.2019 sowie eine weitere von der gleichen Polizeibehörde in der gleichen Strafsache mit 29.08.2019 datierte Ladung des BF für den 02.09.2019 vorgelegt. Die Ladungen sind von einem angeblichen Polizeikapitän einer polizeilichen Dienststelle, der auch in der Fahndungsauschreibung vom Jänner 2020 als zuständiger Beamter genannt wird, ausgestellt. Auffällig ist u.a., dass die bei der Fahndungsausschreibung angeführte Strafverfahrenszahl völlig von jener bei den Ladungen abweicht. Zur Echtheit der Dokumente konnten laut Untersuchungsberichte vom 10.06.2020 nach kriminaltechnischen Untersuchungen durch Sicherheitsorgane mangels vorliegenden Vergleichs- und Informationsmaterial keine Angaben gemacht werden.

Der BF1 brachte im Wesentlichen vor, dass er um den 20.10.2019 mit seiner Mutter Kontakt aufgenommen habe und diese ihm gesagt hätte, dass er von der mongolischen Polizei gesucht werde. Sie sei schon drei Mal von der Polizei aufgesucht worden, bei den ersten beiden Besuchen seien ihr die vorgelegten Ladungen übergeben und beim dritten Mal sei ihr die Fahndung ausgefolgt worden. Ungefähr um den 27.10. habe er die Originaldokumente von der Mutter bekommen. Der BF1 habe sich diese über ein Inserat durch einen Studenten, der in Österreich studiere, bringen lassen. Seine Mutter habe ihn die Dokumente nicht per Post schicken können, weil der BF1 nicht einmal seiner Mutter gesagt habe, dass er in Österreich sei. Auf Nachfragen erklärte der BF1, dass er, als er die Mongolei verlassen habe, dies niemandem gesagt habe und dies auch so beibehalten habe. Zum Grund für die Ladungen bzw. die Fahndung befragt, gab der BF1 an, dies nicht genau zu wissen, da er ja nicht in der Mongolei sei, es aber wohl einen Grund geben werde. Die Polizisten hätten seiner Mutter trotz Nachfragens nichts dazu gesagt. Auf die Frage, ob es aus den vorgelegten Dokumenten nicht ersichtlich sei, weshalb er gesucht werde, gab der BF1 an, dass bei der Fahndung nur eine Zahl stehe und die Polizei ja auch nicht genau Details in die Fahndung schreiben werde. Danach befragt, ob er eine Idee habe, was die Polizei von ihm wolle, erklärte der BF1: „Ich habe keinen Kontakt zu Leuten in der Mongolei. Ich habe meine Mutter erst dreimal kontaktiert und deshalb kann ich das nicht sagen. Seit der Kontaktaufnahme um den 20 Oktober herum habe ich meine Mutter nicht mehr kontaktiert.“ Danach befragt, wie der Bote die Schriftstücke bekommen habe können, wenn der BF1 keinen Kontakt zur Mutter gehabt habe, gab er an: „Wie ich gesagt habe um den 20 Oktober habe ich Sie kontaktiert und sie hat mir von den Schreiben erzählt, damals hatte ich die Telefonnummer vom Inserat und ich habe ihr gesagt Sie soll dort anrufen und die Schreiben dort abgeben. Ob sie das persönlich abgegeben hat, oder mein jüngerer Bruder das hingebracht hat weiß ich nicht“. Danach befragt, warum er um den 20.10. die Mutter angerufen habe, gab der BF im Wesentlichen an, er habe sich nach ihrem Gesundheitszustand erkundigen wollen, da er sie lange nicht kontaktiert habe und sie herzkrank sei. Dem Vorhalt, dass er sich um den Gesundheitszustand seiner Mutter erkundige und dabei schon eine Nummer eines Kuriers, der seine Schriftstücke mitnehmen soll, gewusst habe, entgegnete der BF1: „Ich habe eine Nasenallergie, das heißt wenn es kritisch wird schwillt meine Nase an und ich hatte ein Medikament aus der Mongolei hier herbringen lassen wollen. Ich hatte keine e-card mehr und keine Unterstützung, daher wollte ich mir das Medikament hier herbringen lassen.“ Zu seinen neuen Asylgründen befragt verwies der BF1 auf die vorgelegten Dokumente und erklärte, bei einer Rückkehr verhaftet zu werden. Welches Verbrechen im plötzlich angelastet werde, könne er nicht sagen. Er habe aber aus der Mongolei gehört, dass die alten Sachen, darunter die Sachen mit den „MIG 21 Kampfflugzeugen“ wieder aufgemacht worden seien. Auf Nachfragen erklärte er dazu ergänzend: „Das die alten Sachen wieder aufgemacht werden und darunter die Sache des MIG 21 Flugzeugs wo die Triebwerke auseinandergenommen wurden und verkauft wurden. Die Mongolei ist dabei um 1,8 Millionen Dollar geschädigt worden, Das ist aber nur das was bekannt ist. Was noch dahinter ist und was das tatsächlich ist ist nicht klar, aber es ist sicher mehr.“ Auf die Frage, wieso seine Frau bei ihrer ersten Antragstellung nichts von seinen Problemen mit der Polizei angegeben habe, erklärte der BF1, dass sie nicht gleichzeitig angekommen seien und sie natürlich nicht sagen dürfe, was ihn betreffe, weil sie das nichts angehe. Der BF1 beziehe keine Grundversorgung. Die Frage, ob er in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, verneinte der BF1, erklärte jedoch auf Nachfragen, wovon er lebe, dass sie Kerzen und Unterböden aus Materialien, die Sie finden können, herstellen würden. Die Frage, ob er nach einer neuerlichen negativen Entscheidung freiwillig in die Mongolei zurückkehren würde, verneinte der BF1.

