TE Bvwg Beschluss 2021/2/5 W196 1304507-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2021
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Entscheidungsdatum

05.02.2021

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W196 1304507-3/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, vom 15.01.2021, Zahl 741660805-210009946, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger der Russischen Föderation, kam mit der Mutter und drei Geschwistern aus Tschetschenien nach Österreich, wo für ihn am 18.08.2004 ein Asylantrag gestellt wurde. Zu ihren Fluchtgründen befragt, gab die Mutter des Beschwerdeführers an, die Heimat wegen ihres Mannes verlassen zu haben. Mit Bescheid vom 31.07.2006 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers ab, erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation für zulässig und wies den Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Berufung erhoben. Am 21.12.2007 gab der Unabhängige Bundesasylsenat der Berufung statt und gewährte dem Beschwerdeführer gemäß § 7 iVm § 10 AsylG Asyl. Gemäß § 12 AsylG wurde festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Mutter der beschwerdeführenden Partei Asyl gewährt wurde und dem Beschwerdeführer daher im Rahmen des Familienverfahrens Asyl zu gewähren sei.

2. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 04.11.2015 wurde der Beschwerdeführer nach § 278 (b) Abs. 2 StGB (Terroristische Vereinigung) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Urteil erwuchs mit 05.07. 2016 in Rechtskraft.

3. Aberkennungsverfahren: Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer am 02.09.2016 schriftlich zur Stellungnahme wegen eines eingeleiteten Aberkennungsverfahrens auf. Eine solche Stellungnahme wurde mit 12.09.2016 abgegeben. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.11.2016 erkannte die belangte Behörde den mit Erkenntnis vom 21.12.2007 dem Beschwerdeführer zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG ab. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wurde festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1iVm Abs. 3 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde eingebracht. Mit Beschluss vom 29.12.2016 erkannte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu.

Der Beschwerdeführerwurde am 13.04.2018 aus der Strafhaft entlassen.

Am 30.05.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Anwesenheit des Beschwerdeführers , ihrer Vertretung, einer Vertrauensperson sowie einer Zeugin eine mündliche Verhandlung durch. Die belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil. Aufgrund einer Aktualisierung wurde den Parteien mit Schreiben vom 14.09.2018 neue Länderinformation zugeschickt; eine Stellungnahme langte zu diesen nicht ein.

Am 19.11.2018 wurde mit Erkenntnis durch das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten rechtskräftig aberkannt. Gleichzeitig wurde die erlassene Rückkehrentscheidung in den Herkunftsstaat und ein unbefristetes Einreiseverbot rechtskräftig bestätigt.

Dieses Erkenntnis erwuchs mit 22.11.2018 in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer reiste bis zum Ende der Frist am 06.12.2018 nicht aus. Danach war er an seiner Meldeadresse 3300 Amstetten, Wiener Straße 71/9 für die Behörde nicht mehr erreichbar. Ein Ladungsbescheid des BFA vom 06.12.2018 konnte auch durch die Polizeiinspektion Amstetten nicht mehr zugestellt werden. Der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers war unbekannt.

4. Festnahmeauftrag: Da der Beschwerdeführer nicht im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mitgewirkt hat wurde seitens des BFA ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-VG erlassen und ausgeschrieben. Der Beschwerdeführer war zuletzt vom 16.04.2018 bis 28.02.2019 meldebehördliche an der Adresse 3300 Amstetten, Wiener Straße 71/9 registriert. Danach wurde diese Adresse vom Beschwerdeführer aufgegeben. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und ihre Kinder wechselten den Hauptwohnsitz auf 3300 Amstetten, XXXX Am 15.12.2020 wurde der Beschwerdeführer an dieser Adresse aufgrund des aufrechten Festnahmeauftrages festgenommen.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme gab er an, nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen. Er habe zwar gesundheitliche Probleme gehe aber nicht zum Arzt. Er habe in Österreich eine Lebensgefährtin, die Mutter der gemeinsamen Kinder. Eine Meldeadresse habe er nicht, weil er befürchtet habe verhaftet zu werden. Weitere Fragen zur fehlenden Meldung wolle er nicht beantworten. Er sei faktisch mittellos habe vielmehr Schulden. Zwei seiner Tanten würden nach wie vor ein Tschetschenien leben, die engsten Angehörigen seien in Österreich asylberechtigt. Bei der Erlangung eines Heimreisezertifikates werde er nicht mitwirken.

5. Schubhaft: Mit Mandatsbescheid vom 16.12.2020 wurde zum Zweck der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet. Im Wesentlichen wurde diese mit Fluchtgefahr begründet, da sich der Beschwerdeführer im Verborgenen aufgehalten habe und keine Kooperation mit ihm seit der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung bestehe. Dem würden auch die unstrittigen familiären und privaten Anknüpfungspunkte nicht entgegenstehen. Aufgrund des bisherigen Verhaltens und der Straffälligkeit des Beschwerdeführers könne nicht mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden und erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden ultima-ratio Situation als verhältnismäßig. Der Schubhaftbescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe zugestellt.

