TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/10 W207 2201891-1

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Veröffentlicht am 10.02.2021
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Entscheidungsdatum

10.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W207 2201891-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.06.2018, Zahl 1032805109/180565819, betreffend amtswegige Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 11.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.10.2014 gab der Beschwerdeführer an, der Volksgruppe der Hazara und dem muslimisch-schiitischen Glauben anzugehören, in der Provinz Daikundi, Afghanistan, geboren, aber im Iran seit seinem zweiten Lebensjahr – da sei er mit seinen Eltern in den Iran geflüchtet - aufgewachsen zu sein, wo er 5 Jahre die Grundschule besucht habe. Zum Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater Probleme in Afghanistan gehabt habe, dass er das aber dem Beschwerdeführer nicht erzählt habe, weil dieser noch zu klein gewesen sei. Sein Vater habe sich entschlossen, den Beschwerdeführer vom Iran nach Europa zu schicken, damit es ihm dort bessergehe.

Am 29.04.2015 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet), niederschriftlich einvernommen, und gab an, seine Familienangehörigen (Eltern und Geschwister) würden sich im Iran in einer näher genannten Stadt aufhalten, mit diesen stehe er in regelmäßigem Kontakt, der Beschwerdeführer selbst habe bis zu seiner Ausreise Richtung Europa im Iran gelebt. Außerdem würden zwei Onkel im Iran leben. Die finanzielle Situation seiner Familie im Iran sei schlecht. Sein Vater sei behindert, er habe Probleme mit dem Fuß und könne nicht arbeiten. Seine Schwester und seine Mutter würden im Iran als Reinigungskräfte arbeiten. In Afghanistan habe der Beschwerdeführer keine sonstigen Familienangehörigen. Die Familie des Beschwerdeführers habe, als der Beschwerdeführer zwei Jahre alt gewesen sei, Afghanistan verlassen, weil sie niemanden in Afghanistan gehabt hätten und weil es ihnen finanziell schlecht gegangen sei. Sein Vater sei in Afghanistan angeschossen worden und dadurch habe er Probleme mit seinem Fuß; der Beschwerdeführer könne aber nicht angeben, von wem und warum sein Vater angeschossen worden sei. Der Beschwerdeführer habe keine eigenen Fluchtgründe in Bezug auf sein Heimatland Afghanistan, seine Fluchtgründe bezögen sich auf den Iran, er habe in Afghanistan nicht gelebt. Im Iran habe es immer Probleme mit der Polizei gegeben, sein Vater sei 2 Mal nach Afghanistan abgeschoben worden und die Polizei habe den Beschwerdeführer und seinen Bruder geschlagen, weil die Verlängerung der Aufenthaltskarte immer 300.000 Toman gekostete habe und wenn die Karte nicht verlängert habe, dann sei man abgeschoben oder geschlagen worden. Sein Vater hat zum Beschwerdeführer gesagt, er solle nach Europa gehen und sich eine Zukunft aufbauen. Nach Afghanistan könne er nicht, weil er dort niemanden habe.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2015, Zl. 1032805109-140059477, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 100/2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Hingegen wurde dem Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt (Spruchpunkt II.) und dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 01.06.2016 erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht festgestellt werden habe können, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei. Hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde von der belangten Behörde begründend im Wesentlichen ausgeführt, Afghanen, die außerhalb des Familienverbandes oder nach einer langjährigen Abwesenheit im Ausland zurückkehren würden, würden auf große Schwierigkeiten stoßen, da ihnen das notwendige soziale und familiäre Netzwerk sowie die erforderlichen Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlten. Es müsse berücksichtigt werden, dass keiner der Familienangehörigen des Beschwerdeführers mehr in Afghanistan lebe. Da er in Afghanistan über keinerlei soziale oder familiäre Netzwerke verfüge, wäre er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan vorerst vollkommen auf sich alleine gestellt und jedenfalls gezwungen, nach einem Wohnraum zu suchen, ohne jedoch über ausreichende Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Afghanistan zu verfügen. Wie aus den Länderfeststellungen ersichtlich, sei die Versorgung mit Wohnraum und Nahrungsmittel insbesondere für alleinstehende Rückkehrer ohne jeglichen familiären Rückhalt fast nicht möglich, zudem auch keine diesbezügliche staatliche Unterstützung zu erwarten sei. Es könne im Fall des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Der subsidiäre Schutz wurde von der belangten Behörde am 24.05.2016 bis zum 01.06.2018 verlängert.