Die BF2 brachte am 04.03.2020 im Wesentlichen vor, dass sie keine neuen persönlichen Fluchtgründe habe und den neuen Antrag gestellt habe, weil ihr Mann in der Mongolei gesucht werde. Es habe alles mit ihm zu tun. Es sei für sie und ihre Familie wegen der Probleme ihres Gatten schwierig. Es sei klar, dass ihr Mann ins Gefängnis komme. Sie wisse nicht, was ihr mit den drei Kindern passieren würde, weil sie vorher auch Bedrohungen erfahren habe. Sie habe Bedrohungen durch die Polizei wegen ihres Gatten erfahren. Dies sei vor ihrer Ausreise passiert. Die Mongolei sei ein schwieriges Land. Es könne passieren, dass man einfach die Kinder töte. In der Mongolei gebe es Fälle, wo man den Mann oder die Frau oder die Eltern einsperre. Davor habe sie Angst. Man habe sie in der Vergangeheit auch mit einer Verhaftung bedroht. Sie sei besorgt um ihre drei Kinder. Sie habe die Probleme ihres Gatten bei ihrer ersten Antragstellung nicht erwähnt, weil ihr Gatte damals noch nicht in Östereich gewesen sei und sie gedacht habe, dass sie das nicht sagen dürfe. Als er dann gekommen sei, habe er es selber angegeben. Warum ihr Gatte gesucht werde, wisse sie nicht, ihr Gatte habe mit seiner Mutter gesprochen. Wann ihr Gatte mit seiner Mutter gesprochen habe, wisse sie nicht, sie habe es vergessen. Danach befragt, wovon sie in Österreich ihren Lebensunterhalt bestreiten, gab sie an, dass sie beispielsweise Kerzenständer aus Glas anfertigen würden, gelegentliche Schneidertätigkeiten und sonstige geringfügige Gelegenheitsarbeiten übernehmen würden, bei denen sie Leuten gegen 5 € und so weiter aushelfen würden. Nach Barmittel befragt, gab die BF2 an, kein Geld zu haben. Sie würden gerade die Miete und das Essen zahlen, da sie keine Arbeitserlaubnis haben. Die Frage, ob sie nach einer neuerlichen negativen Entscheidung freiwillig in die Mongolei zurückkehren würde, verneinte auch die BF2.