6. Gegenständliches Verfahren:

Am 17.12.2020 brachte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz ein.

Der Beschwerdeführer wurde am 18.12.2020 einer Erstbefragung unterzogen, wobei er seinen neuerlichen Antrag darauf stützte, dass er wegen seiner österreichischen Verurteilung gem. § 278 b StGB in seiner Heimat Tschetschenien bedroht werden würde. Wenn er zurückkehren würde käme er ins Gefängnis. Es drohe ihm Folter und er würde das nicht überleben. Er habe außerdem in Österreich eine Familie (eine Lebensgefährtin und zwei Kinder). Seine im Jahr 2014 angegebenen Fluchtgründe seien weiter aufrecht und in Tschetschenien kenne er niemanden. Er habe dort kein Zuhause. In Österreich habe er schon zwei kleine Schlaganfälle gehabt.

Am 05.01.2021 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die niederschriftliche Einvernahme statt, im Rahmen derer der Beschwerdeführer dazu aufgefordert wurde seinen neu gestellten Asylantrag zu begründen.

Zu seiner Gesundheit befragt gab er an er nehme keine Medikamente und sei auch nicht in Behandlung. Er habe Hämorrhoiden und habe mit seinem Herz Probleme. Er habe Schmerzen bei der Leber und den Nieren sowie Rückenschmerzen und Zahnschmerzen. Seit seiner Kindheit sei er ein bisschen taub auf einem Ohr und höre daher auch ein bisschen schwer. Rechtsberater habe er derzeit keinen.

Er könne eine aktuelle Arbeitsplatzzusage von InterDialogue vorlegen. Weiters wolle er zur Situation in Tschetschenien einen Bericht zu XXXX vorlegen. Zu seiner Gesundheit lege er noch eine Überweisung an eine Chirurgie-Station mit dazugehörigem Arztbrief der österreichischen Gesundheitskasse vor. Seit seiner Einreise im August 2004 ins österreichische Bundesgebiet, sei er nicht mehr in sein Heimatland gefahren. Er wäre aber in anderen europäischen Ländern gewesen.

Im Heimatland habe er zwei Tanten aber schon lange keinen Kontakt mehr zu diesen, denn die Tanten wollen auch keinen Kontakt mit dem Beschwerdeführer. Das hätten sie ihm persönlich gesagt. Die Angaben zu dem damals von seiner Mutter gemachten Fluchtgrund würden stimmen und wären noch aufrecht. Der Beschwerdeführer wisse aber nicht welche Gründe sich verändert hätten, da bereits 16 Jahre seither vergangen seien. Er habe auch neue Fluchtgründe. Nach diesen befragt, gab der Beschwerdeführer an, sein Vater sei ein Kämpfer gewesen und man könne über ihn Informationen im Internet finden. Ein weiterer Grund wäre seine Verurteilung wegen § 278 b StGB in Österreich, wobei der Beschwerdeführer betone dass er unschuldig sei. Wenn er nach Russland abgeschoben werde gäbe Österreich die Akten an Russland weiter und sie würden ihn aufgrund der Akten befragen. Sie würden mit Tschetschenien telefonieren und diese Personen würden dann angeben, dass er der Sohn des XXXX sei und er daher ein Terrorist sei, obwohl sein Vater es nicht sei, sondern nur für sein Land gekämpft habe. Der wichtigste Grund aber sei, dass seine Familie hier in Österreich wäre.

Auf die Frage was er glaube, dass ihm in Russland vorgeworfen würde, sagte der Beschwerdeführer, dass es derzeit offiziell keine Anklage gegen ihn gäbe, er aber Angst wegen seines Namens habe. Sein Cousin habe seinen Namen im Computer gefunden und ihm gesagt das dort stehe, dass er befragt werden solle, wenn er nach Russland zurückkehre. Er könne nicht sagen wie sein Cousin nachgeschaut habe. Er habe vielleicht Bekannte gehabt. Der Beschwerdeführer selbst habe allerdings keinen Kontakt mehr mit Menschen in seiner Heimat. Er mache sich Sorgen wovon erleben könne und er fürchte das ihn der FSB holen würde, denn das passiere dort jedem. Mit seiner Frau sei er nicht verheiratet. In Österreich habe er unterschiedliche Arbeiten gemacht zum Beispiel auf Baustellen und er sei hier in die Schule gegangen. Den Lebensunterhalt bestreite er durch Arbeitslosengeld, manchmal Sozialhilfe. Auf die Frage, was gegen eine aufenthaltsbeendigende Maßnahme, über die ja bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist, spreche, gab der Beschwerdeführer an, dass er um die Chance bitte mit seiner Familie hier weiterzuleben, denn ohne die Familie sei das der Tod. Er könne seine Kinder unterstützen und zu Schule bringen. Er könne dann auch kochen. Sein Vater sei verstorben als er 27 Jahre alt war und er sei ohne Vater aufgewachsen. Er wolle nicht, dass seine Kinder ohne Vater aufwachsen.

