TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/10 W159 2239282-1

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Veröffentlicht am 10.02.2021
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Entscheidungsdatum

10.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z8
FPG §55 Abs4

Spruch


W159 2239282-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX , StA. von Bosnien und Herzegowina, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gem. §§ 10, 57 AsylG 2005, 9 BFA-VG, §§ 46, 52 Abs. 9, 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 und 8 und 55 Abs. 4 FPG sowie 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsangehöriger, ist seit 14.11.2019 in XXXX mit einem Hauptwohnsitz gemeldet, nachdem er schon zuvor mehrfach Nebenwohnsitze in XXXX begründet hatte, das Datum der letztmaligen Einreise ist nicht exakt feststellbar.

Am 11.12.2019 schloss er am Standesamt XXXX mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX die Ehe und nahm ihren Familiennamen an.

In der Folge kam es zu polizeilichen Ermittlungen im Hinblick auf das Vorliegen einer Schein- bzw. Aufenthaltsehe, weil die Ehefrau zugab und ausführte, dass sie mit dem Geld für die Scheinehe ihrem damaligen Freund XXXX aus einer Notlage helfen wollte und die angebliche gemeinsame Wohnung nur formal als Hauptwohnsitz angegeben sei, sie dort wohl einige persönliche Gegenstände deponiert, aber dort nie wirklich gewohnt habe und sie den Wunsch habe, die Eheschließung rückgängig zu machen. Der Beschwerdeführer hingegen behauptete zunächst, dass er seine Ehefrau aus Liebe geheiratet habe und mit ihr ein gemeinsames Leben in Österreich habe führen wollen.

Am 29.10.2020 kam es zur Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht XXXX zu Zl. XXXX wegen § 117 Abs. 2 FPG. Dabei bekannte sich nicht nur die Ehefrau XXXX schuldig, sondern auch der Beschwerdeführer und wurde in der Folge die Möglichkeit einer diversionellen Erledigung erörtert. Beide Angeklagten erklärten sich damit einverstanden, dass bei der erstangeklagten Ehefrau eine Geldbuße von € 360,- und hinsichtlich dem zweitangeklagten Ehemann, im Hinblick darauf, dass dieser über kein Einkommen verfügt, eine Geldbuße von € 200,- festgelegt wurde und sodann das Verfahren gemäß §§ 198, 199, 200 StPO eingestellt wurde.

Mit Schreiben vom 01.12.2020 erfolgte eine (schriftliche) Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, allenfalls mit Einreiseverbot, wobei an den nunmehrigen Beschwerdeführer 20 Fragen gestellt wurden. Innerhalb der Stellungnahmefrist von 14 Tagen erfolgte eine Vollmachtbekanntgabe der XXXX , jedoch weder eine inhaltliche Stellungnahme des Beschwerdeführers noch seines Rechtsvertreters.

Mit Datum 28.12.2020, Zl. XXXX , erging ein Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, mit dem unter Spruchpunkt I ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt wurde, unter Spruchpunkt II eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, unter Spruchpunkt III die Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina für zulässig erachtet wurde, unter Spruchpunkt IV ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen wurde, unter Spruchpunkt V eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wurde und unter Spruchpunkt VI einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

Nach Kurzdarstellung des Verfahrensganges wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer wohl seit 14.11.2019 in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet sei, jedoch über keinen Aufenthaltstitel verfüge und somit unrechtmäßig aufhältig sei und keine beruflichen oder familiären Bindungen hätten ermittelt werden können. Hinsichtlich der Länderfeststellungen wird auf die Länderinformationsblätter der Staatendokumentation, welche im Akt aufliegen, verwiesen. Weiters wurde festgehalten, dass persönliche Gründe, die gegen eine Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina sprechen würden, nicht bekanntgegeben worden seien. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass auf die Feststellungen im Akteninhalt verwiesen wird. Rechtlich wurde zu Spruchpunkt I ausgeführt, dass die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Zu Spruchpunkt II wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller wohl in Österreich gemeldet, aber unrechtmäßig aufhältig sei und keinerlei Integration in Österreich feststellbar sei und er auch keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, vielmehr sei er in Österreich eine Aufenthaltsehe eingegangen, es bestehe jedoch kein Familienleben im Bundesgebiet, er habe seinen Lebensmittelpunkt offenbar in Bosnien und Herzegowina. Unter Berücksichtigung dieser Umstände habe die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG zu unterbleiben gehabt und sei eine Rückkehrentscheidung als zulässig zu bezeichnen.

