TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/11 W281 2236698-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.02.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.02.2021

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs4 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W281 2236698-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, vertreten durch RA Dr. Wolfgang WEBER, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 07.10.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.12.2020, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird insofern abgewiesen als Spruchpunkt I. ersatzlos behoben wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste im Jahr 2015 illegal in das Bundesgebiet ein und zahlte über einen Mittelsmann einem Beamten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl EUR 3.000,-- für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005.

2. Am 21.12.2018 wurde gegen den BF Anklage wegen Bestimmung zum Amtsmissbrauch gemäß § 302 Abs. 1 StGB iVm § 12 zweiter Fall StGB und Bestechung gemäß § 307 Abs. 1 StGB erhoben und im Ergebnis von einem Landesgericht gegen den BF eine Diversion verhängt.

3. Mit im Spruch angeführten Bescheid wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 Z 4 FPG erlassen. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass der Aufenthalt des BF den öffentlichen Interessen widerstreite und der BF ausschließlich ein Privatleben in Österreich führe und einen Beamten bestochen habe.

4. In der gegen diesen Bescheid erhoben Beschwerde, die am 09.11.2020 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, gab der BF zusammengefasst an, dass er über die gesetzlichen Bestimmungen in Österreich und die Vorgangsweise zu Erteilung von Aufenthaltstiteln in keiner Weise informiert gewesen sei. Es handle sich um eine einmalige Verfehlung, eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht und er halte sich seit sechs Jahren in Österreich auf.

5. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für 21.12.2020 eine mündliche Verhandlung an, an der der BF, sein rechtlicher Vertreter und Vertreter des Bundesamtes teilnahmen. Nach dem Schluss der Verhandlung verkündete des Bundesverwaltungsgericht das Erkenntnis mündlich.

6. Am 29.12.2020 stellte der BF einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität.

Er verfügt in Bezug auf seine Aufenthaltsdauer über eine übliche soziale, aber über keine besondere Integration und hat Bekanntschaften geschlossen. Er ist nicht Mitglied in einem Verein oder ehrenamtlich tätig. Er spricht etwas Deutsch. Er ist ledig und hat keine Kinder. Er ist gesund, arbeitsfähig und arbeitswillig.

In Österreich leben aktuell seine Tante und ein Onkel in Linz. Er lebt mit diesen nicht im gemeinsamen Haushalt.

Der BF wirkte am Verfahren nicht umfassend mit und kam seiner Mitwirkungspflicht nicht vollinhaltlich nach.

1.2. Zum Aufenthalt und rechtswidrigem Verhalten

Er reise Mitte Jänner 2015 mit Hilfe eines Schleppers, dem er etwa 1.200 Euro zahlte, ohne Visum ein; es war ihm bewusst, dass er ein Visum für die Einreise benötigte.

Seit 11.02.2015 ist er in Wien gemeldet. Der BF war bis 13.11.2017 bei seiner Tante gemeldet, danach an einer anderen Adresse.

Er bezahlte im Februar 2015 über einen Mittelsmann ( XXXX , im Folgenden: NS) einem Beamten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ( XXXX im Folgenden: X) EUR 3.000,-- um einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 zu bekommen. Die Vorgangsweise zur Erlangung des Aufenthaltstitels hat er vorher mit NS besprochen. Der BF wusste bereits vor Erteilung des Aufenthaltstitels, dass die EUR 3.000,-- ausschließlich für X bestimmt waren und, dass er die Voraussetzungen für diesen Aufenthaltstitel nicht erfüllt. Zum Zeitpunkt der Stellung dieses Antrages war er noch nicht in Österreich gemeldet.

Der BF begab sich zur Erlangung dieses Aufenthaltstitels zweimal nach Traiskirchen. Der BF wollte, als er das erste Mal nach Traiskirchen gefahren ist und den Antrag gemäß § 55 AsylG gestellt hat, keinen Asylantrag stellen. Beim zweiten Mal in Traiskirchen holte er sich seinen Aufenthaltstitel ab. Bei keinem der Termine wurde er von NS begleitet. Der BF kam nach Österreich um hier zu arbeiten und zu leben. Er wollte nach Österreich zuwandern um sich ein besseres Leben aufzubauen. Er wusste, dass er durch dieses strafbare Verhalten die ordnungsgemäße Zuwanderung nach dem Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetz umgeht.

Am 21.12.2018 wurde gegen den BF Anklage wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt als Bestimmungstäter gemäß § 302 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der Bestechung gemäß § 307 Abs. 1 StGB erhoben.

Sein Verfahren wurde beim Landesgericht XXXX am 25.09.2019 diversionell erledigt und das Strafverfahren nach der Bezahlung eines Geldbetrages von EUR 2.000 und EUR 250 Verfahrenskosten eingestellt. Eine Diversion erfolgte ausschließlich aus dem Grund, da der BF bei der Begehung der Tat junger Erwachsener gewesen ist. Der BF bezahlte den Geldbetrag und die Verfahrenskosten.

1.3. Zur Berufstätigkeit

Der BF ist/war zu folgen Zeiten berufstätig:

29.04.2016 - 07.05.2016 als Arbeiter bei XXXX

08.05.2017 - 31.05.2017 und 18.05.2016 - 07.12.2016 als Arbeiter bei XXXX

27.03.2017 - 05.05.2017 als Arbeiter bei XXXX

01.06.2017 - 21.12.2017 und 19.02.2018 – laufend als Arbeiter bei XXXX

Zu Folgen Zeiten bezog er Arbeitslosengeld: 22.12.2017 - 18.02.2018, 08.12.2016 - 26.03.2017

1.4. Zu den Bindungen zum Kosovo

Der BF hat die Grundschule und vier Jahre weitere Schule im Kosovo besucht. Er hat im Kosovo etwa ein Jahr als Tischler gearbeitet und einen Kurs für Tischler gemacht. Er ist im Kosovo aufgewachsen. Seine Muttersprache ist Albanisch.

Seine Kernfamilie, Eltern, ein Bruder und zwei Schwestern sowie seine Verlobte leben im Kosovo. Er hat mit diesen weiterhin, teilweise täglichen, telefonischen Kontakt und hat sie in den letzten Jahren auch besucht.

1.5. Zur Lage im Herkunftsstaat

1.5.1. Der Kosovo gilt als ein sicherer Herkunftsstaat.

Zur Grundversorgung

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Das Warenangebot entspricht in der Auswahl (nicht immer in der Qualität) westeuropäischen Standards. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau. Sozialleistungen reichen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Das wirtschaftliche Überleben sichert in der Regel zum einen der Zusammenhalt der Familien, zum anderen die im Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft. Im Jahr 2017 erhielten 26.111 Familien bzw. 106.649 Personen Sozialhilfe (AA 21.3.2019).

Obwohl das Wirtschaftswachstum des Kosovo in den letzten zehn Jahren besser war als das seiner Nachbarn und weitgehend integrativ, reichte es nicht aus, um genügend formelle Arbeitsplätze, insbesondere für Frauen und Jugendliche, bereitzustellen oder die hohen Arbeitslosenquoten deutlich zu senken. Das Wachstumsmodell stützt sich in hohem Maße auf Überweisungen, um den Binnenkonsum anzukurbeln, hat sich aber in jüngster Zeit auf ein stärker investitions- und exportgetriebenes Wachstum verlagert (WB o.D.).