Im Fall einer negativen Entscheidung würde er nicht freiwillig in sein Heimatland zurückkehren. Selbst habe er keine Barmittel. Er würde diese aber von seiner Frau nehmen. Diese habe 5000 € oder 7000 €. Er selbst habe 50€. Er möchte nicht nach Russland abgeschoben werden wie ein letzter Hund.

7. Mit mündlich verkündeten Bescheid vom 15.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer der nach § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Es erfolgte eine Beurkundung gem. § 62 Abs. 2 AVG.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte die belangte Behörde zum Vorbringen des Beschwerdeführers aus, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe. Der Beschwerdeführer habe keinen asylrelevanten neuen Sachverhalt der nach Rechtskraft des Vorverfahrens am 22.11.2018 neu entstanden wäre vorbringen können. Der Beschwerdeführer halte seine Angaben seit seinem Erstantrag aufrecht und habe er im gegenständlichen Verfahren keine neuen glaubhaften und entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht, die nicht von der bestehenden Rechtskraft der Vorverfahren schon umfasst wären.

Der Beschwerdeführer habe weder neue Beweismittel im gegenständlichen Verfahren vorgelegt noch habe seitens der Behörde ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden können. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages sei nicht hinreichend einen neuen, gegenüber dem früheren Asylantrag, wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen.

Alle jetzt vorgelegten Schreiben und Stellungnahmen habe er bereits im Vorverfahren vorgebracht und sei dieses durch das Bundesverwaltungsgericht auch rechtskräftig abgeschlossen worden. Weder durch seine Angaben noch durch die vorgelegten Beweismittel ergäben sich Fluchtgründe die nach Rechtskraft (22.11.2018) entstanden wären. Das Vorbringen werde als Ergänzung zu den Fluchtgründen des Erstverfahrens gesehen. Auch hinsichtlich der Feststellung zur Gefährdungssituation, sei die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung über den letzten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalem Schutz im Wesentlichen unverändert. Auch die Feststellungen über das Privat und Familienleben würden seitdem letzten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahr 2018 keine maßgebliche Änderung ergeben.

Die belangte Behörde könne somit nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liege sohin entschiedene Sache im Sinn von § 68 AVG vor.

Betreffend die Lage im Herkunftsstaat auch hinsichtlich der aktuellen Corona Virus Pandemie werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht an solchen Erkrankungen leide aufgrund derer er im Hinblick auf COVID 19 zu einer vulnerablen Gruppe zählen würde. Auch in Hinblick auf die allgemeine Situation der Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer in der russischen Föderation im Fall einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten würde. Es handle sich um einen gesunden jungen Mann, der über Berufserfahrung verfüge und es sei ihm zumutbar sich in der Heimat den notwendigen Unterhalt zu sichern. Er verfüge in der Heimat über soziale Anknüpfungspunkte weshalb auch nicht angenommen werden könne, dass er in eine lebensbedrohliche Notlage geraten würde.

Die aktuelle COVID 19 Pandemie erfordere auch nicht die Zuerkennung von subsidiären Schutz bzw. die Unzulässigkeit der Abschiebung. Eine Epidemie im Herkunftsstaat eines Fremden ist zwar grundsätzlich unter dem Aspekt des Art. 3 EMRK beachtlich. Da es sich aber eben nicht um eine Epidemie im Herkunftsstaat, sondern um eine Pandemie handelt, ist das allgemeine Lebensrisiko am Erreger SARS CoV 2 zu erkranken weltweit, d. h. sowohl im Herkunftsstaat als auch in Österreich erhöht. Das Risiko eines schweren Verlaufes der Krankheit sei beim Beschwerdeführer bei dem es sich um einen jungen, nicht immungeschwächten Menschen handle viel geringer als bei Menschen aus Risikogruppen. Auch wenn daher nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Erreger SARS CoV 2 in seinem Herkunftsstaat infizierte aber auch für den Fall des Verbleibs in Österreich gelten könne, sei das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs der Erkrankung äußerst gering. Ein „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK drohe dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat aufgrund der COVID 19 Pandemie daher nicht.

Rechtlich liege im Fall ein Folgeantrag vor. Die Vorverfahren wurden mit 07.01.2008 und 22.11.2018 rechtskräftig abgeschlossen. Die gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Ausweisung sei aufrecht. Der Beschwerdeführerführer verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Der gegenständliche Asylantrag sei voraussichtlich zurückzuweisen da der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und sich auf seine schon behandelten Fluchtgründe bezogen habe. Auch die Lage im Herkunftsstaat habe sich nicht entscheidungswesentlich verändert. Das gelte auch für die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers. Daher lägen alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

8. Die Verwaltungsakten langten am 21.01.2021 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein.

9. Am 25.01.2021 brachte der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers eine Vollmachtsbekanntgabe und eine Beschwerdeergänzung in Bezug auf den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl ein.

Darin wird vorgebracht, dass die belangte Behörde mit ihrer Entscheidung vom 15.01.2021 in eklatanter Weise etliche detailliert aufgelistete verfassungsgesetzlich sowie einfachgesetzlich gewährleistete Rechte verletzt habe.