Zu Spruchpunkt III wurde insbesondere dargelegt, dass der Antragsteller keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und auch sonst keine Gefährdung iSd § 50 FPG vorgebracht habe. Im Falle der Durchsetzbarkeit einer Rückkehrentscheidung wären die Voraussetzungen für eine Abschiebung nach Kolumbien (?) zulässig.

Hinsichtlich Spruchpunkt IV wurde ausgeführt, dass im vorliegenden Fall der § 53 Abs. 2 Z 6 anzuwenden sei, weil der Beschwerdeführer nicht über ausreichend Barmittel verfüge und auch keine Möglichkeit habe, auf legalem Weg Geld zu leihen oder zu verdienen und dadurch eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliege. Weiters würden keine privaten und familiären Bindungen zu Österreich bestehen, sodass das ausgesprochene Einreiseverbot auf die Dauer von zwei Jahren, das für das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten gelte, zur Erreichung der in Artikel 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten sei.

Zu den Spruchpunkten V und VI wurde ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sei und daher auch keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren gewesen sei.

Dieser Bescheid wurde am 29.12.2020 dem Beschwerdeführer, zuhanden seiner ausgewiesenen Vertretung zugestellt, welche am selben Tag Fristerstreckung für eine Stellungnahme begehrte. Der Beschwerdeführer reiste laut Mitteilung der Polizeiinspektion XXXX am 30.12.2020 aus Österreich aus.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bescheidadressat durch seine ausgewiesene Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Es wurde nach Darlegung des Verfahrensganges ausgeführt, dass die Ehe mit Frau XXXX nach wie vor aufrecht sei und das Verfahren gegen den Beschwerdeführer wegen einer Scheinehe rechtskräftig eingestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe auch einen Deutschkurs A1 bestanden, verfüge nach wie vor über eine Wohnmöglichkeit in Österreich, möchte auch in seinem erlernten Beruf als KFZ-Mechaniker in Österreich arbeiten, erhalte auch finanzielle Unterstützung durch seine Mutter und dürfe sich wegen der aufrechten Ehe im Bundesgebiet aufhalten. Weiters wurde vorgebracht, dass das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör verletzt worden sei, das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben sei und wurde schließlich auch ohne weitere Begründung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Vorgelegt wurden eine Bestätigung der Haushaltsgemeinschaft, ein Ausdruck aus dem ZMR, eine Erklärung, dass die Mutter des Beschwerdeführers ihm ein Darlehen in Höhe von 10.000 Euro „für seine Bedürfnisse in Österreich geschickt habe“, weiters die Ausreisebestätigung, eine (teilweise) Passkopie, eine mit 04.01.2021 datierte Heiratsurkunde, eine Deutschkursbestätigung A1, eine Unbescholtenheitsbescheinigung aus Bosnien, eine Beschäftigungszusage der Firma XXXX und ein Hauptmietvertrag.