Die kosovarische Wirtschaft wuchs in der Zeit nach der globalen Finanzkrise beständig über dem Durchschnitt des Westbalkans, wenn auch von einer niedrigen Basis aus. Das Pro-Kopf-BIP stieg von 1.088 US-Dollar im Jahr 2000 auf 4.458 US-Dollar im Jahr 2019. Trotz dieses Anstiegs des Pro-Kopf-Einkommens in den letzten 20 Jahren ist das Kosovo gemessen am Pro-Kopf-BIP nach wie vor das drittteuerste Land in Europa. Das jährliche Wachstum wird auf vier Prozent geschätzt, angetrieben durch den Konsum, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich, und durch Dienstleistungsexporte. Das Leistungsbilanzdefizit fiel von 7,6% des BIP im Jahr 2018 auf 5,5% im Jahr 2019, da sich das Importwachstum verlangsamte. Die Erwerbsbeteiligung ist mit durchschnittlich 40,5% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Jahr 2019 nach wie vor chronisch niedrig. Die Arbeitslosenquote sank um 3,9 Prozentpunkte auf 25,7%. Die Staatsverschuldung ist gering, hat aber in den letzten Jahren rasch zugenommen. Die öffentliche und staatlich garantierte Verschuldung wird für Ende 2019 auf 17,7% des BIP geschätzt und ist damit die niedrigste auf dem Westbalkan, was dem Land Raum für die Aufnahme von Krediten zu Vorzugsbedingungen für produktive Investitionen mit einer hohen Rendite bietet. Der von den Banken dominierte Finanzsektor im Kosovo ist gesund und solide. Sowohl Kredite als auch Einlagen nahmen weiter zu (WB 2020).

Die kosovarische Wirtschaft leidet an einer unzureichenden Infrastruktur. Während es in den letzten Jahren zwar deutliche Verbesserungen hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur, v.a. beim Ausbau des Autobahnnetzes gegeben, hat, stellt die instabile Energieversorgung weiterhin ein schwerwiegendes Entwicklungsproblem dar. Problematisch ist auch die politische Instabilität mit häufigen Regierungswechseln und fehlender entwicklungsorientierter Wirtschaftspolitik. Das Wirtschaftssystem weist klare Charakteristika politischer Patronage auf, mit der Dominanz des öffentlichen Sektors. Dazu gehören einerseits die öffentliche Verwaltung, in der - basierend auf einer parteipolitisch motivierten Personalpolitik - extrem hohe Gehälter bezahlt werden, und andererseits ineffiziente, politisch kontrollierte öffentliche Unternehmen bei gleichzeitig schleppend voranschreitender Privatisierung. Hinzu kommt ein schwacher Rechtsstaat mit einer schwachen und politisierten Justiz und Polizei, teils kriegsbedingt noch immer unklaren Eigentumsverhältnissen, der mangelnden auch wirtschaftlichen Kontrolle über Teile des kosovarischen Territoriums, in erster Linie der vier mehrheitlich serbisch bewohnten Gemeinden im Norden, sowie das Problem grassierender, systematischer Korruption (GIZ 3.2020c).

Vor diesem Hintergrund blüht weiterhin ein substantieller informeller Wirtschaftssektor, welcher marktwirtschaftliche Regeln unterläuft, Arbeiterrechte und den Sozialstaat aushöhlt. Die EU-Kommission schätzte 2019 den Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttosozialprodukt auf 30%. Das extreme Handelsbilanzdefizit macht Kosovo in hohem Maße von ausländischer Hilfe und Überweisungen abhängig. Der Anteil der informellen Wirtschaftsleistung ist immens – schätzungsweise zwischen 27% und 45%. Weitere Probleme sind die unzureichende Infrastruktur (Energie, Wasser und Verkehr), ungelöste rechtliche Verhältnisse, mangelnde Transparenz, Korruption, Kriminalität, etc. (GIZ 3.2020c).

Kosovos Arbeitslosenquote belief sich laut nationalem Statistikamt im Jahr 2019 auf 25,70% (gegenüber 29,60% im Jahr 2018). Dies ist der geringste Wert, der seit zwanzig Jahren gemessen wurde (CEIC 2.4.2020; vgl. WB 2020). Trotzdem bleibt die Arbeitslosigkeit mit einer Zahl von ca. 130.000 Unbeschäftigten Ende 2019 eines der zentralen Probleme. Der Arbeitsmarkt im Kosovo ist geprägt durch eine niedrige Erwerbsbeteiligung (Beschäftigungsqoute Ende 2019: 30,7%), ein hohes Maß an langfristiger Arbeitslosigkeit (über 70% aller Arbeitslosen) und Jugendarbeitslosigkeit (Jugendarbeitslosigkeitsquote 2019, Q4: 49,1%) sowie durch erhebliche Genderdisparitäten (Frauenbeschäftigungsquote 2016, Q4: 22,4%, gegenüber einer Männerbeschäftigungsquote von 60,2%). Im Kosovo existiert allerdings ein sehr ausgedehnter informeller, nicht von der Statistik erfasster Sektor, welcher z. B. einen Großteil der Frauen umfasst, die in Subsistenzwirtschaften Leistungen im Agrarsektor erbringen. Folgen der Informalität sind Einnahmeeinbußen bei den Sozialabgaben sowie ein Mangel an sozialer und arbeitsrechtlicher Absicherung der Arbeitnehmer. Eine staatliche Arbeitslosenversicherung existiert im Kosovo nicht. Jährlich drängen ungefähr 36.000 junge Arbeitssuchende neu auf den Arbeitsmarkt, von denen nur ein geringer Teil absorbiert werden kann. Für die überwiegende Mehrheit bleibt daher eine der folgenden Optionen: (weiterführende) Aus- und Weiterbildung, Studium, Arbeitslosigkeit, informelle Beschäftigung oder Migration. Etwa ein Drittel aller jungen Kosovaren geht weder einer Schulbildung, Ausbildung oder Beschäftigung nach. Die Arbeitgeber bemängeln, dass der Ausbildungsstand der jungen Kosovaren nicht den Bedürfnissen der Unternehmen nach qualifizierten Arbeitskräfte entspricht. Hieraus resultiert das Paradoxon der Gleichzeitigkeit von hoher Arbeitslosigkeit und unbesetzter Arbeitsstellen. Ein weiteres Problem ist, dass die ökonomischen und sozialen Statistikdaten immer noch unvollständig und Teils von mangelnder Qualität sind, was sowohl die Bewertung der effektiven Wirtschaftsentwicklung beeinträchtigt als auch die wirtschafts- und sozialpolitische Planung (GIZ 3.2020c).

Etwa 18% der kosovarischen Bevölkerung leben in absoluter Armut (täglich verfügbares Einkommen geringer als € 1,72) und 5,2% in extremer Armut (€ 1,20). Obwohl die einzelnen Studien und Armutsberichte nicht direkt vergleichbar sind, gibt es Hinweise dafür, dass sich das Ausmaß der Armut im Kosovo in den letzten zehn Jahren leicht reduziert hat. Armutsgefährdung korreliert stark mit Ethnizität (insbesondere die Gruppen der RAE (Roma, Ashkali, Ägypter) – Minderheiten sind von Armut überproportional stark betroffen), Alter (Kinder), Bildung (Geringqualifizierte), Geographie und Haushaltsgröße (große Familien, sowie Familien mit weiblichem Haushaltsvorstand). Der Lebensstandard ist im Kosovo sehr ungleich verteilt, mit Unterschieden in der durchschnittlichen Lebenserwartung von bis zu 10 Jahren zwischen einzelnen Gemeinden. Ein konsistentes geographisches Muster lässt sich jedoch nicht feststellen. Ein bedeutender Teil der Gesellschaft ist als mehrdimensional arm zu bezeichnen: Neben dem Mangel an pekuniären Ressourcen ist der Zugang zu sozialer Infrastruktur bzw. die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse, wie z. B. fließendes Wasser, für viele Menschen begrenzt. Der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel und der Ausgaben für Wohnraum an den gesamten Konsumausgaben eines Haushalts liegt im Kosovo im Durchschnitt bei 73%, die Ausgaben für Bildung und Gesundheit entsprechen 4% der gesamten Konsumausgaben. Der Human Development Index für Kosovo liegt laut dem Human Development Report Kosovo 2016 bei 0.741 (2015), was eine deutliche Steigerung gegenüber 2011 (0.713) bedeutet, jedoch einen der niedrigsten Werte in der Region darstellt (GIZ 3.2020b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005251/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Januar_2019%29%2C_21.03.2019.pdf, Zugriff 6.4.2020