Da sie die Rechtslage verkenne sei der Behörde Willkür anzulasten. Der Beschwerdeführer, der sich seit nunmehr 16 Jahren in Österreich befinde, verheiratet sei, zwei minderjährige Töchter habe und sich aus wohl begründeter Furcht in Österreich befinde, welches sein Heimatland sei, sei Flüchtling. Dem Beschwerdeführer drohen in den seinem Geburtsland der sichere Tod oder zumindest die reale Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung. Weiters übe die belangte Behörde infolge des Unterlassens eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens Willkür aus, da diese bereits vor dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme davon ausgegangen sei, dass der faktische Abschiebeschutz aufgehoben werde. Die Begründung des Verfahrens sei eine Scheinbegründung, welche auf Textbausteinen aufbaue. Es werde in diesem Zusammenhang auf die Länderfeststellungen verwiesen, wonach Ramsan KADIROV unter dem Deckmantel Putins ein autoritäres Herrschaftssystem geschaffen habe, welches er mit eiserner Faust verteidigt und aufrechterhält. Es bestehe in Tschetschenien eine katastrophale Sicherheitslage. Auch aufgrund der Corona Pandemie sei die Sicherheits- und Menschenrechtslage katastrophal. Der Beschwerdeführer sei aufgrund seiner zahlreichen Erkrankungen ein Risikopatient. Auch wegen der Achtung des Privat und Familienlebens dürfe der Beschwerdeführer nicht abgeschoben werden. Er sei bereits 16 Jahre im Bundesgebiet aufhältig, habe hier die Schule besucht und eine langjährige Beziehung zu seiner Ehefrau mit der er zwei Töchter habe. Der Beschwerdeführer sei sozial, kulturell und sprachlich bestens integriert und in seiner Community hoch angesehen und geschätzt. Es sei vorrangig auch das Wohl der Kinder zu berücksichtigen. Daher werde der Antrag an das Bundesverwaltungsgericht gestellt es wolle dieser Beschwerde Folge geben und den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15. Jänner 2021 aufheben und aussprechen, dass die Aufhebung des Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 Asylgesetz unrechtmäßig sei und die sofortige Enthaftung des Beschwerdeführers anzuordnen. Weiters werde der Antrag gestellt das Bundesverwaltungsgericht wolle den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers von der im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes nach § 22 Abs. 2 BFA-VG verständigen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird wie unter Punkt I. dargestellt festgestellt.

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein männlicher Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und islamischen Glaubens. Er spricht Deutsch, aber auch Russisch und Tschetschenisch. Seine Identität konnte mangels identitätsbezeugenden Dokumenten nicht festgestellt werden. Für ihn wurde am 18.08.2004 ein Asylantrag in Österreich gestellt und es wurde ihm am 21.12.2007 vom Unabhängigen Bundesasylsenat gemäß § 7 iVm § 10 AsylG Asyl im Familienverfahren gewährt. Auf der durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2018 rechtskräftig gewordenen Asylaberkennung wurde der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet illegal.

Der Beschwerdeführer hatte in Inguschetien vier Jahre die Schule besucht. Nach der Ankunft in Österreich besuchte er eine Hauptschule, wobei er die polytechnische Schule nicht abgeschlossen hat. Er arbeitete daraufhin geringfügig im Mai 2010 und von Juli bis September 2010 und ca. eine Woche im Mai 2012 als freier Dienstnehmer bei einem Packservice sowie im Jahr 2013 im September und Oktober bei einer Personalleasingfirma. Der Beschwerdeführer hat eine Lebensgefährtin und mit dieser zwei leibliche Töchter, XXXX, geboren am XXXX , und XXXX , geboren am XXXX . Die Lebensgefährtin und die Töchter des Beschwerdeführers haben in Österreich den Status von Asylberechtigten. Die Mutter, zwei Brüder und eine Schwester des Beschwerdeführers leben in Österreich (AS 203). Sie haben den Status von Asylberechtigten inne.

In der Russischen Föderation verfügt der Beschwerdeführer über Tanten väterlicherseits, die verheiratet sind. Außerdem gibt es zumindest noch einen Cousin in Tschetschenien (vgl. Vhdlg Protokoll vom 30.05.2018).

Der Beschwerdeführer ist haftfähig und leidet an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten. Er hat aber Hämorrhoiden, ein Problem mit dem Herz und zwei kleine Herz Insulte. Er hat Schmerzen bei der Leber und den Nieren. Er hat auch Rücken und Zahnschmerzen und ist seit Kindheit auf einem Ohr taub. Der Beschwerdeführer hat keine psychische Störung.

Er ist nicht berufstätig und derzeit in Haft. Er geht mit seiner Lebensgefährtin spazieren, bringt die Kinder in die Schule, holt sie wieder ab und kümmert sich gemeinsam mit der Lebensgefährtin um die Töchter.

Der Beschwerdeführer befand sich ab 14.04.2015 in Untersuchungshaft und von 05.07.2016 bis 13.04.2018 in Strafhaft (vgl. Strafvollzugsbericht der JA St. Pölten vom 16.05.2018).