Die belangte Behörde erstattete mit Datum 28.01.2021 eine Beschwerdevorlage, wobei nochmals auf das Faktum der Scheinehe und auf den nur scheinbar vorliegenden gemeinsamen Wohnsitz hingewiesen wurde, weiters dass der Beschwerdeführer die Zeit des visumfreien Aufenthaltes massiv überschritten habe, zumal er seit 14.11.2019 in Österreich gemeldet sei und erst am 30.12.2020 aus Österreich ausgereist sei, dass hinsichtlich der Bestätigung über das Darlehen von 10.000 Euro laut Abschlussbericht der Polizeiinspektion XXXX das Geld dazu gedient habe, die Scheinehe zu finanzieren, dadurch ein Nachweis über den Lebensunterhalt nicht erbracht worden sei und auch sonst keine weiteren Hinweise erbracht worden seien, um die Mittellosigkeit zu widerlegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Bosnien und Herzegowina, hieß ursprünglich XXXX , wurde am XXXX geboren und ist seit 14.11.2019 (ununterbrochen) mit Hauptwohnsitz in XXXX , gemeldet, zuvor war er gelegentlich (mit großen Unterbrechungen) mit Nebenwohnsitzen ins XXXX gemeldet.

Der Beschwerdeführer hat am 11.12.2019 mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX die Ehe geschlossen, als gemeinsamer Familienname wurde der Name der Ehefrau festgelegt, die Ehe ist nach wie vor aufrecht. Beide Ehepartner haben jedoch (übereinstimmend) am 29.10.2020 beim Bezirksgericht XXXX angegeben, dass es sich dabei um eine Schein- bzw. Aufenthaltsehe handelt. Es erfolgte eine diversionelle Erledigung, wobei der Beschwerdeführer in Anbetracht des Umstandes, dass dieser über kein Einkommen verfügt, eine Geldbuße von 200 Euro bezahlt hatte und die Ehefrau in der Höhe von 360 Euro. Daraufhin wurde in der Verhandlung das Verfahren gegen beide Ehepartner eingestellt. Der Beschwerdeführer hat niemals einen Aufenthaltstitel beantragt. Er hat jedenfalls den zulässigen, titellosen Aufenthalt in Österreich erheblich überschritten, ist jedoch (freiwillig) am 30.12.2020 aus Österreich ausgereist. Hinsichtlich der ehelichen Wohnung hat die Ehefrau gegenüber der Polizeiinspektion XXXX bereits am 27.04.2020 angegeben, dass dieser nur formal als Hauptwohnsitz angegeben wurde, sie dort wohl einige persönliche Gegenstände deponiert habe, dies jedoch nur, um den Anschein erwecken dort zu wohnen, sie hat jedoch niemals einen gemeinsamen Wohnsitz mit dem Beschwerdeführer gehabt. Es ist daher festzustellen, dass kein Familienleben mit Frau XXXX besteht und auch niemals bestanden hat.

Der Beschwerdeführer hat weiters vorgebracht, dass er in Österreich in seinem erlernten als KFZ-Mechaniker arbeiten möchte, er hat jedoch eine Einstellungszusage einer Firma für Holzrenovierungsarbeiten (Fenster, Türen und Parkett) vorgelegt. Hinsichtlich der Darlehenszusage und Überweisung der Mutter des Beschwerdeführers ist nach dem Abschlussbericht der Polizeiinspektion XXXX davon auszugehen, dass dieser Betrag zur Finanzierung der Scheinehe verwendet wurde bzw. verwendet werden sollte, sodass von der Mittellosigkeit auszugehen ist. Es ist auch keine nennenswerte Integration des Beschwerdeführers in Österreich feststellbar und auch kein schützenswertes Privatleben.

Der Beschwerdeführer hat niemals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt und auch niemals ein Vorbringen hinsichtlich einer Verfolgung oder Bedrohung in seinem Herkunftsstaat erstattet. Es gibt auch keinerlei Hinweise auf irgendeine schwerwiegende Erkrankung des Beschwerdeführers. Strafgerichtliche Verurteilungen scheinen weder in seinem Herkunftsstaat noch in Österreich auf.