Laut Schreiben eines Magistrates vom 17.11.2020 wurde für dem BF1 das freie Gewerbe der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen samt Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt nicht 3.500 kg übersteigt, angemeldet.

Mit Schreiben vom 30.11.2020 wurde hinsichtlich der den BF vom Bundesamt am 26.11.2020 zugestellten Länderinformationen zur Mongolei eine Stellungnahme abgegeben, in der der Amnesty International Jahresbericht zur Mongolei 2017/2018 zitiert und Ausführungen insbesondere zu gesetzwidrigen Verhaftungen und unmenschlichen Bedingungen in Haftanstalten erstattet wurden, wonach jede Gefängnisstrafe in der Mongolei ein potentielles Todesurteil sei und dort Gefangene verhungern und misshandelt werden würden. Diese Probleme würden in mongolischen Medien breit diskutiert werden. Auf konkrete Quellen wurde dazu jedoch nicht verwiesen. Zur privaten Situation der BF wurde ausgeführt, dass ihre minderjährigen Kinder den Kindergarten bzw. die Schule besuchen würden. Die BF würden Deutsch auf dem Niveau A2 beherrschen, in der Freizeit ehrenamtliche Tätigkeiten im Rahmen der Nachbarschaftshilfe (Betreuung und Unterstützung von gebrechlichen, älteren Menschen bei der Bewältigung des Alltagslebens) leisten und Österreich als ihren Lebensmittelpunkt betrachten. Der BF1 gehe seit 20.07.2020 einer geregelten Tätigkeit als Lagerarbeiter bei einer Firma nach und finanziere somit ihren Lebensunterhalt.

3.1. Mit den nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheiden des Bundesamtes wurde die Anträge auf internationalen Schutz der BF gemäß § 68 Abs. 1 AVG bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II.) zurückgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass nach § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 1 Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

3.2. Seitens des Bundesamtes wurde in den Bescheiden im Wesentlichen festgestellt, dass die BF, ein Ehepaar und ihre drei minderjährigen Kinder mongolische Staatsangehörige seien, illegal ins Bundesgebiet eingereist seien und nach negativem rechtskräftigen Abschluss ihres ersten Verfahrens ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen seien. Die Begründung der Asylanträge der BF aus dem Jahr 2018 seien als nicht asylrelevant bzw. als nicht glaubwürdig erachtet worden. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages habe nicht ausgereicht, um einen neuen gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Der BF1 und die BF2 seien gesund und arbeitsfähig. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass im Fall der übrigen BF schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen. Außer den angeführten Familienangehörigen befinden sich keine weiteren Verwandten in Österreich. Es bestehen keine besonderen sozialen Kontakte, welche die BF an Österreich binden. Sie haben keine nicht auf das Asylgesetz gestützte Aufenthaltsberechtigung in Österreich. Der BF1 sei in Österreich als Lagerarbeiter berufstätig. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung der BF in Österreich bestehe.

3.3. Zur Lage im Herkunftsstaat wurde in den Bescheiden festgestellt:

„[…]

Zur Mongolei werden folgende Feststellungen getroffen:

(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom 20.10.2020, Auszug).

Die in den Feststellungen zur Mongolei angeführten Inhalte stammen aus einer Vielzahl von unbedenklichen und aktuellen Quellen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, welche durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt wurden. In diesem Zusammenhang sei auf den Inhalt des §5 BFA-G betreffend die Ausführungen zur Staatendokumentation verwiesen, insbesondere auf den Passus, wonach die gesammelten Tatsachen länderspezifisch zusammenzufassen, nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren sind, einschließlich den vorgegebenen Aktualisierungsverpflichtungen. Hinweise darauf, dass die vorstehend angeführten Vorgaben des §5 BFA-G bei den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Feststellungen zur Mongolei nicht beachtet worden wären, haben sich im Verfahren nicht ergeben. Soweit sich das Bundesamt im gegenständlichen Bescheid auf Quellen älteren Datums bezieht, wird angeführt, dass diese -aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse in der Mongolei - nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

COVID-19

Die Mongolei ist seit dem 9. Januar 2020 mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 konfrontiert. Im Land wurden sehr schnell strenge Sicherheitsmaßnahmen ergriffen (LIP 7.2020d). Kaum ein anderes Land hat so früh und so diszipliniert auf die Bedrohung reagiert wie die bitterarme und wirtschaftlich fast völlig von China abhängige Mongolei (DS 5.6.2020).