Am 16.04.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes gemäß § 8 Abs. 4 AsylG.

Am 18.06.2018 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte der Beschwerdeführer – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes vor:

„[…]

LA: Welcher Volksgruppe und welcher Religionsgemeinschaft gehören Sie an?

VP: Ich gehöre der Volksgruppe der Hazara an und bin schiitischer Moslem.

LA: Geben Sie einen Lebenslauf von sich an! (+Arbeit/Schule)

VP: Ich bin in Afghanistan, in Daikundi, im zehnten Monat 1379 (21.12.2000 – 19.01.2001) geboren. Mit zwei Jahren sind wir in den Iran gegangen. Ich habe fünf Jahre die Schule im Iran besucht, habe nicht gearbeitet. Mit 14 Jahren bin ich aus dem Iran ausgereist.

LA: Wie viele Jahre waren Sie im Iran?

VP: 13 Jahre.

LA: Waren Sie dazwischen noch einmal in Afghanistan?

VP: Nein.

LA: Welche Angehörigen haben Sie noch im Heimatland?

VP: Niemanden.

LA: Wie viele Geschwister hat Ihr Vater?

VP: 2 Brüder.

LA: Wie viele Ihre Mutter?

VP: Vier Brüder und fünf Schwestern.

LA: Wo leben die Brüder Ihres Vaters?

VP: Im Iran.

LA: Wo?

VP: In X.

LA: Seit wann?

VP: Ich weiß es nicht.

LA: Sind diese vor Ihnen oder nach Ihnen dorthin?

VP: Vor uns.

LA: Wo leben die Brüder Ihrer Mutter?

VP: Im Iran.

LA: Wo?

VP: In Y.

LA: Seit wann?

VP: Ich weiß es nicht.

LA: Haben Sie nie nachgefragt?

VP: Nein.

LA: Wieso nicht?

VP: Ich weiß es nicht.

LA: Hat Sie das nicht interessiert?

VP: Nein.

LA: Wieso nicht?

VP: Weil die weit weg von uns waren.

LA: Das ist aber Ihre Familie?

VP: …

LA: Interessiert Sie Ihre Familie nicht?

VP: Nein.

LA: Wo leben die Schwestern Ihrer Mutter?

VP: Im Iran.

LA: Seit wann?

VP: Sie sind vor uns ausgereist?

LA: Wo leben diese?

VP: In Z. glaube ich.

LA: Wo leben die Eltern Ihrer Mutter?

VP: Weiß ich nicht.

LA: Wo die Ihres Vaters?

VP: Verstorben.

LA: Wann?

VP: Das weiß ich nicht, ich habe auch nicht gefragt.

LA: Wann hatten Sie den letzten Kontakt zu einem Ihrer Familienangehörigen?

VP: In den Iran?

VP: Den letzten Kontakt den Sie zu einem Familienangehörigen hatten?

VP: Meine Eltern befinden sich in Österreich.

LA: Seit wann?

VP: Seit 2 Jahren.

LA: Welchen Status haben diese?

VP: Sub. Schutz. Meine ältere Schwester hat aber Asyl. Das seit zwei Monaten.

LA: Wie heißt Ihre Mutter?

VP: Z.

LA: Welches Geburtsdatum führt diese in Österreich?

VP: Ich kenne nur Ihr Alter.

Anmerkung: VP legt die Kopie der Aufenthaltsberechtigungskarten seiner Eltern und Geschwister vor, welche als Anlage 1 zum Akt genommen werden.

LA: Warum sagt Ihr Mutter, dass seine Eltern und seine Brüder noch in Afghanistan leben?

VP: Das weiß ich nicht.

LA: Wer lügt nun?

VP: …

LA: Haben Sie Kontakt zu Ihrem Vater?

VP: Ja.

LA: Haben Sie wegen seinen Brüdern gefragt?