In Anbetracht des Umstandes, dass keinerlei Verfolgung oder Bedrohung im Herkunftsstaat vorgebracht wurde, war es auch nicht erforderlich, eigene Länderfeststellungen zu treffen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zur Zl. XXXX (einschließlich Vorlageschreiben), insbesondere den Abschlussbericht der XXXX wegen Verdachts des Eingehens einer Aufenthaltsehe vom 09.07.2020 beinhaltet die Einvernahme der XXXX und des XXXX , das Protokoll der Hauptverhandlung des XXXX vom 29.10.2020 zur Zl. XXXX , Ausreisebestätigung der XXXX, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28.02.2020 sowie die gegenständliche Beschwerde der XXXX samt den angefügten Beweismitteln (Passkopie, Kopie der Heiratsurkunde vom 04.01.2021, Kopie einer Deutschkursbestätigung, einer Überweisungsbestätigung iH von 10.000 Euro [aus einem Darlehen der Mutter des Beschwerdeführers], einer Unbescholtenheitsbescheinigung der Polizeiverwaltung XXXX , eine Einstellungszusage der Firma XXXX, eines Hauptmietvertrages des Vermieters XXXX) sowie Einsichtnahme in das zentrale Melderegister und Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG 2005 hat das BFA gem. § 58 Abs. 3 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, wenn der Aufenthalt im Bundesgebiet gem. § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt.

Weiters ist eine Aufenthaltsberechtigung zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von mit diesen im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere an Zeugen oder Opfern von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel, zu erteilen.

Die Aufenthaltsberechtigung wird auch an Opfer von Gewalt erteilt, sofern eine einstweilige Verfügung nach § 382b oder 382e EO erlassen wurde oder hätte werden können und die Erteilung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer ist seit 14.11.2019 in Österreich (ununterbrochen) gemeldet und war auch schon vorher mit Unterbrechungen in Österreich aufhältig, er hat jedoch Österreich am 30.12.2020 wieder verlassen und ist daher nicht mehr im Bundesgebiet aufhältig.

Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt im Bundesgebiet. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, ist diese Entscheidung gem. § 10 Abs. 2 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Der Beschwerdeführer war niemals im Besitz eines Aufenthaltstitels in Österreich, hat auch einen solchen niemals beantragt. Allein aus dem Faktum der Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin resultiert auch nicht automatisch ein legaler Aufenthalt. In Anbetracht der Einreise spätestens am 14.11.2019 wurde die visafreie Aufenthaltsfrist von 90 Tagen erheblich überschritten und der Beschwerdeführer hat sich daher bis zu seiner Ausreise am 30.12.2020 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten.

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ überschriebene § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechtes ist gemäß Abs. 2 leg. cit. nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar2 [1996] Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Der Beschwerdeführer ist wohl nach wie vor mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX verheiratet, beide Ehepartner haben jedoch vor der Polizei bzw. vor dem XXXX zugegeben, dass es sich dabei lediglich um eine Schein- bzw. Aufenthaltsehe handelt und die Ehefrau auch gegenüber der Polizei weiters zugegeben, dass sie an dem angegebenen Wohnsitz auch niemals gemeinsam gelebt haben, es ist daher kein Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich festzustellen. Die Ausstellung der Heiratsurkunde am 04.01.2021, also zu einem Zeitpunkt, als beide Ehepartner bereits vor Gericht das Vorliegen einer Schein- bzw. Aufenthaltsehe zugegeben haben (dies war am 29.10.2020), erscheint geradezu rechtsmissbräuchlich.

Der Begriff des Privatlebens iSd Art. 8 EMRK ist weit zu verstehen und umfasst das persönliche und berufliche Umfeld eines Menschen, in dem er mit anderen interagiert. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR ist die Gesamtheit der sozialen Beziehungen zwischen einem ansässigen Migranten und der Gemeinschaft, in der er lebt, integraler Bestandteil des Begriffs des Privatlebens (EGMR 13.10.2011, 41548/06, Trabelsi/DE; EGMR [GK] 23.06.2008, 1638/03, Maslov/AT). Dazu zählen auch berufliche und geschäftliche Beziehungen. Wie stark das Privatleben ausgeprägt ist, hängt in erster Linie von der Dauer des Aufenthalts ab. Für die Annahme eines in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fallenden Privatlebens ist keine konkrete Mindestaufenthaltsdauer erforderlich. Die bereits in Österreich verbrachte Zeit und die dabei erfolgte Integration ist erst bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten (vgl. Peyerl/Czech in Abermann et al. NAG § 11 Rz 38).

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon zehn Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erst jüngst ausgeführt, dass sowohl für einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG als auch einen solchen nach § 56 AsylG eine Mindestaufenthaltsdauer von fünf Jahren erforderlich ist (VwGH vom 27.08.2020 Ra 2020/21/0156).

Wenn auch das exakte Einreisedatum des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden kann, so ist er jedenfalls erst seit 14.11.2019 in Österreich gemeldet und am 30.12.2020 ausgereist, sodass von einem ununterbrochenen Aufenthalt von nur etwas mehr als einem Jahr auszugehen ist.

Der Ordnung halber ist auch anzumerken, dass der Beschwerdeführer niemals einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, auch niemals eine Verfolgung oder Bedrohung im Herkunftsstaat behauptet hat und auch sonst (nach Ablauf der Frist für den visafreien Aufenthalt) niemals einen Aufenthaltstitel besessen hat oder einen solchen beantragt hat.

Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer jemals in Österreich einer legalen, sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Er hat selbst vorgebracht, dass er in Österreich beabsichtigt, in seinem erlernten Beruf als KFZ-Mechaniker tätig zu sein, dazu passt die vorgelegte Einstellungszusage eines Renovierungsunternehmens im Holzbereich (Fenster, Türen, Parkett XXXX ) nicht.

Der Beschwerdeführer hat ein nicht ganz eindeutiges Deutschdiplom aus Bosnien im Niveau A1 (Anfängerniveau) vorgelegt. Für eine Aufenthaltsberechtigung plus nach § 55 AsylG, die zur Erwerbsarbeit berechtigt, ist jedoch zumindest ein Sprachdiplom im Niveau A2 erforderlich. Auch sonst gibt es keine Hinweise auf irgendwelche relevanten Integrationsschritte des Beschwerdeführers. Der 37jährige Beschwerdeführer hat jedenfalls den stark überwiegenden Teil seines Lebens in Bosnien und Herzegowina verbracht, wurde dort sozialisiert und hat dort eine Schul- und Berufsausbildung erfahren und ist gegenwärtig wieder dort aufhältig. Es kann jedenfalls nicht von einer „Entwurzelung“ des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat gesprochen werden.

Wenn auch der Beschwerdeführer nicht verurteilt wurde, so hat er das Eingehen einer Schein- bzw. Aufenthaltsehe doch zugegeben und wurde gegen eine Geldbuße eine diversionelle Erledigung vorgenommen. Das ändert jedoch nichts daran, dass eine Aufenthaltsehe die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt (zB VwGH vom 16.07.2020 Ra 2019/21/0247).

Vor dem Hintergrund der durchgeführten Abwägung und den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen und im Lichte des Art. 8 EMRK als verhältnismäßig anzusehen ist.

Die Verhängung der Rückkehrentscheidung war daher nicht zu beanstanden und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Wie bereits mehrfach ausgeführt, hat der Beschwerdeführer niemals irgendeine Bedrohung iSd FPG oder Verfolgung iSd AsylG hinsichtlich seines Herkunftsstaates Bosnien und Herzegowina behauptet und steht einer Abschiebung auch keine Empfehlung des EGMR entgegen. Somit ist die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat festzustellen.

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG lautet hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Das BFA hat der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt, daher hat es auch zu Recht ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers besteht.

Gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist vom BFA einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Wie bereits ausgeführt, stellt das Eingehen einer Schein- bzw. Aufenthaltsehe eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar und wurde daher auch zu Recht eine aufschiebende Wirkung aberkannt, wenn auch im vorliegenden Fall die Eile der belangten Behörde in Anbetracht des Umstandes, dass der Beschwerdeführer bereits freiwillig in den Herkunftsstaat ausgereist ist, nicht nachvollzogen werden kann.