Nach wie vor bewegen sich die Fallzahlen im niedrigen dreistelligen Bereich. Dabei handelt es sich ausschließlich um aus dem Ausland importierte Fälle im staatlichen Quarantänesystem (AA 14.10.2020). Ende März 2020 hat die Regierung ein Paket von Hilfsmaßnahmen eingebracht, das insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Bewältigung der Coronakrise helfen soll (GTAI 10.8.2020).

Der bei den Parlamentswahlen Ende Juni im Amt bestätigte Premierminister Ukhnaagiin Khurelsukh bezifferte den Umfang des Unterstützungspakets auf umgerechnet rund 1,8 Milliarden US-Dollar (USD). Ein Anfang August 2020 im Parlament eingebrachter Nachtragshaushalt ermöglicht, dass mehrere der ursprünglich auf drei oder sechs Monate befristeten Maßnahmen länger gelten werden (GTAI 10.8.2020).

Aufgrund der Verbreitung des Coronavirus (COVID-19) sind vorläufig alle Flugverbindungen in das Ausland eingestellt. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht mehr möglich (BMEIA 8.5.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (14.10.2020): Mongolei: Reise- und Sicherheitshinweise, Aktuell, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/mongoleisicherheit/222842, Zugriff 19.10.2020

-        BMEIA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (19.10.2020): Mongolei (Mongolei), Aktuelle Hinweise, Stand 19.10.2020 (Unverändert gültig seit: 09.05.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 19.10.2020

-        DS – Der Standard (5.6.2020): Warum die Mongolei inmitten der Corona-Krise Schafe nach China schickte, https://www.derstandard.at/story/2000117887198/warum-die-mongolei-inmitten-der-corona-krise-schafe-nach-china, Zugriff 19.10.2020

-        GTAI – German Trade & Invest (10.8.2020): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/mongolei/covid-19-massnahmen-der-regierung-238750, Zugriff 19.10.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020d): Mongolei, Alltag, https://www.liportal.de/mongolei/ueberblick/#c57158, Zugriff 25.9.2020

Politische Lage

Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen Russland und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von 3,2 Mio. Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Mio. Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (20187.2020) ca. 1,5 Mio. Menschen (CIA 10.9.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich (BMZ o.D.). In den vergangenen 20-30 Jahren wurden in der Mongolei 16 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahl (USDOS 19. 6.2020). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2019; vgl. AA 9.2020a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2019). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammerparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2019). Die 76 Abgeordneten werden für vier Jahre gewählt (ÖB 12.2019).

Nach der Revolution im Jahr 1990 hat sich in der Mongolei insgesamt eine stabile Demokratie mit einem Mehrparteiensystem, freien Wahlen und Gewaltenteilung etabliert. Geprägt wurde diese positive Entwicklung jedoch auch durch extrem häufige Regierungswechsel. Skandale um Korruption in Politik und Wirtschaft haben in den vergangenen Jahren immer wieder das Land erschüttert. Laut Meinung von Experten werden Wahlen in dem Land mittlerweile vor allem dazu genutzt, „aus Frustration über die nicht erfüllten Versprechen“ jene Partei abzuwählen, „die derzeit das Parlament kontrolliert“. In den vergangenen Jahrzehnten spielten insbesondere zwei Parteien eine wesentliche Rolle in der mongolischen Politik: Die ehemals kommunistische Staatspartei, die Mongolische Volkspartei (MVP), sowie die aus unterschiedlichen Oppositionsgruppen hervorgegangene Demokratische Partei (DP) (KAS 6.2020).

Bei der Parlamentswahl vom 24. Juni 2020 erhielt die Regierungspartei Mongolische Volkspartei (MVP) von Premierminister Ukhnaa Khurelsukh 62 der 76 Parlamentssitze (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020, GW 25.8.2020). Die oppositionelle Demokratische Partei erzielte elf Sitze. Damit wurde erstmals seit der ersten Mehrparteien-Parlamentswahl 1990 eine Regierungspartei wiedergewählt. Unter den neu gewählten Abgeordneten befinden sich 13 Frauen (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020). Die Wahlbeteiligung betrug 73% (BAMF 29.6.2020).

Die Parlamentswahl fand wegen COVID-19 unter Einhaltung von entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen, wie Abstandsregeln und Messung der Körpertemperatur statt (BAMF 29.6.2020).

Der alte und neue Premierminister der im Juli 2020 gebildeten Regierung heißt Ukhnaagiin Khurelsukh. Nachdem er in den Parteigremien mit 100% Zustimmung für das Amt nominiert worden war, stimmte am 2.7.2020 auch die große Mehrheit der Staatsversammlung dem Vorschlag zu. Der Regierung Khurelsukh gehören drei Frauen an (LIP 7.2020a).

Noch profitiert die MVP-Regierung von ihrer strikten und frühzeitigen Präventionspolitik (KAS 4.5.2020). Doch steigt in Folge der COVID-19-Krise auch der Druck auf die Regierung (GW 25.8.2020). Durch frühzeitige Restriktionen konnte eine unkontrollierte Verbreitung bislang verhindert werden. Die beschlossenen Maßnahmen führten in den vergangenen Monaten in der Konsequenz allerdings zu einem massiven Einbruch der mongolischen Wirtschaft (KAS 6.2020; vgl. GW 25.8.2020). Ein Beibehalten der Restriktionen würde die wirtschaftliche Krise verstärken, die gerade den ärmsten Teil der Bevölkerung trifft. Andererseits würde ein Aufheben der Maßnahmen die Mongolei dem Risiko einer sprunghaften Ausbreitung und damit einer angesichts des unterentwickelten Gesundheitssystems unabwendbaren Katastrophe aussetzen. Noch hat es die Regierung durch umfangreiche Hilfspakete geschafft, öffentliche Kritik an ihrem Vorgehen abzuwenden (KAS 6.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (9.2020a): Mongolei – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 21.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (29.6.2020): Briefing Notes 29. Juni 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033951/briefingnotes-kw27-2020.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        CIA – Central Intelligence Agency (10.9.2020): The World Factbook – Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 25.9.2020

-        GW – Gardaworld) (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (4.5.2020): Corona-Krise in der Mongolei, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/corona-krise-in-der-mongolei, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Sicherheitslage

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, von der sie bis dahin vollständig abhängig war, baute die Mongolei schnell und konfliktfrei demokratische und marktwirtschaftliche Strukturen auf. Obwohl sich alle politischen Akteure über den demokratischen und marktwirtschaftlichen Kurs des Landes einig sind, gibt es viele Herausforderungen zu bewältigen. Die Regierungsführung ist noch schwach und die Leistungsfähigkeit der staatlichen Institutionen gering (BMZ o.D.).

Nach der innenpolitischen Krise 2018 war die Mongolei von einer Reihe von innenpolitischen Reformen zur Sicherung der Stabilität des Landes gekennzeichnet (BMEIA 25.6.2020). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 29.4.2020). In der Mongolei gibt es einige kleine extrem nationalistischer Gruppen, die gelegentlich chinesische Staatsbürger angreifen. Die Existenz mongolischer Terrororganisationen ist nicht bekannt (GW 3.7.2020).

Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - hatten bisher kein Eskalationspotential (GW 4.7.2020), sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 29.4.2020).

Es kommt mitunter zu gewalttätigen Übergriffen auf chinesische, koreanische und vietnamesische Staatsbürger, die in der Mongolei leben (ÖB Peking 12.2019) durch Ultranationalisten (ÖB Peking 12.2019). Anfang 2020 führte die Regierung eine Reihe von Zwangsausweisungen nordkoreanischer Staatsbürger in Übereinstimmung mit den einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates durch (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Die Mongolei ist außenpolitisch um ein gutes und ausgewogenes Verhältnis zu den beiden großen Nachbarstaaten Russland und China bemüht (BMEIA 25.6.2020) und betreibt eine „Politik des dritten Nachbarn“ als Gegengewicht der möglichen Vereinnahmung durch ihre unmittelbaren Nachbarn. Die Mongolei nutzt die guten Beziehungen sowohl zu Nord- als auch Südkorea für eine Vermittlerrolle auf der koreanischen Halbinsel. Stabile Außenbeziehungen unterhält die Mongolei auch zu Japan (LIP 7.2020a; vgl. AA 2.9.2020, GW 3.7.2020).