VP: Nein.

LA: Wieso nicht?

VP: Weil sie für mich nicht wichtig sind.

LA: Wo wohnt Ihre Familie in Österreich?

VP: In der Steiermark.

LA: Wo genau?

VP: In X.

LA: Wo leben Sie?

VP: In F.

LA: Warum leben Sie nicht gemeinsam?

VP: Da sie eine Wohnung der Caritas bekommen haben.

LA: Welche Befürchtungen haben Sie aktuell für den Fall einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

VP: Vor der Sicherheitslage. Ich habe keine Freiheiten, mit dem kann ich dort nicht umgehen.

LA: Was meinen Sie damit?

VP: Wegen dem Tattoo kann ich dort nicht umhergehen.

LA: Warum wissen Sie das?

VP: Das ist so.

LA: Woher wissen Sie das?

VP: Die Leute sagen das.

LA: Welche Leute?

VP: Die, die ich kenne.

LA: Welche sind das?

VP: Meine Freunde.

LA: Was sagen diese bezüglich des Tattoos?

VP: Sie sagen, dass das nicht normal ist.

LA: Sie wissen schon, dass es in Kabul ein eigenes Tattoostudio gibt?

VP: Nein.

LA: Also stimmt das nicht!

VP: …

LA: Also könnten Sie zurückkehren!

VP: Nein.

LA: Wieso nicht?

VP: Ich kenne die Gepflogenheiten nicht, habe das Land nie gesehen, weil ich zwei Jahre alt war, als ich ausgereist bin, auch meine Familie ist in Österreich.

LA: Welche Befürchtungen haben Sie aktuell für den Fall einer Rückkehr speziell nach Kabul?

VP: Ich habe Befürchtungen.

LA: Welche?

VP: Ich habe dort niemanden.

LA: Sie hatten in Österreich auch niemanden!

VP: …

LA: Sie könnten jetzt Ihr Leben in Kabul bestreiten, Sie haben die Ausreise alleine mit 14 Jahren geschafft!

VP: Ich habe in Österreich Unterstützung bekommen, dort kann mich niemanden unterstützen.

LA: Dort gibt es NGOs die Sie unterstützen könnten!

VP: Ich war noch nie in Afghanistan, ich weiß nicht wie es dort ist.

LA: Schildern Sie bitte Ihren bisherigen Aufenthalt in Österreich! Was haben Sie alles gemacht?

VP: Ich habe die Schule besucht.

LA: Haben Sie soziale oder private Bindungen an Österreich?

VP: Ich habe eine Freundin.

LA: Seit wann?

VP: Seit fünf bis sechs Monaten.

LA: Wie heißt diese?

VP: R.

LA: Ist Sie eine Afghanin?

VP: Ja.

LA: Welchen Status hat diese?

VP: Asyl.

LA: Seit wann?

VP: Ein Jahr.

LA: Ist die Familie Ihrer Freundin auch in Österreich?

VP: Ja.

LA: Hat Ihre Freundin noch familiäre Bindungen in Afghanistan?

VP: Sie hat dort niemanden.

LA: Haben Sie hier in Österreich zum dauernden Aufenthalt berechtigte Verwandte?

VP: Ja, meine Schwester.

LA: Wovon leben Sie bzw. wie bestreiten Sie hier in Österreich Ihren Lebensunterhalt?

VP: Ich bekomme es vom Staat.

LA: Wo leben Sie?

VP: In einer Mietwohnung.

LA: Sind Sie hier in Österreich Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation?

VP: Nein.

LA: Haben Sie während Ihres Aufenthaltes in Österreich strafbare Handlungen begangen?

VP: Ja, ich habe gestohlen.

LA: Wollen Sie noch etwas anführen?

VP: Nein.

……

Aus der allgemeinen Lage selbst ist ebenso wie aus Ihren persönlichen Merkmalen (Abstammung oder Glauben) nichts abzuleiten, das auf eine Verfolgung oder Furcht vor solcher im Sinne der GFK und den darin genannten Gründen schließen ließe. Da Sie Ihre Schwierigkeiten nicht glaubhaft gemacht haben, umso mehr Sie keinerlei Bedrohung ausgesetzt waren, ist die Rückkehr in Ihr Heimatland zumutbar. Weiters könnten Sie in Kabul Sicherheit erlangen und auch eine zumutbare Lebenssituation vorfinden.