- CEIC-Data – (2.4.2020): Kosovo. Arbeitslosenquote, https://www.ceicdata.com/de/indicator/kosovo/unemployment-rate, Zugriff 10.4.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/, Zugriff 5.5.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020c): Kosovo – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/kosovo/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 5.5.2020

- WB – Weltbank (o.D.): The World Bank in Kosovo, https://www.worldbank.org/en/country/kosovo/overview, Zugriff 5.5.2020

Sozialbeihilfen

Die Leistungsgewährung von staatlichen Sozialhilfeleistungen für bedürftige Personen erfolgt auf Grundlage des Gesetzes No. 2003/15. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Soziales. Angehörige der Minderheiten werden zusätzlich von den in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (Municipal Office for Communities and Return, MOCR) betreut. Die Freizügigkeit wird für Sozialhilfeempfänger nicht eingeschränkt. Für den weiteren Sozialhilfebezug ist in der Kommune des neuen Wohnortes ein entsprechender Antrag zu stellen. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau. Sozialleistungen reichen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Das wirtschaftliche Überleben sichert in der Regel zum einen der Zusammenhalt der Familien, zum anderen die in Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft. Im Jahr 2017 erhielten 26.111 Familien bzw. 106.649 Personen Sozialhilfe (AA 21.3.2019).

Das Gesetz über die soziale Grundsicherung umfasst zwei Kategorien von Leistungsempfängern. Kategorie I definiert Familien als Leistungsempfänger, in denen alle Familienmitglieder temporär oder dauerhaft dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, z.B. Kinder bis 14 Jahre, Jugendliche bis 18 Jahren, sofern diese in das Bildungssystem integriert sind, Alleinerziehende mit mindestens einem Kind unter 15 Jahren, Personen mit schwerer und dauerhafter Behinderungen über 18 Jahre, ältere Personen über 65 Jahre. Kategorie II umfasst jene Familien, in denen mindestens ein Familienmitglied dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und in denen mindestens ein Kind jünger als 5 Jahre bzw. ein/e Waise jünger als 15 Jahre versorgt wird. Die Leistungen aus beiden Kategorien sind an strenge Bedürftigkeitsprüfungen gebunden. Die monatliche Unterstützungsleistung variiert von € 50 für eine einzelne Person bis zu maximal € 150 für eine Familie mit sieben oder mehr Mitgliedern, was einer Lohnersatzquote von 11.2% (Einzelperson) entspricht. 2018 empfingen ca. 25.300 Familien mit ca. 103.409 Familienmitgliedern Sozialhilfe, ein Bevölkerungsanteil von 6%. Die Gesamtaufwendungen sind mit ca. € 32.9 Mio. bzw. einem Anteil von 0.5% des BIPs gering. Im Kosovo gibt es zwei spezielle Institutionen, die sich auf die Versorgung von Erwachsene mit psychischen Erkrankungen (in Shtime) bzw. auf die Versorgung älterer Menschen (in Prishtina) spezialisiert haben. Daneben wurden jüngst fünf kommunale Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung sowie Einrichtungen für ältere Menschen eröffnet. Die Institutionen in Shtime und Prishtina wurden in der Vergangenheit wiederholt mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht (GIZ 3.2020b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005251/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Januar_2019%29%2C_21.03.2019.pdf, Zugriff 7.4.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/ , Zugriff 17.4.2020

Medizinische Versorgung

Die mangels eines öffentlichen Krankenversicherungssystems weiterhin staatlich finanzierte medizinische Grundversorgung der Bevölkerung ist auf drei Ebenen organisiert: Die erste Ebene umfasst die hausärztliche Grundversorgung, insgesamt 422 Praxen und regionale Gesundheitszentren (GIZ 3.2020b; vgl. AA 21.3.2019). In letzteren werden Patienten durch Ärzte für Allgemeinmedizin sowie durch weitere Fachärzte, wie Ärzte für Pädiatrie, Dermatologie, Ophthalmologen, Gynäkologen und Zahnärzte behandelt. Zur Beseitigung des Personalmangels wurde im Jahr 2017 das Personal der primären Erstversorgung umfangreich aufgestockt. Die ambulant Grundversorgung durch Allgemeinmediziner und andere Fachärzte sowie medizinisches Assistenzpersonal erfolgt in sogenannten Familien-Gesundheitszentren. Diese Gesundheitszentren werden in Verantwortung der jeweiligen Gemeinden betrieben; die Finanzierung der erforderlichen Sachmittel erfolgt durch die Gemeinden, jene der Personalkosten aus staatlichen Mitteln des Gesundheitsministeriums (AA 21.3.2019).

Die staatliche sekundäre Versorgung beinhaltet die ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung in den Regionalkrankenhäusern in Ferizaj/Urosevac, Gjakova/Djakovica, Gjilan/Gnjilane, Mitrovica-Nord und -Süd, Peja/Pec, Prizren und Vushtrri/Vucitrn (GIZ 3.2020b; vgl. AA 21.3.2019). Die tertiäre Gesundheitsversorgung wird durch die Universitätsklinik Pristina sowie staatliche Institute gewährleistet, die umfassende, auch komplexe medizinische Dienstleistungen anbieten. Gleichzeitig ist die Universitätsklinik für die sekundäre Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung der Region Pristina zuständig und wird dementsprechend stark frequentiert. Die Bettenkapazität zur stationären Behandlung von Patienten in den Krankenhäusern ist ausreichend (AA 21.3.2019).

Die Zahl der lizenzierten privaten Krankenhäuser in Kosovo belief sich 2019 auf 23. Die Nachfrage nach (lebenswichtigen) Medikamenten kann, trotz Verbesserungen in den letzten Jahren, nicht vollständig befriedigt werden, was einen Nährboden für die Entwicklung schwarzer und grauer Märkte bietet. Kosovo und Albanien besitzen die höchste Rate an intra-Krankenhaus-Infektionen im europäischen Vergleich, was insbesondere auf hygienische Probleme zurückzuführen ist. Die medizinische Infrastruktur im Kosovo bleibt trotz erheblicher Investitionen lückenhaft. Zusammen mit dem Mangel an medizinischem Fachwissen führt dies zum Problem, dass bestimmte Krankheiten (z. B. Leukämie, Nierenversagen) im Kosovo nicht behandelt werden können. Ein effizientes Informationsverarbeitungssystem fehlt gänzlich. Die Doppelfunktion von medizinischem Personal, welches gleichzeitig in öffentlichen und privaten Institutionen beschäftigt ist, führt zu substantiellen Interessenkonflikten. Entscheidungen über die Budgetverteilung scheinen zuweilen klar politisch motiviert zu sein und sind kaum evidenzbasiert. Schließlich erschweren die finanziellen Barrieren den Zugang zum Gesundheitssystem, was gravierende Ungleichheiten zur Folge hat. Wohlhabende Patienten fragen in zunehmendem Maße Leistungen privater Anbieter nach und/oder nutzen das Angebot (privater) medizinischer Akteure im Ausland (GIZ 3.2020b).

Bereits im Dezember 2012 wurde ein Gesetz zur Reform des Gesundheitssystems verabschiedet, im April 2014 ergänzend das Gesetz über die Krankenversicherung. Das Krankenversicherungsgesetz sieht eine staatliche, für alle kosovarischen Bürger obligatorische Krankenversicherung vor. Viele Einzelheiten sind aber nach wie vor ungeklärt. Die Implementierung der Krankenversicherung wird deshalb immer wieder verschoben.. Eine sofortige Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung nach Einführung des öffentlichen Krankenversicherungssystems wird derzeit als nicht realistisch eingestuft (AA 21.3.2019).