Als eines der ersten Länder hat die Mongolei im Jänner 2020 ihre Grenzen für Reisende aus Hochrisikoländern geschlossen, um den Import von Infektionen mit COVID-19 zu verhindern (WKO 5.2020). Die Schließung von internationalen Flug- und Bahnverbindungen aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden mehrmals, zuletzt bis zum 31. Oktober 2020 durch die Regierung verfügt (GW 27.8.2020; vgl. MSZ o.D.) und bleibt vorläufig weiterhin aufrecht. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht möglich (BMEIA 25.9.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (2.9.2020): Mongolei: Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/politisches-portraet/222882, Zugriff 23.9.2020

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        BMEIA – Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten (25.9.2020): Mongolei (unverändert gültig seit 9.5.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 25.9.2020

-        BMEIA – Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (25.6.2020): Außen- und Europapolitischer Bericht 2019, Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00150/imfname_806473.pdf, Zugriff 24.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (27.8.2020): Mongolia: International flights and rail services canceled until September 15 /update 13, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/373106/mongolia-international-flights-and-rail-services-canceled-until-september-15-update-13, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (4.7.2020): Mongolia Country Report, Social Stability, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, Terrorism, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, War Risks, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020

-        MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych (o.D.): Powrot Mongolia, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/mongolia, Zugriff 5.10.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        WKO – Wirtschaftskammer Österreich (5.2020): Wirtschaftsbericht Mongolei, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/mongolei-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 23.9.2020

Rechtsschutz / Justizwesen

Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2019). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2019; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020).

Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Mio. Tögrök (MNT) zuständig. Aimag-Gerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Mio. MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigeninitiative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2019).

Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 29.4.2020). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Doch haben die Verabschiedung von Gesetzesänderungen über die Rechtsstellung der Richter die Unabhängigkeit der Justiz geschwächt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 11.3.2020).

NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 11.3.2020; vgl. Bertelsmann 29.4.2020). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 11.3.2020). Jedoch wurden der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 29.4.2020).

Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 11.3.2020). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Sicherheitsbehörden

Für die innere Sicherheit sind in erster Linie die Nationale Polizeibehörde und die Allgemeine Behörde für Grenzschutz zuständig, die dem Ministerium für Justiz und Inneres unterstehen. Die General Intelligence Agency, deren Direktor dem Premierminister untersteht, unterstützt diese beiden Behörden bei der inneren Sicherheit. Die Streitkräfte sind dem Verteidigungsministerium unterstellt und unterstützen die Kräfte der inneren Sicherheit bei der Bereitstellung von Nothilfe und Katastrophenhilfe im Inland (USDOS 11.3.2020). Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstellten Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2019). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inkonsequent (USDOS 11.3.2020).

Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Folter und unmenschliche Behandlung

Artikel 251 des Strafgesetzbuchs definiert den Straftatbestand der Folter und legt eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft und ein Berufsverbot von bis zu drei Jahren fest. In besonders schlimmen Fällen kann die Strafe sogar auf bis zu zehn Jahren ausgeweitet werden. Gemäß Kapitel 11, §44 wird die Entschädigung in Fällen von Folter von der Strafprozessordnung festgelegt. Der Höchste Gerichtshof zitiert in seiner Interpretation dieses Artikels ausdrücklich die Definition der UN-Konvention gegen Folter (ÖB Peking 12.2019).