Er hat im Gefängnis in der Bäckerei gearbeitet und kann sich eine Ausbildung und berufliche Tätigkeit als Bäckermeister vorstellen.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 04.11.2015 nach § 278 (b) Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt (siehe Urteil des LG, AS 79ff).

Das Landesgericht St. Pölten stellte dazu fest, dass der Beschwerdeführer schuldig ist, dass sie sich von März 2014 bis etwa Oktober/November 2014 als Mitglied an der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat, eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet war und ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten ausgeführt werden, beteiligt hat, indem sie auf dem Landweg von Österreich (Amstetten) aus über Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Türkei nach Syrien reiste, sich vor Ort in Syrien anderen Mitgliedern der genannten terroristischen Vereinigung anschloss, sich zumindest zur Ausbildung für bewaffnete Einsätze zur Verfügung stellte und logistische Hilfs- und Unterstützungstätigkeiten leistete, wobei sie sich im Rahmen der kriminellen Ausrichtung der terroristischen Vereinigung in dem Wissen beteiligte, dass sie dadurch die Vereinigung und deren strafbare Handlungen fördert.

In den Entscheidungsgründen wird unter anderem angeführt, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2011 aus nicht mehr feststellbaren Motiven mit jedenfalls religiösem Hintergrund nach Pakistan gereist ist, und zwar von Österreich über die Türkei, von wo aus sie mit einem Flugzeug weiter in den Iran reiste, um von dort auf dem Landweg nach Pakistan weiterzureisen, wo sie nach ihrer Einreise, zumal sie kein gültiges Visum vorweisen konnte, von den pakistanischen Behörden wegen des Verdachts terroristischer Aktivitäten festgenommen wurde und für einige Monate in Pakistan inhaftiert war. Die beschwerdeführende Partei konnte am 08.03.2012, nach dem sich das österreichische Außenamt für ihre Freilassung eingesetzt hatte, wieder nach Österreich zurückkehren. Im März 2014 entschloss sich die beschwerdeführende Partei zu einer Reise nach Syrien, um sich dort Mitgliedern des Islamischen Staats anzuschließen. Sie hatte von Amstetten und

anderen Orten Österreichs aus ihre Reise nach Syrien soweit geplant, dass die Route durchorganisiert war und sie über Kontaktaufnahmemöglichkeiten zu Mitgliedern des damals noch Islamischen Staats im Irak und in der Levante bzw. Islamischer Staat in Syrien, nunmehr Islamischer Staat, verfügte. Das Ziel der Reise war, sich dem Islamischen Staat als Mitglied anzuschließen. Am 09.03.2014 setzte sich die beschwerdeführende Partei von ihrem damaligen Wohnort aus in Bewegung und reiste über Ungarn, Rumänien, Bulgarien in die Türkei, wo sie am 13.03.2014 ankam und kurze Zeit später nach Syrien weiterreiste. Die beschwerdeführende Partei hatte zuvor in Österreich mit Mittelsmännern Kontakt aufgenommen und wurde sie bei Ankunft etwa in der zweiten Hälfte des Monats März 2014 in Syrien von Mitgliedern des Islamischen Staats in Empfang genommen. Als die beschwerdeführende Partei in der zweiten Hälfte des Monats März 2014 an einem nicht mehr näher feststellbaren Ort in Syrien, der jedenfalls den Machtbereich des ISIL/ISIS zugehörig war, angekommen ist, wurde sie von Mitgliedern des ISIL/ISIS, die ihre Ankunft, die zuvor von Österreich aus kommuniziert worden war, erwartet hatten, in Empfang genommen. Sie beteiligte sich in den darauffolgenden Monaten bis etwa Oktober/November 2014 in Syrien an der terroristischen Vereinigung dadurch, dass sie sich, nachdem sie von Österreich nach Syrien gereist war, im Rahmen ihrer kriminellen und terroristischen Ausrichtung zumindest zur Ausbildung für bewaffnete Einsätze zur Verfügung stellte und vor Ort zumindest logistische Hilfs- und Unterstützungstätigkeiten zur Förderung der allgemeinen Organisationsabläufe leistete, womit die Vereinigung und deren strafbare Handlungen gefördert wurden.

Beweiswürdigend führte das Landesgericht St. Pölten insbesondere aus, dass bei der Reise 2011 nach Pakistan auffällig gewesen ist, dass sich der Beschwerdeführer nicht auf offiziellem Wege mit einem Einreisevisum nach Pakistan begab, sondern ohne Visum auf dem Landweg vom Iran aus. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, in Pakistan eine Koranschule besuchen zu wollen, ist ausgehend davon, dass sie weder englisch noch arabisch spricht, in Zweifel zu ziehen. Ein Ziel der Reise nach Pakistan konnte jedoch nicht festgestellt werden. Was sich allerdings aus der illegalen Einreise des Angeklagten nach Pakistan relevant ableiten lässt, ist der Umstand, dass der Beschwerdeführer in ihren Handlungen von Überzeugungen getragen ist, die für sie eine immens hohe Bedeutung haben müssen. In Bezug auf ihre Reisebewegungen nach Syrien wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer behauptet habe, deshalb in die Türkei gereist zu sein, da sie sich mit einem tschetschenischen Mädchen, das in Istanbul gelebt habe und das er über Internet und Telekommunikation kennengelernt habe, treffen und verehelichen wollte. Unter anderem wird diese Darstellung jedoch dadurch gänzlich unglaubwürdig, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen ist, irgendwelche näheren Daten zu diesem Mädchen, außer einen Vornamen, anzuführen. Er behauptete, mit dieser Ehefrau in Istanbul über mehrere Monate zusammen gelebt zu haben und dadurch Kontakt zu Freunden tschetschenischer Herkunft gehabt zu haben, ist aber nicht in der Lage gewesen, nähere Angaben zu diesem Mädchen zu machen. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer alles darangesetzt hätte, diese Person als Zeugin für das gegenständliche Verfahren namhaft zu machen, was nicht geschehen ist. Die diesbezüglichen Erklärungsversuche sind wenig überzeugend. Ein weiteres aufschlussreiches Indiz stellte ein Lichtbild des Beschwerdeführers dar, welches ihn posierend vor einer IS-Flagge zeigt. Darüber hinaus zeigt ein weiteres Lichtbild den Beschwerdeführer in einer Aufmachung, die den klaren Rückschluss dahingehend zulässt, dass sie sich vor Ort zumindest zur Ausbildung für Kampfeinsätze zur Verfügung gestellt hat und für diese Ausbildung zumindest schon erste Schritte unternommen wurden. Das Lichtbild zeigt den Beschwerdeführer in paramilitärischer Aufmachung und mit einer Schutzbrille, die üblicherweise bei Schießübungen getragen wird. Die aufgezeigten Indizien werden durch die überaus glaubwürdige und mutige Aussage der anonymen Zeugin untermauert. Die Zeugin vermittelte nicht den Eindruck, dass sie die Belastung der beschwerdeführenden Partei aus einem Revanchegedanken tätigte, sondern war ihre Aussagemotivation klar erkennbar von der Einstellung getragen, dass es ihre Verpflichtung ist, einen Beitrag zur Überführung von Straftätern zu leisten. Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den die Zeugin bei Gericht hinterließ, schien es dem Schöffengericht völlig ausgeschlossen, dass ihre Ängstlichkeit nur gespielt war, vielmehr war das Schöffengericht überzeugt, dass die Zeugin auf überaus mutige und beachtenswerte Weise ihre Belastung betreffend die beschwerdeführende Partei aufrecht hielt.

Bei der Strafzumessung wurde erschwerend kein Umstand, mildernd die Unbescholtenheit der beschwerdeführenden Partei gewertet. Weiter erschien dem Gericht die verhängte Strafe im Hinblick auf die Persönlichkeit der beschwerdeführenden Partei, die nicht den Eindruck eines aus bloßer Naivität heraus handelnden Täters vermittelte, sondern nach eingehender Reflexion in hohem Ausmaß hinter der Ideologie des Islamischen Staats zu stehen scheint, und unter Bedachtnahme auf die Auswirkungen der Strafe auf das künftige Leben des Täters sowie aus generalpräventiven Gründen schuldangemessen und dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechend (siehe Auszüge aus dem Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 04.11.2015 zu 35 Hv 104/15s, im Verwaltungsakt AS 79ff).

Es wird festgestellt, dass der weitere Aufenthalt der beschwerdeführenden Partei in Österreich eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer unter anderem wegen ihres Vaters in Tschetschenien oder in der Russischen Föderation einer Gefährdung unterliegen würde.

Es wird jedoch festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen seiner strafgerichtlichen Verurteilung in Österreich in Tschetschenien einer Gefährdung unterliegen würde. Der Beschwerdeführer kann sich jedoch dieser Gefährdung durch eine Umsiedlung in einen anderen Teil der Russischen Föderation, außerhalb des Föderationskreises Nordkaukasus, entziehen.

Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet trotz aufrechter und rechtskräftiger Rückkehrentscheidung nicht verlassen.

Den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag brachte der Beschwerdeführer am 17.12.2020 ein.

Der Beschwerdeführer gab keine neuen Fluchtgründe an bzw. sagte, dass die Fluchtgründe aus seinem ersten Verfahren nach wie vor aufrecht seien und er sich vor einer Rückkehr in seine Heimat fürchte. In Bezug auf sein Privat oder Familienleben ergaben sich keine entscheidungsrelevanten Änderungen.

Mit mündlich verkündetem Bescheid des BFA vom 15.01.2021 wurde der faktische Abschiebeschutz des Beschwerdeführers gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit rechtskräftiger Erledigung des vorhergehenden Antrages ergeben hätte, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die Lage im Herkunftsstaat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohen würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestünde.