Als Folgen der andauernden Unterfinanzierung der Budgets sind staatlich finanzierte Basismedikamente der Essential Drug List sowie Zytostatika zur Behandlung von Tumorerkrankungen für berechtigte Empfänger nur selten kostenlos erhältlich. In der Realität können staatlicherseits Basis-Medikamente der Essential Drug List nicht regelmäßig und im benötigten Umfang zur Verfügung gestellt werden. Deshalb haben es insbesondere Neuerkrankte schwer, in den Genuss eines kostenlosen Bezugs staatlich finanzierter Medikamente zu kommen. Für Betroffene bleibt in einer solchen Situation nur die Möglichkeit, benötigte Medikamente privat finanziert zu beschaffen. Patienten erhalten vom behandelnden Arzt eine Liste mit benötigten Medikamenten und Verbrauchsmaterialien, die der Patient bzw. ein ihn betreuender Verwandter in einer der vielen Apotheken privat kaufen muss. Lediglich Medikamente für die Behandlung von an TBC oder AIDS erkrankten Patienten gehören wie Insulin zu den regelmäßig kostenlos vom Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellten Medikamenten (AA 21.3.2019).

Trotz kontinuierlicher Verbesserungen der meisten Gesundheitsindikatoren bleibt die Gesundheitssituation insgesamt alarmierend. Die Säuglings- und Müttersterblichkeit gehört jeweils zu den höchsten in ganz Europa. Die Immunisierungsrate hat sich jüngst auf über 90% erhöht, bleibt allerdings niedrig unter den RAE-Minderheiten. Das Ausmaß der Umweltverschmutzung sowie der Umgang mit suchtgefährdenden Substanzen, insbesondere Tabak, stellen ein enormes Risiko für die Gesundheit der kosovarischen Bevölkerung dar (GIZ 3.2020b).

In Ermangelung einer universellen Gesundheitsversorgung sind Gemeinschaften von Roma und Ashkali, aufgrund ihrer schwierigen sozio-ökonomischen Lage, besonderen Schwierigkeiten beim Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen ausgesetzt. Nur der Zugang zu sehr grundlegenden Dienstleistungen ist kostenlos (EC 29.5.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005251/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Januar_2019%29%2C_21.03.2019.pdf, Zugriff 13.4.2020

- EC - Europäische Kommission (29.5.2019): Kosovo 2019 Report, S33 u. S35, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/20190529-kosovo-report.pdf, Zugriff 27.11.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/ , Zugriff 5.5.2020

1.5.2. COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gab es mit Stand 20.12.2020 334.629 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 5.127 Todesfälle (https://covid19.who.int/region/euro/country/at); im Kosovo wurden zu diesem Zeitpunkt 48.639 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 1.238 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://covid19.who.int/region/euro/country/xk).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten, Immunschwächen, etc.) auf.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt des Bundesamtes und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus dem vom BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck. Einsicht genommen wurde in das Melderegister, das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister sowie in das GVS-Informationssystem sowie das AJ-Web.

2.1. Zur Person

Die Feststellungen zur Identität des BF ergeben sich aus der Aktenlage und sind unstrittig.

Die Feststellungen zu seiner sozialen Integration ergeben sich zum einen aus der Aktenlage und den mit diesen übereinstimmenden Angaben in der mündlichen Verhandlung: So gab er an, dass er weder in einem Verein Mitglied ist, noch Kurse oder eine Schule besucht und auch nicht gemeinnützig oder ehrenamtlich tätig ist; auch in seiner Freizeit nimmt er nicht am gesellschaftlichen Leben teil (OZ 3; Niederschrift S. 18). Zusätzlich hat der BF vor 01.03.2016 einen Deutschkurs besucht, danach aber nicht mehr. Als Grund gab er an, dass er viel gearbeitet habe und deshalb keinen Deutschkurs besuchen konnte (OZ 3; Niederschrift S. 18). So konnte er die in der Verhandlung gestellten Fragen nur weilweise mit Sätzen beantworten bzw. auch gar nicht beantworten bzw. hat teilweise auch die Fragen nicht verstanden. Für die gesamte Verhandlung war die Übersetzung durch einen Dolmetscher erforderlich. Der BF hat kein wirkliches Bemühen gezeigt, in seiner bisherigen Aufenthaltsdauer die deutsche Sprache zu erlernen. Nach Auffassung des erkennenden Gerichtes ist gerade das Erlernen der deutschen Sprache und ein stetiges Bemühen ein Zeichen, dass sich ein Fremder integrieren will. Der BF hat ein solches Bemühen gerade nicht gezeigt und in der Verhandlung auch nicht vorgebracht. Insbesondere zeugt der Besuch eines einzigen Deutschkurses nicht von einem Bemühen die deutsche Sprache zu erlernen. Zudem hat der BF auch nur unsubstantiiert angeben Freunde und Arbeitskollegen zu haben (OZ 3; Niederschrift S. 19). Näheres hat er dazu aber nicht ausgeführt, obwohl er mehrfach auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen wurde.

Die Feststellung, dass er ledig ist und keine Kinder hat (OZ 3; Niederschrift S. 13) und gesund ist (OZ 3; Niederschrift S. 18) ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben. Die Arbeitsfähig- und Arbeitswilligkeit ergibt sich aus den ausgeübten Beschäftigungen des BF (siehe Pkt. 1.3.) und sind unstrittig.

Die Feststellungen zur Tante und zum Onkel ergeben sich bereits aus der Aktenlage und den Angaben in der Verhandlung (OZ 3; Niederschrift S. 17). Der BF gab in der Befragung vor dem Bundesamt an (AS 158), dass er zu seinem Onkel keinen Kontakt hätte, vor dem erkennenden Gericht behauptet er mit seinem Onkel seit fünf bis sechs Jahren Kontakt zu haben (OZ 3; Niederschrift S. 15f). Ein gemeinsamer Haushalt wurde verneint (OZ 3; Niederschrift S. 16).

Die Feststellung, dass der BF seiner Mitwirkungspflicht nicht vollinhaltlich nachgekommen ist, ergibt sich vor allem aus dem Umstand, dass er wiederholt trotz Aufforderung und Belehrung (OZ 3; Niederschrift S. 5f) nicht umfangreich und präzise auf die Fragen der Richterin bzw. des Vertreters des Bundesamtes geantwortet hat. So antworte er auf die Frage der erkennenden Richterin, wie er sich verlobt habe ausweichend „Wir Albaner haben andere Traditionen. Das Mädchen kannte ich schon vor meiner Ausreise aus dem Kosovo.“ (OZ 3; Niederschrift S. 13). Um vom BF zu erfahren, ob er im Kosovo eine Schule besucht hat, musste die erkennende Richterin insgesamt vier Fragen stellen, da der BF nicht vollumfassend auf die gestellten Fragen antwortete. Der erkennenden Richterin kamen zu diesem Zeitpunkt Zweifel, ob der BF die Dolmetscherin überhaupt versteht, er gab aber wiederholt an, diese zu verstehen, zusätzlich wurde ihm das Protokoll am Schluss der Verhandlung rückübersetzt:

„R: Haben Sie im Kosovo eine Schule besucht?

BF: Ja, ich habe die mittlere allgemein höhere Schule für Bank- und Finanzwesen abgeschlossen.

R: Wie lange?

BF: Vier Jahre.

R: Sonst haben Sie keine Schule abgeschlossen?

BF: Die Fakultät konnte ich nicht besuchen, weil die Fakultäten in Prishtina sind. Prishtina ist von meinem Ort ca. 100 km entfernt und alleine für die Fahrkosten benötigte man 500 bis 600 Euro im Monat, das konnte ich mir nicht leisten.

R: Sie haben insgesamt vier Jahre Schule im Kosovo besucht?

BF: Davor habe ich die 9-jährige Pflichtschule abgeschlossen und dann die vier Jahre die allgemein höhere Schule.

R: Verstehen Sie die D tatsächlich gut?