Ebenso ist nichts festzustellen, dass eine reale Gefahr für Ihr Leben oder die Gesundheit bedeuten würde oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Weder lässt sich eine solche Gefahr aus der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat noch aus einer etwaigen lebensbedrohlichen und in Ihrem Herkunftsstaat nicht ausreichend behandelbaren Erkrankung Ihrer Person ableiten.

Zudem ist festzuhalten, dass es Ihnen zuzumuten ist, selbst unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Da auch Ihre persönliche behauptete Gefährdungslage nicht für glaubhaft befunden werden kann und Ihr Vorbringen zudem asylrechtlich irrelevant ist, liegt kein Grund vor, Ihnen den Status eines Asylberechtigten zuzusprechen.

In Anbetracht der Kürze Ihres Aufenthaltes sowie auch fehlender (enger) familiärer oder privater Bindungen in Österreich ist nicht ersichtlich, dass eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens darstellen würde.

VP: Ich möchte dazu nichts sagen.


[…]“

Mit – dem nunmehr angefochtenen - Bescheid der belangten Behörde vom 19.06.2018, Zahl 1032805109/180565819, wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 01.06.2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Sein Antrag vom 16.04.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgelegt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG gestützte Aberkennung des subsidiären Schutzes begründete die belangte Behörde in diesen Bescheid im Wesentlichen damit, dass sich die subjektive Lage des Beschwerdeführers im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als ihm subsidiärer Schutz gewährt worden sei, dahingehend geändert habe, als ihm nun eine innerstaatliche Fluchtalternative mit Kabul zur Verfügung stehe, umso mehr der Beschwerdeführer nunmehr volljährig sei und demnach auch auf sich alleine gestellt seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Gerade darin liege der Unterschied zum Entscheidungszeitpunkt, als ihm subsidiärer Schutz gewährt worden sei. Damals habe ihm nicht zugemutet werden können, die schwierigen Bedingungen in Zusammenhang mit den Möglichkeiten, den Lebensunterhalt zu bestreiten, in Kauf zu nehmen. Zudem habe der Beschwerdeführer familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan; dies habe festgestellt werden können, weil seine Mutter in deren Einvernahme vor dem BFA gemeint habe, dass sich ihre Eltern und ihre Brüder noch in Afghanistan aufhalten würden. Der Beschwerdeführer könnte daher zu seinen Großeltern und Onkel mütterlicherseits mit Sicherheit Kontakt herstellen. Der Beschwerdeführer habe familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan, welche er versucht habe zu verschleiern. Demnach könne im Fall des Beschwerdeführers auch nicht automatisch auf fehlende familiäre oder soziale Netzwerke in Afghanistan oder gar in Kabul geschlossen werden. Auch wenn nicht mit apodiktischer Sicherheit festzustellen sei, dass der Beschwerdeführer tatsächlich über Netzwerke in Afghanistan und insbesondere in Kabul verfüge, so könne aufgrund der festgestellten Tatsache, dass der Beschwerdeführer als Person unglaubwürdig sei, mit gutem Grund davon ausgegangen werden, dass er zumindest in Afghanistan, vielleicht sogar in Kabul über Netzwerke verfüge. Die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten seien daher nicht mehr vorliegend.

Die belangte Behörde traf in diesem Bescheid darüber hinaus Länderfeststellungen zur Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 17.07.2018 fristgerecht Beschwerde ein.

Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 26.07.2918 zur Entscheidung vorgelegt. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W164 zugewiesen.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren abgenommen und der Gerichtsabteilung W207 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird, dass dem damals minderjährigen Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von Afghanistan, der der Volksgruppe der Hazara angehört und der Muslim schiitischer Ausrichtung ist, mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2015 der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt und dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde.

Festgestellt wird, dass die rechtskräftige Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan in diesem Bescheid - unter Bezugnahme auf die getroffenen Länderfeststellungen - damit begründet wurde, dass der Beschwerdeführer als minderjähriger, im Iran aufgewachsener afghanischer Staatsangehöriger, der keine Familienangehörige in Afghanistan habe, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan vorerst vollkommen auf sich alleine gestellt und jedenfalls gezwungen wäre, nach einem Wohnraum zu suchen, ohne jedoch über ausreichende Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Afghanistan zu verfügen, weshalb nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Festgestellt wird, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.06.2018 der dem – zu diesem Zeitpunkt bereits volljährigen - Beschwerdeführer mit Bescheid vom 01.06.2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten auf der Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG von Amts wegen aberkannt wurde. Festgestellt wird, dass diese auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG gestützte Aberkennung des subsidiären Schutzes von der belangten Behörde im Wesentlichen damit begründet wurde, dass sich die subjektive Lage des Beschwerdeführers im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als ihm subsidiärer Schutz gewährt worden sei, geändert habe, als ihm nun eine innerstaatliche Fluchtalternative mit Kabul zur Verfügung stehe, umso mehr der Beschwerdeführer nunmehr volljährig sei und demnach auch auf sich alleine gestellt seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Zudem sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan habe; auch wenn nicht mit apodiktischer Sicherheit festzustellen sei, dass der Beschwerdeführer tatsächlich über Netzwerke in Afghanistan und insbesondere vielleicht in Kabul verfüge, könne der Beschwerdeführer zu seinen Großeltern und Onkel mütterlicherseits mit Sicherheit Kontakt herstellen.

Festgestellt wird, dass seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2015 keine Veränderung der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan im Sinne einer Verbesserung dieser Lage eingetreten ist.

Festgestellt wird, dass seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2015 keine wesentliche Veränderung in der subjektiven Lage des Beschwerdeführers eingetreten ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erfolgten bescheidmäßigen Zuerkennung und nachfolgenden Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und zu den jeweiligen Begründungen gründen sich auf den Akteninhalt bzw. auf den Inhalt der betreffenden Bescheide.

Die Feststellung, dass seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2015 und seit der Aberkennung dieses Status mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.06.2018 sowie aktuell keine Veränderung der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan – auch bezogen auf Herat und Mazar-e-Sharif - im Sinne einer entscheidungserheblichen Verbesserung dieser Lage eingetreten ist, gründet sich auf einen Vergleich der in diesen beiden Bescheiden getroffenen Länderfeststellungen sowie auf die aktuelle Sicherheits- und Versorgunglage in Afghanistan.

Die Feststellung, dass seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2015 und seit der Aberkennung dieses Status mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.06.2018 keine wesentliche Veränderung in der subjektiven Lage des Beschwerdeführers eingetreten ist, gründet sich auf den Inhalt der diesen Bescheiden zu Grunde liegenden Verwaltungsakten, die eine entscheidungserhebliche Veränderung in den subjektiven Umständen des Beschwerdeführers nicht erkennen lassen; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

§ 9 AsylG lautet:

„Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1.         die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;
2.         er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder
3.         er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn
1.         einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;
2.         der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder
3.         der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.

(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.“

Die belangte Behörde stützte die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht auf § 9 Abs. 2 AsylG – der Beschwerdeführer ist, wenngleich ihm die Begehung von Diebstählen zur Last gelegt wurde, jedenfalls aktuell in Österreich laut Strafregisterauszug vom 09.02.2021 strafgerichtlich unbescholten -, sondern sie stützte diese Aberkennung ausdrücklich auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten deshalb nicht mehr vorliegen würden, weil in den subjektiven Verhältnissen des Beschwerdeführers seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid vom 01.06.2015 eine Änderung eingetreten sei. Ein solche wesentliche Änderung in der subjektiven Lage des Beschwerdeführers ist jedoch auf Grundlage des Vorbringens des Beschwerdeführers sowie auf Grundlage des Inhaltes des dem den Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkennenden Bescheides zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes in rechtlicher Hinsicht nicht erkennbar.

Zum einen wäre der Umstand, dass allenfalls - dem Beschwerdeführer nicht persönlich bekannte - Großeltern oder sonstige weitschichtige Verwandte noch in Afghanistan leben könnten, bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch Bescheid der belangten Behörde vom 01.06.2015 vorgelegen und wäre insofern keine Änderung in der Sachlage eingetreten, zum anderen aber ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die von der belangten Behörde im nunmehrigen Aberkennungsbescheid vom 19.06.2018 geäußerte Vermutung, dass der Beschwerdeführer über – nicht näher konkretisierte - Netzwerke in Afghanistan und insbesondere in Kabul verfügen könnte („Auch wenn nicht mit apodiktischer Sicherheit festzustellen war, dass Sie tatsächlich über Netzwerke in Afghanistan und insbesondere in Kabul verfügen, so kann aufgrund der festgestellten Tatsache, dass Sie als Person unglaubwürdig sind, mit gutem Grund davon ausgegangen werden, dass sie zumindest in Afghanistan, vielleicht sogar in Kabul über Netzwerke verfügen, umso mehr Sie andernfalls ja keine konstruierten Angaben in Bezug auf Ihre Verwandtschaftsverhältnisse offensichtlich bloß in den Raum gestellt hätten.“), nicht ausreichend geeignet ist, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen zu können, dass solche Netzwerke dem Beschwerdeführer auch tatsächlich – im Sinne auch einer gegebenen Unterstützungswilligkeit und Unterstützungsfähigkeit – zur Verfügung stehen, dies auch im Lichte der jüngsten Judikaturentwicklungen des Verfassungsgerichtshofes zur inländischen Fluchtalternative in Bezug auf nicht in Afghanistan aufgewachsenen junge gesunde arbeitsfähige Männer (vgl. diesbezüglich etwa VfGH vom 09.06.2020, E3835/2019 und vom 08.06.2020, E3062/2019).

Was das von der belangten Behörde am 19.06.2018 herangezogene weitere Argument für die nunmehrige Aberkennung des subsidiären Schutzes betrifft, damals am 01.06.2015 sei der Beschwerdeführer noch minderjährig gewesen, nunmehr sei er volljährig und könne demnach auch auf sich alleine gestellt seinen Lebensunterhalt bestreiten, so vermag dies insofern nicht zu greifen, als der Beschwerdeführer nunmehr zwar in der Tat volljährig ist, aber dieser Umstand allein noch nicht geeignet ist, einen entscheidungserheblichen Unterschied in der geistigen Reife und Entwicklung und Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers darzulegen, zumal der nunmehr mehr als sechsjährige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich eine weitere Entfremdung des Beschwerdeführers von seinem islamisch geprägten Herkunftsstaat, in dem er seit seinem zweiten Lebensjahr nicht mehr aufhältig war, bewirkt haben mag.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid – dies zutreffend – offenkundig nicht von einer zwischenzeitlich eingetretenen Veränderung der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan im Sinne einer entscheidungserheblichen Verbesserung dieser Lage seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid vom 01.06.2015 aus.

Da daher eine entscheidungserhebliche wesentliche Änderung in den Umständen, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid vom 01.06.2015 geführt haben, nicht erkannt werden kann und daher nicht davon ausgegangen werden kann, dass gemäß dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, war der Beschwerde spruchgemäß stattzugeben und der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos zu beheben.

Da die Spruchpunkte II. bis VI. des angefochtenen Bescheides dem rechtlichen Schicksal des Spruchpunktes I. folgen, war der gesamte angefochtene Bescheid in sämtlichen Spruchpunkten ersatzlos zu beheben.

Diese Entscheidung steht allerdings einer allfälligen Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 2 AsylG nicht entgegen, sollte künftig einer der Tatbestände dieser Bestimmung erfüllt sein.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht in inhaltlicher Hinsicht keine neuen Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des Beschwerdeführers und zur Lage in Afghanistan in inhaltlicher Hinsicht auf jene, die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegen, gestützt; eine maßgebliche Änderung ist diesbezüglich in Bezug auf den Beschwerdegegenstand nicht eingetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102). Es wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. des Verfassungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 befristete Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung familiäre Situation Rückkehrentscheidung behoben Sicherheitslage Verlängerung Versorgungslage Volljährigkeit wesentliche Änderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W207.2201891.1.00

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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