Im Übrigen wird das bereits im Verfahrensgang Ausgeführte der Entscheidung zugrunde gelegt

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seiner Identität, seiner Staats- und Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Herkunft, den Aufenthaltsort seiner Angehörigen beruhen auf seinen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des bereits abgeschlossenen Asylverfahrens. Auch im gegenständlichen Verfahren hat er diese Angaben bestätigt bzw. keine gegenteiligen Aussagen getroffen.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers sowie dem vorgelegten Arztbrief.

Sein Fluchtvorbringen hinsichtlich einer Verfolgung in der Russischen Föderation sowie die Lage im Herkunftsstaat wurde eingehend im mit dem Erkenntnis des BVwG vom 19.11.2018 rechtskräftig entschiedenen Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz erörtert und abgewogen und konnte der Beschwerdeführer auch im Zuge seines weiteren Antrags auf internationalen Schutz keinen neuen Sachverhalt, der einen glaubhaften Kern aufgewiesen hätte, darlegen.

Auch die von Amts wegen berücksichtigte Ländersituation brachte keinen entscheidungsrelevanten neuen Sachverhalt hervor.

Eine für den Beschwerdeführer relevante Änderung an der Situation in seinem Herkunftsstaat kann anhand der Feststellungen im mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.01.2021, denen der Beschwerdeführer im Verfahren nicht entgegengetreten ist, nicht erkannt werden. Umstände, die in der Person des Beschwerdeführers liegen, insbesondere sein Gesundheitszustand und die privaten und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich, sind seit der rechtskräftigen Entscheidung des BVwG vom 19.11.2018, im Wesentlichen unverändert.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt, der einen glaubhaften Kern aufweist, dargetan hat, ergibt sich bei einem Abgleich seiner in den Vorverfahren getätigten Angaben zu seinen Fluchtgründen und jenen zum gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, weshalb der gegenständliche Folgeantrag auch zurückzuweisen sein wird. Der Beschwerdeführer brachte wiederum vor, dass er nach wie vor dieselben Fluchtgründe wie bei seinem ersten Verfahren habe. Es habe sich nichts geändert.

Was das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers betrifft, so hat sich seit dem Erkenntnis des BVwG vom 19.11.2018 keine Änderung ergeben.

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich sowie zu seiner aktuellen privaten und familiären Situation gründen auf dessen Vorbringen im vorhergehenden Asylverfahren. Die Sachverhaltsfeststellungen zum Verfahrensablauf ergeben sich aus der Aktenlage. Da auch sonst keine wesentlichen neu hinzugetretenen Umstände vorgebracht wurde, kann auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK keine Situationsänderung seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung erkannt werden.

Sohin konnte aber in einer Prognoseentscheidung nur von einer voraussichtlichen Antragszurückweisung ausgegangen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchteil A):
Die maßgeblichen Bestimmungen (in der Sache) lauten:

§ 12 a Abs. 2 AsylG normiert, dass wenn ein Fremder einen Folgeantrag stellt und kein Fall des Absatz 1 vorliegt, das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben kann, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung oder Ausweisung besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

§ 22 (10) Asylg 2005 idgF:

Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

§ 22 BFA-VG:

(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungs-Akten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der, im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes, zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451 ausgeführt hat, genießt ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, gemäß § 12 AsylG 2005 grundsätzlich bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 nicht mehr zulässig ist, faktischen Abschiebeschutz; das bedeutet, dass er weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf. Durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009, BGBl. I Nr. 122/2009, wurden für Folgeanträge auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 Sonderregelungen geschaffen, die in bestimmten Fällen Ausnahmen vom faktischen Abschiebeschutz vorsehen. Sie haben - nach den Gesetzesmaterialien (RV 330 BlgNR 24. GP 11) -"unter Wahrung der notwendigen rechtsstaatlichen Garantien ... das Ziel, jene Fälle, in denen ein berechtigtes Interesse an einem neuerlichen Asylverfahren besteht, möglichst früh von klar missbräuchlichen Antragstellungen zu unterscheiden und diese in weiterer Folge als Mittel zur Hintanhaltung fremdenpolizeilicher Maßnahmen unbrauchbar zu machen." Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.

Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen, zumal auch kein Fall des § 12 a Abs. 1 AsylG vorliegt, bzw. vorgebracht wurde.

Der Beschwerdeführer stellte am 18.08.2004 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Im vorliegenden Fall wurde nun am 07.12.2020 der Folgeantrag durch den Beschwerdeführer gestellt, nachdem der Beschwerdeführer mit Erkenntnis des BVWG vom 18.11.2018 der Asylstatus aberkannt worden ist und darin eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen worden ist, verbunden mit einem neuen unbefristeten Einreiseverbot. Das Aberkennungsverfahren wurde mit 18.11.2018 rechtskräftig abgeschlossen. Es liegt daher ein Fall vor, indem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz nach § 12a Abs. 2 AsylG aberkennen kann.

Ein Indiz dafür das ein Fall vorliegt, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen rechtskräftigen Vorentscheidung zu verhindern, liegt bereits in der Aussage des Beschwerdeführers auf Seite 4 des BSA-Protokolls vom 05.01.2021, wo der Beschwerdeführer zu den Fluchtgründen aus den Vorverfahren befragt meinte, er wisse nicht was sich in seiner Heimat verändert habe, denn es seien 16 Jahre vergangen seit er nach Österreich gekommen wäre.