BF: Ja.“ (OZ 3; Niederschrift S. 14)

Auch auf die Frage, woher er die EUR 3.000,-- hatte, gab der BF zunächst an, dass er die von seiner Tante hätte, ihr aber dafür den Grund nicht genannt habe. Auf die weiteren Fragen der erkennenden Richterin, warum er mit seiner Tante nicht darüber gesprochen habe, tätigte er ausschließlich ausweichende und zudem nicht glaubhafte Angaben:

„R: Warum sagen Sie das Ihrer Tante nicht?

BF: Ich habe es ihr nicht erzählt.

R: Warum nicht?

BF: Ich habe es ihr nicht gesagt.

R: Warum?

BF: Das war eine persönliche Sache, ich wollte ihr nichts sagen. Ich wollte ihr keine Probleme bereiten.

R: Warum hätten Sie ihr Probleme bereitet?

BF: Ich sagte ihnen, dass ich das Geld zurückzahlen werde, wenn ich mit dem arbeiten beginnen werde. Sie stellten keine weiteren Fragen.“ (OZ 3; Niederschrift S. 12)

Es ist für das erkennende Gericht nicht glaubhaft, dass der BF, der nach eigenen Angaben nur mit wenig Geld, etwa EUR 100, nach Österreich gekommen ist, zunächst bei seiner Tante gewohnt hat und diese nach wenigen Wochen um EUR 3.000,-- bittet, diese Tante nicht fragt, wofür der BF das Geld braucht, obwohl die Tante wissen musste, dass der BF weder legal in Österreich war noch über eine Arbeitserlaubnis verfügt hat. Es ist absolut unglaubwürdig, dass in einer Familie über einen Betrag von EUR 3.000,-- nicht gesprochen wird, zumal der BF auch selbst angeben hat, dass er seiner Tante keine Probleme bereiten wollte. Wenn der BF aber zum einen angibt, dass der seiner Tante keine Probleme machen wollte, zum anderen aber auch eingangs angeben hat, (OZ 3; Niederschrift S. 6), dass er nicht wusste, dass seine Handlungen illegal wären, widerspricht er sich im Ergebnis selber. Denn wenn er davon ausgegangen wäre, dass seine Handlungen legal sind, hätte er davon seiner Tante erzählen können, gerade ohne ihr „Probleme zu machen“.

2.2. Zum Aufenthalt und rechtswidrigem Verhalten

Die Einreise Mitte Jänner 2015 mit Hilfe eines Schleppers ergeben sich aus den gleichbleibenden Angaben des BF im Verfahren. Die Meldungen des BF gehen aus einer Abfrage zum Zentralen Melderegister hervor. Der BF gab zudem an, bei seiner Tante sechs oder sieben Monate gewohnt zu haben, (OZ 3; Niederschrift S. 16), war aber von 11.02.2015 bis 13.11.2017, somit fast 2 ½ Jahre dort gemeldet (Abfrage zum Zentralen Melderegister, Beilage I. der Niederschrift). Dieser Aussage des BF wird kein Glauben geschenkt, da der BF laut dem Auszug zum AJ-Web (Beilage I. der Niederschrift), überhaupt erst nach einem Jahr mit der Arbeitsaufnahme begonnen hat und auch so erst ein Einkommen erzielen konnte um sich eine eigene Wohnung leisten zu können. Er musste sich ja laut seinen Angaben auch bereits EUR 3.000,-- von seiner Tante ausborgen und kam laut eigenen Angaben mit EUR 100 nach Österreich. Deshalb ist es nicht glaubhaft, dass der BF bereits nach einem halben Jahr, somit im Sommer 2015, bei seiner Tante ausgezogen ist.

Der BF hat auch in Bezug auf seine Kenntnis über die österreichischen Gesetze, seines Wissens um den Umstand, dass es verboten ist, für einen Aufenthaltstitel einem Beamten, wenn auch über einen Mittelsmann, Geld zu bezahlen, den Umständen seiner Ausreise und Vorbereitungshandlungen in Bezug auf das Verlassen seitens Herkunftstaates sowie dem Umstand, dass er nicht nach Österreich gekommen ist um einen Asylantrag zu stellen, aufgrund seiner umfassend widersprüchlichen Angaben einen äußerst unglaubwürdigen Eindruck beim erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung hinterlassen und weisen sowohl das Protokoll der Gerichtsverhandlung in XXXX , als auch die Niederschrift vor dem Bundesamt sowie die Niederschrift vorm Bundesverwaltungsgericht (OZ 3) ebenfalls Widersprüche auf. Dies ergibt sich aufgrund folgender beweiswürdigender Überlegungen:

So wie Staatsbürger haben sich auch Fremde, die nach Österreich kommen, über die bestehenden gesetzlichen Regelungen zu informieren. Daher ist schon vor diesem Hintergrund die Verantwortung des BF, dass er nicht gewusst habe, dass es ein strafbares Verhalten darstellt, wenn man in Österreich für einen Aufenthaltstitel EUR 3.000,-- an einen Beamten zahlt, obwohl man weiß, dass man die Voraussetzungen nicht erfüllt, nicht zielführend und kann der BF mit dieser Verantwortung im Verfahren nichts gewinnen. Auch sein Alter von 21 Jahren vermag ihm nicht zu helfen, da dieses zwar im Fall von gerichtlich strafbaren Verhandlungen bei der Strafbemessung oder der Verhängung einer Diversion zu berücksichtigen ist, nicht aber im konkreten fremdenrechtlichen Verfahren. Zudem widersprach sich der BF in wesentlichen Punkten in seinen Aussagen vor dem Landesgericht und im gesamten fremdenrechtlichen Verfahren und schaffte es im Ergebnis auch aufgrund seiner fehlenden Mitwirkung nicht, das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung von seiner Geschichte zu überzeugen:

Zu seiner Ausreise aus dem Kosovo gab der BF zunächst an, dass er Schlepper unterstützt nach Österreich gekommen wäre (OZ 3; Niederschrift S. 8). Auf die Frage, warum er mit einem Schlepper nach Österreich gekommen sei, gab der BF an, dass die schlechten Lebensbedingungen ihn dazu gebracht hätten. Auf die Frage, dass man einen Schlepper ja auch Geld zahlen müsste, gab er an: „Ich habe einige Geräte die man in der Landwirtschaft braucht verkaufen müssen, es waren die Geräte die meiner Familie gehört haben.“ (OZ 3; Niederschrift S. 8). In weiterer Folge wurde der BF zu den genauen Umständen seiner Ausreise befragt und welche Vorbereitungshandlungen er gesetzt habe und gab er schließlich im Widerspruch dazu an, dass er nicht die Sachen, die seiner Familie gehört haben verkauft hätte, sondern seine eigenen (OZ 3; Niederschrift S. 22 und 23). Zusätzlich gab der BF zunächst an, dass er im Jahr 2014 überlegt habe den Kosovo zu verlassen und im Jahr 2015 einiges verkauft habe, um nach Österreich zu kommen (OZ 3; Niederschrift S. 22) und den Schlepper ein einziges Mal zufällig Anfang Jänner 2015 getroffen und kennen gelernt zu haben (OZ 3; Niederschrift S. 23). Dabei betonte der BF immer wieder, dass er die Sachen verkauft habe um nach Österreich zu kommen. Im Laufe der Befragung, gab der BF aber dann plötzlich an, dass er seine Sachen im November 2014 verkauft hätte und er keine Arbeit gehabt hätte und es schon fast Dezember gewesen sei (OZ 3; Niederschrift S. 24). Diese Angaben widersprechen aber der durch den BF selbst vorgelegten Beilage. /C., aus der hervorgeht, dass der BF bis 23.12.2014 im Kosovo beschäftigt war. Der BF bestätigte in der Verhandlung, dass er, so wie in Beilage /C. ersichtlich, im Kosovo von 13.01.2014 bis 23.12.2014 gearbeitet hat (OZ 3; Niederschrift S. 25). Wenn nun aber der BF im November 2014 ohnehin gearbeitet hat, gab es für ihn keinen Grund, bereits im November 2014 „seine“ Geräte, die zunächst wie bereits erwähnt die Geräte seiner Familie waren, zu verkaufen um nach Österreich zu gelangen, da der BF ja seinen Angaben den Schlepper ja erst im Jänner 2015 kennen gelernt habe. Wenn der BF nun in weiterer Folge plötzlich angibt, dass er die Geräte nicht nur wegen dem Schlepper verkauft hätte, sondern auch um den Winter zu überbrücken, wird diesen Angaben kein Glauben geschenkt, da der BF gleichzeitig angab, keine Arbeit gehabt zu haben, obwohl aus Beilage /.C sehr wohl hervorgeht, dass er beschäftigt war (OZ 3; Niederschrift S. 24). Zudem gab der BF widersprüchlich an, dass er 2014 nicht alles verkauft habe, sondern auch noch andere Geräte hatte (OZ 3; Niederschrift S. 24), gleichzeitig aber zwischen dem einmaligen Kennenlernen und Treffen mit dem Schlepper und den Personen, die ihn nach Österreich gebracht haben und die er bezahlt habe, im Jänner 2015 gerade keine Vorbereitungshandlungen gesetzt hat:

„BehV: Zwischen dem ersten Treffen mit dem Schlepper und dem Supermarkttag, was haben Sie da gemacht?

BF: Gar nichts habe ich gemacht.

BehV: Das heißt den Schlepper haben Sie nur einmal getroffen?

BF: Ja, nur einmal.

BehV: Bei diesem Treffen haben Sie dann auch bezahlt?

BF: Nein, die Bezahlung erfolgte an die anderen die die mich abgeholt haben.

BehV: Das heißt Sie haben etwas zu tun gehabt zwischen den zwei Treffen?

BF: Nein, es gab nichts zu tun. Es war kalt.“ (OZ 3; Niederschrift S. 24). Dies ist nicht schlüssig, da der BF, so man seinen Angaben Glauben schenken würde, gar nicht wissen konnte, wie viel der Schlepper verlangen würde und er somit zwischen dem Treffen mit dem Schlepper und der eigentlichen Abreise ja noch hätte etwas verkaufen müssen, um den Schlepper zu bezahlen, seinen Angaben nach, er aber gerade in dieser Zeit keine Vorbereitungshandlungen mehr gesetzt hat und gerade nichts verkauft hat. In der Gerichtsverhandlung vom 25.10.2019 gab der BF zudem an, dass er im Kosovo „nur“ einen Traktor für die Schleppung verkauft habe, zu anderen Geräten machte er keine Angaben (AS 178). Das erkennende Gericht geht aufgrund dieser widersprüchlichen Angaben daher davon aus, dass der BF sehr wohl seine Ausreise längerfristig geplant hat und auch den Schlepper bei einem Spaziergang nicht zufällig (OZ 3; Niederschrift S. 23) getroffen hat und auch nicht kurzfristig nach Kennen lernen des Schleppers Sachen oder Geräte verkauft hat um seiner schlepperunterstütze Ausreise zu bezahlen, ohne seine Familie zu informieren.

Der BF ist auch nicht glaubhaft, wenn er angibt, dass er mit niemanden, nicht mal seinen Familienangehörigen über seine Ausreisepläne gesprochen habe (OZ 3; Niederschrift S. 22 und 27) und die Familienangehörigen im Kosovo erst nach der Ausreise verständigt habe, gleichzeitig aber ab November 2014 Geräte der Familie verkauft hat – offenbar einen Traktor (AS 178), dies der Familie aber nicht aufgefallen ist, obwohl sie im selben Haus gelebt haben (OZ 3; Niederschrift S. 15) und dann plötzlich in Wien vor der Wohnung seiner Tante gestanden ist, die er nicht vorab über sein Kommen informiert hat (OZ 3; Niederschrift S. 28), und deren Adresse er „zufällig“ im Jahr 2014 von seinen Familienangehörigen erfragt hat, obwohl er nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt gerade noch nicht den Plan hatte nach Österreich zu kommen:

„BehV: Was hat sie dann gesagt, wie sind sie zu der Tante hingekommen, zu der Adresse?

BF: Als ich noch im Kosovo war habe ich gefragt wo sie wohnen, sie haben mir die Adresse gegeben. Die Adresse kannte ich.

R: Wann haben Sie nach der Adresse gefragt?

BF: Ich weiß es nicht mehr genau. Es war ca. im Jahr 2014, aber nur so zufällig habe ich gefragt, damals hatte ich nicht den Plan unbedingt hierherzukommen.

R: Warum fragen Sie nach einer Adresse, wenn Sie nicht den Plan haben nach Österreich zu kommen?

BF: Ich habe nur zufällig so gefragt, du kannst ja auch einen Menschen zufällig fragen wo er wohnt.“ (OZ 3; Niederschrift S. 28).

Die derartige Vorgehensweise ist schon auch im Zusammenhang mit der bereits dargestellten Widersprüche zur schlepperunterstützen Ausreise keinesfalls glaubhaft.

Schließlich widerspricht sich der BF auch, wenn er zunächst auf die Frage, was seine Tante dazu gesagt habe, dass er jetzt in Österreich sei, angibt: „Ich sagte ihr, ich bin gekommen um ihr einen Besuch zu erstatten und dann würde ich nach Traiskirchen fahren und Asyl“, bei Nachfragen aber wieder angibt, dass er seiner Tante gerade nicht erzählt hat, dass er einen Asylantrag stellen wollte:

„BehV: Was hat die Tante gesagt?

BF: Sie hat nichts gesagt, sie wusste nichts von diesen Sachen.

BehV: Von was wusste sie nichts?

BF: Wie ich nach Östereich gereist bin.

BehV: Was hat die Tante dazu gesagt, dass Sie einen Asylantrag stellen wollten?

BF: Ich habe meiner Tante nicht gesagt, dass ich einen Asylantrag stellen will. Es war meine Absicht, aber das habe ich niemanden erzählt.

BehV: Was hat die Tante gesagt? Wusste sie, dass Sie kommen?

BF: Nein, wusste sie nicht.“ (OZ 3; Niederschrift S. 28). Die fehlende Glaubwürdigkeit ergibt sich auch bereits aus der unter 2.1. enthaltenen Beweiswürdigung, dass es nicht glaubhaft ist, dass die Tante ihm EUR 3.000,-- gegeben hat, aber der BF mit ihr nicht darüber gesprochen hat, gleichzeitig aber angeben hat, dass er ihr keine Probleme machen wollte. Zudem ist es unglaubwürdig, dass seine Tante und deren Familie nichts gewusst habe, da der BF in der Verhandlung vor dem Landesgericht ausgesagt hat, dass der Mann seiner Tante ihn nach Traiskirchen gefahren habe (AS 179).
Unglaubhafte Angaben machte der BF auch in Bezug auf seine Erkundigungen und sein Wissen, ob ein Visum für die Einreise für Österreich benötigt werde: So gab er an, ohne Visum eingereist zu sein und auf die Frage, warum er das gemacht habe gab er an:

„R: Warum nicht?

BF: Ich hatte niemanden der für mich einen Antrag stellen hätte können.

R: sie hätten selber einen Antrag stellen können?

BF: Wenn man vom Kosovo hierherkommt braucht man ein Visum, man kann sonst nicht einreisen.

R: Genau, warum haben Sie kein Visum beantragt?

BF: Ich war noch sehr jung und ich wusste nicht, wie so ein Verfahren läuft.

R: Warum haben Sie sich nicht erkundigt?

BF: Dass man ein Visum in Kosovo bekommt muss man zwei bis drei Jahre warten. Meine wirtschaftlichen Bedingungen waren so schlecht, ich konnte nicht länger warten.“ (OZ 3; Niederschrift S. 7f) und in weiterer Folge auch

„BehV: Haben Sie sich im Kosovo noch informiert in Bezug auf die unmittelbare Einreise in Österreich? Z.B. über den Asylantrag?