Dennoch sind Folter und andere Misshandlungen verbreitet (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 30.1.2020), insbesondere zum Erzwingen von Geständnissen (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 30.1.2020). Nach dem Strafrecht sind alle Amtsträger wegen Missbrauchs oder Folter, einschließlich physischer und psychischer Misshandlung, strafbar. Höchststrafen für Folter belaufen sich auf fünfjährige Gefängnisstrafen, oder auf lebenslange Haft, bei Todesfolge. Doch besagt das Gesetz auch, dass verbotene Handlungen keine Straftat darstellen, wenn sie auf Anweisung eines Vorgesetzten in Ausübung der Amtspflichten begangen werden. Zwar wird in einem solchen Fall die Person, die eine rechtswidrige Anweisung erteilt hat, für den verursachten Schaden strafrechtlich verantwortlich gemacht, doch sind Strafverfolgungen selten. Gemäß Angaben von National Human Rights Commission of Mongolia (NHRC), Staatsanwälten und Richtern gewährt das Gesetz Beamten, die auf Geheiß von Ermittlern oder Staatsanwälten Geständnisse erzwungen haben sollen, effektiv Immunität (USDOS 11.3.2020). Auch stellen sich die rechtlichen Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Verhinderung von Folter unzureichend dar (Bertelsmann 29.4.2020; vgl. AI 30.1.2020).

Auch wird von Drohungen gegen Familienmitglieder berichtet, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 11.3.2020). Im Februar 2015 ratifizierte die Mongolei das Zusatzprotokoll zur UN-Antifolterkonvention (OPCAT). Das UN-Antifolterkomitee (CAT) überprüfte die Mongolei im August 2016 und drückte unter anderem Sorgen über vorherrschende Straflosigkeit in Fällen von Folter aus (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023874.html, Zugriff 24.9.2020

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Korruption

Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2019; vgl. TI 9.7.2018, BMZ o.D.). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2019 auf Platz 106 von 198 analysierten Ländern (TI 2019). Das bedeutet einen Verlust von 13 Plätzen zum Ergebnis von 2018 (TI 2019). 2018 erreichte die Mongolei den 93 Platz (von 198 Staaten) (TI 2018).

Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). In der mongolischen Öffentlichkeit setzt sich zunehmend das Bewusstsein durch, dass Korruption die Entwicklung des Landes stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.).

Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 11.7.2019).

Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert (USDOS 11.7.2019; vgl. ÖB 12.2019). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor (ÖB Peking 12.2019). Jedoch wurden bisher keine Gesetze verabschiedet, die einen Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruption der Regierung untersuchen und öffentlich machen, ermöglicht (USDOS 11.7.2019). Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2019).

Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 29.4.2020; vgl. FH 4.3.2020).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2019 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2019/results/mng, Zugriff 23.9.2020

-        TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2018/results/mng, Zugriff 23.9.2020

-        TI – Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and Anti-Corruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruption-and-anti-corruption, Zugriff 24.9.2020

-        USDOS – U.S. Department of State (11.7.2019): Investment Climate Statements for 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031888.html, Zugrifff 24.9.2020

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Eine Vielzahl an heimischen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann ohne behördliche Einschränkungen ihre Erkenntnisse veröffentlichen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020), jedoch sind die meisten dieser Organisationen eher klein (FH 4.3.2020). Regierungsbeamte sind grundsätzlich kooperativ und für deren Anliegen zugänglich (USDOS 11.3.2020). Einzelne AktivistInnen berichten gelegentlich von Einschüchterungen und Belästigungen im Rahmen ihrer Arbeit (FH 4.3.2020). Regierungsnahe Kreise beschreiben solche NGOs mitunter als „unerwünscht“, „Unruhestifter“, „ausländische Agenten“ oder „Gegner des Staates“ (USDOS 11.3.2020).

Die staatliche Menschenrechtskommission „National Human Rights Commission of Mongolia” (NHRC) arbeitet weitgehend unabhängig und veröffentlicht trotz schlechter finanzieller Ausstattung kritische Berichte. Internationale NGOs können frei arbeiten. Menschenrechtsverteidiger sind in der Regel keinen Belästigungen ausgesetzt. Jedoch blieb der Fall eines 2015 ermordeten Umweltaktivisten, der Bergbauarbeiten kritisiert hatte, bisher ungeklärt (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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