Auch die vom Beschwerdeführer befürchteten Nachteile die sich aus seiner Verurteilung in Österreich für ihn in Tschetschenien ergeben könnten, wurden im Erkenntnis des BVwG vom 19.11.2018 sehr ausführlich erörtert und festgestellt, dass für den Beschwerdeführer in der Russischen Föderation , außerhalb des Nordkaukasus ( Tschetschenien) keine Bedrohung besteht. ( AS 567 ff)

Bei dem neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 07.12.2020 handelt es sich um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.

§12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 verlangt eine Prognoseentscheidung über eine voraussichtliche Antragszurückweisung (vgl Muzak, Die Einschränkungen des faktischen Abschiebeschutzes im Asylverfahren, migralex 2010, 2 [4]); die Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens (vgl RV 330 BlgNR 24. GP). Darüber hinaus sieht §12a Abs. 2 Z 3 leg.cit. vor, dass vor Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und damit vor der möglichen Effektuierung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme erneut eine Refoulement-Prüfung nach Art2 und 3 EMRK sowie eine Interessenabwägung iSv Art8 EMRK vorzunehmen sind (vgl. VfGH 10.10.2018, Zl. G186/2018 ua).

Im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Hierbei ist auch die rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz und damit die Bejahung der Voraussetzungen zur Zuerkennung dieses Schutzstatus im Verfahren betreffend den Status eines Asylberechtigten zu beachten (vgl. VwGH 28.02.2017, Zl. Ra 2016/01/0206, Rz 13). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (vgl. VwGH 28.04.2017, Zl. Ra 2017/03/0027, Rz 11). Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen (vgl. VwGH; 28.02.2017, Zl. Ra 2016/01/0206, Rz 14; VwGH 08.09.2015, Zl. Ra 2017/03/0027). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 25.04.2017, Zl. Ra 2016/01/0307, Rz 22). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat - von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen - im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht somit nicht umfasst und daher unbeachtlich (vgl. VwGH 22.11.2017, Zl. Ra 2017/19/0198, Rz 17).

Der Beschwerdeführer verfügt über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz ist, wie schon ausführlich ausgeführt, voraussichtlich zurückzuweisen, da er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht hatte, der einen glaubhaften Kern aufwies. Vielmehr bezog sich der Beschwerdeführer auf sein bereits in den rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vorgebrachten.

Hinzu kommt, dass gegen den Beschwerdeführer eine aufrechte Rückkehrentscheidung besteht. Auch hat sich die allgemeine Lage in seinem Herkunftsland nicht entscheidungswesentlich geändert.

Im vorliegenden Fall ist auch sonst davon auszugehen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des grundsätzlich arbeitsfähigen Beschwerdeführers keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 und 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilpersonen auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Auch die Situation im Herkunftsland hat sich seit der Rechtskraft des Bescheides des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen vom 15.05.2019 - in der ohnehin kurzen Zeitspanne -nicht entscheidungswesentlich geändert.

In seinem Vorverfahren, am 12.09.2017, wurde festgestellt, dass ihm bei einer Rückkehr oder Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität droht. Da sich die allgemeine Lage wie auch seine persönlichen Verhältnisse und sein Gesundheitszustand seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich geändert haben, kann davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen wird.

Selbiges gilt für seine persönlichen Verhältnisse. Auch bezüglich dieser ist keine Veränderung im Hinblick auf die vorherige Entscheidung eingetreten. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung, die in Rechtskraft erwuchs, ist somit nach wie vor nicht anzuzweifeln. Es kann auch in der vorliegenden Konstellation nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers - nach Ablauf von etwas über einem Jahren seit rechtskräftiger Entscheidung - Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen Interesse an der öffentlichen Sicherheit, zu geben sein wird.

Da sich nun keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes ergibt, ist das BFA zu Recht mit einer Prognose davon ausgegangen, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist. Aus dem Verfahrensgang zeichnete sich auch deutlich ab, dass der Antragsteller, die Durchsetzung der vorangegangenen und mit aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen rechtskräftige Vorentscheidung zu hindern versucht.

Aufgrund der Feststellungen zur Lage in seinem Herkunftsland in Verbindung mit seinem Vorbringen kann somit davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 beschrieben, droht.

Im vorliegenden Fall kann schon bei einer Grobprüfung gesagt werden, dass die spätere Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Das den Folgeantrag begründende Vorbringen gleicht jenem des Aberkennungsverfahrens. Dasselbe gilt für die Beurteilung des, mit der Abschiebung verbundenen Eingriffs in das Privat und Familienleben des Beschwerdeführers. Es liegen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor, sodass spruchgemäß die Entscheidung der Verwaltungsbehörde zu bestätigen war.

Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind vom AW nicht vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Sofern die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Festnahmeauftrag mangelnder Anknüpfungspunkt Pandemie strafrechtliche Verurteilung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W196.1304507.3.00

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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