BF: Nein, weil aus meinem Land man nur mit einem Visum oder wenn man ein Studentenvisum oder verheiratet ist nach Österreich einreisen kann.“ (OZ 3; Niederschrift S. 25).

Zusätzlich gab er an anderer Stelle auch an:

„R: Vor dem Bundesamt haben Sie ausgesagt, dass sie nach Traiskirchen gefahren sind um wie alle Albaner einen Asylantrag zu stellen. Was meinten Sie damit?

BF: Einen Asylantrag stellen so wie jeder andere der illegal nach Österreich kommt, z.B. aus dem Kosovo. Manche heiraten, jeder hat einen anderen Beweggrund.

R: Warum sollten die Albaner einen Asylantrag stellen?

BF: Ich weiß nicht, sie kommen nach Europa für ein besseres Leben, weil die wirtschaftliche Lage dort schlecht ist.“ (OZ 3; Niederschrift S. 20)

Wenn der BF vor dem Hintergrund dieser Angaben im Gegensatz behauptet, dass er nicht gewusst habe, dass er ein Visum für die Einreise brauche und das erst in der Zwischenzeit von Kollegen erfahren habe (OZ 3; Niederschrift S. 8) wird diesen Angaben vor dem Hintergrund seiner dargestellten widerstreitenden Aussagen kein Glauben geschenkt, da dem BF bewusst war unter welchen Voraussetzungen man nach Österreich legal einreisen kann.

Dass der BF an NS EUR 3.000,-- bezahlt hat, damit er von X einen Aufenthaltstitel bekommt ist unstrittig und wurde vom BF im gesamten Verfahren auch nicht bestritten, sondern gleichbleibend vorgebracht (OZ 3; Niederschrift S. 8ff; Aussage vorm Landesgericht AS 178 bis 183, Befragung vor dem Bundesamt AS 156 bis AS 157).

Widersprüchlich waren aber dann die Angaben, wie es zur Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 gekommen ist: So gab der BF vor dem Landesgericht am 25.10.2019 an, dass er NS über einen Freund von ihm in einem Café kennen gelernt habe und man zufällig auf das Thema Aufenthaltsbewilligungen gekommen sei (AS 178). Vor dem Bundesamt gab der BF am 22.07.2020, somit etwa ein dreiviertel Jahr später an, dass er NS nicht über einen Freund, sondern bei den Autobussen zufällig kennen gelernt habe (AS 157) und in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht gab er auch an, NS zufällig bei den Autobussen kennen gelernt zu haben (OZ 3; Niederschrift S. 8). Nun ist es zwar plausibel, dass gerade bei länger zurückliegenden Ereignissen, die Erinnerung verblasst und nicht alle Angaben übereinstimmen. Im vorliegenden Fall, liegt aber zwischen der Befragung durch das Landesgericht und das Bundesamt gerade ein dreiviertel Jahr und ist somit nicht ersichtlich, warum die Angaben voneinander derartig abweichen sollten und der BF einmal angeben sollte, dass er jemanden zufällig bei den Autobussen, die in Richtung Kosovo abfahren kennen gelernt haben sollte und das andere Mal in einem Café über einen Freund.

Widersprüchliche Angaben macht der BF auch zu seinen Besuchen in Traiskirchen: so gab er vor dem Landesgericht an, dass ihm NS bei dem Kennen lernen erzählt habe, dass er an einem bestimmten Tag ins Haus 2 in Traiskirchen gehen solle und ihn der Mann seiner Tante nach Traiskirchen gebracht habe, er aber ohne NS in Traiskirchen gewesen ist (AS 178 bis 179). In weiterer Folge gab er an, dass X ihm das Visum in Traiskirchen gegeben habe (AS 181) und erinnerte sich der BF auch noch, dass der Aufenthaltstitel in einem Umschlag gewesen ist (AS 182). Vor dem erkennenden Gericht machte der BF dazu gänzlich konträre Angaben: So gab er an, zwei Mal in Traiskirchen gewesen zu sein und das erste Mal sich nur mit NS in Traiskirchen getroffen zu haben, nicht aber bei X gewesen zu sein:

„R: Wie oft warne Sie in Traiskirchen?

BF: Zwei Mal.

R: Warum zwei Mal?

BF: Das erste Mal habe ich mit XXXX dort gesprochen und beim zweiten Mal bin ich zum XXXX gegangen.“ (OZ 3; Niederschrift S. 10) und

„R: Beim ersten Mal in Traiskirchen, was haben Sie da mit dem XXXX gemacht?

BF: Wir haben uns unterhalten. Er sagte mir, du hast den Termin an dem und dem Tag. Nimm 3.000 Euro mit, danach fragte er mich wieder, ob ich bestraft sei, ob ich Probleme mit den Gerichten und der Polizei in Kosovo hätte. Diese Frage stellte er mir zwei oder drei Mal, ich sagte nein, und er sagte ok, alles ist in Ordnung.“ (OZ 3; Niederschrift S. 12)

Beim zweiten Mal sei er dann bei X gewesen:

„R: Beim zweiten Mal waren Sie mit Herrn XXXX in Traiskirchen. Schildern Sie mir den Ablauf, was ist passiert?

BF: Ich bin durch das Tor in den Hof hineingegangen. Der XXXX hatte mir gesagt in welches Büro ich hingehen muss, damals konnte ich kein einziges Wort Deutsch. Ich bin dort hineingegangen, ich bin mir nicht sicher ob er ein Foto von mir gemacht hat. Er hat mir aber gesagt, unterschreibe hier. Ich habe unterschrieben und bin hinausgegangen und das wars.“ (OZ 3; Niederschrift S. 12)

Zudem konnte er sich nicht er erinnern, wie er den Aufenthaltstitel erhalten habe, dies könne auch per Post gewesen sein (OZ 3; Niederschrift S. 10 und 13). Vor dem Landesgericht gab er an, dass er zweimal in Traiskirchen gewesen sei, bei beiden Terminen bei X gewesen sei und beim zweiten Mal hätte er den Aufenthaltstitel in einem Umschlag abgeholt. NS hätte ihm gesagt, dass er den Aufenthaltstitel abholen soll (AS 179 bis 182). Es ist nicht nachvollziehbar, warum der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht plötzlich angeben hat, dass er das erste Mal in Traiskirchen nur mit NS gewesen sein sollte, ohne auch bei X gewesen zu sein, da diese Vorgangsweise überhaupt keinen Sinn macht. Auch liegt die Einvernahme vor dem Landesgericht noch nicht so lange zurück, dass davon auszugehen wäre, dass sich der BF derartiges verwechseln würde. Auch finden sich im Akt keine Hinweise, dass der BF eine Adresse angeben hätte, er war zu dem Zeitpunkt der Antragstellung nicht gemeldet und kann ihm daher auch nicht der Aufenthaltstitel mit der Post zugesandt worden sein. Der BF macht durch diese widersprüchlichen Angaben einen äußerst unglaubwürdigen Eindruck und wird daher diesen Ausführungen auch kein Glauben geschenkt.

Vor dem Hintergrund dieses dargestellten Verhaltens ist auch nicht glaubwürdig, dass der BF ursprünglich einen Asylantrag stellen wollte und geht das erkennende Gericht daher davon aus, dass der BF genau gewusst hat, was er tut und dieses Verhalten auch bewusst gesetzt hat, um rechtswidriger Weise an einen Aufenthaltstitel zu kommen. Zudem hat der BF bereits vor dem Landesgericht ausgesagt, dass er schon bevor er den Aufenthaltstitel bekommen hat gewusst hat, dass die EUR 3.000,-- für einen Beamten, nämlich X sind (AS 182) und er „habe etwas gebraucht und dann habe ich nicht nachfragt.“ (AS 183). Darüber hinaus antworte er vor dem erkennenden Gericht auf die Frage, welche Fluchtgründe er angeben wollte „Wo meinen Sie die Fluchtgründe angeben. Ich verstehe die Frage nicht.“ (OZ 3; Niederschrift S. 13).