Der mit „Einreiseverbot“ überschriebene § 53 FPG lautet wie folgt:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit sohin Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Der Beschwerdeführer fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Die belangte Behörde hat sich bei der Begründung des Einreiseverbotes auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers bezogen (§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG). Der Beschwerdeführer hält dem in der Beschwerde entgegen, dass ihm seine Mutter einen Betrag „für seine Bedürfnisse in der Republik Österreich“ geschickt hat. Wie aus dem polizeilichen Abschluss der XXXX vom 09.07.2020 ersichtlich ist, sollte dieser Betrag der Finanzierung der Schein- bzw. Aufenthaltsehe dienen bzw. wurde auch teilweise dafür schon ausgegeben. Für die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers spricht auch die Festsetzung der Geldbuße wegen Eingehens einer Schein- bzw. Aufenthaltsehe von 200 Euro im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer über kein Einkommen verfügt. Die Verhängung des Einreiseverbotes wegen Mittellosigkeit durch die belangte Behörde war daher nicht zu beanstanden.

Darüber hinaus ist jedoch auch der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 8 erfüllt, weil dieser Tatbestand nicht eine rechtskräftige Verurteilung erfordert, sondern lediglich den Umstand, dass Ehegatten kein gemeinsames Familienleben iSd Art. 8 EMRK geführt haben, was bei dem Beschwerdeführer zweifelsohne vorliegt.

Auch die im Lichte des Art. 8 EMRK gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte im gegenständlichen Einzelfall eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen.

Es kann daher dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es im vorliegenden Fall von einer maßgeblichen Gefahr der öffentlichen Interessen, insbesondere der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgegangen ist und hat es daher zu Recht ein Einreiseverbot erlassen. An Anbetracht der Erfüllung von zwei Tatbeständen des § 53 Abs. 2 FPG und angeführten möglichsten Höchstdauer von fünf Jahren erscheint die Verhängung eines Einreiseverbotes von zwei Jahren keineswegs unverhältnismäßig.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid vollinhaltlich zu bestätigen war.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer auf schriftlichem Wege Parteiengehör eingeräumt und dazu eine Frist von 14 Tagen gesetzt. Der Beschwerdeführer hat von dieser Möglichkeit nicht fristgerecht Gebrauch gemacht, sondern erst am Tage der Erlassung des angefochtenen Bescheides mündlich eine Fristerstreckung beantragt. Im vorliegenden Fall kann keine Verletzung des Parteiengehörs gesehen werden, aber selbst wenn eine solche im Verwaltungsverfahren bestanden hat, ist diese im Rechtsmittelverfahren (auch vor den Verwaltungsgerichten) dadurch saniert, wenn die Partei durch die Erhebung der Beschwerde Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, was im vorliegenden Fall zu bejahen ist (Kolonovits/Muzak/Stöger Verwaltungsverfahrensrecht 10, RZ 269). Der Beschwerdeführer hat auch darüber hinaus von seinem Recht auf Vorlage von Beweismitteln Gebrauch gemacht und wurden diese gewürdigt, damit ist der Sachverhalt ausreichend geklärt und war es nicht mehr erforderlich, die Angelegenheit einer mündlichen Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers (der sich im Übrigen gar nicht mehr in Österreich befindet und dessen Einreise derzeit auch in Anbetracht der herrschenden Pandemie kaum möglich ist) zu unterziehen.

Es ist daher festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben konnte, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Beschwerde (und auch samt den angeschlossenen Beweismitteln) geklärt war.

Zu Spruchteil B – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer derartigen Rechtsprechung und ist auch die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen, auch liegen keine sonstigen Hinweise auf die grundsätzliche Deutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich vielmehr an allen erheblichen Rechtsfragen und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und diese, soweit erforderlich, auch zitiert. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aufenthaltsehe aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliches Interesse Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W159.2239282.1.01

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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