Auch seine Aussage vor dem Bundesamt, dass er, wäre ihm klar gewesen, dass er etwas Gefährliches tut, nicht nach Traiskirchen, sondern in den Kosovo zurückgegangen wäre (AS 157), entbehrt vor dem Hintergrund, dass der BF im gesamten Verfahren angegeben hat, nach Österreich zuwandern zu wollen um sich ein besseres Leben aufbauen zu wollen, jeder glaubwürdigen Grundlage. Als das erkennende Gericht ihn dazu befragt hat, gab er wieder nur ausweichende Antworten:

„R: Sie haben vorm Bundesamt ausgesagt, dass wenn sie gewusst hätten, dass das verboten ist, einen Betrag zu zahlen, wären Sie wieder in den Kosovo gefahren. Was sagen Sie dazu?

BF: Ja, hätte ich gewusst, dass das verboten war und ich damit dem österreichischen Staat einen Schaden zufüge hätte ich das nicht gemacht. Ich habe in diesen 6 Jahren geschaut, dass ich arbeite und dem Staat keinen Schaden mache.

R: Aber, wenn sie hier hergekommen sind um zu arbeiten, wieso haben Sie dann gesagt, dass Sie wieder in den Kosovo gefahren wären, wenn Sie gewusst hätten, dass das verboten ist? Erklären Sie mir das.

BF: Ich war in dieser Sache ein Opfer, ich wusste das nicht.“ (OZ 3; Niederschrift S. 21)

Wenn sich der BF sohin in der mündlichen Verhandlung als „Opfer“ darstellt (OZ 3; Niederschrift S. 6 und 21), zeigt dieses Verhalten, dass der BF sein rechtswidriges Verhalten immer noch nicht eingesehen hat und auch keine Reue, Einsicht oder Verantwortungsübernahme für dieses Handeln bis zum heutigen Tag zeigt. Zusätzlich gab der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er gar nicht wisse, warum er eine Diversion bekommen habe:

„R: Warum haben sie eine Diversion erhalten?

BF: Wegen der Sache müssten Sie den Richter fragen, das weiß ich nicht.

R: Sie wissen nicht warum Sie eine Diversion erhalten haben?

BF: Mir wurde gesagt, dass ich damals unter 21 war und gesetzlich als junger Erwachsener betrachtet wurde, minderjährig.

R: Warum hätte das Gericht über Sie eine Diversion verhängen sollen?

BF: Also wegen diesem Grund, dass ich damals 21 Jahre alt war, andere Gründe kenne ich nicht.

R: Warum überhaupt eine Diversion?

BF: Das weiß ich nicht, ich weiß nicht warum so beschlossen wurde, aber es wurde so beschlossen.“ (OZ 3; Niederschrift S. 19)

Eine Diversion setzt Schuldeinsicht, demnach seine Bereitschaft voraus, Verantwortung für das ihm zur Last gelegte Tatgeschehen zu übernehmen. Wie aus dem Protokoll des Landesgerichtes ersichtlich, wurde diese Vorgehensweise mit dem BF besprochen und hat er sich damit auch einverstanden erklärt (AS 184). Wenn er nun behauptet nicht zu wissen, warum eine Diversion erhalten kann, kann diesen Angaben kein Glauben geschenkt werden und zeigt der BF auch durch dieses Verhalten, dass er die österreichische Rechtsordnung immer noch nicht anerkennt und bezeugt auch dieses Verhalten weder Reue, Einsicht noch Verantwortungsübernahme für sein strafbares Verhalten.

Unstimmigkeiten gab er auch in Bezug auf den Kontakt zu seinem Onkel in Linz an vor dem Bundesamt gab er an keinen Kontakt zu ihm zu haben, vor dem erkennenden Gericht gab er an, fünf oder sechs Jahre Kontakt zu haben.

Zusammenfassend ist nach den dargestellten Widersprüchen realitätsfremd, wenn der BF behauptet, dass er zufällig einen Schlepper beim Spazieren gehen trifft und wenige Tage später das Land verlässt, mit seiner Familie aber gerade nicht über diese schlepperunterstützte Ausreise gesprochen hat und einfach verschwunden ist, gleichzeitig aber zufällig ohne Ausreisepläne die Adresse seiner Tante in Wien erfragt hat, bei der er unangekündigt erschienen ist und bei der er zwar wohnt, mit ihr aber nicht über seien Pläne spricht einen angeblichen Asylantrag in Traiskirchen zu stellen, gleichzeitig ihn aber der Mann der Tante nach Traiskirchen gefahren hat und ihm diese Tante ungefragt EUR 3.000,-- überlässt und er zufällig beim Spazieren gehen einen Mann NS kennen lernt, der ihm erzählt, wie er an einen Aufenthaltstitel kommen kann und die EUR 3.000,-- für einen Beamten der Republik Österreich sind und der BF im Ergebnis noch behauptet, dass er nicht gewusst hätte, dass er dadurch eine strafbare Handlung begeht.

Das vom BF gesetzte Verhalten, nämlich die illegale, schlepperunterstützte Einreise nach Österreich um hier Arbeit zu finden und nach Österreich zuzuwandern, die Stellung eines unbegründeten Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 und die Zahlung von EUR 3.000,-- für diesen Aufenthaltstitel über NS an den Beamten X in dem Wissen darum, dass es sich dabei um ein strafbares Verhalten handelt und das geordnete Zuwanderungssytem umgangen wird stellt jedenfalls einen Umstand dar, bei denen der Aufenthalt des BF den öffentlichen Interessen widerstreitet.

2.3. Zur Berufstätigkeit

Die Feststellungen zur Berufstätigkeit und dem Bezug von Arbeitslosengeld ergeben sich allesamt aus einer Abfrage zum AJ-Web.

2.4. Zu den Bindungen zum Kosovo

Die Feststellungen zu seinen Bindungen zu seinem Herkunftstaat und den Familienangehörigen ergeben sich aus der Aktenlage und den Angaben in der mündlichen Verhandlung (OZ 3; Niederschrift S.14, 15 und 29). Seien beinahe einjährige Tätigkeit als Tischler im Kosovo ergibt sich aus Beilage /.C.

2.5. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die Feststellung, dass der Kosovo ein sicherer Herkunftsstaat ist ergibt sich aus § 1 Z 2 der Herkunftstaten-Verordnung.

Die Feststellungen zur Lage im Kosovo ergeben sich allesamt aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Kosovo mit Aktualisierung am 11.05.2020, Beilage ./II der Niederschrift, das als Beweismittel herangezogen wird. Der BF ist diesem nicht konkret substantiiert entgegengetreten. Er hat dazu ausschließlich angegeben „Der Staat ist erstens einmal kein sicherer Staat. Es wird im Fernsehen ständig von Morden berichtet, das schlimmste passiert dort und alles weil dort die Arbeitslosigkeit herrscht. Es gibt keine Arbeitslosenunterstützung seitens des Staates. Wenn man arbeitet dann verdient man 250 bis maximal 400 Euro und dann nur für ein bis zwei Monate. 10 Monate lang sitzt man dann arbeitslos zuhause. Man muss jemanden kennen, damit man überhaupt eine Arbeit bekommt, so ist das dort.“ (OZ 3; Niederschrift S. 20), womit er dem Länderinformationsblatt nicht substantiiert entgegengetreten ist. Zudem hat der BF ja bereits im Kosovo für mehrere Monate gearbeitet. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zum Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt A) I.))

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005liegen nicht vor. Derartiges wurde im Verfahren vom BF auch nicht behauptet und sind auch sonst keine Ermittlungsergebnisse hervorgekommen, die darauf schließen lassen würden, dem BF einen Aufenthaltstitel gemäß § 5

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten